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?Der SSchfische ErzWer de« 16. «ai 1V3S MWkttM AM W MIIlüWlWslW Dresden, 16. Mai. Am Montagabend trat die 88 Mann starte nationalsozialistische Landtagsfraktion in Anwesenheit des sächsischen Gauleiters der NSDAP. Reichsstattyalters Martin Mutschmann im Landtagsgebäude zu ihrer ersten Fraktionssitzung zusammen. Innenminister Dr. Fritsch, der auf Wunsch des Gauleiters auch weiterhin dle Führung der Fraktion behält, begrüßte die Erschienenen und wies daraufhin, daß die NSDAP, nach den langen schweren Jahren der Oppositionskämpfe nunmehr Regie» rüngsvartei gewyrden sei. Diesen Sieg habe Ne nur durch ihre eigene Leistung erfochten. Nach einer Schilderung der Kämpfe der vergangenen Jahre im Landtage erklärte Dr. Fritsch, daß der Landtag trotz des Ermächtigungsgesetzes eine gewaltige Arbeit, zu leisten haben werde, um den auf geblähten Verwaltüngsapparät auf das notwendigste Maß zurückzuführen. Die nationalsozialistischen Abgeordneten seiest leine Parlamentarier, sondern Vertreter ihrer Bewe» gung und des deutschen Volkes. Dr. Fritsch schloß seine Aus führungen mit einem Treugelöbnis für den Gauleiter als Vertreter des Führers. Gauleiter Mutschmann be» grüßte die Mitglieder der Fraktion und erklärte, daß er durch das Vertrauen des Führers in Sachsen dazu berufen sei, darüber zu wachen, daß eine einheitliche Politik durchge- führt werde. Dazu brauche er die Mitarbeit aller Parteige nossen. Er werde wie bisher stets nur nach Recht und Ge rechtigkeit handeln, nicht die Person, sondern die Bewegung habe auch in Zukunft stets im Vordergründe zu stehen. Je der einzelne Abgeordnete müsse sich damit vertraut machen, einmal der Vertreter im künftigen berufsständischen Parla ment zu sein. Der Landtag solle nicht restlos ausgeschaltet werden. Er solle vielmehr das Bindeglied zwischen Volk Md Regierung bleiben und müsse deshalb möglichst oft zu sammentreten, um das Dritte Reich mit aufbauen zu helfen. Gauleiter Mutschmann schloß mit einem dreifachen Sieg- Heil auf den Führer, der allen den Glauben an die deutsche Zukunft wiedergegeben habe. Zum Fraktionsgeschäftsführer wurde Dg. Arno Schreiber, zu seinem Vertreter Pg. Scholtis - Dres den ernannt. Der chrlstlichsoziale Landtagsabgeordnete Dr. Böhme- Radebeul und der Zentrumsabgeordnete Amtmann Müller haben sich unter Vorbehalt ihrer Selbständigkeit der nationalsozialistischen Fraktion als Hospitanten angeschlossem Es haben sich hier- mit zum ersten Male zwei Abgeordnete, die auf verschiede nen rein konfessionellen Listen gewählt worden waren, der nationalsozialistischen Bewegung angeschloffen, deren Kampf immer nur vom höheren Gesichtspunkte des Dienstes am ganzen Volke geleitet gewesen ist. Dem Fall« kommt daher eine gewisse symbolische Bedeutung insofern zu, als hier die große Idee der Nationalsozialismus längst überholte Zer splitterungen beruflicher und > konfessioneller Art überwun den hat. Dresden, 16. Mai. Die erste Sitzung des Sächsischen Landtags nach der Gleichschaltung wird sich zu einem fest - liehen Staatsakt gestalten, in dessen Mittelpunkt, wie bereits gemeldet, die Einholung des Reichsstatthalters für Sachsen, Martin Mutschmann, stehen wird. Ministerpräsi dent v. Killinaer und Innenminister Dr. Fritsch werden den Statthalter mit großer Eskorte zum Landtage geleiten, wo ein Ehrensturm der Standarte 108 der SS. und eine Ehren bereitschaft der Polizei aufgestellt sein werden. Der Reichs statthalter wird die Front dieser Abteilungen abschreiten und dann vom Landtagspräsidenten in sein Büro geleitet werden. An der Eröffnungssitzung werden die Standarten 160 und 108 in feierlicher Aufstellung teilnehmen. Das LandtaasgebSyde ist bereits festlich geschmückt. Während der Statthalter die Ehrengäste und