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Airsers-Keiniat Sonnlags-Aeitage zmn KüchstschenLrzüyldr !V!?I!»I^ Der Giöckeladvokai. Eine sächsische Dorfgeschichte von August Wilden Hahn. < . ^tjctzung.) (Nachdruck verboten.) Wie Magdalene dies hörte, erschrak sie. „Geh' doch e bissel 'naus, Gottlieb!" sagte sie zu ihrem Sohne und tat dabei sehr besorgt, wie jemand, der einem andern ein Ge heimnis offenbaren will und die Kinder vorher aus dem Zimmer schickt. Und war doch auffallend, daß Magdalene ganz allein war. Als nun Gottlieb die Tür hinter sich zugeschlossen hatte, stand Magdalene auf, redete mit sich selber und sprach: „Das weiß der liebe Gott, was mich so aus dem Herzen drückt! Das ist doch bald, als könnt' ich garnicht mehr gut Atem holen! Und 's ist mir auch bald so, als wär' was nicht recht. Ich werd' mir wohl e Tippel Tee kochen müssen, viel leicht Brusttee, weil mir's die Brust so angreift!" Und nun ging sie nach dem Schränke! hinter dem Ofen, suchte unter wohl zwanzig Tüten und könnt' immer die rechte nicht finden. „Ich glaub' fast," — fuhr sie fort, „der Brusttee wird mir «ich nicht helfen! So kurios ist mir's in meinem Leben nicht gewesen! Und nun red't auch niemand mit mir, daß man sein Herz ausschütten könnt'! Und der Andreas sitzt oben! Der schlechte Mann fragt auch nicht nach einem! Ich könnt' hier sterben! Und er bekümmert sich nicht darum!" Ihre Stimme nahm jetzt immer mehr den Ton der schmerzlichen Klage an. Und es war ihr das Weinen näher, als das Lachen. Aber es waren ärgerliche, trotzige Tränen, die sich in ihre Augen drängten. So einige TrSpflein aus dem Waschbecken Pilatus, und es sah auch die Magdalene bald aus, als sagte sie, wie jener zu sich selber: Ich bin un schuldig! „Der gottlose, schlechte Mann ist an allem schuld!" fuhr sie nun unter trotzigem Weinen fort. „Da sitzt er nun da oben und fragt nicht danach, ob ich noch lebe oder tot bin. Ich bin doch eine unglückliche Frau und halt's auch nicht länger aus! Ich werde auch fortgehen und garnicht wieder kommen! Ich werde mir ein Leid antun! Da wett» ich doch emal sehen, was der schlechte Mann tun wird! Da wird -ihm schon's Pfeifen und Liedelsingen vergehen! Und dann kann er allein dumm tun, der schlechte Mann und kann sehen, wo er eine Bessere kriegt, als ich bin!" „Wenn er nur wenigstens 'runterkäm'l" fuhr sie nach einer Welle fort, nachdem sie sich die Augen mit der Schürze getrocknet hatte; „ich tüt' mich vielleicht noch iindorn und ging' nicht fort und blieb' da. Aber der schlechte Mensch Kat doch gar kein Einsehen! Da sitzt er nun oben und llopft's Leder, als wär' garnicht» vorgefallen, und mir tlopfi's Hier trat wider eine länger« Pause ein, in welcher die gequälte Frau unaufhörlich den Kopf schüttelt und dazu ihr blaues steifgestärktes Schürzenband unbarmherzig auf chch ab rollte, als würde dadurch ihr eignes hartes Herz etwi» nachgiebig und weich. Dann fuhr sie weiter in ihrem Mono loge fort: „Ich könnt" euch selber 'naufgehen und könnt?« ihm selber sagen, daß er wieder 'runterkommen sollt'! Aber das tue ich nicht! Er hat mich zu schlecht behandelt! Und dann müßt' ich ja garnicht', was ich sagen sollt'. Und wenn er wieder dumm töt' und red't nicht und red'te solche bei ßende Wörter —! Ach, du, mein lieber Gott, wenn ich nur wüßte, was ich machen sollt'!" Sie begann nun auf's neue gar heftig zu weinen. Es war fast, als mischte sich in das Pilatuswaffer etwa» wie von den Tränen des Petrus. „Wenn ich mir's recht überlege," fuhr sie nun fort, „so ist der Andreas nicht gar so schlecht und hat mir doch schon viel Liebes und Gut« getan und haben wir zusamen gelebt wie rechtschaffene Ehebeute! Und es war doch hübsch, wenn er so dasätz rmd tat arbeiten und ließ fich's sauer werden mit dem alten Geschüh'. Ich tat 'n 's Hanfgarn spinnen, und wir red'ten zusammen dies und jenes, taten einander unsere Herzen ausschütte«, und « sagte zu mir freundlich: Lenel, wie meenste den«?' Und ich tat 'n antworten, wie mir's ums Herz war: ,Nu, ich meen's so, Andreas!' Und das war ene Freude! Ach, du mein lieber Gott, es wär' doch hübsch, wenn's wieder so mär'!" Als jetzt ihr Blick zufällig auf den alten Schlüffe! stch der auf dem Boden lag, war's, als gäbe ihr jemand plötzlich einen Ruck. „Das verfluchte Geld!" rief sie auf einmal mit dem größten Zorne aus, hob hastig den Schlüffe! «ch and öffnete die Ofentür, um ihn ins Feuer zu werfen. Da be sann sie sich plötzlich eines tnderen.s lieber die finstere Nacht ihres Angesichts siel es nieder wie ein Lichtstrahl. E» war, als hätte ihr jemand die Decke von den Augen genommen. „Ich armes, törichtes, unglückliches Weib!" rief sie mm aus und lachte dabei und weinte zugleich. „Ich wußte nicht» was ich machen sollte? Ach du, Herr, mein Gott! Ich nach doch ganz verblendet gewesen sein! Ach, wie wird mir dock, auf einmal so wohl zumute, als wär' ich tot gewesen und wär' nun wieder lebendig geworden! Gott sei tausendmal Dank, daß ich nu weiß, was ich tun soll!" Und wie ein Kind, das mit den Eltern wieder versöhnt ist, eilte sie in die Kammer, schloß so leise als möglich die Lade auf, griff mit beiden Händen hinein in die harten Taler und steckte soviel zu sich, als ihre Tasche nur fassen konnte. Dan» schloß sie zu, ließ aber den Schlüssel stecken und eilt« zm» Zimmer hinaus. Da kam ihr der Gottlieb in den Weg. „Gottlich," sagte sie zu ihm, „geh' doch 'nauf zum »ater und sag' ihm, ich tzStk' «inen notwendigen Sana schabt und würde erst gege« Abend wiederkommen! Der Vater sollt ketne Snast habenk Und wenn ich wiederkäm, woM' ich'» ihmfchonfagen!"