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Der SSchstsche ErzLhler de« 7. IdSS Aus Sachsen Verlustliste der NSDAP, in Sachsen seit August 32 und der Fall Hentsch. Dresden, 6. Januar. Der von der Taupressestelle der NSDAP, herausgegebene NS.-Sauschnelldienst veröffent licht unter der obigen Ueberschrift folgende Meldung: „Die Verlustliste der NSDAP, in Sachsen seit August 1932 weist bi« zum 4. Dezember 1SS2 4 Tote, 78 Verletzte, davon 24 Schwerverletzte, auf. Unter diesen Umständen ist es eigen artig, daß sich die sächsische Regierung in amtlichen Aus lassungen zum Fall Hentsch äußert. Die Verlustliste der NSDAP., die durch Sozialdemokraten und Kommunisten verursacht wurde, wird stillschweigend von Regierunasseit« und auch allen Journalisten übergangen. Cs war bisher noch nicht Mich, daß die Staatskanzlei offizielle Berichte über ein noch schwebendes Verfahren herausgibt. Jedenfalls hat sie das bei den Opfern der NSDAP, seit August 1932 nicht getan. Da« Urteil über die Obsektivität eines solchen Verhaltens überlasten wir dem sächsischen Volk«. —" Dresden. 7. Januar. Der Führer der Untergruppe Dresden der S.A., Landtagsabgeordneter Dr. BenNecke, wird am Montag, den 9. Januar in Dresden in drei Ver sammlungen zum Falle Hentsch sprechen. Verbot der Broschüre „Der Dresdner Feme-Mord". Dresden. 7. Januar. Wie wir erfahren, ist die Verbrei tung der in einem Dresdner Verlag erschienenen Broschüre »Der Dresdner Feme-Mord — Ist Hitler mitschuldig?" auf Grund einer einstweiligen Verfügung verboten worden. «ndederg. 7. Januar. Sroßfeuer. Die bereit« kurz be richtet, war am Donnerstagnachmittag in einer Fabrik Feur ausgebrochen, und zwar in der Radeberger Well- pappen- und Kartonnagenfabrik von Noske L Go., die in der ehemaligen Papierfabrik, Pulsnitzer Straße 1, untergebracht ist, nachdem sie lange Jahre hindurch leergestanden hatte. 17.40 Uhr erfolgte an di« Polizei Feuermeldung. Darauf rückte binnen acht Minuten die hiesige Freiwillige Feuer wehr mit dem zwei Motorspritzen umfassenden Srohlöschzug au». Bei ihrem Eintreffen an der Brandstelle stand der im Erdgeschoß befindliche Betriebsraum, in dem sich die Ma- schinrn zur Herstellung der Wellpappe befinden, in bellen Flammen. Da» Feuer griff so schnell auf den oberen Fabrikattonssaal über, daß schlagartig da» gesamte Mittel stück der Fabrik eine einzige Flammenalut bildete. In dem oberen Produktion»rSum«n, der der Herstellung von Kar tonnagen — zu diesem Aweck« waren etwa SV Heftmaschinen aufgestellt — sowie der Lagerung von Fabrlkationamaterlal dient, fand da» gefräßige Element reiche Nahrung. Schließ- schlug sie nicht au», aber er benutzte sein Einkommen nur. um zu spar« und selbst ein« eigen» Fabrikation aüfzuneh- men. Im Sabre 1877 wurde vor dem Oranienburger Dor eine eigene Eisengießerei und Maschinenbauanstalt «täffnet und damit d«r Grundstock zu der großen Lokomotivfabrik gelegt. Mer Jahre später machte die erst« Borsialokomotiv« auf der Berlin—Anhalter Eisenbahn ihre erste Fahrt. Di« Probefahrt der ersten deutschen Dampflokomotive ging in aller Oeffentlichkeit vor sich. Aber al» man anfahren wollte, rückte und rührte sie fich nicht von der Stelle. Fieberhast suchte man nach den Fehlern und entdeckte schließlich Beschä digungen, die nur auf Sabotageakte zurückzusühren waren. Ls gelang, sie in aller Eile auszubestem und die Fahrt doch noch durchzusühren. Al, o. Borsig dreizehn Jahre später starb, waren schon über 800 Lokomotiven von seiner Firma fertiggestellt upd geliefert worden. Die Leitung des Betriebes übernahm sein Sohn Albert. Während der Vater noch schlicht und