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Das neue landwirtschaftliche Entschuldungsgesetz. ErlSoterimgen Sagenbergs. Berlin, 1. Juni. Vor Vertretern der Presse gab Reichs Minister Dr. Hugenberg Erläuterungen zu dem neuen Gesetz zur Regelung der landwirtschaftlichen Schuldenverhält- nisse. Er betonte die enge Verbundenheit dieses Gesetzes mit der allgemeinen Wirtschaftspolitik und wies insbesondere auf den Crfolg der Neüordnung der Fettwirtschaft hin, die zu einer Steigerung der Milch- und Butter preise geführt habe. Eine Milchpreissleigerung um einen Pfennig bedeute soviel wie ein Drittel der Zinsen, die die Landwirtschaft heule zu zahlen habe. Der Lösung der Zinsfrage müsse die Behebung der landwirt schaftlichen Absatznöte vorangehen, und so sei dem Fett gesetz gewissermaßen als abschließende Maßnahme das vor liegende Gesetz über die landwirtschaftliche Entschul dung gefolgt. Das Gesetz schaffe eine Verschuldungs grenze für diejenigen Güter, die sich dem Entschuldungs verfahren unterziehen und die da liege, wo die Mündelsicher heit aufhör?. Das Gesetz bringe ferner wichtige Bestimmungen zur Frage der Siedlung. Es werde in der nächsten Zeit eine Anzahl großer Güter, die sich als nicht entschuldbar erwiesen hätten, auf den Markt kommen. Der Vollstreckungsschutz halte augenblicklich diese Güter aufrecht, auch solche, die nicht durch die Entschuldung gerettet werden könnten, und das neue Gesetz laufe darauf hinaus, durch ein beschleunigtes Verfahren den Doll streckungsschutz zu lösen, um sie der Siedlung zuzuführen. In diesem Zusammenhang teilte Dr. Hugenberg mit, daß der Fonds für die Siedlung im laufenden Jahre um 25 Millio nen Mark erhöht werden solle. Bezüglich des Eingriffes in die Zinsverhältnisse durch das neue Gesetz äußerte sich Dr, Hugenberg dahingehend, daß ein Zinssatz für die mündelsicheren Hypotheken von 4 Prozent und für die nichtmündelsicheren von 4,5 Prozent angemessen und entgegen anderen Auf fassungen für die Landwirtschaft auch tragbar sei, zumal sie vor dem Kriege den gleichen Zinssatz getragen habe. Das Reichskabinett habe sich auf den Stand punkt gestellt, daß man diesen Zinssatz zugrunde legen müsse, und zwar aus der Erwägung, daß der Landwirtschaft auch für die Zukunft die Möglichkeit zur Neuaufnahme von Krediten gegeben werden müsse. Die anderen Maßnahmen für die Landwirtschaft sollten da zu beitragen, diesen Zinssatz für sie tragbar zu machen. Bei der Schilderung des Entschuldungsverfahrens hob Dr. Hugenberg wiederum den Grundsatz der Freiwillig keit hervor, und wies abschließend darauf hin, daß die Fol ge des Gesetzes eine Wiederbelebung des ört lichen Kreditwesens sein werde, das durch die fal sche Kreditpolitik seit Anfang des Krieges in Unordnung ge raten sei. Berlin, 1. Juni. (Wolff-Telegr.) Das gestern vom Reichs kabinett verabschiedete Gesetz zur Regelung der landwirt schaftlichen Schuldenverhältnisse soll die Landwirtschaft von den Schuldfesseln lösen, die fest 1924 um sie gelegt sind, und zwar in Verbindung mit der Wiederherstellung eines Rein ertrags der landwirtschaftlichen Betriebe. Die m dem neuen Gesetz vorgesehene Entschuldung soll die Voraussetzungen für eine allmähliche Z wr ü ck-fü h rung der V erschuldung bis auf die Grena der Müvdelsicherheit schaffen. Die Festsetzung dev Mündelsichetheitsgrenze, die im allgemeinen "/-> des Grundstückswertes beträgt, ist den Durch führungsvorschriften überlässen. . Das im Gesetz vorgesehene Enlschuldimgsverfahren zerfällt in zwei Abschnitte. Im ersten Abschnitt besteht die Möglichkeit einer Kürzung des Kapitals bzw. der Käpitälförderungen " nicht. Ist die Ent schuldung so nicht durchführbar, so kann das Verfahren in den zweiten Abschnitt übÄtzeleitet werden, Mdem dieMöglich te i t v o n K a p i t a l k iir z u n g lS n lckWege des Zwangs vergleichs besteht und für,dessen Dauer ein besonderer Voll st r e ck u n g s s ch u tz gilt.. EntschulöuNgsstelle kann eine öffentliche oder unter Staatsaufsicht stehende Kreditanstalt sein. Der Schuldner kann sich unter den Zugelassenen Insti tuten eine Eytschuldungsstelle suchen. Die Errtschuldungsstette hat zunächst zu versuchen, ohne einen Zwangsvergleich aus- zukommen. Dabei müssen sich aber die Gläubiger der nicht durch eine mündelsichere Hypothek gesicherten Forderungen, soweit diese am 13. Juni 1931, dem Tage des deutschen Kre ditzusammenbruchs, schon bestanden, gewisse Eingriffe gefal len lassen, ohne die Möglichkeit eines Widerspruchs zu haben. Diese Eingriffe sind: 1. Herabsetzung des Zinssatzes auf 4^ Prozent, wobei der Gläubiger in den ersten drei Jahren ein weiteres Prozent erhält. 