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' . .. .... ... .,. ... , . . '.>..<> V..- . /luer Tageblatt W Anzeiger Mr -as Erzgebirge D mit -er wöchentliche« Unterhaltungsbeilage r /luer Sonntagsblatt. WMN Epttchssm,»«»«,n^atti»a «tlMmah««»e, e—«n»-,«ochmurag» 4-SUh». — r^g«mtt».ff»r,ss>,, LagetztaNffaevkMtks^ r«mfpw<h«5» L»8*M^»A5^ «»«« . jitw.^"LML' ra, «n-^ngt eftg^mA«. M«nM»w kam ««Ah, Nicht gellst.« v«r»m. Nr. 2Sr. Dienstag, 23. Dezember 1S13. s. Jahrgang. Diese Nummer umfaßt 10 Selten. Das Wichtigste vom Tage. Im Netchsamt de» Innern sanden Verhandlungen -urBeilegungde» Aerztekonsltktes statt. * PolizeipräsidentvonJagowin Berkin erklärt die Lnklageerhebung argen Leutnant von Forstner al» unzuläfstg. * Der braunschweigischeStaatsminister wi'd am 1. Februar in den R uh« sta nd tre «n. * General Liman von Sanders hat das Kom mando über da» erste türkischs Armeekorp übernommen.*) * Zum Nachfolger des zuriicktretenden französischen Botschafters Telcassä in Petersburg is der Ministerialdi ekior im Auswärtigen Amt 2 a quien de Margerie.be stimm. * Ein« amtlich« Meldung aus Adis Abeba besagt, Latz Ne gus Men elik II. gestorben sci. n NL-««» fl«-< an «md«r«r französische Heeresfragen. *05 Die Deputiertenkammer in Pari» hat sich dieser Tag« in eingehender Beratung mit der Erhöhung der Ossiziersgehälter und der Unteroffizier»- löhnmng befaßt. Man ersteht daraus, Loh auch in Vieser Beziehung Frankreich hinter Deutschland nicht -urückstehen will, beziehungsweise auch nicht kam, denn die bisher in Frankreich gezahlten Gehälter standen denen in Deutschland nicht unbeträchtlich nach. Auch im Hinblick auf die geftiege- nen Lebensansorderungen mutzte eine Erhöhung an mäh. gebenden Stellen ratsam «-scheinen. Ist doch dieser Umstand zweifellos auch von Einfluß auf den großen Mangel an Offi zieren und Unteroffizieren, unter dem di« französische Ar. mee ganz beträchtlich zu leiden hat. Trotz der schwierigen Ft» nanzlage glaubte man aber nicht länger warten zu sollen und brachte eine entsprechende Vorlage im Parlament ein. Daß sie hier teilweise aufWiderstand flohen würde, war van Anfang an vorausMsehen, ebensowenig durste die Be merkung fehlen, datz man das Beispiel Deutschlands nicht nachahmen dürfte. Herr JaurSs bekämpfte di« Vorlage mit diesem Argument, indem er gleichzeitig aus die mtlitäri- sche Organisation der Schweiz al» Muster hinwie» und ferner betont«, datz man da, Defizit von 80V Millionen Nicht ver gröbern dürfe. Der Krtegsminister begründete den Entwurf namentlich mit der Verteuerung de» Lebensunterhalt«, spe ¬ ziell in den östlichen Garnisonen; man sieht, datz es unseren westlicher Nachbarn ebenso geht, wie uns selbst. Man weitz, datz es bei uns Jahre, ja Jahrzehnt« lang gedauert hat, ehe man daran gegangen ist, die OffiziersgehMer zu erhöhen und den Sold der Mannschaften aufzubessern, erst die letzt; grotze Militärvovlage hat auch in dieser Hinsicht, wenigsten» soweit Unteroffiziere und Gemeine in Frage kommen, definitiven Wandel geschaffen, was allerdings eine bedeutende Summe au »macht . Trotz der mihlichen Finanz verhältnisse will man sich aber rot« Lei uns auch in Frank- -eich der Maßnahme nicht »erschlichen, weil sie im Interesse der Armee dringend wünschenswert erscheint. Ein anderes Experiment, von dem man sich viel versprach, scheint dagegen gründlich gescheitert zu sein. Man erinnert sich wohl, mit welchem Tamtam seinerzeit die Absicht angekündigt worden war, auch Eingeborene der französischen Kolonien in die Arme« «inzureihen, und aus ihnen Leson- dereNegtmenterzu bilden. Diese Entschließung war bedingt durch die immer mehr zurückgehende Zahl tauglicher Stellungspflichtiger, man