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Der Sächsische Erzähler Kilo 8,25 50 Nv 7,75 6,75 50 50 50 50 50 7,50 6,50 in Mengen unter 1000 kg 50 50 50 . 50 . 50 . 50 . 50 1,80 2,— 2,75 0,70 1,00 Festpreis Festpreis MWW^ Ai m MAE? ... M Ml WM tn YS.-MMWW? Sonnabend, den 31. M«r- 1VS4 50 „ ..... 50 „ 50 „ .50 , 50 . IKtlogr. ..... 1 Stück ..... 1 Pf». 1 Stück 1 Stück Geschäftsgang: Mittel. s. Betblatt^z» Rnnnner ^«rklprslrs In Ssuttsn vom 21. »18» ISZa. (Nach amtlicher Feststellung. Feinste Ware über Noti-.) (Telephonische Meldung — Ohne Gewähr.) 2, - 2,50 3, — schien der ehrsamen Ursula Hilgermöser wenig in den „Grü nen Adler" zu passen. Hier wÄlten während der Sommer und Ferienzeit sonst nur würdige Ehepaare, die ihre freien Tage geruhsam und billig verbringen wollten. Auch die Gäste, die abends die Stammtische im „Herrenstübel" bevöl kerten, waren durchweg gesetzte Familienväter, die friedlich ihr Bier tranken, ihren „Haferltarok" spielten und sich schon um zehn Uhr aus Angst vor den Gardinenpredigten ihrer besseren Hälften auf den Heimweg machten. So hätte die Ursula Hilgermöser den jungen Reisenden am liebsten mit der Bemerkung, es sei kein Zimmer mehr frei, von ihrer Schwelle vertrieben. Aber na — das Geld war knapp, und Ostergäste zeigten sich ohnehin nur sehr spärlich. Deshalb ließ sie den jungen Mann schließlich doch ein hübsches Zimmer anweisen und beschloß im stillen, auf diesen Windbeutel ein wachsames Auge zu haben. Abends brachte der fidele Reisende den lustigen Apgjhe- ker, in dem er einen Studienfreund entdeckt hatte, sowie noch einige junge, Leute in den „Grünen Adler" mit und feierte mit iyneii' semen Geburtstag. Daß dabei viel Wein getrun ken und eine ansehnliche Zeche gemacht wurde, gefiel der tüchtigen Wirtin recht gut. Weniger allerdings die Tatsache, daß die fünf jungen Herren dabei immer heiterer wurden und endlich sogar das seit undenklichen Zeiten nie berührte braune Klavier öffneten. Jedenfalls war die würdige Ur sula Hilgermöser herzlich froh, als das Beisammensein glück lich zu Ende ging und sie ihr Schlafgemach aufsuchen konnte. Da kam trotz der späten Stunde plötzlich der alte Hausknecht an ihre Tür mit der Meldung, er müsse der Frau Wirtin eine wichtige Mitteilung machen. Brummend streckte Ur sula Hilgermöser den Kopf heraus: „Was gibt's?" „Frau Wirtin, bei dem Herrn von Nummer sechs, wis sen S' scho, der junge Herr, der wo heunt an'kommen 's — also dort bei Nummer sechs hab' i grab' d' Schuh für morgen früh zum Putz'n hol'n woll'n, — und da steh'n vier Paar Stiefel!" „Wieso denn? Sind denn die ander'» Hekrn net alle Drei Paar Schuhe. Eine heitere Ostergeschichte von E. Tro st. (Nachdruck verboten.) An den breiten südbayerischen Flüssen, die in früheren eisenbahnlosen Zeiten als wichtigste Verkehrs- und Handels wege vom Süden nach dem Norden dienten, auf denen einst die Salzplätten, die flachen Zillen und riesigen Flöße Wein, Getreide, Salz und andere Waren von Tirol und Italien nach den Donaustädten brachten, — an den grünen Ufern dieser gemächlich dahinrauschenden Flüsse gibt es eine Menge kleiner Städte, deren Aussehen bereits stark an den Süden gemahnt. Weite Plätze, flache Dächer und kühle, dämmrige „Lauben", Bogengänge, die sich, den Erdgeschossen der Häu er vorgelagert, die Gassen entlangziehen, bieten ein ausge- prochen südlich anmutendes Bild, das da und dort noch durch ärbenfrohe Heiligengemälde an den Hausmauern und lustig m Wind flatternde bunte Wäsche vervollständigt wird. Die Kaufleute und Schiffer aus dem Süden, die