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- s. Jahrgang. Dienstag» 11. November 1913 Nr. 262 Dies« Nummer umfaßt 8 Seiten. aus > Siü^crk« steh, an anderer Gtelle. - Gegenwart des Kaisers wurden gestern vermit ag d'e Rekruten der Garnison Potsdam vereidigt Der deutsche Kreuzer Bremen erhielt den Bese!)' eine Nundreise in den o st m e x i k a n i s che n G e wässern auszufühven. In Zabern kam es wegen einer absp-echenden Aeusteruug eines Offiziers zu feind« lich en Kundgebungen der Bevölkerung.*) Die Verhandlungen über die Bildung einer Kommission zur Prüfung der Riistungslieferungen sind zum A bsch ' ust gelangt. Die Z weite Kammer des sächsischenLandtages tritt h e u t e na ch m i t t ag zu ihrer er ist en Sitzung zusammen. Der russische Ministerpräsident Kokowzew wird, von Paris kommend, am Sonntag in Berlin e '„treffen und dort zwei Tage verweilen.*) Speechs!«,»» »er N«öakti»o mit fioenahm» »er Sonntag» nachmittag, 4-S Uh». — L«l»gramm.stSrrff,, Tagrdla« M»«rs»dtrg». fmmst>r*ch«» SS. Jür uovrrlangl »togifan-t» Manuskript» kam, dnvShr nicht g»l»ist»i «»»»<«. sekretärs Delbrück anschloh. Seitdem der Reichstag ausein« andevgtng, wurde nun eine sehr lebhafte Agitation für ei nen besseren Schutz der Arbeitswilligen entfaltet. Der Bund der Landwirte, Zentralverband deutscher Industrieller und Reichsdeutscher Mittelstandsverband schlossen da» Kartell der schaffenden Stände mit dem ausgesprochenen Zwecke, den Terror zu bekämpfen. Mele andere industrielle Verbände, unte anderem die s äch s i s ch e n In d ustr r e l l e n, schlos- sen sich diese,r Wünschen an. Die nattonalliberale Reichs- tagsfvaktion setzte eine Kommission zum Studium des Ar beitswilligenschutzes ein, und jetzt hat sich auch der Hansa- bund für eine Verschärfung der Strafbestimmungen gegen Arbeiterterrorismus ausgesprochen. Auf der Tagung des Jndust ierates des Bundes, di« am 8. November abgehalten würd', fand eine Entschließung Annahme, in der die Er- war ung ausgesprochen wurde, aus eine baldige Initiativ« der Industrie- und gewerbefteundlichen Parteien, um der fortgesetzten Bedrohung der Freiheit der unabhängigen Ar beiter baldigst ein Ende zu machen. Der Jndustrierat steht weiter in der Regelung dieser Frage eine der wichtigsten näch sten Ausgaben des Reichstages. Di« Forderungen, die er im einzelnen erhebt, um den Arbeitswilligenschutz wirksamer zu gestalten, gehen nach folgender Richtung: Gleichmäßige und energische Vorschriften zur Siche rung der Ruhe, Bequemlichkeit und Sicherheit de» Ver kehr». Zu diesem Zwecke sollen durch sämtliche bundes staatlichen, landespolizeiltchen oder provinziellen Behör den tunlichst gleichmäßige Verordnungen erlassen werden, durch welche di« Polizetboamten nicht nur über das Recht, sondern auch über die Pflicht zum Einschreiten bei Streik exzessen belehrt werden. Ferner wird verlangt die Ein führung eines beschleunigten Strafverfahrens und di« An wendung des 8 81 des Bürgerlichen Gesetzbuches auf die Gewerkschaften und Berufsvereine. Der 8 81 macht Der- eine für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstandes oder ein anderer Verfassung», mäßig berufener Vertreter durch «ine in Ausführung der ihm zust«henden Verrichtungen begangene, zum Schaden ersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zusügt. Würde dieser Paragraph auf die Gewerkschaften angewen det, so könnte in Zukunft jede» Vorstandsmitglied einer Gewerkschaft, di« durch Stretkzwang oder durch Boykott drohungen einen Arbeitgeber schädigt, zum Schadenersatz verpflichtet werden. Namentlich in Amerika haben die Gerichte auf Grund solcher Schadenersatzklagen die Ge werkschaften früher zu