wollte auf diese Weise die Lücke aussüllen. Man hat auch einen Versucht gemacht, indem man mehr als 300 Leute au» Guadeloup einem Regiment in in der Nähe von Marseille angliederte. Obwohl das dor tige Klima sehr geinätztgt ist, haben die Leute den Dienst nicht aushalten können, st« find, mehr al» SOV Mann sann und sonder» erkrankt. Das Experiment kann also al» gründ lich gescheitert betvachet werden, zumal auch di« Ausbildung der Leute sich al, ungemein schwierig und zeitraubend her- ausgestellt hat. E» war ein schöner Traum, der in ein Nicht» zerronnen ist. Der Aampfruf äer Gewerkschaften (Bon unserem Berliner cN - Mitarbeiter.) Staatssekretär Delbrück 'Lieg d-tam ' ck> um den Streit-wischen A«rzten «nd Kranken sen au« der Wett zu schaffen, vor, zunächst alle» be m alten zu las sen. Ueberall da, wo noch keine Einigung zusiandegekömmen war, sollten die bisherigen Vertvagsbeftimmungen noch «in Vierteljahr sortdauern -und In dteser Zeit sollte dann unter Vermittelung de» Reichsamte» de» Innern «ine endgLl. tig« Einigung versucht weiden. E» gab Leute genug, di« die Frist von drei Monaten reichlich lang fanden, die be fürchteten, die Kampfstimmung werde immer ärger werden, wenn nicht möglichst rasch ein Ende gemacht würde. Diese Möglichkeit ist vorhanden. E» ist möglich, datz nach drei Mo- naten dieser unerquickliche Streit Formen angenommen hat, di« selbst da» hinter sich lassen, was heute an gegenseitiger Erbitterung geboten wird. Aber diese Erbitterung hat schm heute einen Grad erreicht, der es dem Staatssekretär schier unmöglich machen dürste, in kurzer Frist «ine Verständigung herbeizuführen. Wenn überhaupt ein vernünftiger Ausgleich erreicht wird, so sind jedenfalls lange Verhandlungen nötig, um ihn durchzuführen. vorläufig wird die Scheidung der Geister immer heftiger. Nicht genug, datz Aerzre und Kas sen sich befehden, auch die gvohen Juterefsenver- b 8 nde, di« mtt den Kassen irgendwie verknüpft find, neh men mehr oder weniger hitzig Partei. Am hitzigsten natür lich die Radikalisten. Die sä-ialdemo-kvatifchen Gewerkschaf ten, die sich selber mtt Vorliebe freie Gewerkschaften nen nen und behaupten, sie seien politisch neutral, bassen in ihrem Hauptorgan, dem Korrespondenzvlatt der Genevalkonrmis. flon für die Gewerkschaften Deutschland» einen Kampfruf ge gen di« Aerzt« los, der von irgendwelcher Friedensstim- mung keinen Hauch verspüren lätzt. Der Artikel gewinnt dadurch an Bedeutung, datz er mit I'r. unterzeichnet ist, also wohl von dem Vorfitzenden de, Zentralverbande», der Orts krankenkassen, dem früheren sozialdemokratischen Reichs tagsabgeordneten Frätzdorf, herrühren dürfte. Denn wenn dies zutrifft, so eröffnet das allerdings wenig erfrou- liche Aussichten für einen «Kampf bis aus» Messer, den Ovts- timckenkassen und Gewerkschaften gemeinschaftlich führen wer- den und der allen Friedensbemühungen im Wege steht. Denn v E Frieden will ihr KorrespondenMatt, n t ch t» wissen. Es wird dort die Ansicht ausgesprochen, datz es niemals gelingen werde mit dem Leipziger Verband durch friedliche Verhandlungen -um Frieden zu kommen. Also nur durch den Krieg Haffen die Gewerkschaftler ihre Ziel« zu erreichen. Daß sie jetzt auf Staatssekretär Delbrück» Ber- mittlungsoorschläge hin — der Aufsatz im Korrespondenz blatt ist offenbar früher versaht, «he der Bernittelungsvor- schlag bekannt war — friedlicher gesinnt würden, da» ist nicht anzunehmen. Es entbehrt ja nicht eines gewissen Humors, datz gerade die freien, d. h. sozialdemokratischen Gewerkschaften, die sonst jeden als Verbrecher abtun, der nicht für unbeschränkte Beveinigungsfreiheit einitritt, Mn Zeter «nd Mordto schreien, wenn die Aerzte