VI. Die adriatische Karstküste. Im adriatischen Küstenlande und im ganzen westlichen Theile der Balkanhalbinsel stehen die Formen der Küste im innigsten Zusammen hänge mit dem Karstphänomen. Die Gliederung dieser Karstküste er scheint überall als eine Resultante aus den Karstformen der Landoberfläche und der positiven Verschiebungen der Strandlinien. 1. Im adriatischen Küstenlande herrscht die longitudinale Steil küste vor, welche oft durch Längsbrüche bedingt ist. Infolge der Permeabilität des Kalksteines können die Flüsse nicht die Gebirgsketten durchbrechen. Sie fehlen vollständig oder sind nur durch Bäche ver treten. Die Abspülung spielt eine geringe Bolle. Die Zufuhr von Sink stoffen ist also an der longitudinalen Karstküste gering, so dass keine Anhäufung von Sedimenten stattfindet. Die Velebitküste des adriatischen Meeres ist eine solche longitudinale Steilküste. Ebenso ist die Küste von Kinuria in Peloponnes als eine geradlinige Steilküste zu bezeichnen; sie ist durch eine Bruchzone verursacht, welche sich in der geradlinigen unterseeischen Rinne des Golfes von Nauplion ausprägt. 1 ) Stellenweise sind diese Küsten durch Karren ausgezeichnet 2 ). Die Küste des Pelo ponnes ist oft durch eine continuierliche Zone von Karren ausgezeichnet, welche sich in einer Höhe von 7—8 m über dem Meeresspiegel befinden und eine rauhere Oberfläche zeigen, als die Karren tief im Lande 3 ). Es wurde erwähnt, dass die Küsten von Kephallenia und Ithaka auch stellenweise Karren zeigen. 2. Die Flachküste ist in adriatischen Karstgebieten schwach vertreten. Im ganzen adriatischen Küstenlande bis zur Bojanamündung fehlt die Flachküste; dieselbe Erscheinung sieht man auf der Ostküste des Peloponnes. In Süd-Peloponnes und an der albanesischen Küste er scheinen zwei verschiedene Formen der Flachküste. Die Südküste des Peloponnes besteht aus drei Halbinseln, zwischen welchen lappenförmige Buchten eingreifen; dieselben setzen sich in allu vialen Ebenen fort. Wir haben hier eine »bogenförmig aufgeschlossene Steilküste, durch Felscaps getrennt« (Philippson). Im Hintergründe der Buchten mündet gewöhnlich ein Fluss oder ein Bach. Solche Lappen küsten stehen im Gegensätze zu der Flachküste Albaniens. Südlich von der Bojanamündung breitet sich eine flache allu viale Küste aus, welche von der Bojana, Drin, Matja, Ischmi, Artscher und Dartsch in einzelne Flächen zertheilt ist. Aus dem Sande und Schotter ragen einzelne Felseninseln hervor, welche den Scoglien des adriatischen Meeres analog sind; solche Scoglien sind der Mali Sutjel, Pulej, Mali Rec u. s. w. Die Flussmündungen schieben sich in das Meer hinaus, während die Flachküste zwischen ihnen bogenförmig zurücktritt! 4 ) *) Philippson, »Peloponnes« II, p. 508. *) Hilber, »Geol. Küstenforaohungen zwischen Grsdo und Pola.« Sitzb. d. kais. Akad. d. Wissensch. in Wien; math.-natur- wiss. Classe. Bd. XCVIII. Abth. 1, p. 54. 8 )Boblaye. Notice sur les alterations des roches calcaires du littoral de la Grbce. Journ. de geol. III. 1831. p. 156. Sig. 4. 4 ) Seekarten der k. k. Kriegsmarine. Specialkarte Bl. 26.