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««VgLS tt M» ^»^2 ssrch--?W°r^§Z Sn m Wla ü »kl SWM W Lon LrthurSrunewald. quäler, dafür liefere aber Hinterwinlel leine paffenden Ab nehmer. — Trotz dieser wenig ermutigenden Aussicht auf einen zahlreichen Leserkreis versicherte ich meinem lieben Tolla borator beim Abschiednehmen, daß ich mich umgehend nach einem wagnisbereiten Verleger umsehen wolle. — Wir sollten uns sobald nicht Wiedersehen! — (Fortsetz, folgt.) Nein, widersprach ich, nicht bloß darin. — Ich habe eben einen Plan gefaßt, Herr Hietzke, erklärte ich eindring lich, und ich bitte Sie, mir bei seiner Ausführung behilflich zu fein. Hietzke sah mich zweifelnd an. — Einen Plan, wobei ich Ihnen helfen soll? — Ich habe mir bei meinen vielen eigenen Plänen meist selber nie raten können, lachte er, wie soll ich da bei fremden Plänen helfen? — Ich will eine Chronik von Hinterwinkel schreiben, sage ich — Hietzkes Gesicht ging gewaltig in die Breite. — Eine Geschickte von Hintsrwinkel? wiederholle er und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. — Allerdings, Verdienst und Würdigkeit wäre da! Obne Ihren Beistand ist aber die Ausführung un- rnöalicn. sekte ick hinzu. Ich bin kein Geschichtsschreiber, lehnte Hietzke ab. Aber ein gewandter Stilist. — Sie haben emen eigenen Etil, wie Ihr Tagebuch beweist. — Ich möchte Sie darum bitten, es mir auf längere Zeit vertrauensvoll zu überlasten. Hietzke schüttelte wieder den Kopf. — Da find Sprünge und Lücken drin. Es fehlt die Idee und die moderne Kunst- st>rm, wie mein Neffe, Robert Eichler, der Pohlitzer.Pastor- kandidat, an meinem Tagebuche tadelt. Herr Hietzke, sage ,ch, Rahmen und Namen für das Ganze, Sang und Einteilung der Handlung, die sogenann te „Aufmachung" — Hietzke fand diesen Ausdruck sehr pas send — übernehme ich, aber Ihren Hauptanteil will und kann ich aus keine Weise sckMälern — wie gesagt, ich gebe die Form, und Sie gießen Seele hinein. — Also gut» erklärte Hietzke endlich; so mag der Guß be ginnen. — Und noch m derselben Nacht eimgten wir uns über den Namen unserer Dorfchronik. — „Unterm Zodi akus von Hinterwinkel" sollte sie heißen; denn mit diesem Namen Halle einer seiner Lehrer den Tierkreis über dem Gemeinderatstisch im Gastzimmer des Kasparschen Gast hofes scherzhaft bezeichnet; aber Herr Hietzke wünschte, daß ich noch einen zweiten Titel hinzufügte: „Oder das Opfer der Heimat", sollte er lauten. Nachdem mir Hietzke noch viele wellere Vorschläge un terbreitet hatte, verabschiedete ich mich um Mitternacht von meinem Gaftfreunde, um im Gasthofe zum Schwarzen Ad ler zu übernachten. — Am Morgen vor meiner Abreise erschien ich noch ein mal in Hietzkes Wohnung, um mich zu verabschieden. Hier kam mir mein Freund aber mit ernstem Gesicht entgegen und eröffnete mir, daß er seinen Anteil an der Abfassung unserer Dorfgeschichte zurücknehmen müsse. Und warum? fragte ich ganz erschrocken. Wenn Sie zurücktreten, so bleibt mir ja nur der leere Rahmen übrig. Hietzke schüttelte den Kopf. — Lassen Sie das Dorf ver gessen sein. Sie wissen, die besten Frauen sind die, von denen man am wenigsten spricht. — Das is der, und das is jener, und das bist du, und bas bin ich, wird es heißen — und Hietzke is schuld daran; er hat schon in Hinterwinkel so viel geredet, er sollte nu endlich den Mund halten. Hier ist nicht der und jener gemeint, widersprach ich, sondern „jedermann". — Sie haben doch oft gesagt, nichts fei heilsamer, als über sich selber zu lachen, und sich über sich selbst zu ärgern; wer das nicht kann, lernts vielleicht in unserm Buche, und wer zuletzt lacht, lacht am besten! — Und Sie haben auch einmal geäußert, daß es kein höheres Opfer gäbe, als Haus und Hof für die Größe und Sicher heit des Vaterlandes dahinzugeben, und daß niemand wisse, welche gewaltigen Ereignisse noch unter dem großen himm lischen Zodiakus über das deutsche Volk hereinbrechen könnten! Ja, wenn's so klingt, klingt's gut, gab jetzt Hietzke zu, und so will ich meine Kündigung wieder zurücknehmenl Ich schüttelte Herrn Meister Hietzke