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/HS 20 Raum und mit größerer Schärfe, als er vielleicht selber beabsichtigte, sagte er, als Adele freundlicher, herzlicher deny sonst ihm Vorwürfe machte, daß er. sich bei seinem Unwohlsein noch der Abendluft auS- jetze: daß er sich ob ihrer Fürsorge und Theilnahme wundere, da sie doch wohl sonst, wenn sie wirklich an dieselbe geglaubt, daheim geblieben sein würde und nicht einem Vergnügen nachgejagt hätte, während er daheim bei überfüllter Arbeit gesessen. Adele blickte auf. Es war das erste Mal, daß ihr Thun und Handeln von Seiten des Gatten eine leichte Rüge erfuhr. Und da dies nun geschah, wo sie eine Theilnahme, eine Herzlichkeit hatte durch blicken lassen, die ihr sonst zumeist fern lag, so traf sie dieser scheinbare Tadel, vielleicht auch weil Wahres in ihm begründet lag, tiefer als es sonst wohl ge schehen wäre, und mit mehr als Bitterkeit, vielmehr in schneidender Schärfe, wobei wohl vieles längst Zurückgehaltene hervorbrach, entgegnete sie: „Sollte Weise die Last der Arbeit zu verringern? Dein Leiden Dein Hiersein im Freien bezeugst, was doch sonst unverantwortlich wäre, als daß ich bereits die Krankenpflegerin hätte spielen sollen. Ich denke dies Vergnügen wird mir die Zukunft noch oft genug bereiten. Oder wie! erwartest Du wirklich, als ich Dir meine Hand reichte, daß ich mit diesem Schritte zugleich in Gefühlen und Lebensansichten Dir gleich werden könnte? Ich will nicht alt sein! Ich will mein Leben genießen, so lang es noch für mich Tag ist. O, über euch Herren der Schöpfung, die ihr meint, daß das Weib nur die oberste Dienerin des Hauses sein müsse, geschaffen zu dulden, zu folgen, ohne eigenen Willen! Nicht also, lieber Brandls; laß uns nicht Illusionen nachhängen, denen ich wenigstens niemals nachzuleben gedenke. Was lag für ein Grund vor, das heutige Concert nicht zu besuchen? Ich liebe Musik. Die Gesellschaft ist aimable. Also was hätte mich veranlassen sollen, daheim zu bleiben? Immer wirst Du doch nicht mein Begleiter sein können. Dein Amt, Deine Jahre werden Dich hindern. Warum also mit dem heutigen Tage nicht eine Selbstständigkeit anbahnen,, die ich doch, über kurz oder lang, ausüben muß, wenn ich anders nicht in Sack und Asche ein Nonnenleben führen Witt, wozu ich bis jetzt kein Behagen empfinde!" Der Regierungsrath schaute auf. Er, der seinen Untergebenen oft ein strenger Vorgesetzter war, fühlte sich in diesem Augenblicke um Worte verlegen^ Wie hatte er sich dies Leben doch so ganz anders gedacht; Wirrniß -es Heyen». Novelle von F. Brunold. (Aortfetzung.) Wohl hatte auch der Regierungsrath im Anfänge gemeint, er habe eine gute Wahl getroffen und sein Haus sei wohlbestellt. Doch als der erste Freuden rausch, eine so junge schöne Frau sein eigen nennen zu dürfen, verflogen war, als das Gefühl, das eine Zeit lang in ihr gewohnt und das ihn selber glauben hieß: er habe aus Neigung und innerem Herzens- bedürfniß diese Wahl getroffen, mehr und mehr chwand und dem kalten, berechnenden Verstände ein Recht wieder einräumte, da fanden der Flecken ich doch viele an der Sonne seines Horizontes, und ein Auge wurde von Tag zu Tage ernster. Ein Vergnügen trieb das andere. Es war, als ob Adele in dieser Hinsicht unersättlich sei, als fühle sie sich ... nur wohl, wenn der Jubel und die öffentlichen Lust- ich Schreiberdienste verrichten, um Dir auf diese barkeiten der Gesellschaft sie umgaukelten. Weise die Last der Arbeit zu verringern ? Dein Leiden - Auch heute weilt sie nicht daheim. Ein fremder war nicht so bedeutend, wie Du dies ja selbst durch Künstler ließ sich hören, sie mußte sein Concert be suchen. Der Regierungsrath blieb zu Haus. Es war das erste Mal, daß seine Gattin ohne ihn einem Vergnügen nachging. Er hätte wohl nichts Be sonderes darin finden sollen, denn unmöglich konnte er doch dieselbe stets begleiten, und er fand es auch Wohl nicht. Aber daß Adele so froh, so unbekümmert um ihn gegangen, trotzdem sie gehört hatte, daß überhäufte Dienstgeschäfte, wozu sich noch ein leichtes Unwohlsein gesellt, ihn zwangen, auf das Vergnügen zu verzichten, — Das umwölkte seine Stirn, und . ernster, als seit langer Zeit, stand er im Garten und harrte ihrer Rückkehr. Es war ein schöner, freundlicher Abend, die Sonne ging zu Rüste, die Vögel sangen ihr letztes Lied. Eine Blume nach der andern schloß ihren Blüthenkelch, ein Bogel nach dem andern verstummte, bis endlich auch das letzte Roth der Sonne schied und die Nacht mit ihrem ersten geheimnißvollen Schauer einbrach. In kostbar glänzender Toilette kehrte Adele nach Hause zurück. Der Wiederschein der gehabten Freude, des genossenen Glücks lag noch auf ihrem Angesicht. Sie sah überaus anmuthig und lieblich aus. Ihrem Gatten entging es nicht. Aber statt sich dieses noch sichtbaren Glücks zu freuen, sich be ruhigt zu fühlen, daß diese schöne Erscheinung, dies herrliche Wesen sein eigen sei, ihm als Gattin zu gehörig für dies Leben, gewann der Unmuth in ihm SorritLPe»-, derr 1. Ju«f. I M2 elletristische Jeitage zum sülMcheu Erzähler. Zur gemeinnützigen Unterhaltung für alle Stände.