Brückentor und Elbbrücke. Ein annähernd quadratischer Markt, seine Seiten den vier Himmels richtungen zugewandt, und von den Ecken ausgehend die Hauptstraßen nach den wichtigsten Punkten der Stadtummauerung, die durch Tore be festigt wurden, das gab den Grundplan des Ganzen. Um 1260 war die Stadt mit ihren Befestigungsanlagen in den Flächenraum hineingewachsen, der bis in die Neuzeit hinein ihren eigentlichen Umfang ausmachte. Die Stadtmauer besaß außer den Torbefestigungen fünf Türme, von denen sich je einer aus dem Gelände der Landwirtschaftlichen Schule (Freiheit 10) und in der Westmauer des Okonomiehofes (Freiheit 16) bis aus unsere Tage erhalten hat. Die vier alten Haupttore der Stadt waren das Brücken tor, das Lommatzscher Tor, das Görnische Tor und das Jüdentor. In den zwanziger und dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts glaubte man leider, diese alten Tore als Hemmnisse des Verkehrs beseitigen zu müssen. Alte Ansichten Meißens zeigen, wieviel malerische Reize dabei zerstört wurden. Das Brückentor deckte den Zugang zur Stadt von der Elbbrücke aus. Münzbilder auf Hohlpsennigen des Markgrafen Dietrichs des Bedrängten (1197—1221) zeigen uns die erste Meißner Brücke und bezeugen damit so wohl ihr Alter, ihr Werden mit der Marktstadt und ihre Bauart. Der Oberbau der Brücke war bis 1813 großenteils aus Holz hergestellt (Modelle im Museum) und galt als ein Wunderwerk der Zimmermannskunst, wie es nach Toppius Urteil (1673), im Heiligen Römischen Reiche sonst kaum anzutreffen war. Jccander, der am Ende der Regierungszeit Augusts des Starken ein Buch „Das bekannte, königliche Meißen in Sachsen" ver öffentlichte, schreibt: „Wenn von der Stadt Meißen sonst nichts berühmt und bekannt wäre, so hätte sie solchen Ruhm genug von der über den Elbstrom erbauten Brücke, die die künstlichste in Sachsen ist, nur in Holz gefertigt. Sie kann die größten Lasten tragen und ist eine Raritö in der Baukunst." Alte Ansichten von Meißen zeigen den hohen malerischen Reiz der Elbbrücke in ihrer einstigen Gestatt. Nahe am Ostufer trug sie bis 1811 einen Brückenturm, von dessen Giebeln aus sich ein wundervoller Ausblick nicht nur auf den Burgberg, sondern ebenso stromaufwärts bis zum Schloß Siebeneichen und den mit freundlichen Winzerhäusern und Weinbergsgütern bestandenen Höhen des Spaargebirges geboten haben muß. Durch Elb- Hochfluten und Eisgang hat die Brücke oft schwere Schäden erlitten. Aus dem Jahre 1432 berichtet z. B. die Chronik von einem Hochwasser: „Die Elbe flutete über die Stadtmauer, daß man die Pferde auf dem Markte schwemmen konnte." Noch verhängnisvoller aber wurden für die Brücke die Kriegs zeiten. Johann Friedrich der Großmütige ließ 1547 zur Sicherung seines Rückzugs vor den Kaiserlichen den Holzoberbau abbrennen. 1637 legten die Schweden, 1757 die Preußen, 1813 Marschall Davoust Feuer an die Brücke, und 1866 ließ der sächsische Oberstleutnant v. Kraushaar beim Nahen der Preußen einen der Pfeiler sprengen. Bei der Erneuerung versah man die Brücke mit einem eisernen Oberbau, der als Sünde wider die Ueber- lieferung bis 1933/34 stehen blieb: Eine Sünde gegen den 1866 nicht zer störten Teil der alten Steinbrücke, Sünde gegen das Stadtbild, Sünde gegen jedes städtebauliche Schönheitsgefühl. Die geschmacklose Verkoppelung ist nunmehr gefallen; denn der am 1. April 1933 begonnene Neubau der Straßenbrücke kam im Herbst 1934 zu Ende. Es fiel zwar mit dem links seitigen Steinbau nnd den Häusern an der dortigen Auffahrt ein Stück