mit ihren Fahr zeugen die Flüsse Hinabfuhren, mögen vor Jahrhunderten den behäbigen Bürgern dieser kleinen yltbayerischen Nester die Neigung für die italienische Bauweise Und die Freude an allem Bunten und Leuchtenden übermittelt haben. Auch das alte Wirts- und Weinhaus „Zum grünen Adler" in der gemütlichen kleinen Stadt am Inn besitzt ein flaches Dach und längs des Erdgeschosses einen grob ge pflasterten Rundbogengang, in dem die Schritte der Vor übergehenden dumpf dröhnen. Seine Vorderfront schmückt neben dem weit in die Gasse hinausragenden, schöngeschmie deten Adlerschild ein großes Freskogemälde, das den Dra- chentöter St. Georg darstellt. Die Wirtin, die ehrenwerte Wittib Ursula Hilgermöser, ist eine höchst energische Fra» von achtunggebietendem Umfang. Ihr scharfgeschnittenes Gesicht verrat deutlich die Abstammung von alter Berg- bauernsippe. An eine Wiederverheiratung hat sie nie gedacht. Sie weiß sich auch allein zu helfen, führt ihren Gasthof mu sterhaft und hält streng auf Zucht und Ordnung. Der lustige blonde Reisende, der mit einem blitzblaucn Auto als Osterferienaast in das kleine Städte! kam und im „Grünen Adler" einrehrte, hatte ihr schon gleich nicht recht gefallen. Er lachte viel zu laut und unbekümmert und zwick te sogar auf der Treppe das Aubenmädek Nanni vertraulich in die Wangen, obzwar die Nanni, gleich dem übrigen weib ¬ lichen Personal des Hauses, weder als jung noch als beson ders reizvoll zu bezeichnen war. Die Wirtin bemerkte es mit Mißfallen und warf dem fidelen Reisenden einen so giftigen Blick zu, daß dem angst und bange geworden wäre, wenn er sich zufällig umgedreht hatte. Cm derart leichtsinniger Gast was . . . „Was denn no?" „Frau Wirtin! Drei von die vier Paar Schuh san — Damenstieferl!" flüsterte der alte Hausknecht dumpf. „Daaa —" Der ehrsamen Wirtin verschlug es für eine Weile den Atem vor Entsetzen. Aber sie fand rasch ihre Sprache wieder: .Hamenschuh'? Und gleich drei Paar?? So a Unverschämtheit, so a Niederträchtigkeit! Sowas — in mein'ehrsamen Haus! Und noch dazu in der hochheiligen Osterwoch'n! Häusl, sofort gehst und holst die Polizei!" Der Haust trabte eilig fort und erschien bald wieder mit dem dicken Wachtmeister Sommereder, der für die Aufrecht- . erhaltung von Ruhe und Ordnung in der kleinen Stadt am Inn verantwortlich war. Der setzte seine grimmigste Amtsmiene auf, ließ sich von der empörten Wirtin den Sachverhalt genau erklären und stieg dann mit ihr und dem Haust zum Zimmer des Uebeltäters hinauf. Richtig — vor Nummer sechs standen neben einem Paar großer Herrenhalbschuhe drei Paar zierliche Damenstiefel- chen mit hohen Absätzen und hübschen Spangen. Der Beamte klopfte energisch an die Tür, bis sich drinnen ein verschlafenes Knurren hören ließ, drückte dann auf die Klinke, die zu seiner Ueberraschung sofort nachgab, betrat den Raum und drehte das Licht auf. Aus den Kissen des hochaufgetürmten Bettes hob sich, arg verschlafen und ver katert, der Kopf des jungen Reisenden; sonst war im Zimmer keine Menschensecle zu sehen, so genau der Wachtmeister auch Umschau hielt. „Paßkontrolle! Zeigen S' mir sofort Ihr'n Ausweis!" herrschte er Mießlich den jungen Mann an. „Ausweis?" Der offensichtlich noch stärk unter der Wir kung des reichlich genossenen Weines stehende Reisende machte eine unbestimmte Handbewcgung nach dem Tisch hin und wollte sich wieder in die Federn verkriechen. Doch schon stand die Ursula Hilgermöser dicht vor ihm: „Was soll dös heiß'n ? Drei Paar Damenschuh' vor der Tür — und sowas in mein' christlichen Haus und