Kabinett-Mitglieder begrüßt, wird da» Landtogspräsidium gewählt werden. Dann wird der Statthalter den Sitzungssaal betreten und mit dem Ministerpräsidenten beim Landtagspräsidenten Platz neh- Men. Der Statthalter wird sodann eine feierliche Botschaft an den Landtag richten, worauf der Ministerpräsident seine Regierungserklärung abgeben wird. Darauf wird die Sit zung geschloffen. Deutschnationale Front. Dresden, IS. Mai. Fraktionsführer der sächsischen Landtagsfraktion der Deutschnationalen Front ist der bis herige Vorsitzende der Landtagsfraktiön der Deutschnationa- len Volkspartei, Professor Siegert-Chemnitz. Stellvertreter des Fraktionsführers Ist Syndikus Tögel-Coßmannsdorf, Mitglied des Stahlhelms, B. d. F. Gegen -en Leerlauf im Landtag. Dresden, IS. Mai. Die nationalsozialistische Landtags fraktion hat folgenden Gesetzentwurf eingebracht: 8 1- Einem Antrag auf Einberufung des Landtages nach Art. 8 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung ist stattzugeben, wenn er von mindesten» der Hälfte der Abgeordneten eingebracht ist. 8 2. Ueber Anträge und Gesetzesoorschliige, die ein Abgeord neter beim Landtag eingebracht hat, ist eine allgemeine Be- ratung zu eröffnen, wenn der Landtag es beschließt. 8 Zu einem BesckMß des Landtages über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nach Art. 21 der Verfassung ist einfache Stimmenmehrheit erforderlich. Entgegenstehende Vorschriften der Verfassung (Art. 8 Abs. 1 Satz 2, Art. 20 und 21 Abs. 1 Satz 1) werden außer Kraft gesetzt., - Dieses Gesetz tritt am Tage der Verkündung in Kraft. In der Begründung des Gesetzentwurfes wird ausge- Mrt. daß von den Vorschriften in Art. 8, 20 und 21 der Der- saffung in den letzten Jahren wiederholt in einer Weise ^Ge brauch gemacht worden sek, die den Landtag zu einer völlig unproduktiven Arbeit gezwungen habe. Einem derartigen Mißbrauch des Landtages solle durch den Gesetzentwurf vor gebeugt werden. Der neue S2l.-Obergruppenführer l. Edmund Heines, der Führer der schlesischen SA., Polizeipräsident von Breslau, wurde an Stelle des zum sächsischen Ministerpräsidenten ernannten Kapitänleutnants von Killmger Leiter der Obergruppe I der SA., zu deren Bereich neben den Gebieten Pommern, Mecklenburg, Ost land usw. die Gruppe Berlin-Brandenburg gehört. Aus Sachsen. M WWkll WWW Hl WS. Pirna, 16. Mai. Die ehemaligen sächsischen Artille risten hielten am Sonnabend und Sonntag in den Mauern der Stadt Pirna ihre Wiedersehensfeier in Form des 7. Sächsischen Arttllerletags ab. Die Stadt war bereits aus Anlaß der in der kommenden Woche stattsindenden 700- Iahrfeier festlich geschmückt. Am Sonnabendabend sand nach einem Zapfenstreich eine Begrüßungsfeier in der Schützenfesthalle auf den Elbwiesen statt, an der zahl reiche Ehrengäste teilnahmen. Die große Halle reichte nicht aus, um die Menge der alten Waffenbrüder zu fassen. Generalleutnant a. D. Fellmer eröffnete mit einer kurzen Ansprache den 7. Sächsischen Artillerietag, wo rauf Generalmajor a. D. Kaden das Wort zur Festrede ergriff. Er appellierte an die alten Soldaten, den wehrhaften Geist, unter dem Deutschland groß geworden sei, weiter zu pflegen. Der Redner gab weiter seiner Freude über den nationalen Umschwung Ausdruck und schloß seine Ausführungen mit einem von den Versammelten begeistert aufgenommenen Hurra auf das deutsche Volk und seine Führer Hindenburg und Hitler. Die Grüße der Stadt Pirna überbrachte Bürgermeister Scheuster, der den Wunsch zum Ausdruck brachte, daß Pirna in absehbarer Zeit wieder Garnisonstadt werde. Der Abend brachte weiter eine von Generalmajor v. Cochenhausen verfaßte interessante Auf führung: „Sächsische Artillerie in vier Jahrhunderten." Am Sonntagmorgen vereinigten sich die Teilnehmer zum Aeldgoltesdienst auf dem Sportplatz an der Weststraße, wo Pfarrer Ebert die Predigt hielt. Am Nachmittag bewegte sich ein impo santer Festzug durch die Straßen der Stadt, an dem sich auch die Pirnaer SA. und der Stahlhelm beteiligten. Am Rathaus nahm der inzwischen eingetroffene Prinz Ernst Heinrich den Vorbeimarsch ab. Anschließend fanden auf dem Festplatz Vorführungen der 7. Batterie des Reichswehrartillerieregiments 4 statt, die trotz strömenden Regens von einer großen Zuschauermenge mit gespanntem Interesse verfolgt wurden. 