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88. Jahrgang Dienstag, den 20. Juni 1S33 Rr. 142 TageöLtt firAWOwer-a Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbeztrk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Der Siühstsche Erzähler ist da« -m Beröffmtlichung der amtlichen Bekannt machung» der AmtahauptmaunschaL de« Arbeitsgericht« und de« Haupt- zollanu» zu Barchen, de« Amtsgericht», de» Finanzamt», der Schulinspektion und he« Stadtrat« Dischok«u>«da behördlicherseits bestunmtt Blatt I Auzrlgeuprei» (in Reichsmark): Di« «4 mm dritte «tichMtse ! Millimeterzeii« 10 Pf».. örtliche Anzeigen 8 Pf«. Sm LexUeft mg SS ww breit« Millimeterzeil, SO Pfg. Für da» Erschein« so» Anzeigen in bestimmten Nummern und au bestimmt« Plätze» kein« Gewähr. — Erfüllungsort Bischofswerda. Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. Dicht verbreitet in allen Volksschichten. Beilagen: Illustrierte» Sonntagsblatt /> Heimatkundliche Beilage x Fran und Heim / Landwirtschaftliche Beilage. — Druck und Verlag von Friedrich Mag. G. m. b. H. in Bischofswerda. — Postscheckkonto Amt Dresden Nr. 1521. Gemeindeoerbandsgirokasse Bischofswerda Konto Rr. St - - 7 's str Ltlglich mit Ausnahme der Sonn, und Meier-s Ferusprrchrr Amt SIschafswerda Nr. «44 und 44». et» tür dk Zelt «ine» halb« Monats: Frei in» Sm Mall« höherer vewalt — Krieg oder sonstiger irgendwelcher Mich Mark 1.10, beim Adhote» i» der GeschSfts- Störung de» Betriebe» der Zeitung oder der Beförderung,einrich- h 4» Bi« Einzelnummer 10 Pf« (Sonnabend- tungen — hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder wummer 1» Pfg.) Nachlieferung der Zeitung oder aus Rückzahlung d«, Bezugspreise». Tagesschau. * Der österreichische Minlsterrat ha» am Monlagabend die SA., und SS.-Ab»eilungen «ud d« vaterländisch« Schutzbund ausgelöst und der Nationalsozialistischen Deutsch« Arbeiterpartei in Desterrelch jede Betätigung verbot«. * Der ehemalige württembergische Staalspräsident Volz, ein bekannter Jeutrumsführer, ist in Stuttgart in Schutzhafi genommm worden. Er halt« auf dem Katholikentag in Salz- bürg die christlich-soziale Partei in Oesterreich zu ihrem Vorgeh« gegen die NSDAP, aufgeforderk. * Der ungarische Ministerpräsident Sömbö» ist Monkaguach- mittag mm Berlin kommend über Wim in Budapest «lugetroffen. 2a Wim fuhr er nach kurzem Aufenthalt weiter, ohne mit der österreichisch« Regierung in Fühlung geirrt« zu sein. Gegen über einem Pressevertreter gab er seiner Genugtuung über dm Erfolg seiner Berliner Leise Ausdruck. * Die deutschen Vertreter haben di« Genfer Arbeitskonfermz verlassen, weil sie mehrfach schwer« Beleidigung« mwgesetzi war«, ohne datz diese von dem Vorsitz«dm zurückgewiesm wur de». * 2a Danzig sind dl« Verhandlungen über die Yinzuziehung der Deutschnattonalen ln die Regierung gescheitert. Di« am« Le gierung wird nur mm Nationalsozialisten und zwei Zentrum»!««- torm besteh«. * Vie Reichsbahn beabfichtigl zwei weitere Schaelltriebwagen vom Typ de» „Fliegenden Hamburger- ia Auftrag zu geb«, die auf der Strecke Berlin—Leipzig und Berlin—Dresden tu dm Ver kehr gestellt werd« solle«. * Der Präsiden« de» Deutschen Städlelages, vr. Malert, ist «eg« Untreue fristlos «Nassen worden. *) Ausfahrfiche» an anderer Stell«. ätigckeit im nat i o n.a l f oz i al i st r< auf vle Auflösung der Parteiorganisatio- Verbot -er NSDAP, in Oesterreich vtd. Wien. 19. Juni. Nach einer Meldung der amt lichen Nachrichtenstelle find auf Beschluß de» Mlnlsterrates die SA.- und SS.