noch dazu in der heili gen Osterwoch'n! So a Unverschämtheit! Ja, schämen Sie Ihner denn gar net? Wo san die Frauenzimmer hin'koin- men?" „Frauenzimmer?" Der junge Reisende starrte verständ nislos, brummte irgendetwas und warf sich in die Kissen zu rück, um sofort wieder «inzuschlafen. „Den hat's! Mit dem is heut nix mehr anzufangen", meinte der Wachtmeister sachverständig. Er rüttelte den Schläfer aber doch noch einmal energisch auf und schrie: „Sie Herr — was sind S' denn von Beruf?" „Schuh — Schuhreisender", knurrt« der Fremde schlaf trunken und schnarchte weiter. Dem dicken Sommereder kam plötzlich eine Erleuchtung. Er befahl dem Hausknecht, die verdächtigen Schuhe aus dem halbdunklen Gang ins Zimmer zu bringe», und musterte sie beim Hellen Licht sehr genau. Dann lachte er und hielt der Wirtin mit der Miene eines erfolgreichen Meisterdetektivs die zierlichen Schuhe entgegen: „Frau Wirtin, Sie hab'» Ihnen ganz umsonst aufa'regt. Schauen S' Ihnen die Schuherl amal genau an! Es san lauter linke. Und wann man s' genau betracht, sans alle verschied'». Und der Herr is Schubreisender — da hat er halt, wies 's scheint, in sein' Schwips Vie ganze Musterkol- lektivn vor di« Tür -'stellt." Franken!" sagt der Mann zuletzt, und er gewinnt. Die Frau laßt die Arme kraftlos sinken und geht. Das ist aber noch nicht das Ende der Geschichte mit dem Brautkleid, das im Leihhaus hing. Die Pariser erfahren es zwei Tage später au« ihren Zeitungen: Die beiden Gegner waren einst vor vierzig Jahren «in Brautpaar. Irgend etwas trieb sie aus- einanoer. Die Braut — in Not geraten — verpfändete das Kleid. Jetzt besitzt sie es wieder. Denn der Mann, den sie vier Jahrzehnte nicht sah, hat es nur ersteigert, um es ihr zu schenken, um ihre Verzeihung zu erbitten und — ihre welke Hand. Unglückskette um eine Billardkugel. Wie in einem tollen Film rollt« die Kette von unheil vollen Geschehnissen ab, die kürzlich in New Park durch eine harmlose Billardkugel verursacht wurden. Ein junger Mann, der in der Villa seines Freundes Billard spielte, traf eine Kugel mit so heftigem Stoß, daß sie aus dem offen stehenden Fenster hinausflog. Der schwere elfenbeinerne Ball durchschlug beim Niederfallen das Glasdach einer Veranda der Nachbarvilla und zertrümmerte eine kostbare Vase. Doch nun begann erst das eigentliche Unglück: Durch das Scherbenklirren wurde eine große Angorakatze er schreckt, die .über den Frühstückstisch flüchtete und dabei nicht nur einige Kaffeetassen zerbrach, sondern auch eine kleine Spiritus-Kaffeemaschine umwarf. Der brennende Spiritus ergoß sich über die Tischdecke und setzte sie in Brand. Im nächsten Augenblick gingen auch die Vorhänge und die Korb möbel der Veranda in Flammen auf. Der Brand konnte durch die entsetzt herbeieilenden Billardspieler gelöscht wer den, aber die Besitzerin der Villa, eine kränkliche alte Dame, die von ihrer , bei ihr wohnenden Enkelin gepflegt wurde, erlitt vor Aufregung einen Schlaganfall und erkrankte lebensgefährlich. Es gelang den Aerzten nicht, sie am Le ben zu erhalten. In der allgemeinen Aufregung hatte nie mand daran gedacht, die alte Dame zu der lange geplanten Testamentsänoerung zu veranlassen, wodurch die Enkelin zur ltniversalerbin eingesetzt werden sollte. Auf diese Weise mußte das beträchtliche Vermögen der Verstorbenen unter die Erbberechtigten aufgeteilt werden, und die Enkelin er hielt nur einen Bruchteil der erhofften Summe. Aber da mit nicht genug: auf die Nachricht hin, daß das junge Mäd chen nicht Haupterbin geworden war, löste ihr Bräutigam die