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2. Betdlrtt z« R»««er 7» Der Sächsische Erzähler Fretta-, de« 31. März 1VS3 dafür vor, ! Sfl Semeiadrfinaazverordimag. Dr«d<a, SV. März. Dir Reichswohlftchrtshttfsoerord- nuvg vom 14. Juni 1932 sieht di» Einführung bestimmter h«whaltr«btlicher Grundsätze, vor altem -le Festlegung ge wisser Stech« -eo Gemeinverate» gegenüber den Gemeinde- verordneten al» Lorau»setzuM -er Gemeinden an der sog«» namtten Reichswohlfahrtöhlffe vor. Preußen hat dement- sprechend bereit» im November vorigen Jahre» eine sog«, nannte GemeindetinanMerordnung erlassen, die diese For« derünaen verwirklicht. Nunmehr ist auch sür Sachsen ein« solche Gemeindefinanzverordnung «gangen. Sie behandelt öle grundsätzlichen Aragen der Aufstellung, Feststellung imd Ausfüyrung de, Haushallplane» durch die Ge meinden. Oberster Leitsatz ist der Ausgleich der Einnahmen und Aus» gaben. Die Verordnung sieht die notwendigen Sicherungen . daß dieser Ausgleich im Rahmen de» unter den mvärtigen Verhältnissen Möglichen erreicht wird. Sie zu diesem Zweck vor allen Dmgen dem Gemeinderät, in »einden mit körperschaftlichem Gemeinderat auch dem Bürgermeister, ein widerspruchorechk gegen Beschlüsse der Semeiade- - verordneten auf Einstellung neuer Ausgaben und auf Erhöhung von Auogabensätzen und Einnahmeschätzungen gegenüber dem HauehaltplanentwUrf, wenn sie den Ausgleich gefährden. Außerdem gewährt sie dem Gemeinderät, in Gemeinden mit körperschaftlichem Gemeinderat auch dem Bürgermeister, ei» Eksatzbeschlüßrecht für den Fall, daß die Gemeindever ordneten die zum Ausgleich erforderlichen Beschlüsse mit- fasstn.: Damit wird der Gemeinderat künftig auch im weiten Umfang« in die Lage versetzt, selbst die zum Ausgleich des Haushalts notwendigen Beschlüsse zu fassen: anstatt wie bis- her die Aufsichtsbehörde in Anspruch zu nehmen. Di« Verantwortung wird damit lm Interesse der Selbst verwaltung der Gemeluden wieder stärk« von der Auf sichtsbehörde in die Gemeinde zurückverlegt. An dem in der Gemeindeoerordnung festgelegten Grundsatz, daß die Gemeindeverotdneten in erster Linie für die Ge meindesinanzen verantwortlich sind, wird nichts geändert. Nur» für den Fall, daß die Gemeindeverordneten ihren Pflichten nicht genügen, ist dem Gemeinderat die rechtliche Möglichkeit zur Abhufe gegeben. Di« Stärkung des finan ziellen Verantwortungsbewußtseins in den gemeindlichen Körperschaften dient weiter die Vorschrift, daß Anträge auf Leistung von Ausgaben oder Herabsetzung von Einnahmen ste« mit einem entsprechenden Ausgleichsantrag verbunden sein müssen. Damit soll die Einhaltung des Grundsatzes „Leine Ausgabe ohne Deckung" sichergestellt und der in der letzten Zeit leider sehr häufig zu beobachten gewesenen Gepflogenheit, reine Agitationsanträge zu stellen, eutgegengewint weiden. Die für die Gemeinden erlassenen Bestimmungen sind auch auf die Bezirksverbande und auf die Gemeinden al» einfach« Schulbezirke für anwendbar er. Mitt worden. Die in der Gemeindefinanzverordnung festg«- legteu Grundsätze werden voraussichtlich später ihre Ergän zung in einer besonderen Haushalt-, Kassen- und Rech- mmgsordmmg für die Gemeinden und in einer Verordnung finden, welche die Prüfung des gemeindlichen Kassen- und Rechnungswesens durch eine unabhängige Stelle regelt. Bildung von Aktionskomitees zur Durchführung -er Boykottbewegung. Dresden, 30. März. Wie in zahlreichen anderen Städten des Reiches ist bereits auch in Dresden ein Aktionskomitee zur Durchführung der Boykottbewegung gegen jüdische Ge- schäfte, Warenhäuser, Rechtsanwälte und Aerzte gebildet worden, dessen Vorsitz dem Propagandaleiter von der NSDAP., Leschke, übertragen worden ist. Ebenso ist in Chemnitz ein Aktionskomitee