2. Umwandlung der Forderung in eine unkündbare Til gungsforderung, deren jährliche Tilgung zwischen i/g und fünf Prozent vereinbart werden kann. 3. Zahlung der Tilgungsraten an die Entschuldungs stelle, die dem Gläubiger das Kapital einschließlich der ausge laufenen Zinsen auszahlt, sobald die Tilgung beendet ist. Förderungen, die nach dem 12. Juli 1931 entstanden sind, werden auf Wunsch des Gläubigers von der Entschul dungsstelle bar ausgezahlt, wobei aber zugunsten des Reiches gewisse Abzüge (10 bis 20 Prozent) gemacht werden. Immer und ohne Abzug werden bar äusgezahlt die nach dem 31. Mätz 1S32 begründeten Lohn- und Gehaltsforde- xungen und die nach diesem Tage, aber vor dem Inkrafttreten des Gesetzes begründeten Handwerker- und Llefe- ranlenforderungen. Aus Billigkeitsgründen kann die Entschuldungsstelle auch andere Gläubiger bar auszahlen. Läßt sich mit diesen Maßnahmen die Entschuldung durchführen, so hat die Ent schuldungsstelle einen Entschuldungsplan aufzustel len, der mit der Bestätigung des Amtsgerichts verwirklicht wird. Ist dagegen die Entschuldung ohne Zwangsvergleich Zweck und Ziel des neuen Gesetzes. Goebbels bei MujWni. Don rech» nach link«: RrichSminificr Dr. Goebbels, in der Milte Mussolini, links der Ad- julanl von Dr. Goebbels, Hanke. Bei seinem Aufenthalt in Rom fiallele der ReichS- propagandaminister auch Mussolini einen Besuch ab, wobei die beiden Staatsmänner eingehend ihre Gedanken auSlaufchlen. Las WWz-llnrltt an ber smle. DaS Saale-Betl, da< durch die Mafien der einaeftürz- len Kalkberge völlig blockiert wurde. An der Saale bei Bern burg stürzten die Ab lagerungen eine« Kalk- «erkeS in einer Breite von S00 m in den Fluh und stauten da« Wasser, »a« binnen kurzem um fast m stieg und die Um gebung weithin über- schwemmt«. nicht durchführbar, so hat die Cntschuldungsstelle zu prüfen, ob die Entschuldung im Wege eines Zwangsvergleichs durch führbar ist. Verneint sie diese Frage, so hat sie die Aufhe bung des Cntschuldungsverfahrens zu beantragen: andern falls erbittet sie mitZustimmung des Gläubigers beim Amts gericht die Ermächtigung zum Abschluß eines Zwangsver gleichs. Der Zwangsvergleich ist nur mit Ermächtigung des Amtsgerichts zulässig, und für die Dauer des Verfahrens tritt ein allgemeiner Voll- streckungsfchutz für den Inhaber des landwirtschaftlichen Betriebs ein. Beim Zwangsvergleich können, von gewissen Ausnahmen abgesehen, alle Forderungen, die nicht durch ein« mündelsichere Hypothek gesichert sind, bis auf die Hälfte gekürzt werden. Ist eine Forderung durch eine teilweise innerhalb der Mündelsicherheitsgrenze liegende Hypothek gesichert, so besteht die Kürzungsmöglichkeit in Höhe der Hälfte des die Mündelsicherheitsgrenze übersteigenden Be trags, bei Forderungen von Pfandbriefanstaltcn und Trä gern der staatlichen Zwangsversicherung sogar in Höhe des vollen, die Mündelsichorheitsgrenze übersteigenden Betrags, wobei diese Institute den Ausfall durch Schnldbuchforderun- gen des Reiches ersetzt erhalten. Ohne Rücksicht auf eine etwaige mündelsichere Deckung können Roggen und andere Sachwertschul den bis auf höchstens die Hälfte gekürzt werden; auch diese Gläubiger erhalten als Ersatz Reichsschuldbuchforderun gen. Ein« Kürzung ist dagegen unzulässig bei jeder Forde rung, werzn die Gläubiger mit der Hinausschiebung der Verzinsung und Tilgung seiner Forderung bis zur Tilgung anderer Schulden des Betriebs einverstanden ist, ferner bet bestimmten Arten von Forderungen. Rück ständige Steuern und öffentliche Abgaben unterliegen dagegen der Kürzung, wenn sie vor dem 1. April 1933 fällig gewor den sind.