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Nr. 277 Sonnsbenck, 2S. November ISIS. S. Zahrgoag. Mnzeiger Mr -as Erzgebirge M -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Mer Sonntagsblaü. Gpeechftsy-e -er Ke-alHen Mit Menahme -er Gemnage sachMtUags e—s Uhr» — Celegramm-ft-eesser ffniilAg'l-ig». hsmstzeeche» I ! l I II II er r- ;e 2 Diel» Nummer «msaßt M Griten. Außerdem liegt da, achtseitige illustrierte GonutagSblatt be. Das Wichtigste vom Tage. Ja Zaber« la« es gestern p» »<»en scharf»« Rek- bereten zwischen MWStz und Zivil; non einem v «utn an tuudövMau« wurden övPsrfvn en verhaftet, darunter -we- A«t»g*rücht». »Ste, «-«Gtaatranwalt »nd chnRech'tna». «ak«.*) > * Der deutsche Militärattache« Mas or .von Stempel in Konstantinopel ist zum General» stabschef der deutschen Militärmission in der Türkei ernannt morden. » Handelskammern und sonstige kaufmännische Körper, schäften wünschen «ine Verlängerung der im Wohrbeitragsgesetz festgesetzten Deklara tion-! frist -ta Ende Fedru ar. In M letzten Tagen find erneut versuche einer te» MphoNischen Verbindung zMsthen Berlin Und London unternommen morden. A» DaöUriechisch.türkische Frieden ist «ndgül- Uig beschlossen, di» tilrkisch.serbischen Vriedensver-andlungen haben zu einem vollen Einvernehm-n «üifchen beiden Staaten SeMtt. , l Nach einer Meldung au» Meziko hat Huerta ver schiedene Mitglieder de» Kongresses ver haften und sofort »rfchießen lassen. -> na-««« ft«-« an ander« »oll«. Wekk-Entteuerung. In einer Zeit, da sich alle politischen und wirt schaftspolitischen Debatten in Deutschland auf di« Vorberei tung der neuen Handelsverträge zuspitzon, gewinnt «in ei genartiger Vorschlag de» amerikanischen Professor» I. Fi sch e r von der Pale-Univerfitht Beachtung, der in der Zeit schrift Universum gemacht wird. Der amerikanische Natio nalökonom geht von dem Grundgedanken au», dH die Viel beklagte Teuerung der LebensmitteT inter nationalen Tharakter habe. In allen Kultur staaten, unabhängig von ihrer Wirtschaftspolitik, in Zoll- und Freihandelsländern find die Klagen über unaufhör liches und starkes Ansteigen der menschlichen Unterhaltungs kosten gleich lebhaft. Hat man da» aber einmal festy» stellt, so ist nach Professor Fischers Meinung die Folgerung nicht von der Hand zu weisen, daß nur durch internationale Verständigung dem bedrohlichen Wetterwachfen der gefähr lichen Teuerung wirksam entgegengetreten «erden kann. Der Vorschlag Fischer» geht also darauf hinaus, ein» inter nationale Verständigungskonferenz -usam- menzubringen, die zunächst einmal internationale, mit ein- ander vergleichbare Feststellungen al» Grundlagen weiterer Untersuchungen und al» Ausgangspunkt« gemeinsamer Ab- wehrmaßnahmen machen soll. Wer diesen Vorschlag von vornherein al» blasse Theorie avzutun versuchen sollte, dem mutz zuvor noch zweierlei gesagt werden. Zuerst die Tat sache, daß Professor Fischer keineswegs mit seinem Vorschlag ganz allein in der Welt dasteht. Der vorige Präsident der Vereinigten Staaten, T aft, hat bereits Anfang 1S12 dem Kongreh eine Botschaft über diesen Vorschlag -ugehen lassen; auch alle drei PrLstdentenkandidaten haben in der amerika nischen Wahrbewegung ihre Zustimmung dazu ausgesprochen. Schwerer noch wiegt für uns Deutsche die Befürwortung des Vorschlages durch den Verein für Sozialpolitik, durch her vorragende deutsche Nationalökonomen, wie Professor Schmoller und Frhr. v. Berlepsch, durch den Direktor der Deutschen Bank, von Vwinner, und durch den früheren Staatssekretär Dernburg. Und dann muh die weitere Tat sache hervorgehoben werden, dah sich niemand unter allen