sich ihrerseits vereinen und ihre Bereintgungsfretheit verteidigen. Aber di« Lag« ist doch zu ernst, um über die Freude daran, wie da, eigene Prinzip der Gewerkschaften jetzt, da es von der Gegenseite angewandt wird, diesen nicht» al» Aerger und Berdruh bringt, den Wunsch zu vergessen, datz endlich ein mal «ine Wendung zum Frieden in dem Kampfe -wischen Aerzten und Kassen etntritt. Je länger der Kampf dauert, desto mehr wird der Organisattvnsgäanke leiden. Gewiß, die Leute werden immer seltener in Deutschland, di« nicht irgendwie organisiert find. Aber die Organisationen sollen doch nicht ausschließlich dem Kampfs dienen. Di« Verteidiger des Ovganisattonsgedanken» werden nicht müde, ihn geradezu al» Werkzeug des wirtschaftlichen Frieden« zu preisen. Darum glauben wir, datz die jenigen, di« in dem Kassenstreit den Bogen überspannen wollen, «inst selbst schmerzlich empfinden werden, wie sehr sich eine lleberspammng des Ovganifationsgedanken» rächt. Und darum sollten die Heitzfporne, wenn sie dann in der Hitze des Gefechte» über der Organisation die Gegenstände der Organisation, dieKranken, vergessen zu haben schei nen, doch auch bedenken -welchen Schaden sie der Organisa tion selbst zufügen können, wenn sie den Kamps bis auf» Messer führen wollen. Veronika. Skizze von Thea vo« Harb»». Es war am Morgen de» 24. Dezember. Aus dem Bahn- ho' drängten sich die Menschen in Scharen, beurlaubte Sol daten, Studenten, Schüler und Schülerinnen, ein wirres Durcheinander, daß kaum sortzukonrnren war. Alle Züge hatten Verspätung, Seiner der Beamten wußte mehr, wo ihm der Kopf stand bei den tausend «Fragen, die an sie ge richtet wurden. Gin Abschiednehmen und Willkommen heißen, Freude und Lew dicht beieinander — aber heute überwog die Freud«, veroni von Busche hatte sich von ihrer Beschützerin. Mademoiselle Lenoir, ganz in eine Ecke ziehen lassen und schaute mit ihren verträumten Dunkelaugen wie verzaubert aus dieses laute Treiben. Seit dem Tode ihr« Mutter halte sie in einem alten, vornehmen Stift wie in einem Kloster gelebt, während der Bat«, der berühmte Ge- leh'te, «ine neu« Forschungsreise unternahm. Und nun, nach drei Jahren, rief er sein Kind nach Hause, um es dem Leben i d'e Arme zu führen, dtesem fremden, -ritzen Leben, vor >n ihr so bang« war, der scheuen Kindeiseele — vor dem . s-and wie vor einem Rätsel und Wunder, mit der Krafft - - 'lnberüh-thett und der Güt» de» vertrauen». G» «»b - ötzlich «inen kleinen Lumu't in der wogenden Menge. Ein '-'»rr. «-stickte: Aufschrei wurde laut, alle» reckte die Hälse. ?a- r'e' du cheinander: Was ist denn los? — Da vorn ist "ar verhaft«' worden! — Nette WethnachtSbescherung! — "Zarum denn — hat er gestohlen? — Ree, durchbrennen hat - wollen! —Noch 'n ganz junges Bürschchen! — Nd, warum den« abe"? — Weitz ich nicht! Halb unbewutzt mar veroni unter di« Menschen -«raten «nd da sah sie den baumlangen Polizisten und den, den « oe 'hafte hatte. Eben man ein Zug angekommen, und die doppelte Strömung der Ankommenden und Abführenden -xm., di; beiden, minu enlang stehen zu L'etbrn, «nm kein so grotze» Aufsehen entstehen sollte. Und so konnte Veroni den Verhafteten deutlich sehen. Der Mann vorhin hatte recht gehabt: es «ar noch ein ganz junges Bürschchen. Aber das fiel Veroni jetzt Nicht auf. Auch nicht die eigenartige, vergeistigte Schönheit diese, Gesichts. Sie sah nur, was auf diesem Gesicht geschrieben stand: eine verzweifelte Bit terkeit, «in Jammer, der keine Monte mehr fand, und eine wilde, glühende Scham, mit diesem Jammer so allen Blicken pveisgegeben zu fein. Und sie sah, wie diese Scham ihn zwang, di« Augen zu schlietzen, um all die neugierigen Ge- fichter nicht