gebildet wor den. Die Boykottmaßnahmen werden unter Beteiligung der - gesamten Chemnitzer SA. und SS. am 1. April um 35 5 2 1 21 18 Keine Landtagsdiäten mehr. Dresden, 30. März. Der Roichskommissar für das Land Sachsen hat dem Landtagspräsidenten mitgeteilt: Auf Grund des Ermächtigungsgesetzes wird die Reichsregierung eine Gleichschaltung der Länderparlamente nach den Ergebnissen der letzten Reichstagswahl anordnen. Die entsprechende Verordnung wird noch im Laufe dieser Woche veröffentlicht werden. Infolgedessen wird der sächsische Landtag in seiner gegenwärtigen Zusammensetzung nicht wieder zusammen««- ten, sondern in den nächsten Tagen neu gebildet werden. Zur Vermeidung unnötiger Ausgaben bestimme ich daher auf Grund der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze von Volk und Staat vom 28. Februar 1933, daß die den gegenwärtigen LandtagsabgeoÄmeten und dem Herrn Land- tagspräsidenten nach dem Gesetz über die Aufwandsentschädi gung der Landtagsabgeordneten vom 14. Dezember 1922 zu- zusammen: 77 Bei Ausschaltung der Kommunisten würde die neue Zusammensetzung eine verfassungsändernde Zweidrittel mehrheit von 43 gegen 21 Sozialdemokraten ergeben. 10 Uhr vormittag» einsetzen. Außerdem sollen Photographen und Filmoperateure durch die Chemnitzer Straßen fahren, um diejenigen photographisch festzuhalten, die noch in jüdi schen Geschäften zu kaufen beabsichtigen. Die Photogra phierten sollen später in Chemnitzer Kinos lausend der Be völkerung gezeigt werden. Ferner sollen die Zeitungen zur Veröffentlichung der Rinnen der betreffenden Personen veranlaßt werden. Auflösung des Chemnitzer Stadt- verordnetenkollegiums. Chemnitz, 29. März. Das Ministerium de, Innern hat auf Grund der Gemeindeoerordnung da» Stadtverordneten kollegium zu Chemnitz aufgelöst, da das bisherige rein kommunistische Präsidium die Belange der öffentlichen Ruhe und Ordnung gefährdet. Die Verwaltung der dem Stadtverordnetenkollegium übertragenen Geschäfte ist bis auf weiteres in die Hände des Rates der Stadt gelegt. Die für Donnerstagabend angesetzte Sitzung der Stadtverord neten fällt daher bereits aus. Ueber die Zusammensetzung und Einberufung eines neuen Kollegiums verlautet noch nichts. Marxistische Studentengruppen aufgelöst. Dresden, 30. März. Der Beauftragte des Reichskom- missars für das Volksbildungsministerium hat die Soziali stische Studentenschaft Leipzig (Grüppe Universität)) die Rote Studentengruppe und die Kommunistische Studenten gruppe an der Universität Leipzig sowie die Sozialdemokra- üsche Studentengruppe an der Technischen Hochschule zu Dresden aufgelöst. Gegen unberechtigtes Tragen nationalsozialistischer Abzeichen. Dresden, 30. März. Um das Tragen des Parteiabzei chens bzw. des Hoheitsabzeichens der NSDAP, durch Per sonen, die nicht der NSDAP, angehören, zu verhindern, wird die Dresdner SS. vom 2. April ab Personen, die na tionalsozialistische Abzeichen tragen, auf ihre Ausweise hin kontrollieren lassen. Verhaftungen und Munitionsfunde. Heidenau, 31. März. Am Mittwoch wurde hier die sozialdemokratische Stadtverordnete Fräulein Maria Otto in Schutzhaft genommen, die am Dienstag als einzig« Vertrete rin der SPD.