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„jury„14 S-V»rj si"S «1 ttmui; uuvj« msui»m u»v>,»j»,a ,iq j>sgr" - Ja, gewiß! — Euer erstklassiger Schriftsteller von Hin terwinkel war der freche Aufdringling. Er suchte im Wein- zxlt sein Täubchen wie schon so oft zu kirren; ich sah, daß die Französin auf Herrn Werners Animieren hin dem Glase flei ßig zusprach und sich im Paradies der Trunkenheit immer freier benahm. Jetzt sprang auch Herbert auf und fragte kalt: Und das hätte Herr Werner getan? Ja, dein zukünftiger, weitherziger Schwager; denn die ser Liebespädagog hat es auch gleichzeitig aus Hildegard abgesehen, was ja schon der Hinterwinkler Schulvorstand, Schuster Hietzke, der Ehrenmeister im Kegelklub U.-K.-B., bei seiner großen Stadt- und Landpraxis aufs geschwätzigste verbreitet hat. Du bist ein dreister Verleumder! stieß Herbert hervor. — Ich werde dich Herrn Werner gegenüberstellen, der dich ent larven und Genugtuung von dir fordern wird. Ein Edelmann findet es unter seiner Würde, einem Schulmeister Genugtuung zu geben. — So, nun kennst du den Tatbestand, und die strafrechtliche Angelegenheit ist da mit erledigt, wies v. Trachau höhnisch ab. Ich habe mich von Herrn Werner verabschiedet und ihm nichts von Betrunkenheit angemerkt, entgegnete der junge Herr Schubert, aber du warst in jenem Zustande, worin du mir so oft mißliebig geworden bist. Betrunkene sehen ihre Umgebung im Spiegel des eigenen Zustandes. — Strauch ritter, „erstklassiger"!, fügte er für sich hinzu. Auch diese Gattung durfte auf dem Ritterfeste nicht fehlen. v. Trachau überhörte den Hinweis auf seine Betrunken heit und näherte sich Herbert mit gesuchter Freundlichkeit: Lieber Schwager, die ganze Affäre ist mir ja selbst zuwider, um so mehr, als ich deine schwägerliche Fürsprache in einer für mich sehr dringlichen Angelegenheit brauche. Herbert war ans Fenster getreten und kam von da wie der zurück. — Ich mache bei deinen „dringlichen Ange legenheiten" nicht mehr den Vermittler. Ich habe mich schon das vorige Mal geweigert. Lieber Schwager, nur noch dieses letzte Mal bedarf ich deiner Hilfe, bat v. Trachau mit der Annahme eines freund lichen Tones und mit Versuch des Witzes: nach unserer Hoch zeit bist du der Aufgabe eines ehrlichen Maklers selbstre dend überhoben. — Du weißt, daß ich große Umbauten an meinen Wirtschaftsgebäuden unternommen habe. Bau meister Mittag drängt mich schon seit langem auf Bezah lung; sein Rechtsanwalt droht «Nit Beschlagnahme der näch sten Ernte. — Es ist für deinen Bater eine Kleinigkeit: an nähernd 10000 Mark; und er kann sie ja bei Johannas Mitgift in Anrechnung bringen! — Dann setzte er lachend hinzu: Oder du kannst darauf verzichten, du, als testamen tarisch bestimmter Erbe der Fabrikanlagen deines kinder losen, reichen Onkels in Mühlbach und Liebethal. — Also, nochmals, darf ich dich auch in dieser pekuniären Angelegen heit um deine wertvolle Hilfe bitten? Darin bin ich erschöpft, wie deine zerrütteten Vermö- gensverhästnisse, lautete kurz die Antwort. Mer es drängt, in acht Tagen ist der letzte Termin. Du konntest dir für deinen Hilferuf keinen passenderen Tag aussuchen, als den heutigen. — Herbert war wieder ans Fenster getreten und rief abbrechenö aus: Wer da kommt Dr. Hottenrot. — Ich muß ihn in Johannas Kran kenzimmer führen. — Erstklassige Entlassung! rief der Bittsteller noch nach. Wer soviel Zeit steht dir doch zur Verfügung, die besten Wünsche zur Genesung meiner lieben Braut mitzunehmen. Verfluchtes Ritterfest! An allem ist die kleine, schwarz äugige Genfer Hexe schuld und meine verdammte Eifersucht; aber ich habe dem erstklassigen Dorfschulmcister «ine Suppe eingebrockt, die ihm den Appetit verleiden soll. — Ueberall abgewiesen! — Auch bei Johanna. — Meine Anwesenheit ist hier selbstredend erledigt. — Krankenhäuser sind ungastliche Stätten, doch ich hoffe recht bald auf bessern Empfang. Höchst widrig ist dieser lästige Mensch, der Mittag; sitzt mir wie ein Schröpskopf im Nacken! Aber die Kunst des Arztes und — setzte er höhnisch lachend hinzu — meine wahrheitsgetreue Ausflucht müssen mir selbstredend zu