einfach gelebt hatte, suchte sein Sohn Anschluß an die Gesellschaft. Dabei kam es allerdings zu manchen Zusammenstößen. So errichtete sich Albert Borsig am Wilyelmplatz in unmittel barer Nähe der Prinzenpaläste eine Villa. Der Fürst Pleß war über die Zumutung eines Bürgerlichen, sich so dicht in seine Nähe zu setzen, derartig empört, daß er neben dem Borstaschen Palais einen Pferdestall erbauen liH. Dieser war so angelegt, daß der Stallgeruch in die Villa drang. Albert Borsig hat sie niemals bezogen. Er starb verhältnis mäßig jung 1878, und nun übernahm die Leitung des Be triebes für die drei Söhne ein Kuratorium. Es ließ die Fabrik am Oranienburger Tor eingehen. Das gleiche Schick sal drohte dem Werk in Moabit. Die Brüder Borsig und an hervorragender Stelle Ernst v. Borsig haben das Werk wieder hochgebracht. 1898 wurde es nach Tegel verlegt. Hier entstand auch eines der Wahr zeichen Berlins, der Borsig-Turm, der erste wolkenkratzer- axtiae Hochbau der Reichshauptstadt. Der älteste drei drei Brüder Borsig, Arnold v. Bors g, verunglückte tödlich bei einer Hilfsaktion in einem oberschlesischen Bergwerk. Seit dem hat Emst v. Borsig mit seinem jüngeren Bruder Kon rad zusammen die Leitung des Werkes in Händen gehabt. Er gatt als einer der markantesten Vertreter der deutschen Arbeitgeberschaft und ist wegen der vielfach' krassen Einnahme seines Standpunktes, der Herr im eigenen Hau«, angegriffen worden. 38 Jahre war er der Leiter der Bor- sigschen Betriebe, viele Jahre hindurch der Vorsitzende der Spitzenvertretung der gesamten deutschen Arbeitgeberschaft, eine Stellung, die er erst vor einem Jahr nlederlegte. Außerdem war er Vorsitzender des Tesamtverbandss deut scher Metallindustrieller, sowie Vorsitzender de» Verbandes Berliner Metallindustrieller. Besonders schmerzlich hat Borsig bei dem schweren Zu sammenbruch im Jahre 1931 berührt, daß ein großer Teil des Vermögens der Arbeitersparkaste verloren ging. Ernst v. Borsig ist mit eigenen Vermögensmitteln soweit wie möglich eingesprungen. Aber alle Verluste waren nicht ab zuwenden. Doch ist man bemüht, im Laufe der Jahre die Spargelder wieder zu ersetzen. Ernst v. Borsig hinterläßt seinem Bruder und seinem Sohn das große Werk in schwerer Zeit. Bis auf weiteres ist die Existenz der Borsigwerke gesichert, obwohl wertvolle Bestandteile fortgegeben werden mußten. Aufgabe der Nach folger Ernst v. Borsigs wird es sein, das Werk der Ahnen wieder einer neuen Blüte entgegenzuführen, entsprechend der großen Tradition, die die Borsigwerke haben. v. 0. Verbrecher-kkvttvs. tz» ist «im bekannt« und auß«rord«ntllch üble ( Aber ... _ es für Loddin, eine Beicht« au» eilen. E» ist geradezu ein !* einer Verbrechern» mit all« ihren Belanglosigkeiten und Albernheiten vor den A«ä«n oer Oeffenütchkett ausgebreitet wird. Da Empfinden will, daß der U> ' Gesang««« überhaupt schm« allen ihren Belanglosigkeiten und Albernheiten vor den Austen der Oeffenütchkett ausgebreitet wird. Das gesunde Euwftnden will, daß der Untersuchunasgefangene und der Gesäuge»« überhaupt schweigt. Nachdem da» Gericht be fanden hat, daß eine Lat um einer Strafe belegt werden muß, ist 4» ohne »vettere« ein Angriff gegen die Autorität des Gerichte« und dadurch de« Staate», wenn dem Gefan genen Gelegenheit gegeben wird, der Oeffenütchkett sozu sagen etm Apologetik seines Tum zu geben. Denn darauf läuft «» doch immer hinaus. Eine Zeitung, die sich dazu hergsbt, «irrer Untersuchungsgefaygenen und ausgerechnet «stier Martha Boddin ihre Spalten zu öffnen, beweist damit,: daß ihr daran gelegen ist, Stimmung für sie zu machen. Es ist schon