Verlobung auf und meldete gleichzeitig den Konkurs seines Geschäftsunternehmens an, da ihm die im Hinblick auf seine bevorstehende reiche Heirat gewährten Kredit« jetzt versagt wurden, Und das alles um eine Billardkugel! Der unglückliche Billärdspieler, der ohne Absicht diese Kette von Unglücksfällen herqufbeschworen hat, ist völlig niedergebro chen. Das boshafte Schicksal behielt sich aber noch einen letz ten Trumpf vor: Sowohl die Enkelin der verstorbenen alten Dame wie der ehemalige Bräutigam des jungen Mädchens haben Schadenersatzklage gegen den ungeschickten Billard spieler angestrengt. Der bevorstehende Prozeß verspricht, nicht geringes Aufsehen zu erregen. ZeitgemLHe Betrachtungen. > (Nachdruck verboten.) - - Ostern! Ein neuer Segen strömt hernieder, — ein neues Wunder ist gescheh», — und Osterglocken künden wieder — das hohe Lied vom Auferstehn; — denn es ist keine Nacht so lang,— kein Win ter ist so schwer ünd bang, — daß nicht nach ihm ein Frühling käme, — daß nicht die Nacht ein Ende nähme. Drum werfet ob ihr Menschenkinder — die alte Not, die alte Ouah — die Lüste wehen wieder linder — und neue Blumen SS—W—S——S blühn im Tal, — daß sich da« Wort erfüllen mag: — Die Welt wird schöner jeden Tag, — so ist ihr neue Lust am Leben — und neue Kraft zur Tat gegeben. Auch wir sind wieder auferstanden, — uns lacht «in Früh- lings-Morgenror, — der Winter, den wir überwanden, — war reich an Sorgen und an Not, — doch brachte deutscher Opfermut — die Mittel auf an Geld und Gut, — den Aermeren zu unter stützen — und Darbende vor Not zu schützen. Und wenn in hell'ger Festtags-Stille — wir heut zufrieden rückwärts sehn, — so sei auch ferner unser Wille — uns in der Not stets beizustehn, — wenn neu des Alltags Lärm erwacht, — dann gehts aufs neu zur Arbeitsschlacht, — daß jeder wieder Ar beit habe, — da« ist die schönste Festtagsgabe. Der Osterhase, den wie Immer, — wir fleißig bei der Arbeit sahn, — hat schon beim ersten Tagesschimmer — auch diesmal seine Pflicht getan, — das Osterei, das er gebracht — betitelt sich: Die Arbeitsschlacht, — man findet es an allen Wegen, — es bringt Millionen Glück und Segen! Und wenn die Feiertage schwinden, — dann wird es an die Arbeit gehn, — die Arbeit soll der Welt verkünden — des deut schen Volkes Auferstehn; — die Feiertage sind zum Ruh'n, — dann aber soll zu frohem Tun — sich Mann für Mann gar emsig rühren, — daß bald wir den Erfolg verspüren. Wir wollen heut ein Fest verleben, — das Freude uns und Sonne bringt, — und jedem sei sein Teil gegeben, der treu sich müht und ehrlich ringt, — es flute goldncr Sonnenschein — in jedes deutsche Haus hinein, — als unerläßlicher Begleiter — der goldnen Frühlingszeit! Ernst Heiter. 6,50 2'k0 0,07 H80 10,00 1,20 15,80 12,65 6,50 6,40 3,— O.Otz 2,'vO 18,00 Weizen, 76 kg Welzen . . . Roggen, 72 kg Roggen . . . Gerste, Sommer- Gerste, Winter- (zweizeilig) . Gerste, Winter- (vierzeilig) . Hafer. . . . Hafer. . . . Raps, Mindestpreis . . . Kartoffeln im Großhandel , Kartoffeln im Kleinhandel . Heu, lose Stroh, Maschinenbreitdrusch oder gepreßt 50 Stroh. Maschinenbreitdrusch vorgerichtet 2x geb. 50 Stroh, Flegeldrüsch Weizenmehl, 60 Roggenmehl, 60 °/g Weizenkleie . . Roggenkleie . . Butter .... Eier Gänse . . . Krieschel .... Ferkel 805 Stück 9,35 7'85 8,50 kurzer Zeit «in mehr als säten Abend; Theatersch Inter den , >k sich von der ragen ' " ihren Gedanken noch bei dem soeben gesehenen Stück zu weilen, denn sie achtete nicht darauf, daß sie bereits auf dem " ' " anaelanat war, und als sie aus ihrem seligen war das Furchtbare bereits geschehen: batte sich in der stunden, in denen Madame verliert ihr Kleid . . . oder — die tückische Rolltreppe. Auf einem Londoner Untergrunbahnhof ereignete sich vor al» peinlicher Zwischenfall. Es war am rschluß, und daher erheblicher Betrieb, aus Theater uno Kino heimkehrenden Menschen, , , n der Rolltreppe auf den U.