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I. Capitel: Die Karren. Karren sind Oberflächenformen des reinen Kalksteines, welche aus schmalen Kinnen und dazwischengelegenen Firsten bestehen. Die ersteren sind meist einige Decimeter, gelegentlich aber auch 5—10»» tief, die letzteren ragen zwischen den Furchen bis zu annähernd gleicher Höhe auf; sie sind entweder messerartig zugeschärft oder oben ziemlich eben aber mit scharfen Kündern, in welchem Falle ihre Oberfläche durch seichte secundäre Furchen eine Art Kanellierung erhält, die gegen die tiefste Stelle des Terrains zu verläuft. Ausgedehnte mit zusammenhän genden Karrenbildungen bedeckte Flächen nennt man Karrenfelder. Von diesen typischen Karren unterscheiden wir die breiten gewun denen Furchen, in welchen Auswaschungskessel häufig sind, die durch rundliche Firsten von einander getrennt werden. 4 ) Dieselben werden von F. Simony auch als Karren bezeichnet, lassen sich aber von den typischen Vorkommnissen, denen alle Zurundung fehlt, leicht trennen. Die echten Karren, Schratten oder Lapiez und Lapiaz l 2 ) sind zuerst aus den Alpen bekannt geworden, wo man sie im Hoch gebirge, besonders in der Nähe der Schneegrenze in großer Häufigkeit entwickelt fand, was wohl die Ansicht förderte, dass die Karren über haupt an bestimmte Höhen gebunden sind, wie Ratzel noch kürzlich aussprach. 3 ) Diese alpinen Karren wurden von v. Mojsisovics als Vertreter des Dolinenphänomens der Karstländer angesehen, 4 ) sind aber auch hier vorhanden. Vielfach wurden die Karren an der adriatischen Meeresküste, sowie auch an derjenigen des Peloponnes und der Jonischen Inseln beobachtet. Ein besonders schönes Stück eines Karrenfeldes beschreibt Stäche an der Westküste von Istrien zwischen Stignano und Fasano ; die Firste zwischen den Furchen sind oft mehr als ein Meter hoch. 5 ) Hilber hat in der Bucht zwischen Punta Pizzale und Punta Maturaga im Norden von Parenzo Erosionserscheinungen an der Küste beobachtet, welche an die Karrenfelder der Alpen erinnern. Dieselben Gebilde hat er an der Küste der Scoglien Calbula und Barbaran bei Parenzo constatiert. c ) — Aus den Untersuchungen von Boblaye geht hervor, dass die Kalkküste von Peloponnes oft durch eine continuierliche Zone von Karren aus- l ) Simony, »Über die Spuren der vorgeschichtlichen Eiszeit im Salzkammer gute«, »Bericht über die Mitth. der Freunde der Naturwiss. in Wien 1847«, I., p. 228. 3 ) II en e vier, »Monographie des Hautes-Alpes Vaudoises«. »Materiaux pour la carte geol. de la Suisse 1890«, p- 499. 8 ) »Über Karren«. Leipzig 1891, p. 5. 4 ) v. Mojsisovics, »Grundlin. d. Geol. von Bosnien-Hercegovina«, p. 226. *) Stäche, »Die iiburnische Stute und deren Grenzliorizonte.« Abh. d. geol. R.-A. Bd. XIII. Heft 1, p. 14. °) »Hilber, geol. Küstenforschungen zwischen Grado und Pola am adriatischen Meere, nebst Mitth. über ufernahe Baureste«. Sitzungsber. d. kais. Akademie der Wiss. in Wien. Bd. XCVIH, Abtli. I, p. 54.