-Abtelluageu und der Vater- ISudische Schutzbund aufgelöst wordeu. V« Mulsterrat beschloß ferner, der österrelchifcheu Na- tloualfazlallstlfcheu Veulfcheu «rbeiker- partei jede Beätigung in Oesterreich und insbeson dere auch die Bildung irgendwelcher Parteiorganisationen za »erbiete». Sn der Meldung der amtlichen Nachrichtenstelle wird aus einen Anschlag auf eine Assistenzkompagnie in Kreins Bezug genommen, über den wir unten berichten. Sofort nach Srhalt dieser Nachricht rief der Bundeskanzler Dr. Doll fuß, wie es in der amtlichen Mitteilung heißt, den Minister rat zusammen, der bi» in die späten Abendstunden tagte. Die Bache wurde dann, um den lange gewünschten Anlaß zu haben, so gedreht, daß der österreichische Sicherheitsministsr eine» Bericht gab, in dem er die Behauptung aufstellte, „teil- weis« Geständnisse" der Verhafteten hätten ergeben, daß die Teilnehmer an diesen Attentaten der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei und deren Schutzstaffeln (SS.- und SA.-Abteilungen) angehörön. Auf Stund dieses Berichts, der im vollen Widerspruch z«-en wiedetholten Erklärungen der Parteileitung der NMVP. steht, faßte van» der Ministerrat den Entschluß Herr Dollfuß bat zweifellos schon in Paris da» Verbot zuge sagt. Man will die Sache auf die Spitze treiben. Ueber die erwähnt« Vorfälle in Krems meldet die amtlich« Wiener Nachrichtenstelle: Heute nachmittag um S Uhr marschierten von Egelsee unweit von Krem», wo eine Schießübung abgehalten worden war, eine Ab teilung der Hilsspolizei in Stärke von SS Mann und wetter eine Kompawlie des Infanterieregi ments Rr. 6 nach Krems zurück. Während de» Marsches wurden von zwei bisher unbekannten Tätern gegen die Hilfspolizeiabtetlung drei Handgranaten geschleu- derr Zwei Handgranaten explodierten innerhalb -er Ab teilung, die dritte wurde von einem Hilfspolizisten aufgefan gen und geistesgegenwärtig auf das freie Feld hinausgewyr- fen, wo sie, ohne Schaden anzurichten, explodierte. Bon der Abteilung wurden 3 0 Mann verletzt. Bon ihnen muß ten 16 in» Spital gebracht werden. Drei davon sind schwer verletzt. Außer den Hilfspolizisten wurde auch ein Zivilist, ein pensionierter Angestellter der Tabatfäbrik in Krems, Motzko, der Blumen pflückte, verletzt. Den T ä t e r N, von denen Personenbeschreibungen vor liegen, gelang es, zu flüchten. Ihre Verfolgung durch Gendarmerie und Militär wurde ausgenommen. Der Gindrrrck de» Uerdots in Berlin. ' end. Berlin. 20. Juni. (Drahtb.) 2u Berllner politischen Kreisen hat das Verbot der NSDAP, in Oesterreich keine besondere lleberraschung ausgelöst. Die Vorgänge der letz ten Wochen haben bewiesen, daß die Regierung Dollfuß seit langem auf dieses Ziel zuarbeitete. Ohne Beweise dafür zu erhalten, sind von österreichischer amt licher Seite die Anschläge, die sich u. a. in Innsbruck, in Wien und gestern in Krems ereigneten, den Nationalsoziali sten zur Last gelegt worden, «m auf diese weise Maßnahmen gegen die Partei er greifen zn können. Die österreichischen National sozialisten haben ihrerseits demgegenüber wiederholt mit aller Entschiedenheit erklärt, daß sie mit den Attentaten nicht» zu tun hätten und sede Illegalität ans» schärfste miß- billigten, wenn sich die öfierrelHsche Regierung trotzdem dazu entschlossen hat, der NSDAP, jede BetäNgvag in Oesterreich zu untersagen und die nationalsozialistischen For mationen auszulöseu, so muh ihr die Verantwortung für die se» Verbot überlasten bleiben, dessen Folge« noch nicht abzuseleu sind. Der Vormarsch der national sozialistischen Bewegung in Oesterreich wird allerdings auf diesem Wege nicht aufzuhaltea fein. Die Arrswjrrmrrgen de» Uerbols. wie«. U. Juni. (D«chtb) Die unmittelbare Wirkung de» PeWdttzS der politischen Betätigung der Nationalsozia listischen Partei erstreckt sich, wie die Neue Freie Presse be richtet, auch mchdie Unterlassung jeder partei politischen Tätigkeit im nationalfozialisti- schen S i n n e, aus die Auflösung