Hilfe kommen. Herberks Bericht an Hildegard. Als v. Trachau das Zimmer verlassen hatte, schaute Hilde gard vorsichtig zur Seitentür herein, worauf sie dann eintrat. Kurz darauf kehrte auch Herbert wieder zurück. Ist Wolf wieder fort? fragte sie ihren Bruder. Ja, ich habe ihn in völliger, wohlverdienter Ungnade entlassen. In Ungnade entlassen? Vielleicht bestrafen wir ihn für seine leichtsinnige Verfehlung doch zu hart, fügte die Schwe ster mitleidig hinzu. Kein Mitteid, Hildegard, berichtigte Herbert streng, nicht nur nicht von Johanna, sondern auch nicht von dir. — Sein«! Beichte besteht in neuen Beleidigungen. In neuen Beleidigungen? Und Verleumdungen, ergänzte der Bruder, hastig auf- und abgehend. Doch laß mich schweigen; — es ist besser, du erfährst nichts davon. Verleumdungen? — Gegen mich? fragte Hildegard' dringlich. Nein, nein; aber gegen eine Person, die deine Achtung und Zuneigung — Meine Achtung und Zuneigung? — Ja, deine Achtung und Zuneigung gegen eine Persorl — du wirst deine Gefühle noch besser bezeichnen können —« die auch diese Gefühle wohlverdient. Berleumdungen? — Ja, dreiste, ehrenrührige Beschuldigungen. Aber forsch«! nicht weiter. Man soll solche Anwürfe gegen tadellose Cha raktere nicht verbreiten. Und der Reine bleibt rein. Schmutzige Anwürfe tref fen ihn nicht. Ich bitte dich, enthülle mir alles, drängte Hildegard. Nach längerem Zaudern teilt Herbert seiner Schwester hastig mit, daß Wolf behaupte, Herr Werner habe im Wein zelt ,Zur Marke extra" Fräulein Nanon zum Trinken ani miert, und um sie vor Werners taktlosen Zudringlichkeiten zu bewahren, habe er mit ihr, ohne Abschied zu nehmen, das Fest vorzeitig verlassen. Fräulein Hildegard hatte mit den Zeichen größter Ent rüstung zugehört. Feige Ablenkung des Verdachtes! rief fie dann aus. — Dann blickte sie lange vor sich hin und vergegen wärtigte sich noch einmal den Verlauf des ganzen Festes. — Allerdings war auch Herr Werner immer in Nanons Nähe, mußte sie, für sich sprechend, zugeben. Wenn Wolf mit ihr in den Felsgängen und Seitenwegen lustwandelte, tauchte auch Herr Werner hinter ihnen auf. — Eifersucht könnte Verdacht daraus schöpfen! — Laut setzte sie dann hinzu: Her- bert, ich danke dir sür deine Offenheit und dein Vertrauen zu meiner Wertschätzung Herrn Werners. — Die vergifteten Pfeile Geßlers prallen von seiner Ehrenhaftigkeit ab wie von den schroffen Felswänden der Alpenhöhen! Und auch von jeder Brust, die das reine Bild Werners in sich bewahrt, fügte der Bruder zärtlich hinzu. Und lustig fuhr er fort: Aber jetzt entschuldige mich, wenn ich dich ver lasse. Du weißt, um 1 Uhr beginnt meine Volontärzeit in Liebethal als Fadenknüpfer vor der Selfaktor-Spinnma schine. Hildegard lächelte ihm zu: Und bei der schönen Ger trud, Herrn Werners Schwester. Denkst du, ich habe auf dem Ritterfeste gestern nicht beobachtet, wie du sie mit tausend Fit- den an dich zu knüpfen suchtest? O, Hilde, gestand Herbert, sie umarmend, ich will das zarteste Garn spinnen und ein feines Netz knüpfen mit den engsten Maschen und mein Bögelchen darin fangen, mag es zappeln so viel es will; es wird mir doch zuletzt noch das Schnäbelchen geben und die lieblichsten Lieder singen. — Gelt? Glücklicher Vogelsteller! beglückwünschte Hildegard. Hilde, gab darauf Herbert zurück, in Hinterwinkel stebt auch so ein Vogelbauer; klein und eng, sehr eng — aber die Liebe ist weit, sehr weit! — Raum ist in der kleinsten Hütte, trillerte er dazu. — Doch entschuldige mich. Ich habe jetzt mein Reitpferd in die beste Pflege zu nehmen, da es mich täglich nach Liebethal tragen soll. Glücklicher Fadenspinner und Vogelsteller, rief ihm die Schwester nach — aber sei bedächtig im neuen Berufe, sonst reiht der Faden und der Vogel entflattert! — stowark, „der wendische Gesandte". Einige Zeit nach dem so mißtönend geendeten Ritter seste in der Societät zu Mühlbach, saß Fräulein Hildegard itt der Gartenlaube mit dem Ausblick auf den Grenzfluß, dev schon seit vielen Jahrhunderten das Meißner Land voM Königreich Böhmen trennte. Unter dem Blätterdach dieses Lieblingsplätzchens hatten die beiden Schwestern wie zwei