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7] I. Karren. 223 Karste, sowie auch in anderen typischen Karstgebieten, vielfach mit einander vergesellschaftet, vor. Die nordwestlichen Gehänge der Dolinen von Igriste und Toroviiste im Kucajgebirge Ost-Serbiens zeigen eine Böschung von 30—30° und sind von Karren durchfurcht, deren Rinnen oft bis ein Meter tief sind und gegen den Boden der Dolinen zu verlaufen. Im Dugapass in Montenegro sind die nördlichen und westlichen Dolinengehänge durch typische Karren ausgezeichnet, welche meist aus schmalen Furchen und sehr scharfen Firsten bestehen. Bei der kleinen Festung Nozdre sind die steilen nordwestlichen Gehänge aller Dolinen von Karren durch furcht. Die erwähnten Karren bei Gacko in der Hercegovina, sowie auch die bei Duare in Dalmatien kommen auf allen Dolinengehängen vor. In der Umgebung der Ochsenwiese am Dachstein beobachtete ich einige Dolinen, deren südwestliche Gehänge unzählige ausgeprägte Karren zeigen. Im Todten Gebirge, auf dem Plateau des Steinernen Meeres und in Berchtesgadener Bergen finden sich an den Dolinengehängen gut ausgebildete Karren. Fugger hat Karren in den Dolinen zwischen dem Salzburger Hochthron und dem Steinkaser und in der Doppeldoline am Gamsalkopf beobachtet. J ) Diener berichtet über den mit Dolinen ver gesellschafteten Karren in den Julischen Alpen. Nach demselben Autor kommen Karren in den Dolinen zwischen Rahleh und Raschäja im Antilibanon vor. * 2 ) Aus obigen Zusammenstellungen erhellt, dass die Karren nicht an bestimmte Meereshöhen gebunden sind, sondern in allen Höhenlagen und in den verschiedensten Klimaten Vorkommen, und namentlich ist hervorzukehren, dass sie sich keineswegs auf die Gebiete beschränken, welche während der Eiszeit vergletschert waren. Damit wird aus geo graphischen Gründen die noch kürzlich von Ratzel 3 ) vertretene Ansicht haltlos, dass das Karrenphänomen durch die Schmelzwasser der alten Gletscher verursacht sei. 4 ) Weder die Höhenlage, noch die räumliche Beschränkung auf die Gebiete der alten Vergletscherung sind also für die Verbreitung der Karren wesentlich. Die Bedingungen, unter welchen die Karren auf- treten, sind folgende: 1. Sie kommen in jenen Gebieten vor, welche aus reinem Kalk stein bestehen; die erwähnten Karstgebiete, in welchen Karren in größerer Häufigkeit auftreten, sind aus solchen Kalksteinen zusammen- *) Fugger, Der Untersberg. Zeitschrift d. deutschen n.-ö. A. V. 1880 p. 11. 2 ) Diener, »Libanon« 1886 p. 212. 3 ) Ratzel, »Über Karren.« p. 5. 4 ) Wir weisen auch darauf hin, dass in den Gebieten der alten Gletscher postglaciale Karren constatiert sind; überdies sind ganz jugendliche Karren in verschiedenen Kalk gebieten beobachtet worden. Junge, in die Gletscherschliffe eingegrabene Karren wurden von Heim (Neujahrblatt der Zürich. Naturf. Gesellseh. 1874, p. 14, Fig'. 1) constatiert. Auf dem Dachsteinplateau finden sich die Karren ausschließlich aut den zutage gehenden Kalkpartien und fehlen allenthalben auf dem von Moränen bedeckten Felsen. Auch jene Karren, welche an den Dolinengehängen Vorkommen, sind postglacial. (Penck, Vom Dachsteinplateau. Ausland 1892, Nr. 42.) — Ablösungs flächen junger Bergabstürze zeigen Karren, wie die Platte auf dem nordöstlichen Gehänge des Watzmann-Nordeck. (Penck, »Das Land Berchtesgaden«. Zeitschr. d. deutsch, u. österr. Alpenvereins 1886, p. 28.) In den seit Römerzeit verlassenen Steinbrüchen von hellem Kalkstein bei Aix sind viele Karrenfurchen in etwa 1800—1900 Jahren gebildet. (Heim, »Über die Karrenfelder«, Jhrb. d. Schw. A. V. 13. p. 421.) Ähnliche Karren hat Fugger (1. cit.) bei Fürstenbrunn unter dem Unters berg constatiert. Einzelne Felstrümmer der Slavini di San Marco bei lloveredo zeigen Karren, welche nicht älter als 1000 Jahre sein können, (Penck; Mitth. d, k. k. geogr. Gesellsch. 1886. p. 397.)