unter normalen Umständen gleichgültig, daß Mar tha Boddin einen Bankdirektor namens Kurt liebte, der sie mit .Liebling" oder.Hurteltüubchen" titulierte, und daß sie ob solcher Liebkosung „rein weg" war. Daß man «ine Un- tersuchungsaefangem, die eine« schweren Verbrechen« über- führt ist, Gelegenheit gibt, der Oeffentlichkeit derartige Albernheiten zu erzählen, ist aber geradezu ein Skandal. Und wenn die Boddin einen Zank mit ihrem Rann wegen der zweckmäßigsten Zubereitung eines Lungenhaschee« al« Gründ für die „Verzweiflung" angibt, di« sie zur Tat ge trieben habe, dann sollte sich eine deutsche Zeitung schämen, ettvm derartige« überhaupt abzudrucken. Es liegt aber System in alledem. So fangt man allmählich an, Stimmung sür dm Verbrechen und für dm Verbrechertum zu machen,^ und nachher beim Prozeß ist es dann glücklich so wett, daß dt« arme Frau schließlich noch bedauert wird. Da« gleich« zeigt sich übrigen» Mieder einmal auf hoch politischem Gebiet. Die Staatsanwaltschaft hat sich endlich entschlossen, den ehrenwerten Herrn Prolai, Direktor der Berliner verkehrsgesellschaft und seitheriges Mitglied der SPD-, «egen dringenden Berdachtes des Meineides in Un tersuchungshaft zu nehmen. Fritze Bro lat beteuert natür lich sein« Unschuld. Schon die« genügt, daß die Berliner Linkspresse die Staatsanwaltschaft wegen dieser ofsenstcht- kichen Mißgriff» .Heftig angreif^. Die Affäre Brokat hangt schäft da nicht «ttg«h«n würd«. So wird bet der Aufdeckung «iuer neuen Untat und bei d«r Verhaftung de, Tater« di« nostoendig« moralisch« Entrüstung ft« psltchtschuldtgst ge mimt. Daan aber beginnt langsam der Umschwung. Ma» fängt an, sich liebevoll in die Psyche dm Verbrecher« zu ver setzen, man entdeckt, baß seine Tat am dem „Milieu" ohne wittere» erklärlich ist, man findet heraus, daß Staat und Gesellschaft eigentlich die Hauptschuldigen daran sind, daß dieser Mmsch so und nicht ander« geworden ist Und wenn es dann zur Gerichtsverhandlung kommt, dann ist die Astnosphäre bereits soweit vorbereitet, baß der anklagende Staatsanwalt al« ein grausamer und empfindungsloser Mensch dasteht, der für die Nöte der armen straffällig gewor denen Individuen kein Verständnis hat. Vor einiger Zett ereignete sich in Berlin der entsetzliche Mordversuch oer Posthelfersehefrau Martha Boddin, die ihr fünfjähriges Kind von der Gesundbrunnenbrücke auf die Geleise der Stettiner Bahn -erunterwarf, offenbar in der Absicht, et» Unglück vorzutäuschen und sich sd diese« Kindes zu entledigen. Ganz Deutschland ist sich in seinem Abscheu gegen ein solches Verbrechen einig. Dle Täterin sitzt im Un tersuchungsgefängnis und harrt ihrer Aburteilung. Damit kännt« diese trüb« An ' ei» Berliner kulturbo! mit dem Sklaretfall zusammen. E« besteht Grund zu der Annahme, daß im Lause der Untersuchung »och ganz an dere Dinge heramtommen werden, al» diejenigen, dle dem bisherigen Berliner Verkehrsdirektor bi» jetzt zur Last ge legt worden find. Aber er gehärt nun einmal politisch zur Lutten, und da muß er heramgevaukt werden, soweit es irgend möglich ist. Material für eine passende Gegenoffen sive ist im Augenblick nicht vorhanden, und so bleibt nicht« uxtter übrig, al« daß die Berliner Linkspresse eine Ehren rettung für diese wirklich nicht sympathische Type der sozial- demokratischen Bonzenwirtschaft in der Neichshauvtstadt versucht. Schließlich ist der Staatsanwalt noch schuw, daß Brolat einen Meineid geschworen hat. Ernst v. Sorstg P. Der große deutsche Wirtschaftsführer. Mit Emst v. Borsig ist einer jener Wirtschaftsführer Deutschlands gestorben, der an der Spitze eines Werkes