diesen Befürwortern der falschen Hoffnung hingibt, al» könnt« durch solche internationale verständigungskonferenz schnell ein praktische» Ergebnis erzielt werden. Schon bei einer nationalen UntersuchungSkommission würde zweifel los versucht werden, di« Schuld vom Produzenten auf den Ankäufer, vom »Käufer auf den Matter und die Börse, vom der Börse auf den Kleinhändler «nd auf den Konsumenten abzuwälzen. Noch mannigfaltiger würde diese Aufzählung bei internationalen Untersuchungen werden. Fischer selbst führt «ine grotze Zahl von angeblichen Gründen der Lebens- mtttelteu«rung in buntem Neigen an: Steigerung der ge samten Lebenshaltung, wachsender Luxus, vermehrte Mli- tärkosten, steigend« Lasten für soziale Staats- und Gemeinde aufgaben, zunehmende Verstaatlichung im öffentlichen Ver kehr Usw. usw. Auch Mißernten und Bodenoerteuerung, Er schöpfung der natürlichen Hilfsmittel und abnehmende Fruchtbarkeit des Boden» infolge der intensiven Bewirt schaftung würde ins Feld geführt werden. Aber gerade dies« riesige Mannigfaltigkeit der Gründe für die Lebensmtttelteuerung spricht in der Tat für den Versuch einer weltumfassenden Verständigung und interna tionalen wissenschaftlichen Untersuchung. Wenn es gelänge, aus der Füll« der Ursachen auch nur einige für alle Kultur staaten gemeinsam« heraus zu destillieren und wissenschaftlich einwandfrei föstzustellen, würde die heutige Ratlosigkeit gegenüber dem Teuerungsproblem schon gemildert werden. Uebrigens besteht auch schon eine internationale Einrichtung im Kleinen, die fett einigen Jahren für die Agrarprodukte allgemeine Erscheinungen zu erfassen bestrebt ist Es ist das Internationale Institut für Ackerbau in Rom, an das auch die deutsche Agrarwissen schaft angeschlossen ist. Di« monatlichen Uebersichten über internationale Preisbewegung der Agrarprodukte, die wis senschaftlichen Feststellungen über alle übrigen vergleichbaren Vorgänge und Erscheinungen auf dem weiten Gebiet der Agrikultur gehören heute bereits zu den geschätzten Grund- lagen deutscher Agrarwissenschaft. Da, Institut in Rom zu erweitern, sowohl hinsichtlich seines Bereiches wie in bezug auf sein« Aufgaben, hiehe den Fischerschen Vorschlag verwirk lichen. So betrachtet, kann niemand die in Amerika noch lebhafter als Sei uns ventiliert« Ide« geringachten. Auf- gaben von so gewaMger, weltumspannender Bedeutung wie die Entteuerung der Welt, die internationale Bekämpfung der unerträglichen Preissteigerung für Lebensmittel kön nen nicht in» Blaue hinein unternommen weiden, sondern bedürfen einer realen wissenschaftlichen Grundlage. Di« Zu sammenberufung einer allumfassenden internationalen Vev- ständigungskonferenz wäre der erste Schritt hierzu. Di« Schwierigkeiten solchen Unternehmen» dürfen nicht ab schrecken angesichts des großen Zieles, da» es zu erreichen gilt. Die neue Zrieäenskirche. * Wie unsere Leser wissen, werden morgen, am Ssnn- tagnachmittag, die Glocken der neuen Friedenskirche feier- lich geweiht werden, und anschließend daran .ist es dem Publikum, den Mitgliedern der Gemeinde Klösterlein-Zelle, letztmalig gestattet, den Neubau zu betreten, bis er dann — am Sonntag Lätare — seiner Bestimmung übergeben wer den wtid. Von dieser Erlaubnis werden gar viele gern Gebrauch machen, denn es ist höchstinteressant, jetzt die Kirche einmal zu besichtigen, bevor di« letzte Hand an ihre Voll endung gelegt wird. Wir Haben deshalb Men solchen Rundgang durch dm Neubau bereit» unternommen «nd lassen nachstehend dessen Ergebnis folgen, teils, damit es morgen dem Publikum als «einer Führer dienen kann, an dererseits aber auch damit