mehr zu sehen — und wie unter den ftstgeschlosse- nen Lidern sich die Tränen hervordrängten, die quälenden, schweren Tränen de» Zorn» und der Schmach. Sie wußte nicht, warum — sie wußte kaum, datz sie es tat, mutzte nicht, daß Vieser Augenblick da» Kind in ihr zur Frau reifte, die den leidenden Mann nicht weinen sehen kann, der es selbst, verständlich ist, ihm zur Sette zu treten. Aus einmal stand st« ganz dicht vor dem verhafteten, hatte ihr Taschontüchlein au, dem Muff gezogen und fuhr damit ganz sacht Über da» tränenüberronnen«, jung« Mannrsgsficht vor ihr. Kein Mensch lacht«, auch der Polizist wehrt, ihr nicht. Und in dem verstörten, jungen Antlitz taten sich zwei Augen Ms, heiße, tief«, feindselige Augen, daß veroitt erschrak. Aber st« mar tapfer. Sie -i«lt ihm da» klein«, spttzenbesetzte Tuch entgegen, lächelt, und sagte -an- schlicht und ruhig: Da! Und da geschah etwas Seltsames. Da lag der lange Bursch plötzlich Ms den Knien vor der kindlichen Mädchengestalt und ritz da» Tuch und die -arten Hände, die es htetten, an sein« Lippen, und al» er wieder aufsprang, lag auf seinem Gesicht «in Leuchten und ein Lachen, das es mtt der -an-en Welt aufnahm .— Was dann mit ihm geschah, sah veroni nicht mehr, denn Mademoiselle zag >st« verzweifelt mit sich fort. Sie stand noch «ft im Traume und sah auf ih-« zar ten, kleinen Hände nieder, di« noch die -rennendem Mail« der hetßen, jungen Appen trugen. Erst als sie schon im Zug« saß, der si« nach Hause tühift, al» ihr — st« ahnt« nicht, wanuin — plötzlich di« Tränen au» den Augen stürz, ten und st« nach ihrem Tüchlein sucht« — vergebens — da wutzt-- sie, datz es kein Traum gewesen war, und ließ den glitzernden Tropfen freien Laus, mit einem zitternden Glücksgefühl im Herzen, da» lange, lange nicht «Eschen sollt«. . Professor von Busche erregte viel Aussehen mit seinem schönen Kinde. Und sie lernte es, große Dame zu sein und in Gesellschaften die Würde der Königin zu tragen; aber über ihrem Wesen lag es immer wie ein seiner Schleier, wie ein Hauch von Weltfremdheit, und immer blieb «in Suchen in ihren dunklen Ktnderaugen. Da kam eines schö nen Wintertage» «iift Freundin zu ihr gestürzt und ver- kündete, sich lachend und stürmisch an ihren Arm hängend, es sei «in Wunde, geschehen, ein leibhaftiges Wunder, und sie mllss, es sich anschen l Wb denn? fragte Veroni mit ihrem stillen Lächeln. — In einer Kunstausstellung, meine Liebe! Komm — Mantel an, Hut auf! — Aber sag' mir Mr— Nicht» sage ich dir! Du sollst sehen und platt fein — genau so, wie ich'» gewesen bin und noch viele ander». Weitz Gott, es geschehen noch Wunder! Ich freue mich nur wie «in Schneesieber daraus, datz sich deine »odenhausenfchm Märchenauge,« in zwei total perplexe Fragezeichen verwan deln werden. Es ist Hexerei im Spiel«, glaub' mir da» Da wären wir also — nun laß dich führen! —< Fräulein von Brandt mutzte ihrer Sache sehr sicher fein, denn sie nahm veroni einfach bei der Hand und zog sie durch die Eingang». räum« der Ausstellung nach dem Kuppelsaal und da direkt vo: «in Bild in einfachem Rahmen, das die Menschen uM- drängten. Und da, war gut, dem es gab dem jungen Mäd chen die Kraft zur Selbstbeherrschung. Und die brauchte sie. E» war ein unendlich einfache» Bild, da» so allgemein di» Begeisterung der Menschen geweckt hatte, und es war kein neue» Motiv. Es war Vie heilige Veronika. Nur zwei G» sta'ftn in Lebensgröße der -u Boden gebrochen«, kraftlos um te-liegende Sohn und die zu ihm gütige Frau, di« ihm mit ihrem Tuch da» Antlitz trocknet. Aber es war »ein -e'ltgrn- bild, kaum «in biblisches zu nenen. G» war ntch der Hei- «and, der da kniet«, nicht di« Hetlige, di« ihm hals, es «ar