11. SWWel SreiMikklas is MW. Dresden, 16. Mai. Am Sonnabend und Sonntag fand in Dresden der 11. Sächsische Grenadiertag statt, ritte Wiedersehensfeier des ehemaligen 1. Leib-Grenadierregi- ments 100, des 2. Grenadierregiments 101 und deren Feld formationen. Tausende alter Soldaten waren zu der Wie dersehensfeier nach Dresden gekommen, um hier mit ihren ehemaligen Waffengenossen alte Kameradschaft zu er neuern. Aus Anlaß der Feier hatten zahlreiche öffentliche und private Gebäude Flaggenschmuck angelegt. Der Sonnabend brachte einen Begrüßungsabend in zwei großen Hallen des Ausstellungspalastes. Schon lange vor Beginn waren die Hallen überfüllt. Die Begrü ßungsansprache hielt Ministerialbürodirektor Mertz - sching. Der Abend nahm bei den Klängen altoertrauter Marschweisen sowie turnerischen Darbietungen usw. einen harmonischen Verlauf. Der Sonntagvormittag vereinigte die Teilnehmer zu einer Paradeaufstellung und zu einem Aeldgoitesdlenst auf dem Kasernenhof des ehemaligen Leib-Grenadierregi- ments. Der Parade wohnten zahlreiche Ehrengäste, dar unter Prinz Ernst Heinrich, Landeskommandant General- Vie zuderlällLgen Gpelwagen sm6 repräsentativ, geräumig, von köckstsr i.si- W stungssäkiglrsit. 4 Lyl. von ISV0 on, ok Wsrk I Würde Darboven schießen? Skizze von Ern st Kreuder- München. (Nachdruck verboten) Es ist fünf Uhr, stellt Darboven fest. In zwei Stunden wird es hell werden, in vier Stunden bin ich zu Hause. Der D-Zug hat große Geschwindigkeit, aber die Wagen sind gut gefedert: angenehm, daß dieses Abteil leer ist. Ob ich wieder einschlafen kann? Er bringt die Reisedecke in Ordnung, schaltet das Licht aus und legt sich hin. We wird sich Hilde freuen, wenn er um neun Uhr unerwartet in die Diele tritt. Er ist schon zwei Monate unterwegs. Jetzt werden die Bremsen angezogen, der Zug donnert in eine große Halle und steht. Das ist der letzte längere Aufenthalt. Darboven kann nicht schlafen, er steht wieder auf, macht Licht und läßt das Fenster herunter. Kühle Nachtluft weht herein: ein Zei- tungsträger kommt vorüber; Darboven kauft ein Blatt. Dann zündet er sich eine Zigarette an, legt die Beine auf den Platz gegenüber und hofft, daß sein Abteil leer bleibt. Er liest die Hälfte einer politischen Rede. Erdbeben, dann die Berichte aus den Gerichtsfälen. Bei der Notiz „Auf frischer Tat!" verändert sich seine Haltung etwas, er löscht die Ziga rette und lehnt sich fester zurück. Der Inhalt der Notiz ist dieser: Ein Mann kehrt von einer längeren Reise zurück und überrascht seine Frau. Er erschießt sie und ihren Liebhaber und wird später von den Geschworenen freigesprochen. Das ist eine Dummheit, denkt Darboven. Schießen, als ob damit etwas getan wäre. Grobschlächtig. Er würde nicht schießen. Er würde ... Ja, was würde er tun? Er würde den Hut abnehmen und wie jener französische König sagen: „Wie unvorsichtig, Madame; wenn nun ein anderer Sie überrascht hättet^ Der Zug fahrt weiter. Darboven schließt das Fenster; es ist ihm etwas kalt geworden. Dann zündet er die zweite Zigarette an. Nach einer Weile sieht er in seinem Koffer nach der kleinen Mauserpistole. Bester ist bester. — Ist er unruhig? Keine Spur. Er denkt doch etwa nicht, daß ihm das einmal widerfahren könnte, ihm? Ganz und gar ausge schlossen. Natürlich ist dieser Shaw ein