jene, die-morgen die Kirche nicht besichtigen können, ebenfalls den gegenwärtigen Stand des Neubaues kennen lernen. Da das Hauptportal an der Südseite noch gebaut wird und von einem verschlag umgeben ist, so betreten wir das neue Gotteshaus durch eines der beiden Treppen hausportale, rechts- und linksseitig, also im Osten und im Westen. (Ein weiterer, rückwärtiger Eingang -ft ebenfalls noch nicht zu benutzen.) Durch dies« Setteniportole gelangen wir in die Trepp« nh Suse rund sodann in di« Hauptetngangshall«, die berufen ist, alsiviant» Halle zu dienen. Sie ist in Derranovaputz gehalten, in den Ornamente eingeschnitten sind, Es ist dies eine neuartig« Wandausstattung, die sehr vornehm wirkt. Auch durch da» Hauptportal wich man später die Brauthallo betreten kön nen, von der aus man ebenfalls einen vollen Mick über da» Hauptportal hat. Don de« Brauthallo «nd den Treppen häusern au» führen Oeffnungen, di« später durch Türen er setzt werden, in da» Schiff. Dessen Boden ist roh be toniert und Pfeiler find auf ihm gemauert, di« zum Auf logen des höher gelegenen Fußbodens dienen. Der Raum zwischen Betondecke und Fußboden in Höhe von 60 Zenti metern dient zur Lufttsolierüng des Fußboden», ferner zu dessen Erwärmung und schließlich zur Einführung der Hei- MUgsrohre. Das große Schift Hat oh nedenAltar platz ftnen Flächeninhalt von 406 Quadratmetern. Di« Höhe bis ,ur Kuppel mißt 16 Meter, di« Epaunwe.te in der Längs seite SV Meter, in der andern 18 Meter. Da» große Ge» völbe des Schiffes ist in sogenannter Rabitzkonstruktion ge halten, die an eisernen Dachbindern aufgehiingt ist. Diese Dachbinder tragen zugletch das Dachgerüst und haben damit oie gewaltige Last von 6800 Zentnern zu halten. Die Dach- klemmellinne. Humoreske von Ponta. Diesmal hieß unsere neu« Hausgehilfin Gmmeline, wel cher schöne Name von ihr Aemmellinn« ausgesprochen wurde. Sie hieß aber nicht nur so, sie begehrt« auch mit Festtigkeit, so genannt zu werden. Dänn warum? Mein« MUdder hat Ss immer gesachd, «s wär« se so ein ioödlcher Nahm«. Also nannte meine Frau st« Emmelin« und ich Aemmellinn«. Em- mettne hatte nebst der Neigung zum Poetischen auch ein« starke Liebe zum Männlichen. Da, trat manchmal etwa» unangenehm in die Erscheinung, wenn nämlich der im Au genblick geliebt« Gegenstand ihr irgendwelche Herzensnöte verursacht« Und da» schien ziemlich ost der Fall zu sein. Gmmeline» Stimmung schwankte wie ihr Liebesbarometer. Ohne erklärliche Ursache war sie himmelhoch jauchend, zu Tode betrübt. Di« Schwankungen merkt« meine Frau am stärksten in ihrem Geschirrschrank. Zu Zeiten liebeSbarom«. irischen Aochstandes klirrt« es beständig in der Küche. Glas, Porzellan, alle» nur irgend Zerbrech-are «ar dann nicht sicher vor ihr. Sie erklärte da» höchst seelenruhig damit, daß sie augenblicklich so hibsche Sachen zu denken hab«. So wa- reu Aemmellinnens Zeiten für uns ebenso ärgerlich al» kostspielig Aber sie kochte daun aut. War st« aber Unglück- lich verliebt, dann kocht» sie schlecht. Da» hatte meine Frau bald herausbaldowert. Und da Aemmellinnens Vorgänge- rin — sie hieß Huüa — uns monatelang mit Erzeugnissen ihrer Kochkunst gefüttert hatte, für di« Schlangenfraß noch ein viel zu milder Ausdruck «ar, ho ertrugen wir alle» mit mögttchster Würde. Ja, meine Frau erwog schon, ob wir uns nicht Gmaillegeschirr für alle möglichen Eventualitäten ansthafftn sollten, als fich plötzlich bet Aemmellinn« höchst Le- unruhigeude Synrtome zu zeigen begannen. Nämlich, sie zertepperte jetzt das Geschirr und kochte Schlangenfraß. Da» ließ auf höchst kompliziert« Geelenzustände schließen, und war außerdem auch