empfindlichen Busen verurteilt. Endlich verlangt der Hansabund, daß in Zukunft straf bare Bedrohung und Nötigung im Strafgesetzbuch schärfer erfaßt wird. Uber nicht so sehr in der Art der Vorschläge, die der Hansabund zum Schutze der Arbeitswilligen gemacht hat, liegt die Bedeutung dieser Beschlüsse, als in der Tatsache, daß der Jndustrierat des Bundes eine Regelung des Arbeits- VtMgenschutzes im Sinne einer Verstärkung verlangte und dah der Beschluß einstimmig gefaßt wurde. Im Hansa bund spielen LinksnationalliLeral« und Fort- schrt 1 tler eine hervorragende, ja entscheidende Rolle und dah gerade in Liesen Richtungen bisher wenig Neigung Schutz äer Arbeitswilligen. Die Frage eines verstärkten Schutze» der Arbeits willigen tritt ohne Zweifel immer mehr in den Vordergrund der Politischen Erörterungen und sie wird auch in der Win- tertagung des Reichstages sicherlich ausgiebige Debat ten in der Volksvertretung veranlassen. Schon in der vori gen Session wu de von den Konservativen der Versuch unter nommen, schärfere gesetzgeberische Maßnahmen gegen den Druck durchzusetzen, der Lei wirtschaftlichen Kämpfen gegen die sogenannten Streikbrecher in den mannigfachsten Formen verübt wird. Das konservative Vorgehen, das sich vor allen« auch auf Verbot des Streikpostenstehens richtete, mistlang, weil die Regierung der Ansicht war, daß der Arbeitswilligenschutz nicht durch gesonderte gesetzgeberi sche Maßregeln, wie sie die Konservativen verlangten, son dern nur im Rahmen der bevorstehenden Strafgesetzreform geregelt werden könnte, und die Mehrheit de» Reichstage», soweit ihre Mitglieder nicht überhaupt «inen verstärkten Schutz für überflüssig hielten, sich der Meinung des Staats- K a b i n e 1 t s o r d e r des Kaiie s gegen da Duellwelen im Heere hat z« e'nem. R ü t- gang der Duelle um 3 3 Prozeir gefüh t. Nach äem großen Arupp-Prozeß. (Von unserem Berliner LN-Mitavboiter.) Es gib« noch Richter in Berlin: mit dieser Empfindung konnte jeder noch so kritische Beobachter der dreizehntägigen Verhandlung in Moabit das Urteil im großen Krupp- Prozeß entgegennehmen. Man kann freilich verschiedener Meinung sein über die gelinde Strafe, mit der der Herr Di rektor Eccius davongekommen ist. Bis zu dem Augen- blick, wo das neue Material de» Herrn von Metzen, dessen Briefwechsel mit der Essener Leitung, sowie Herrn Brandt, verlesen wurde, mußten der Prozeßleiter und der Vertreter der Anklage jedes Wort der Aussage au» dem Angeklagten Eccius gleichsam mit Zangen herausholen, um dann doch wie der zu finden, daß man nichts halt«, woran man sich halten konnte. Hätte der vorsichtige Direktor Eccius auch noch die Schlauheit Wallensteins besessen, der grundsätzlich nie et was Schriftliches von sich gab, es sei denn etwas von unbe dingter Harmlosigkeit, so würde er doch vielleicht freigefpro- chen worden sein; denn der Zeuge von Metzen erschien ja an und für sich selbst dem Staatsanwalt als wenig glaubwürdig. Wenn es nun Direktor Eccius bekannt war, daß Herr von Metzen als Vorgesetzter Brandts nichts mit dessen Disposi- tionsgeldern zu tun haben wollte, wenn Eccius trotzdem selbst unbedenklich nun diese Angelegenheit unmittelbar mit Brandt regelte, ohne aus naheliegenden Gründen Herrn von Metzen Näheres darüber mitzuteilen, so läßt sich di« Milde, die da» Gericht ihm gegenüber hat walten lassen, kaum voll ständig rechtfertigen, umsoweniger, als «in Mann, der, wie Eccius nach seinen eigenen Worten anderwärts das Vier fache von dem hätte verdienen können, was er je Lei Krupp verdiente, am ehesten in der Lage fein konnte, der Firma Krupp gegenüber zu erklären: so etwas mach ich nicht mit; eher jedenfalls