-Bahnsteia hinunter- igen ließen, befand sich auch «ine vornehm gekleidete Dame n einem wundervollen seidenen Schleppkleid. Sie schien mit soeben gesehenen St ' lauf, daß sie bereits ar Bahnsteig anäelangi , ... Träumen aufschreckte, war das Furchtbare bereits gescheh. Die Schleppe ihre« eleganten Abendkleides hatte sich in ! Rolltreppe festgeklemmt, und in wenigen Sekunden, in der sie noch ratlos stand, löste sich das hauchdünne Kleid in lan gen Streifen von ihrem Körper, und was als trauriger Rest unter der eleganten Pelzjacke hervorsah, war nicht eben mehr als Bekleidung anzusehen. Was nun? Weinen, Ohnmachts anfall, völlige Verzweiflung der Dame, mehr oder weniger verstohlene Blicke und „anzügliche" Bemerkungen der Herren und Damen, die sich um sie versammelten. Nach weiteren Minuten tödlicher Verlegenheit bot endlich eine Dame der Unglücklichen ihren Mantel an und begleitete sie nach ihrer Wohnung. Nun hätte der tragikomische Zwischenfall er ledigt sein können. Niemand kannte die Dame, niemand wußte ihren Namen, man hätte die Geschichte höchstens als unglaubhaft« Episode erzählen können. Aber die Dame gab sich nicht damit zufrieden, ihre Verzweiflung verwandelte sich in glühenden Zorn, und sie reichte «ine geharnischte Schaden- ersatzklage gegen die U.-Bahngesellschaft ein. Natürlich wurde sie abaewiesen, da ganz offensichtlich eigenes Verschulden vor lag. Aber London hatte seine Sensation, Madame, di« ihr Kleid verlor, bildet das Tagesgespräch, und yian er ¬ zählt sich, daß Madame eine Unmenge Liebesbriefe ünd ernst gemeinte Heiratsanträge erhielt, weil sie mit soviel Grazie ihr wundervolles Gewand der tückischen Rolltreppe überließ. Ein Brautkleid hing im Leihhaus. In einem Pariser Leihhaus drängen sich Hunderte von Menschen. Heute sind es aber nicht die Armen, die diese, letz te Hilfe in Anspruch nehmen wollen, sondern Kauflustige, die für «N paar Franken Wertgegenstände, Kleider, Bilder zu erwerben Höften. Die meisten hat eine Zeitungsmeldung ins Leihhaus gelockt: Ein Brautkleid soll heute unter anderen Dingen versteigert werden, «in Brautkleid aus schwerem Bro- kat, das vor vierzig Jahren als Pfand gegeben wurde. Acht unddreißig Jahre lang sind die Zinsen für die geliehene Summe pünktlich bezahlt worden. Dann blieben sie aus. So ist das Pfand jetzt verfallen und soll versteigert werden. Das neugierige Publikum wird ungeduldig. Es hat kein In- ter«fse für die anderen Gegenstände, die zu Schleuderpreisen weggehen. Die Menge wartet nur auf den Augenblick, da das Brautkleid zur Versteigerung gelangt. Alles glaubt, es müßte sich dann etwas Sensationelles, etwas Ungewohntes ereignen. Endlich ist das Brautkleid an der Reihe. Wer bie tet? Eine brüchige Frauenstimme: .Lehn Franken!" Alles sieht dorthin, findet ein verhärmtes, älteres Weiblein, wird durch eine andere Stimme abgelenkt, durch eine tiefe männ liche: „Fünfzehn Franken!" Die Greisin senkt einen Augen blick den Kopf. Dann ruft sie: „Zwanzig Franken!" — „Fünfundzwanzig!" klingt es ihr entgegen. — „Dreißig Franken!" sagt die Frau wieder. So geht der Zweikampf zwischen den beiden weiter. Niemand bietet sonst. Alle ah nen, daß hinter diesem Duell «in Geheimnis liegt. „Hundert