durchaus unbekömmlich für unser« Mä gen und für unsere Portemonnaie». Eine» Tage», als die Suppe angebrannt, da» Fleisch roh, da» Gemüse «in Mehl- pams und die^füße Speise «in Glibber gewesen war, saßen wi" uns nach Tische ärgerlich gogenübe". Also, ich gehe heute noch auf» Mietskontor sagte meine Frau schließlich mit gewaltsamer Engerie. Geh, seufzte ich ergeben, wäh rend vor meinem trauernden Geiste alle früheren Aemmel» linnens vorbeideftlierten. Hulda, di« Zustände bekam, wenn in ihrem kKolportageroman schreckliche Geschehnisse sich er eigneten. Marte, deren Frisur wir in ihren Hauptbestand teil« : in der Suppe fanden, Luise, di« dichtete, und von der ich einmal ein Poem fand, mit dem idyllischen Schluß: Dann sing ich, wenn die Wachtel kracht Wie schön ist doch die Wett gemacht. And die uns außerdem wie «ine Elster bemauste, Rosa, deren Anbeter sich hernach al» ein rückfälliger Spitzbube entpuppte, all«, all«, alle. Und Aemmellinne kochte wenigstens manchmal gut. E» ist ein Kreuz, seufzte meine Frau, ich hab; ihr ja manchmal eine recht glückliche Liebe gewünscht — aber Weißt du denn, ob ihre jetzige un-, üttich if" unterbrach ich sie, — ich sammle gern au» jeder Blume Ho nig, das heißt aus Menschenblumen dichterischen Honig. Mein» Frau dachte nach: Sie -erbricht sehr viel Porzel lan, — gestern «inen Teller, eine Sauei-re und zwei Tassen, sagt« fie elegisch, — und darum — —. Aber sie kocht auch sehr schlecht, sagte ich ärgerlich, übrigens «in Ausweg. Könn test du nicht kochen, bis Aemmellinnens Liebeszustände wie der normal find? Meine Frau schauderte «nd erklärte, ich sei «in Tyrann und wolle Streit anfangen mit ihr. Ich weiß, ft« kocht sehr umgern. Lebrigens auch nur gut mit » Einschränkung. Ich schwieg also über diesen Punkt und mahnte nm: Aber bitte, keine Luise. Und keine Rosa. Und kein; — —. Geh bu doch und suche dir eine au», sagte meine Frau gereizt. Und nun schauderte ich. — Odor vielmehr geh nicht! fuhr meine Frau fort, denn was d u auSsuchst — Das war nicht schön von ihr. Ich hatte nämlich einmal ein» sehr niedliche Marie gemietet, — «wer — doch schweigen wir darüber. Ich hattte einen Gedanken: Wenn du mal ver suchtest. zu ergründen, was eigentlich mit der Aemmellinn« ist. Dielleicht könnten wir die Sache in Ordnung bringen. Die Hulda haben wir doch auch zur Raison gebracht. Eine Idee. Also lassen wir fie mal retnkommen. Aemmellinn« kam. Aemmellinne, fing ich behutsam an, sagen Ei« doch, fehlt Ihnen irgend was? Aemmellinn« seufzte tief und schwer. Sie wissen ja, Aemmellinn«, wenn Sie so viel Porzellan zerbrechen Aemmellinne unter, brach mich beleidigt: Wer se mit'- Borzellan umgähd, der macht se auch als mal was gabutt. — Gewiß, Aemmellinne, aber «in T«ller, eine Eauci-re, zwei Taa — — Nu LLen, sagte Aemmellinn«, dadeovon gommt's Und das Essen beut« mittag — — Aemmellinne senkte schuldbewußt den Kopf und begann zu schnüffeln, wa» bei ihr stet, der Dorbote für bit tere Jammettränen war. Nun, «einen Sie nicht, «em- mellinwe. Aber schon heulte fie los: Huh — hu — hu — u — u! Ach, ich bin Se so uuglögglich — ich habe Se 'n Schign sahl Aemmellinn«, Schicksale haben wir alle, sagte ich sententiö«, vielleicht erzählen Sie «ns, wa» St« drückt, und wir können Ihnen helfen. Aber nun flössen Aemmellin nens Tränen stromwet». Und es dauerte eine ganze Weile, bis fie fich ausgeweftft hatte. Dann trocknete fie die Augen mit der Schürz« und stammelte: Er i» S« doch so 'n hüb scher Mensch . Da, ist doch kein Fehler, Aemmellinn«. — Lud er hat Se en Gemühd, so dre« wie Gold. — Na. da» ist doch sehr schön. — Ja, aber wenn e. Se doch so 'n