-Fraktion in der Stadtverordnetensitzung er ¬ schienen war und «in« Erklärung verlesen hatte, tn der an den Maßnahmen zur Sicherung der nationalen Revolution scharfe Kritik geübt wurde. Oberhermersdorf, 31. März. Lin Schulleiter sefigenom- men. Im Zusammenhang mit zahlreichen Haussuchungen, bei denen Waffen, Schriftenmatenal usw. gefunden wurden, erfolgten mehrere Festnahmen. Unter den verhafteten be findet sich auch der Schulleiter Kurt Uhl«. Zschechwitz, 31. März. Im Lockwitzbach wurde von Kindern eine Menge scharfer Patronen gefunden. Die Mu nition muß erst kurz zuvor in da» Wasser geworfen worden sein. Der künftige füchstfche Landtag. Dresden, 30. März. Falls die Reichsregierung tn dem Gleichschaltungsgesetz die vorgesehene Herabsetzung der Ab geordnetenzahl zum Sächsischen Landtag von 96 auf 77 end gültig beschließt, würde die Zusammensetzung des neuen Landtages, berechnet auf der Grundlage des sächsischen Wahlgesetzes, wie folgt aussehen: Nationalsozialisten Kampffront Schwarz-weiß-rot Deutsche Volkspartei Christlich-sozialer Volksdienst Sozialdemokratische Partei Kommunistische Partei Geheimrat Dr. Ernst Delbrück s Der frühere Präsident des Statistischer: Reichsamtes, . Dr. Ernst Delbrück, der der alten Berliner Familie gleichen Namens entstammt, ist im Alter von 78 Jahren gestorben. Bevor er di« Leitung des Statisti schen Reichsamts übernahm, war er vortragender Rat im Reichs innenministerium. Im Kriege war er Reichskommissar für Cin- und Ausfuhr und hat in der Zeit der allgemeinen Wirtschaftsnot dem Reich durch seine statist. Arbeiten wertvolle Dienste geleistet. Dr. Oberfohren legt sein Reichstagsmandat nieder. Der Führer der Reichstagsfraktion der DNDP. Dr. Ernst Oberfohren legte sein Reichstagsmandat nieder. Bertrand winkte ab und sagte: „Meine Herren, lachen Sie nicht! Die Idee ist ausgezeichnet. Auch hier weiß ich jemand. Ich kenne von früher her einen englischen Offizier, Oberst Chesterton, der dem Kaiser in fanatischer Bewunde rung ergeben ist. Dieser Engländer wäre die zuverlässigste Person, d«e das Spiel überbringen könnte. Ich stehe mit Chesterton noch in gelegentlichem Briefwechsel." Die Generäle streckten ihm die Hand als Zeichen ihres Einverständnisses entgegen. „Ich werde ihn hier", fügte Graf Bertrand hinzu, „darin cinweihen, daß im Innern der Schachfiguren überaus wert volle Mitteilungen für den Kaiser enthalten seien, die aber nur dieser selbst und sonst kein Mensch erfahren dürfe." — Drei Monate später reiste Oberst Chesterton mit seiner Frau und seinem Diener auf einem englischen Schiff nach der Insel St. Helena. Das Schachspiel war wohl verborgen un ter dem zahlreichen Gepäck des Obersten, jede Figur sorgfäl tig einzeln verpackt, damit die wertvollen Schnitzereien nicht Schaden litten. Während der ersten Tag« herrscht« prächtiges Wetter. Am fünften brach ein furchtbares Unwetter Wer das Schiff herein. Der rasende Sturm zertrümmert« Masten und Rahen. Oberst Chesterton wurde durch ein herabfallende» Stuck tödlich getroffen. In den weckigen Minuten, die er noch lebte, konnte er gerade noch zu seiner Frau sagen: „... Kaks« ... Schach- spiü übergeben ... Figuren ..." Eine Besinnungslosigkeit, aus der er nicht mehr erwachte, machte es ihm unmöglich, auch noch das Geheimnis de» Schachspiel» mitzuteilen. Es versank mit dem Toten in da» Meer. — Dem gefangenen Kaiser wurde der Besuch der Witwe des englischen Obersten Chesterton, den er auch persönlich ge kannt hatte, gemeldet. Napoleon küßte der Eintretenden ritterlich die Hand und sagte: „Madame, ich bedaur« unend lich, daß Ihr Satte auf dem Wege, mir einen Dienst zu er weisen, den Tod gefunden hat." „Er hat Sie verehrt, Sire." „Oh, ich hab« ihn auch sehr hoch «schätzt. Aber", fitzt« er dann gedankenvoll hinzu, „es ist wohl da» Schicksal aller Das verlorene Spiel. Ein« Skizze um Napoleon von IosephBuck- München. -! (Nachdruck verboten.) „Oberst Gärard ist Nun zum zweiten Male erfolglos zu- rückgekehrt. Das Schiff wurde abgefangen. Er wird den Engländern Nun bald so verdächtig sein, daß sie ihn das nächste Mal überhaupt mcht mehr freigeben werden." Der Marschall Mortier sagte es zu den übrigen Offizieren, die be ratschlagend mit am Tisch saßen. Man befand sich auf dem Schloß des Grafen Bertrand, des früheren