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Illusionen <1. g-rti«tz»n«.> Roman nach dem Französischen „ A>oll ich meine Zeit wie so viele andere damit zu- dringen, meine Hunde svazieren zu führen, das Barometer und die Windrose zu beobachten oder den besten Wein auf Flaschen zu ziehen, um ihn dann selbst zu trinken? Nein, ich mutz es dir gestehen, Vater, zu einer solchen Art von Existenz bin ich nicht fähig. Ein solches Leben ohne Betätigung meiner Persönlichkeit flößt mir geradezu Entsetzen ein, und meine unglück liche Cousine, die mir dafür be sonders geeignet erscheint, ist mir hauptsächlich aus dem Grunde verhaßt geworden, weil sie mir von der Wiege an zur Frau be stimmt wurde. Vielleicht hätte ich sie lieben gelernt, wenn man diesen Fehler nicht begangen hätte, vielleicht hätte ich auch den ländlichen Beschäftigungen Geschmack abgewonnen, wenn das Leben auf dem Lande nicht im mer als drohendes Zukunstsge- fpenst vor mir gestanden hätte. Entschuldige, Vater, wenn meine Worte dich beleidigen, aber ich habe nun einmal beschlossen, dir alle meine Gedanken vorzutra- gen, dir mein ganzes Herz zu öffnen," beendete der Sohn seine Rede. „Und du tatest recht daran!" sagte Herr von Monts. Er atmete einige Male mühsam, dann versetzte er, alle Kräfte zu sammennehmend, mit sanfter, verschleierter Stimme: „Ich habe dich ebenfalls um Entschuldigung zu bitten, mein Sohn." „Vater!" „Ja, — denn du mußtest unter den vorliegenden Umständen zu der Anschauung kommen, daß ich über dein Schicksal in leichtfertiger und selbstsüchtiger Weise verfügt habe, gerade als wenn deine Zukunft mir allein von Heinrich Kühler. gehörte. Du mußtest glauben, daß lediglich selbstsüch tige Beweggründe mich bestimmten, dein Leben zu meinem eigenen Vorteil von vornherein an das meine zu ketten." Er machte eine kleine Pause, dann fuhr er wie in entschuldigendem Ton fort: „Allerdings, ich kann es nicht leugnen, daß ich mich her Hoffnung hin gegeben hatte, nach so vielen Jahren der Einsamkeit mein altes Haus sich mit neuen Sproßen beleben zu sehen, und daß Gott mir die größte Bitterkeit des Daseins er sparen würde: ein einsames Alter. Und dann liebe ich dieses Kind wie meine eigene Toch ter —" „Vater!" murmelte der junge Mann, dessen Augen feucht ge worden, mit erstickter Stimme. „Ich habe dir unrecht getan," fuhr der alt« Herr mit fester Stimme fort, „aber was ich dir noch sagen wollte, mein Sohn, ist, daß ich nicht einzig und allein nur an meinen persönlichen Vor teil gedacht habe, als ich für dich eine Existenz ins Auge faßte, die du jetzt von dir weisest. Ich glaubte, dich damit zugleich für ein glückliches, nützliches und ge achtetes Leben zu bestimmen. Aus all deinen Worten höre ich ge nügend heraus, daß du uns beide, den Grafen von Arnault und mich, für zwei recht unnütze Wesen in dieser Welt betrachtest. — Laß mich nur fortfahren! — Ich bin über diese Sache anderer Meinung. Wir sind zwei Landedelleute und führen als solche allerdings ein Leben ohne Ruhm, aber darum nicht ohne ge ringere Ehre als andere. Wir arbeiten für die Ernährung der Bevölkerung und liefern der Armee kräftig« Dienstpserde. Das ist schon immerhin etw«. — Aber es ist noch nicht alles, «ei« Sohn. Gerade i« König Wladislauo Iagello von Polen, der Sieger in der Schlacht bei Tannenberg. Regierte von 1384—1434. Rach einem alten Holzschnitt. (Text siehe Seite 224.) R««««r 0t