der Parteiorganisatio nen, auf Unterbindung jeglichen Äerkchr» in den Vereins lokalitäten, auf Unterlassung der Verwendung von Papier und Stempeln Mit Parteiaufdrucken und auf das Tragen von Parteiabzeichen. Di« Parteipresse muß, wenn ihr weiteres Erscheinen überhaupt in Frage kommt, sich voll kommen umstellen und weder hinsichtlich der nach dem Pressegesetz vorgeschriebenen Angaben über Eigentümer, Herausgeber und Druckort, noch auch im Inhalt der Auf sätze die Beziehung zur Partei erkennen lassen. Eine weitere Frage, die aber im gestrigen Ministerrat noch nicht entschieden worden ist, betrifft die Mandate der nationalsozialistischen Abgeordneten in den Landtagen und im Bundesrat. Nach Auffassung maßgebender Stellen können diese Mandate, da f e eine parteipolitische Tätigkeit im verbotenen Sinn« ermöglichen, annulliert werden. Die verfassungsrechtliche Frage soll noch geklärt werden. Di« Vertreter des Land bunde» in der Regierung hab« sich bisher stets gegen ein« Maßregelung der Nationalsozialistischen Partei aus gesprochen und die Meinung vertreten, daß man nicht die Partei al» solche verantwortlich machen dürfe- In welcher Form die Landbundminister trotzdem das Zustandekommen des heutigen Ministerratsbeschlusses ermöglicht haben, ist noch nicht bekannt. Nach einer Version sollen sie für den Be schluß gestimmt haben, nach der anderen Version hätten sie sich der Stimme enthalten. Sämtliche Garnisonen Oester reichs sowie di« Polizei sind seit gestern abend in Alarm bereitschaft. Gin Mitglied der deutschen Gesandt schaft in Wien nach Deutschland ad- geschoden. Men, 19. Juni. Da» Mitglied der deutschen Gesandt- schäft. Heinz Lohr», wurde Montag nachmittag mit dem fahrplanmäßigen Berliner Flugzeug abgeschoben. Lohrs war vieu»tag früh verhaftet worden, hat also eine Woche lm pollzelgefangenenhau» la Wien zugebracht. Lohr» ist al, Oberleutnant der deutschen Armee an der Jsonzofront mehrfach verwundet worden, wegen seiner Arbeit für Kärnten war ihm seinerzeit die besondere Anerkennung der Laude»regierung ausgesprochen worden. — Der Dank vom Hanse Habrburgl Die DeutschSsterreichische Tages- reitrryg verdaten. Wien, 20. Juni (Drahtb.) Die Deutschästerreichische Tageszeitung, da» Hauptblatt der NSDAP., ist verboten worden. Der in Gang befindliche Druck der Morgen nummer wurde von Kriminalbeamten angehalt«n. Dem verantwortlichen Schriftleiter wurde aufgetragen, sich zur Verfügung der Polizei zu halten. Wien. 20. Juni. Auch dl« übrigen nationalsozialistischen Blätter. „Der Kampfruf" und „Vie Nachlpost" stad ver- boten worden. Seneschs Lockruf a« Solls«-. Die Entfernung des vom Kabinett Dollfuß geführt«» österreichischen Staates von der gesamtdeutschen Polttik machen sich — wie könnte es anders sein! — die eingeschrie benen Gegner einer Verständigung zwischen den beiden deut schen Staaten im nichtdeutschen Auslande zunutze, um den augenblicklichen Zwist zwischen Berlin und Wien, dellen Ende alle aufrichtigen Patrioten diesseits und jenseits der österreichisch-deutschen Grenzpfähle mit Leidenschaft herbei sehnen, zu verewigen. Das Werben um Oesterreich, um es vollkommen und dauernd vom Reiche wegzuführen, steigert sich von Tag zu Tag. Es nimmt Formen an, die man be lächeln könnte, stünde nicht so viel auf dem Spiele, ginge er nicht um Jahre, vielleicht gar um Jahrzehnte deutscher Zu kunft. Der tschechoslowakische Außenminister Dr. Ben «sch, der Schöpfer und Verwalter der Kleinen Entente, glaubt die Zeit reif, Oesterreich zum Eintritt in diesen Staaten bund, in diesen VereinderKnechte Frankreich» und Feinde Deutschlands, einzuladen. In London, wo er zur Weltwirtschaftskonserenz weilt, hatte er eine Unter redung mit dem Vertreter des Prager Tagblatte». Dabei