- In dem Zwangsvergleichsoorschlag sind für die Verzinsung und Tilgung und die Barzahlung der Forderun gen dieselben Bedingungen vorgesehen wie in dem ohne Zwangsvergleich aufzustellenden Entschuldungsplan. Der Vorgleichsoorschlag gilt als angenommen, wenn weniger als die Hälfte des betreffenden Kapitals widerspricht; jedoch ist der Entschuldungsstelle die Möglichkeit gegeben, durch Erwerb von Forderungen die Ablehnung des Vergleichs vorschlags zu verhindern. Wird der Vorschlag trotzdem ab gelehnt, obwohl er nach Lage der Sache nicht unbillig ist, so kann das Amtsgericht auf Antrag der Entschuldungs stelle gestatten, das Grundstück zur Zwangsversteigerung zu bringen, wenn sie eine Forderung gegen den Schuldner er worben hat. Bleibt dann die Entschuldungsstelle Meistbie tende, so ist der Zuschlag dem bisherigen Eigentümer zu er teilen. Die für Barauszahlungen erforderlichen Be träge werden vorzugsweise vom Reichsfinanzminister in der Form von verzinslichen Schahanweisungen im Ge samtbetrag von 3Ü0 Millionen Mark der Renlenbankkredik- anstalk zur Verfügung gestellt, die sie nach Diskontierung bei der Reichsbank in Form von Krediten den Entschulduügs- stellen zuleitet. Außerdem ist durch Vereinbarung mit der Reichsbank für eine Erweiterung der zur Verfügung stehen den Mittel vorgesorgt. Eine weitgehende Lombardierungs möglichkeit für die auszugebenden Entschuldungspfandbriefe ist vorgesehen und soll der allmählichen Iurückführung des deutschen Zinsfußes auf einen normalen Stand Hilfsstellung geben. Neben -en geschilderten beiden Möglichkeiten der Ent schuldung sieht das neue Gesetz auch die Möglichkeit einer Entschuldung durch Landabgabe seitens -es Bekriebsinhabers vor, womit gleichzeitig die landwirtschaftliche Siedlung ge fördert werden soll. Die Durchführung der Entschuldung im Ostgebiet wird im Rahmen des Gesetzes besonders geregelt. Run auf Gold. Frankreich als Hüter der Goldwährung. — Holland und die Schweiz im Abwehrkampf gegen Goldhorlung. — Deutschlands Devisensorgen. — Währungsrestabili- sierung, eine vordringliche Aufgabe der Weltwirt schaftskonferenz. In Verbindung mit der Aufgabe des Goldstandards durch England und dem Goldausfuhrvcrbot Amerikas ist cs in der ganzen Welt zu einer Goldhartung durch Private ge kommen, der man vorläufig machtlos gegcnübersteht. Der Run auf Gold — anders kann man die Bewegung nicht charakterisieren — ist nur durch die gleichen Mittel zu be kämpfen wie der Run auf Banknoten, den wir in Deutsch land anläßlich der Schließung der Banken erlebt haben. Das einzige Mittel heißt zahlen, zahlen und wieder zahlen. Mit Erfolg ist es im Jahre 1931 in Deutschland angewandt wor den. Allerdings schaltete mau noch eine hemmende Maß nahme ein, durch die die „Sehnsucht" nach Banknoten sehr rasch beeinträchtigt wurde. Der Diskontsatz wurde ganz enorm gesteigert, so daß die Hamsterung von Banknoten ein sehr teures Geschäft war. Die Befriedigung der Goldhortungswünsche ist im all gemeinen nicht einfach, praktisch jedoch immer noch durch führbar. Es ist ausgefallen, daß in letzter Zeit sowohl Hol land wie die Schweiz größere Goldabgaben tätigen mußten, um die Währungen stabil zu halten. Die Erklärung für die Notwendigkeit der Goldabgaben findet sich allein in der Tatsache, daß Holländer wie Schweizer anfangen, Gold zu Hamstern. Eine Gefährdung für die holländische wie die schweizer Währung besteht nicht, da die Goldvorrütc bei weitem das gesetzliche Maß überschreiten. Diese Situation kann sich jedoch rasch ändern, wenn die Goldhamsterei wci- tergcht. In Holland — ebenso wie übrigens auch in Ame rika — wird Gold an Private für Hörtuugszwccke nicht abgegeben. Trotzdem besteht die Möglichkeit, Gulden :n Gold umzuwandeln. Der Holländer kauft für Gulden fran zösische Francs und die französischen Francs löst er bei der Bank von Frankreich gegen Gold ein. Paris wur.ic seit der Einführung des Goldcmbargo durch Amerika zum größten und bedeutendsten freien Goldmarkt der Welt. Frankreich hält unbedingt an der Goldwährung fest, obwohl ihm an dieser Rolle im Grund genommen nichts liegt. Ls ist aber gezwungen, den freien Goldmarkt aufrecht zu er halten, weil ohnedies der Franc nicht stabil gehalten werden