als Brandt, der ehemalige Subalternbeamto, dessen Zukunft ganz von der Bedeutung abhing, di« man in Essen seinen Diensten beimaß. Nach allem, was außerhalb des Gerichtssaales versucht worden ist, das Gericht zu beeinflussen, muß es indessen mit Genugtuung begrüßt werden, daß Direktor Eccius überhaupt mit verurteilt worden ist. Was Über haupt als Schuld in diesem Prozeß erwiesen worden ist, ist eine Bagatelle gegenüber dem Panama, das von sozialdemo kratischer Seite an die Wand gemalt worden war. Es ist auch wohl so, daß das, was die Beauftragten Krupps getan haben, von anderen großen Unternehmern auch geübt wird, daß sie alle, wie man zu sagen pflegt, mit Wässer kochen. In- dessen darf man doch wieder das Haus Krupp nicht mit einer Das Wichtigste vom Tage. Der König trifft morgen mit dem Kronprinzen Sibyllenorr wieder in Dresden ein. herrschte, einer stärkeren Ausgestaltung de» Schutzes der Arbeitswilligen näher zu treten, ist bekannt. Wird selbst von dieser Seite au» einer baldigen Regelung dieser Frage, die offenbar nicht Lis zu einer allgemeinen Strafrechtsreform verschoben werden soll, Vas Wort geredet, so zeigt da» doch, wie stark auch in den linksstehenden industriellen und ge werblichen Kreisen das Bedürfnis ist, dem ftiedestörenden Druck, den die Gewerkschaften auf die Arbeiterschaft aus üben, einen stärkeren Damm, al» ihn die jetzt geltenden Ge setzesbestimmungen gewähren, entgegenzusetzen. Die Tragöäie äer Süäpolheläen. Ein hohes Lied von Heldentum und Selbstverleugnung singt das nachgelassene Reisewerk Kapitän Scott», das in diesen Tagen erschienen ist, und der Menschheit die Süd poltragödie in all ihren Schrecken, mit all ihren Leiden durch den Mund ihres größten Helden kundtut. Die Dinge sind wider uns. So hieß es in der Lebewohlbotschaft, die Kapitän Scott aus der Antarktis in di« Heimat sandte. Fast jede Seite des Tagebuchs kündet die widrigen Verhält nisse Den sorgfältigsten Vorbereitungen, den gründlichsten Berechnungen zum Trotz hefteten sich Pech und Unglück von Anbeginn an die Fersen der Expedition. Die Fahrt nach der Antarktis war ungewöhnlich stürmisch Die ungünstig sten Wetterverhättnisse hemmten die Vorbereitungsreisen. Das Ausbauen der Depots stieß auf Bodenhindernisse. Und um da» Unglück vollzumachen, kam am 22. Februar di« niederschmetternde Kunde, dah ein mächtiger Rival«, Amundsen, ins Feld getreten sei, der in kühnem vor- stoß die Siegespalme an stch zu reißen gedachte. Tiefe Schat tei lagerten jetzt schon über der Expedition. Am 1. Novem ber 1911 brach Scott auf zum großen Vorstoß. Mer Helden waren mit ihm: Dr. Wilson, Bower», Hauptmann Oate» und Edgar Evans. Die scheußlichsten Widrigkeiten hemm ten ihren Weg. Blizzard» heulten, der Boden war schlecht. Futztiek sank man bei jedem Schritt in den «weichen Schnee. Ein hoffnungsloses Gefühl steigt in uns auf; schwer wird es uns, dagegen anzukämpfen, schreibt Scott nach einem Mona'. Je näher man dem heißersehnten Ziel« kam, desto mehr wutde die niederschmetternde Möglichkeit erörtert, daß die norwegische Flagge der unserigen zuvor gekommen sein könnt«. Am 16. Januar wußten sie, sie waren geschlagen. Das Schlimmste, oder nahezu da« «Schlimmst« ist eingetreten so heißt es in dem Tagebuch, um die gw?!i? M"<chfturd entdeckter? Bowers' scharfe Augen in der Ferne etwas, das er für einen Steinhügel hielt. Er zerbrach sich den Kopf darüber, meinte dann schließlich, es müsse eine Schneever wehung sein. Eine halbe Stunde später tauchte ein schwar zer Fleck vor ihm auf. Bald wußten wir, daß er nichts mit dem Schnee zu tun haben konnte. Wir marschierten vor- wärt» und fanden eine schwarze Flagge, die auf ein