Spötter. Daß einem dieser Titel immer wieder einfällt. „Man kann nie wissen." Natürlich kann man nie wissen. Was wissen wir denn über haupt? Sokrates sagte, ich weiß, daß ich nichts weiß. Wenn mir das widerführe, würde ich nicht schießen, be stimmt nicht. Ich würde ihnen vielleicht die Waffe zeigen und sagen: Fünf Minuten Kniebeuge, und dazu singen: „Der Mond steht in den Gassen, ade, mein Schatz, ade." Nur Ueberlegenheit, keine Aufregung. Klarheit. Humor. „Wenn die Trompeten blasen, dann muß ich dich verlassen, und tut mir doch so weh." Schießen, das kann jeder. Wenn ich jetzt schlafen könnte! Diese Zigaretten sind zu stark. Es soll Opium und Honig darin sein. Jetzt habe ich Herzklopfen. Hilde schrieb, daß sie einige sehr nette junge Leute bei Brühls kennengelernt hat, aber sie wären schließlich nicht er schütternd gewesen. Cs ist zu warm hier. Wenn der alte Brühl nicht einfchlafen kann, atmet er so tief, wie er nur kann, dann schläft er in einer Viertelstunde. Die Pistole nehme ich doch bester zu mir. Sicher ist sicher, natürlich kann man nie wissen. — Es ist halb neun vorüber, stellt Darboven fest. Noch zehn Minuten also. Er hat nicht sehr gut geschlafen, den hellsten Unsinn geträumt. Man deutet ja die Träume heute wissenschaftlich. Ganz interessant. Aber daß er von einem Manne träumt, der in Siner Schlosserei einen Brotkasten tehen hat, von einem Privatmann, der morgens in eine remde Werkstatt geht und mitten in dem Lärm und Staub »eimlich aus seinem Brotkasten Brot u. Speck verzehrt, was hm der Meister aus Gefälligkeit erlaubt hat, das kann doch chließlich nur Unsinn bedeuten. Aber vielleicht soll auch der Insinn etwas bedeuten. Man soll Schlafwagen nehmen; neue Nerven kann ich mir nicht kaufen. Eine verdammte Fahrt. Darboven steigt aus. An der Sperre erwartet ihn nie mand. Er hat sich ja nicht angemeldet. Er gibt den Koster auf und bekommt einen roten Zettel. Das Mädchen mag nachher den Koffer holen. Ob Hilde schon aufgestanden ist? Ich will sie überraschen. Ob sie Besuch hat? Nein, sie emp fängt so früh niemand. Es ist gut, daß die Sonne scheint. Ich bin wie gerädert. Die Beine zittern mir ja. Da bin ich also zu Hause. Ja, Schlüssel hab' ich natürlich keinen. Ob die Tür nach dem Garten offen ist? Die Tür nach dem Garten ist offen; er hört das Mädchen in der Küche singen. Man könnte hier am Hellen Tage ein brechen; es hört einen niemand. Darboven geht leise über den Teppich der Diele. In der Garderobe hängt ein frSmder Hut, daneben steht ein Spazierstock. „Wenn die Trompeten blasen, dann muß ich dich verlassen." Nur keine Aufregung! Klarheit, Humor. Er geht langsam die Treppe hinauf. Schießen kann jeder. Was wissen wir denn überhaupt. „Und tut mir doch so weh." Er wurde von den Geschworenen frei gesprochen. Jetzt hört er die Stimme, die Männerstimme. Das ist also das Schlafzimmer. Ja, das ist das Schlafzimmer. Die Männerstimme, und die Stimme seiner Frau. In der Diele fängt es laut zu schlagen an, neun Uhr. Ist er unruhig? Im Gegenteil, er hat nicht einmal Herzklopfen. Aber jetzt ist ja alles verloren, jetzt muß man wohl Schluß machen. Tief atmen, nur keine Verwirrung jetzt, keine Hast. Er hat die Pistole schon in der Hand, schon entsichert, er nimmt den Hut ab und hängt ihn über die Hand mit der entsicherten Waffe. Opium und Honig. Ich kann doch noch eine Tür öffnen . . . „Und dann kein Fleisch essen, viel Obst. Da ist ja der Herr Gemahl." Der Arzt erhebt sich. Darboven nickt. „Verzeihung," sagt er rauh, heiser. Er ist grau im Gesicht wie Asche. Seine Hand zittert, aber der Hut fallt nicht herunter. Dann hört er sich verzweifelt sagen: „Ich bin im Augenblick wieder da." Schließt die Türe, steckt die Waffe ein, seht den Hut auf und erreicht sein Zimmer, wo er stolpert und schwer auf den Boden fällt.