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KklMkWkU M SEM SeiSWW SWWkM. Von Siegfried Störzner, Dresden. Es war mitten im Siebenjährigen Kriege. Da versam melte sich in dem kleinen Bauerndörfchen Laubegast bei Dresden eine Schar kunstliebender Männer und Frauen, um in tiefster Trauer der Mutter der deutschen Schauspielkunst das letzte Geleite zu geben, war doch hier am 30. November 1760 die einst in der ganzen Welt bekannte und berühmte Neuberin gestorben. Von hinnen gegangen war in tief ster Armut und Verlassenheit jene Frau, die zur Glanzzeit ihres Ruhmes mit ihrer Truppe lange Monde am Peters burger Hofe gespielt und hier Ehrungen erlebt hatte, wie sie nie wieder einer Schauspielerin zuteil wurden. Dann aber war es von Jahr zu Jahr bergab gegangen. Wenige Monate vor ihrem Tode hatte die Neuberin wegen der Belagerung Dresdens durch Friedrich den Großen aus der Residenz, wo sie mit einer kleinen Truppe gespielt hatte, flüchten müssen, erst nach der Neustadt und dann hinaus nach Laubegast. Krank, hilflos und verlassen brachte sie hier noch einige Wochen in einem Bauernstübchen zu, das ihr ein einziger treugebliebener Freund gemietet hatte. In Laubegast hatte man damals ein Militärlazarett ein gerichtet, und die Sterblichkeit unter den kranken oder ver wundeten Soldaten war so groß, daß man die Leichen auf Schiebeböcken und anderen Karren zu Hunderten nach dem Leubener Friedhof transportierte. Auch mit der still dahin gegangenen Caroline Neuberin machte man keine Aus nahme. Gleich den toten Kriegern wurde diese Frau vom Dorfhirten hinüber nach Leuben gekarrt. Einen Sarg hatte ihr der Bauer George Mühle aus Mitleid gezimmert, der Mann, bei dem sie zuletzt gewohnt hatte. Aber auf dem Gottesacker verweigerte der Pfarrer der toten Schauspielerin die letzte Ruhestätte. Er war ein Kind jener Zeit, der ja Komödianten noch so ehrlos erschienen, daß sie mit Zigeunern und anderem Fahrenden Volke, ja mit Diebesgesindel, Verbrechern und Selbstmördern in eine Reihe gestellt wurden. Das Tor des Friedhofes, des Ein gangs zur Ruhe, blieb der Neuberin verschlossen. Da hoben kurz entschlossen Bauer und Gemeindehirt, mitleidsvoller als der Seelsorger, den Sarg über die niedere Mauer und gruben der Toten in der Ecke des Gottesackers, wo man sonst nur ehrloses Volk einscharrte, ein Grab. Ohne Sang und Klang, ohne Segen, Nachruf oder Predigt, wurde die große Komödiantin hier dem Schoß der Mutter Erde zurück gegeben. Jahre verflossen. Da wollten die Dresdner Freunde der Neuberin und sonstige Anhänger der Kunst der Meiste rin auf dem Leubener Friedhof ein stattliches Denkmal er richten und weihen lassen. Aber wiederum zeigten geistliche und weltliche Behörden weder Verständnis noch Entgegen kommen. Da kauften ihre Verehrer in Laubegast dicht an der Elbe auf dem Dorfplatze für 20 Taler einige Quadrat fuß Land, um hier das prächtige Ehrenmal zur Aufstellung zu bringen. Kein Geringerer als der Akademieprofeffor Krubsacius, eine der ersten Größen Dresdens, hatte es entworfen, der berühmteste-Baumeister jener Zeit, der u. «. das herrliche Schloß zu Neschwitz schuf. Krubsacius pflegte besonders den französisch-klassizistischen Stil weiter. Einer seiner bekanntesten Werke ist der 1764 angelegte Park der Prinzen Anton, der im englischen Gartenvaustile vor dem Pirnaische» Tore Dresdens von ihm geschaffen wurde. Die Ausführung des Denkmals der Neuberin wurde I. G. Feige übertragen, einem der tüchtigsten Bildhauer des 18. Jahrhunderts, von dem u. a. das Altarwerk der 1740 geweihten Frauenkirche zu Dresden stammt. Feige führte das Denkmal sechs Ellen hoch aus Pirnaischem Sand stein aus. Die größten Verdienste um das Zustandekommen der geplanten Ehrung hatten jedoch zwei Dresdner Freunde der Caroline Neuberin, die Hofräte Geßner und Rein hold. 1776 kam der schon Jahre vorher bestellte und angefer tigte Stein, dessen Aufstellung auf dem Friedhöfe nicht zu erreichen gewesen war, auf dem Laubegaster Dorfplatze zur Weihe. Dort steht er noch heute. Seine Vorderseite tragt das wohlgelungene Medaillon der Schauspielerin und die Aufschrift: Caroline Neuber, die Mutter des deutschen Schauspiels. Geboren den S. März 1697, Gestorben den 30. Nov. 1760. Auf der Rückseite lesen wir: Zu Ehren einer Frau voll männlichen Geiste«, der berühmtesten Schauspielerin ihrer Zett, der Urheberin des guten Geschmackes auf der deutschen Bühne, wurde dieser Denkstein errichtet von ihren Freunden und Verehrern im Jahre 1776. 1897 wurde das Denkmal erneuert. Im Jahre 1862 ließ das Personal der Dresdner Hof theater an dem Sterbehause der Neuberin in Laubsgast eine Gedenktafel anbringen. Am Giebel un weit von der Fliegenden Fähre und dicht überm Elbstrome lesen wir an dem Gebäude: Hier starb Caroline Neuber den 30. Nov. 1760. Darunter war früher noch folgende poetische Widmung, die wohl von Devrient stammte, zu sehen: Der Kampf des Genius wirkt das Weltgeschick, Sie starb im Schatten ohne Sonnenblick.