Schlittengestell gebunden war. In der Nähe waren Ueber- rieste eines Lagers . . . Da» erzählte uns die ganze Ge schichte. Die Norweger hatten uns den Rang abgelaufen, hatten den Pol erobert. Es ist eine furchtbare Enttäuschung. Ts tut mir sehr leid um meine lieben Gefährten. Morgen müssen wir zum Pole vordringen und dann mit größtmöglicher Schnelligkeit Heimeilen. G» wird eine traurige Heimfahrt werden. In jener Nacht, so berichtet da» Tagebuch, schlief keiner viel. Die Entdeckung war zu niederschmetternd. Und dann heißt es weiter: Der Pol! Ja, aber unter ganz anderen Umständen erreicht, al» wie «wir e» erwartet hatten. Wir haben einen furchtbaren Tag Hinter uns. Großer Gott! Ist die» ein furchtbarer Ott. Und doppelt furchtbar für uns, weil wir uns ohne die Belohnung der Erstentdeckung zu ihm durchgerungen haben . . . Aber auf jetzt, auf zur Heimfahtt und auf zu einem verzweifelten Kampfe! Ob wir in ihm siegen werden I? Scott 'spricht hier zuin ersten Male au», daß Zweifel in ihm aufgestiegen stnd, ob er und sein« Gefährten noch die 880 gefahrvollen Meilen über Schnee und Eis zurücklegen können, Li» st« in die sicher« Obhut der Freunde gelangt find. Zn der Nähe de» Pol» fand man «in norwegische» Zelt und darin lag ein Schreiben Amundsen», in dem er bat, König Haakon einen Brittzu übermitteln. Ueber dem Zelte wehte die norwegi sche Flagge. Scott und seine Kameraden stellten di« Lage d«.« P'-lr» fest, und »rrichttte- dann rftum Steinhvnft^ pflanzten darauf di« englische Flagge und photographierten stch gegenseitig. Und dann kehrten sie dem Pol den Rücken: Wir haben dem heißersehnten Ziele unseres Ehrgeizes uns abgewandt, und 800 Meilen durch Eis und Schnee liegen vor uns! Am 18. Januar verließen die Tapferen den Pol, und alsbald begann ihnen das Schicksal aufs Neue Übel mttzuspielen. Die Kälte war von schneidender Schärf«. Be sonders Oate« hatte furchtbar darunter zu leiden. Auch Evans zeigte einige Schwäche. Finger und Nase began nen ihm zu erfrieren. Am 4. Februar traf alle dann ein schwerer Schlag. Evans stürzte in eine Gletscherspalte. Gr erlitt eine Gehirnerschütterung und trug auch sonst noch Verletzungen davon. Er war Kapitän Scotts schwerste Sorge. Der erste, der den Heldentod starb! Am 14. Fe bruar berichtet das Tagebuch: Evans' Zustand flößt uns Angst ein. Unter dem 16. heißt es: Evans ist, wie wir glauben, fast geistesgestört. Er ist vollkommen verändert, nicht mehr der Alt«, Aufrechte, Selbstbewußte. Am 17. fährt das Tagebuch sott: An diesem schrecklichen Tage bleibt Evans zurück. Die anderen warteten auf ihn. Vergeben»! Dann eilten sie zurück. Ich erreichte den armen Mann, schreibt Scott, zuerst. Er war in einem furchtbaren Zu stande. Sein Aussehen schmetterte Mich nieder. Er lag auf den Knien, die Kleider in Unordnung, die Hände bloß und erfroren. Seine Augen schossen wilde Micke. Als ich ihn fragte, was mit ihm los sei, antwortete er leis«, daß er «» nicht wisse; er glaube, er sei ohnmächtig geworden. Man brachte ihn zum Zelte. Aber er kam nicht wieder zu Bewußt sein und sta r b um Vsl Uhr nachts. E» ist furchtbar, schreibt Scott, «in« ', lieben Mährten auf diese Weise zu verlieren. Uber die ruhige Überlegung zeigt auch, daß es nach dm furchtbaren Bekümmernissen der vergangenen Woche kein bessere» Ende hätte geben können. Der Tod Evans' war das epstr Anzeichen de- Agonie der ganzen Expedition. Mr /luer Tageblatt iM Anzeiger M »as «rzg-dlr»- A mit -er wöchentliche» Unterhaltungsbeilage: Mer Sonntagsblatt. Spr«chMm»» »rr Nekcköoo mit Huenahm« »er Aonotag, nachmittag» 4—s Uhr. — r»lrgramm.st»r,p,, raardlatt MvrerzMdtra». gumsprech« «. »«hm«» e«st«Ilu»,,a «otg«i<».