lobte Benesch Oesterreich, daß es endlich eine Politik ein geschlagen habe, die seiner natürlichen Sendung im Donau raume entspreche. In Wirklichkeit bestehe kein Gegensech zwischen den Nachfolgestaaten der habsburgischen Monar chie. Dieses alte Oesterreich-Ungarn sei wirtschaftlich ein sehr gesundes und fest begründetes Gebilde gewesen. Man könne nicht darauf verzichten, wieder aus diese alte Verbundenheit zurückzugreifen, wenn man wieder in die Höhe kommen wolle. Die Kleine Entente erwarte mit Sehnsucht die Bei trittserklärung Oesterreichs, dann würde im Donauraum wieder eine Großmacht besonderer Art geschaffen sein. E» liege jetzt an Oesterreick . . . und so geht es dann weiter zu den bekannten Formeln der Friedensförderung und des Dienstes an der Menschheit. Es ist ein merkwürdiger Vogelfänger, der hier seine Leimruten auslegt. Woher ist dieser Wandel in der Seele des Herrn Benesch gekommen, der doch seine ganze politische Bedeutung und Stellung auf der These aufgebaut hat, Oesterreich-Ungarn müsse vernichtet werden, der in der Zer schlagung der habsburgischen Monarchie einstmals alles Hell der Menschheit sah und der nun die Brocken wieder aufsam meln und zu einem einheitlichen Gebilde fügen will, wiede rum „um der Menschheit zu dienen". Seine Qualifikation zum tschechoslowakischen Außenminister holte er sich doch lm Kriege, als er, der getreue Helfer Masaryks, mit allen Kräften die Vernichtung des jetzt so gelobten einheillicken Gebildes betrieb, als er zuerst daheim die aufständischen Kräfte zur tschechischen Revolution sammelte, als er später dann in Paris alle diplomatischen und propaganditistischen Fähigkeiten für einen tschechoslowakischen Staat, gegen die politische Einheit des Donaubeckens aussvielte. Damals schrieb er sein Buch: „Vernichtet Oesterreich-Ungarn!" Und das ist nur eine von vielen, vielen Veröffentlichungen, die alle dem gleichen Ziele dienten. Er hat eingesehen, daß dieses Oesterreich-Ungarn doch wirtschaftlich ein sehr gesundes Wesen war, er hat damit ohne Zweifel recht, ia, man darf ihm noch dazu verraten, daß auch politisch die Doppelmonarchie eine fabelhafte Lei stung war. Wenn nun Herr Benesch zu den Göttern zurück- kehrt, die er seinerzeit verbannt hat, so muß das seinen be sonderen Grund haben. Die Frage nach der Nützlichkeit einer solchen Wandlung beantwortet sich selbst. Die Der- tragsmacher von Saint Germain haben dafür gesorgt, daß der selbständige österreichische RE sich nur behaupten kann, wenn er sich an einen starken Nachbarn anlehnt. Diesen Halt bot natürlicherweise das Reich. Aber es bedarf nur einer ganz kurzen Zeit der Störung dieses Verhältnisses, schon bemüht sich die andere Seite, eben die Kleine Entente, das schwache Oesterreich zu sich hinüberzuzlehen. Die lob- hudelnden Erinnerungen an vergangene österreichische Größe sollen dem kleinen Staate nur die Bitternis des Selbstverrates schmackhaft machen, sollen die Absicht ver nebeln, daß Herr Benesch au» dem Wiener Donaustaat nun einen Prager Donaustaat machen will. Man muß in Prag den Fall Oesterreich» sehr tief ansehen, wenn man glaubt, in dieser schweren Stunde, in dem das deutsche Volk, da deutsche Volk auch in Oesterreich, mit glühender Brust um seine Zukunft ringt, der Wiener Regierung kurzerhand da» Bekenntnis zum eigenen Volkstum abkaufen zu können. Diesem armen, liebenswerten Lande Oesterreich bleibt wirk lich keine Prüfung, keine Zumutung erspart! Der unglückselige Streit der deutschen Bruderstaaten hat nicht nur Herrn Benesch und die Klein« Entente auf den Plan gerufen; von der anderen Seite treten nun auch die Franzosen an, um den seit langem betriebenen Seelenkauf zu vollenden, damit ihnen nun die Ernte ihrer verfluchten