von Weltruf stand, und dessen Macht und Einfluß ungewöhnlich groß warm. Emst v. Borsig hat nur ein Atter von 83 Jah ren erreicht. Er hat den schweren Schlag, die Gefährdung der Borsigwerke im Jahrt 1931 und dle der Schließung vor angehenden Schwierigkeiten nicht mehr überwinden können. Biele Wochen waren die Borsigwerke geschlossen, und nur langsam sich vortastend konnte die Arbeit'wieder ausgenom men werden. In dem Augenblick, da Ernst o. Borsig dahin gegangen ist, muß man de» Aufstieg« der Borsigwerke ge denken. Denn der Verstorbene war mit seinem Werk aufs engste verknüpft. Unter seiner und seines Bruders Leitung war es nach vorübergehendem Stillstand einer neuen Blüte entgegengegangen. Namentlich während des Krieges dehn ten sich die Borsigwerke gewaltig aus. Dafür gestattete sich die Umstellung nach dem Kriege umso schwieriger, und den Wirtschaftsstürmen des Jahres 1931 war Borsig nicht mehr gewachsen. Das Schicksal der Familie Borsig ist eng verbunden mit dem Anfftiest ider-Retchshimptstadt zur Weltstadt. . Es ist eigentümlich, daß Berlin nur verhältnismäßig wenig Patn- ziersamilien hat. Aüch die Borsigs kann man nicht dazu zählen. Sie kamen au» Schlesien, August Borsig, der Schöpfer der Borsigwerke, wurde am 23. Juni l804 in Breslau geboren. Aus'kleinsten Anfängen hat' sich Borsig emporgearbeitet. Der Urgroßvater war Zimmermann. August Borsig selbst besticht« in Breslau die Königliche Kunst-, Bau- und Handwerkerschuse und wandte sich dann dem Maschinenfach zu. Ungewöhnlich früh trug sich August Borsig mit großen Plänen. Aber dle Firma, bei der er an gestellt war, wollte nicht auf die Mitarbeit des tüchtigen jungen Menschen verzichten und bot ihm, dem 23jährigen, eine glänzende Stellung für zehn Jahre. August Borsig VN-lelegramm von der feierlichen Sei- setznng de- General- -lrettor- der Sava-. Kapitän« der Hawdarg- Ameriba Linie halt«n «I« Ehrenwach« vor de« bla« men-,schmückten Sarg«. Hamburg, ä. Januar. Ja der Katholisch» Marienkirche in Hauwurgknd am dl« Teauerfeler für G«. delmrat vr. Lun« statt Di« stark« Ani«llnahm« d«r Vevöikerung und dl« Anmeswihett zahlreicher fühmnder PrrsSn- llchkettrn au« Regierung»- «ad Wtrtschapskrelstn l«gt«a noch «in- mal Zmgni« ob für dl« Wertschätzung, die d«r -«tmgeaangen« ge- naß und für dl« Bedeutung, dl» man seinem Wirk» belmißt. vl« Rarienttrch« könnt« dl« Kahl der Trouergäst« kaum fass«» Ein« Füll« von münzen umgab d«a schlichte« braun«» Sarg. Al» einziger Sprecher nahm d«r Geistlich« da« «art, um tn kurzer Gedenkrede «in Vlld de« Menschen Wilhelm Luna zu zeichnen. Unter d«a Klünge« d«« Lesu», dir l«b ich" trug man den Sarg htnau«. Bar dem Gattmhaust marteten Tau- sende van Renschin, um d«r Abfahrt dm Tramrzugm beizu- wohnen. Zum Trauerakt ln der Ktrchr war«« u. a. Relchsnrinister Eltz v Rübenach für den Reichspräsidenten und dl« Relchsregle- rvng d«r Chef der Marineleltung, für dl« Heeresleitung vberst Gehrke, für den Reichum-enmlnlster GesanLter von Rosenberg, für den Hamburg«, Senat Bürgermeister Roß und zahlreich« w«>t«rr Delegiert« von Behörden und Organisationen erschienen. Dem Sarg «nächst saßen di« Sattln und dl« Kinder des verstorbenen, Kapitän« der Hapag hi«lt«n die Ehrenmach«. Aus dem vhlsdorfer Friedhof wurde der am» der Marienkirche kommend« Trauerzug wiederum von ein«, gwvaltt- g«n Menschenmenge erwartet, di« entblößten Haupte« dle W«w nach der Gruft umsäumte. Am Grabe hatten neben der Samin, der Vorstand und der Aufsichtsrat der Hapag und rin« Rech« van auswärtigen Gästen Ausstellung genommen. Nochmal» sprach der Geistliche, dann wurde der Sarg der Erd« übergeben.