Obersthofmeisters Napoleons auf Mba, und hatte von der großen Veranda aus einen freien Blich über die Loire hinweg auf die gegen- überliegenden Höhen. General Drouet meinte nachdenklich: „Cs dürste wohl überhaupt kein Franzose sein, der nach St. Helena fahrt. Je ver Franzose ist von vornherein verdächtig." Und nach em« kleinen Pauso: „Außerdem brauchen «tr ein ganz un auffindbares Versteck für den Fluchtplän." Er? startt» auf, trat an die Brüstung der Veranda und schaut« blinzelnd in die sonnenerfüllte Landschaft hinaus. „Wie wäre es", meinte, leise General Colincourt, „mit einem Schachspiel? Man weiß überall, der Kaiser liebt es, MG es wurde nicht auffallen, wenn ihm ein künstlerisch an gefertigtes Spiel übersandt wurde." Interessiert kehrte Drouet zum Tisch zurück. „Es müßte", fuhr General CEncourt fort, „von einem vollkommen vertrauenswürdigen Holzschnitzer ein Spiel mit schk schönen Figur?» angefertigt werden, die aber — und da» ist die Haupttache —", seine Stimme sank zum Flüstern Wpb, „innen hohl sind, so daß in jeder Figur ein Teil des Fluchtplans untergebracht werden kann." „Der Vorschlag ist wert, in genaue Erwägung gezogen zu werden", memte nun der Hausherr, Graf Bertrand. „Ich' wüßte einen zuverlässigen Holzschnitzer", fuhr der Greif fort. „Es ist der Meister Fröron ist Orleans. Er hat schon manche Dertrauensarbeit für mich geleistet. Aber wer soll da» Spiel dem Kaistr übervringen? Wer ist völlig un- vtMchtig?" „Am besten wäre ein Engländer", platzte Drouet heraus. , DK anderen lachten. Menschen, die mir ergeben sind, daß sie sterben müssen: Poniatowsky, Bourienne, Meneoal... Hunderte, Tausende, Hunderttausende ..." Der Kaiser war plötzlich weit weg, in Preußen, in Aegypten, in Rußland und sah mit brennenden Augen auf das glitzernde, leicht bewegte Meer hinaus. Der Adjutant hustete. Napoleon fand zurück: „Oh, Ver zeihung, Madame, die Erinnerung überfällt mich in der Ein samkeit zu oft. Cs ist so schrecklich: immer nur das Meer und dieser Steinselsen, das Meer und dieser Steinfelsen . .." „Sire, an Stelle meines Mannes habe nun ich Ihnen ein Geschenk Ihrer Freunde als Trost in dieser Einsamkeit zu überreichen." Erfreut nahm der Kaiser das Schachspiel entgegen: „Oh, ganz großartig!" Er nahm jede einzelne Figur in die Hand und betrachtete mit Kennermiene die prachtvollen Schnitze reien, ahnte aber nicht, daß dieses Kunstwerk den Fluchtplan, den Weg zur Freiheit, enthielt. Er, der früher so oft in staunenswertem und fast übersinnlichem Scharfsinn die Pläne seiner Gegner erraten hatte, erriet nicht, daß er dje einzelnen Figuren nur mit einem Messer zu spalten brauchte, um zu erfahren, daß er in genau 21 Tagen, in der Nacht vom 17. auf 18. September, nach einem Abendspaziergang mit einem Leibdiener die Insel auf einem Boot verlassen sollte, »aß an diesem Abend drei Meilen von d« Insel entfernt «in ranzösische» Schiff unter holländischer Flagge wartete, dar hn aufnehmen und nach Frankreich zurückbringen würde. Vollkommen ahnungslos verehrte er in dem Schachspiel deshalb nur das Geschenk seiner Freunde und Anhänger, die ihm einen Trost und «in Zeichen ihrer Ergebenheit schickten. Er bat die Ueberbringerin de» Spiel« beim Abschied: „Ma dame, sagen Sie meinen Freunden in Frankreich, daß ich ihnen für ihr liebe» Gedenken immer danken werde, und nehmen Sie selbst al» Trost den Gedanken mit. daß Oberst Chesterton wohl der letzte meiner Freunde gewesen ist, die in der Erfüllung eine» Dienste» für mich den Tod fanden." — Am Morgen de» 18. September 1816 verließ bei aus gehender Sonn« rin Schiff unter holländischer Flagg« seinen Platz drei Meilen westlich von St. Helena, wo « zehn Stun den gelegen hatte, und kehrt« unverrichteter Dinge im Frankreich zurück.