dankbar die Hand und versprach ihm, sobald als möglich das erste Exemplar, das die Presse verließe, an ihn abzusenden. Versprechen Sie nicht zu viel, warnte Hietzke, damit die Enttäuschung nicht zu groß wird. Vielleicht bleiben wir die einzigen Leser des Buches. Alte Geschichten sind kein begehrter Lesestoff, das weiß ich als Dorfkolporteur der Mühlbächer Gewerbevereins-Bibliothek. Mein Reffe Ro bert Eichler sagt immer, das Volk schwärme jetzt für die Schnaps- und Clendsgeschichten der nordischen Menschen Ueber 35 Jahre hatten di« Ältstädter ihren David Hensel gehabt, der (sicherlich) ihr erster evangelischer Leh rer war, als man 1559 di« Reformation einführte. Das war David Hensel, dem man dieZinsen von 150 Talern Ka pital aus der Procuratur von Meißen zahlte, weil er zwei Wiesen der Schule (zur Aldenstadt) zum Rennersdorfer Vorwerk hingeben mußte. Dem dann einmal der Kurfürst die Rück-ichlung eines Darlehens erließ, um dessen Gunst er wohl gebeten hatte. Wahrscheinlich hatte er Not «litten oder emen Häuselbau vor, weshalb er als einfacher Schul meister den hohen Kurfürsten anging. 1594 ist er Mn 7 0 - jähriger Greis; wie es da heißt, daß er „nach seiner eige nen Aussage" solange im Orte gewirkt hab«! Als .Kir chen- und Gemeindeschreiber", an anderer Stelle „als Kir chendiener der alten Stadt underm Stolpen" genannt! Am längsten war aber zweifellos der fünfte Lehrer nach ihm im Amte zu Altstadt, im Amte an einem Orte über haupt: Johann Schindler! Man hör«:. 66 Jahre war Schindler in Amt und Würden, ein Lebensalter in ein und derselben S<hlle, vielleicht in «in und derselben Schul stube! Der wußte genug von erworbenem Verdienst, als er97Jahreaüam Ende treuen Wirkens stand, als ihn 1681 der Herr dort zu sich nahm, wo er 1614 (kurz vor dem 3Hährigen Kriege) anfing zu unterrichten! So viel Jahre waren dem späteren Carl Friedrich August John doch nicht im Amte beschert, obwohl er auch 9 3 Jahre all starb. Er hatte es aber immerhin auf 50 Jahre in Altstadt ge bracht! Von 1817—1867! Ob er dem Nachbaickollegen von Helmsdorf nach eifern wollte, der allerdings vor ihm dort doziert« und es auf 54 Jahre Dienstzeit bei den Helmsdorfern brachte. Nämlich von 1734—1788: Aug. Ioh. Georg Schumann. Ein guter fester Schlag muß das Lehrergeschlecht damals gewesen sein oder eine besonders gute Luft war in der Alt- stadt-Helmsdorfer Parochie vorhanden! Am Lude der Lebens. In vielen Fällen zeugte nachher ein Sandstein-Denk mal nahe der Kirche von dem gesegneten Wirken eines alten Lehrers. Wind und Wetter zerstörten leider die Schrift im Laufe der Jahre, und nur ab und zu, wo der Stein noch nicht abbröckelt, entziffert man noch Namen und Bibel sprüche. Und alte Lebensbäume, ein Eisengitter oder di« KirckMauer beschützen noch die Ruhestätte, die den heran gewachsenen Männern und Frauen unvergeßlich bleibt, bis amh sie einst ihrem einstigen Lehrer nachfolgen, zu dessen Füßen sie einst saßen. So erinnern in Schmiedefeld zwei Denkmäler nicht weit von der Inschrift vom Schrek- kenstag 1813 an Johann Georg Stichler und an Carl August Voigt. Das ältere trägt auf dem darauffitzenden Kreuz einen Eichenkranz und läßt sich noch leidlich lesen: Hier ist die „Ruhestätte geliebter Eltern, der Frau Eleonore Stiehler geb. Mai (aus Polenz), geb. am 28. Mai 1791, gest. den 6. April 1834 (also vor 100 Jahren gerade) und des Herrn Johann George Stiehler, Schulleh rers und Organisten allhier, geb. den 3. Juni 1775, gest. den 31. März 1835 (im folgenden Jahre)." 5 Sterne leuchten über beider Namen und künden die ewige Ruhe. So ist Stiehler im 60. Lebensjahre dahingegangen, der die Trüm mer des Dorfes sah und an jenem 12. Mai 1813 zunächst in Stolpen Unterkunft fand, während Pfarrer Müller und sein Gehilfe Jacob mit dem Postmeister Bergel ins Böhmische machten. Vielleicht sanden die Lehrersleute auch in Polenz Schutz, bis man ihnen hier wieder ein Obdach bot. Roch nicht 18 Jahre alt war des Schullehrers erste» Kind, als der Vater starb, Gustav Eduard Stiehler, der wie seine Mutter auch im Mai den Geburtstag hatte und im sel-