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AnWe Mllttm i» iSWWeii Ma. Zur Bautzener Iahrtausendfeler vom 3.—11. IM 1-ZZ. Bon Pfarrer Gottfried Große, Bautze n. Bautzen, das tausendjährige, die Stadt der Türme und Zinnen, der Mauern und Tore, der alten Bürgerhäuser und Ruinen, bietet wie jede Stadt gleichen Alters dem Besucher eine Fülle kirchlicher Altertümer. Da stehen wir auf dem Fleischmarkt mitten in dem alten Budifsin, wo Sonnabends sich ein reges Wochenmarkttreiben entfallet und vor uns erhebt sich gewaltig der altehrwürdige Petridom. Den höchsten Punkt der Stadt haben die Borfahren gewählt, als sie hier bereits im Jahre 9S9 ein erstes Gotteshaus er bauten, den Borgänger der heutigen Petrikirche, die mit ihrem hohen Dach und dem über 16V Meter hohen Turme weithin sichtbar das malerische alle Stadtbild überragt. Ein eigenartiger Bau, dessen schöne spätgotische Maßwerk- fenster jeden Kunstfreund erfreuen. Eigenartig die krum me Linie, in der die Hauptachse von Westen nach Osten ver läuft infolge des im 14. Jahrhundert sich nötig machenden Erweiterungsbaues nach dem Chor zu, eigenartig das dem Marktplatz zu gelegene vierte Schiff, heute Las evangelische Altarschifs, oas im 15. Jahrhundert angebaut wurde, wäh rend ursprünglich das 1221 vom Bischof Bruno ll. geweihte Gotteshaus eine dreischiffige Hallenkirche gewesen ist. Das Eigenartigste aber am Petridom ist seine Teilung durch ein vier Meter hohes Gitter zu zwei Drittel in einen evangeli schen und zu einem Drittel in einen katholischen Teil. Be reits 1564 ist der „Chor vergattert worden", nachdem schon im ersten Jahrzehnt der Reformation hier die lutherische Lehre Eingang gefunden hatte. So steht der Petridom als Simultankirche mit besonderem Gepräge vor uns. Alles in ihm ist doppelt vorhanden: Altar, Kanzel, Taufstein, Orgel, Sakristei, nur das Glockengeläut nicht. Das schöbe dumpfe Fünfgeläut gehört der evangelischen Gemeinde und läutet Pir gewöhnlich nur zu deren Gottesdiensten. Im evangel. Teil verdient der Altar mit dreigeschossigem Aufbau und rei cher biblischer Holzschnitzerei, das Werk eines Zittauer Holz bildhauers nach dem großen Stadtbrand im dreißigjährigen Krieg, besondere Beachtung, wie auch die mit reichem Holz- schnigwerk versehene sogenannte Fürstenloge. Das wertvollste Stück des kath. Teils ist der von Baltha sar Permoser geschnitzte Kruzifixaltar aus dem Jahre 1713/14; beachtlich hier auch das Chorgestühl mit barocker Schnitzerei. An den Kirchenwänden und namentlich im ge meinsamen Vorraum sieht der Freund kirchlicher Altertümer eine Reihe prächtig erhaltener Epitaphe ehemaliger Dekane oder adliger Persönlichkeiten aus dem alten Budissin. Die beiden wendischen Kirchen, die evangelische Micha eliskirche mit einem alten Wehrturme als Glockentunn und die katholisä-e L i ebfrauenkirche. sind beide Zeu ¬ gen aus der Hussitenzeit und geschichtlich mit ihr eng ver bünden. Unmittelbar vor der Liebfrauenkirche ein für die Lausch so typisches Stück kirchlichen Altertums, ein granite nes Steinkreuz. Ursprünglich sicher ein alles Mord- kreuz Heißt er heute im Lolksmund Has Tetzelkreuz", well an dieser Stelle im Jahre 1508 der Dominikanermönch Ja- Hann Tetzel den Ablaß gepredigt hat. Zu den allen Kirche» gesellt sich noch die vor dem äußeren Reicheittor 1S98 er baute Taucherkirche mit ihrem feinen barocken«! Dach retter und ihrem charakteristischen schiefen Dache. Einer schlichten Dorfkirche vergleichbar ist diese alle Friedhofskirche vor etlichen Jahren wieder hergerichtet worden. Hier hatten in der Gruft unter dem Altar Melanch- thons Urenkel ihre Ruhestätte gehabt, die Glieder der durch Melanchthons Schwiegersohn, den kurfürstlichen Leib arzt CasparNeucer, bekannten alten Bautzener Fami lie. Hier hat sich mancherlei abgespielt. Im dreißigjährigen Kriege haben in diesem Kirchlein die Schweden gehaust und 1813 diente es bald als Pferdeftall, bald als Lazarett An der jetzt zugemauerten Tür dieses kleinen Gotteshauses, dar len Heereszug eines Friedrich des Großen imd eines Napoleon ebenso wie den friedlichen Zug Zin- zendorss mit den beiden ersten Heidenboten im August 1732 gesehen, grüßt noch heute jeden, der zur Stadt konunt, das uralte Bautzener Wappen, die goldene Mauer mit drei Zinnen und der Wappenspruch „Da domine incrementum" und das „Soli deo gloria" mahnt ihn, Gott allein die Ehre zu geben. Besonderen Reiz üben unter den kirchlichen Altertümern der Stadt die romantischen Kirchenruinen aus, hier die Ruine der Mönchskirche aus dem 13. Jahrhundert, in der mehr als dreihundert Jahre die Franziskaner mittel alterliches Kirchentum gepflegt und bis zum Tode des letzt« Bautzener Mönches im Jahre 1587 das Glöckchen zu den Gebetstunden geläutet haben. Dort die Ruine der alle» Nikolaikirche mit noch gut erhaltenem Lehrgang, einer zweischiffigen gotischen Kirche, die dem Stadtbrand am 2. Mai 1634 zum Opfer gefallen und nun wie der sie „um gebende Kirchhof seit 1745 als Ruhestatt der Toten dient gleich dem wendischen Kirchhof" auf dem äußersten felsigen Borsprung der Stadt außerhalb der inneren Mauer ange legt. Hier im Frieden des ehemaligen Gotteshauses die an Hirtenstab und Mitra erkenntlichen Gräber der einstigen Titularbischöfe Bautzens, die gegenüber dem Petridom i« alten Domstift gewohnt. Auch dieses gehört zu den kirch lichen Altertümern, an denen der Fremde nicht achtlos vor übergehen darf. Das prächtige Portal verrät wie so viek Häuser in den alten Hauptstraßen der Stadt die Zett de» Barock. In dem Schlußstein lesen wir das Chronogramm: „klovo Iwo Ooelo kaVeuw sw", Solange dieser Himmel Mr gnädig ist, werde ich stehen bleiben. Der Spruch mit der Jahreszahl 1755 nimmt Bezug auf die das Portal bekrönen de heilige Dreieinigkeit, die von der Himmelssonne um strahlt ist, ein Symbol, wie wir es auf dem an Barockdenk-