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1. Benage zu Nr. 150 de» Auer Tageblatte» und Anzeiger» für da» Erzgebirge. Sonnabend, den 2. Juli 19W. * «in kaltblütiger Kapitän. Der Dampfer Grecian mit Ladung von Philadelphia nach Boston, geriet unterwegs in Brand. Als der Kapitän gegen Mitternacht erkannte, daß da» Feuer nicht mehr zu löschen sei, weckte er die achtzig Passagiere, versammelte sie an Deck und kündigte ihnen an, er werde zurück fahren, e« sei keine Gefahr. Dann lieb er Kla vi'e r spielen. Die Passagiere tanzten über Flammen, bis Philadelphia erreicht war. Niemand ist verletzt worden. Da» Feuer wurde später gelöscht. * Haifische im Mittelmeer. Aus Mentone wird geschrieben: Schon vor einiger Zeit wurde hier «in Riesenhai gefangen und kürzlich mit vieler Stühe ein zweiter in der Nähe de» Strandes von Saint-Mandrin. In diesen Tagen wurde abermals im Hafen von Saint-Mandri r ein kolossaler Hai bemerkt. Die jungen Leute, die sich zu dieser Zeit im Wasser befanden, konnte» gerade noch gewarnt werden. Die sofort von Fischern und Martosen mit Hapunen organisierte Jagd blieb leider erfolglos. Die Badegäste der Riviera werden nunmehr von den Behörden gewarnt, sich beim Baden allzuweit vom Strande zu entfernen. * Schwere» Automabilunglück. Der Pfarrer von Osterdorf war mit seiner Frau und einem Chauffeur auf der Fahrt nach Strausberg begriffen. Beim Passieren von Niederschöneweide pn der Provinz Brandenburg löste sich plötzlich eine Schraube der Steuerung. Der Wagen fuhr gegen einen Mak der Elektrizitäts werke. Die Insassen wurden herausgeschleudert und erlitten erhebliche Verletzungen. Das Automobil wurde nahezu zertrümmert. * Unterbrochene Hinrichtung. Im Gefängnis in Trenton (New Jer-'ey) sollte ein Verbrecher mittels Elektrizität Ein gerichtet werden. Er batte bereits den HinrichtungSstuhl bestiegen, und es braucht- nur noch der elektrische Strom eingeschaltet zu werden, als plötzlich sein Verteidiger atemlos in das Zimmer stürzte und dem Delinquenten mitteilte, daß seine Strafe gemildert worden sei. Der Delinquent zeigt« absolut keine Bewegung, son dern erklärte sogar etwas 'ungehalten: Warum 'haben Sie diese Strafe auscebalten? Es ist ja doch für mich entschieden, daß ich später dieselbe Geschichte durchmache. Jetzt wäre alles ganz schnell gegangen. * Auffindung der Leiche eines Bergsteigers. Aus Ragaz wird unterm 1. Juli telegraphiert: Die Leiche des am 22. Juni zur Besteigung des Falknis auifgebrochenen Kaufmanns Schra der aus Dresden wurde heute mittag vom Wirt auf dem Euscha- grat zwischen diesem und Flaesch gefunden. Schrader ist vermut lich beim Aufstieg abgestürzt. Die Leiche wird am Sonnabend nach Maienfeld übergefiihrt. * Die schwarze Hand. Einem Neuyorker Doktor, besten Knabe vor einiger Zeit geraubt worden war, wurde mitge- teil, daß die schwarze Hand das Kind getötet habe, weil das ausbedungene Lösegeld von 40 000 nicht bezahlt worden war. Die Mutter des Knaben verfiel inWahnsinn. Gleichzeitig wurd dem Doktor mitgeteilt, daß sein zweiter, sieben Monate alter Sohn geraubt werden würde, wenn er das Lösegeld nicht zahle, eventuell werde man den Doktor selbst ermorden. Der Grund scheint zu sein, daß der Doktor mit einem Polizeileutnant bekannt ist. Gerichtssaal. * Vertagung »es Allensteiner Prozesses. Frau Weber ver suchte gestern nachmittag sich die Pulsadern zu durch schneiden. Der Versuch wurde rechtzeitig bemerkt. Die Ver letzungen sind nicht lebensgefährlich, der Zustand der Angeklagten ist jedoch derartig, daß sie auch am heutigen Sonnabend nicht ver handlungsfähig ist. Damit ist die Vertagung des Prozesses sicher. Frau Weber ist gestern nachmittag bereits nach der Provin - zlalirrenanstaltin Kortau übergefiihrt worden. Es wird nun auch gegen sie von mehreren Verwandten ein Antrag auf Entmündigung wegen Geisteskrankheit bei dem Zivilgericht eingebracht werden. Ein Allensteiner Rechtsanwalt ist bereits mit den einleitenden Schritten beauftragt. Mit dem Antrag ist ein zweiter auf Ungültigkeitserklärung der gegen wärtig en Ehe verbunden, da Frau Weber nach dem Urteil der gerichtlichen Sachverständigen bereits bei Eingehung der jetzi gen Ehe geisteskrank war. , . ' i'-.s Sport. * Au» Zeppelin» Werkstatt. Es ist noch ungewiß, ob da» in Friedrichshafen neu aufzubauende Verkehrsluftschiff Deutsch land bis zum Ablauf des Vertrages mit Baden-Baden am 30. September schon flugbereit sein wird. Im Oktober ist es vertrag, ltch wieder in Düsseldorf fällig. Es ist nicht ausgeschlossen, daß das für die Wiener Fahrt und nachherige Stationierung in Ber lin bestimmte Luftschiff bis zur Vollendung des Neubaues Deutsch land zuerst nach Düsseldorf kommt. Die Luftschiffbaugesellschaft Friedrichshafen gedenkt in nächster Zeit mit bestimmten Plänen nicht hervorzutreten; sie will zunächst emsig weiter arbeiten, bis ihr der Zeitpunkt zu neuen Fahrten gekommen er scheint. Die aus der Düsseldorfer Fahrt gezogenen Lehren werden zu Aenderungen an der Konstruktion de» Verkehrsluftschif fe- Mren. j i. Vermischtes. Wie Könige essen, davon weiß eine englische Wochenschrift allerlei Interessantes zu erzählen. Der greise Kaiser Franz Joseph, der im Som mer stets um 5 Uhr morgen,», im Winter um sechs Uhr sich erhebt, nimmt am Frühstückstische Platz, nachdem er gebadet mü> sich rastert hat. Sein Frühstück besteht aus Kaffee, Milch, Butterbrot und kaltem Fleisch. Um 12 Uhr nimmt er ein zweites Mahl zu sich, das stets aus einem Teller Suppe, einem Fleischgericht, Ge müse und einem Elast Bier besteht. Um fünf Uhr wird das Mittagessen serviert: kleine Vorspeisen, Suppe, Braten, Käse, Obst und Dessert. Der Kaiser trinkt dabei ein Glas Bier und ein Glas leichten Bordeaux, nach dem Diner nimmt er dann ein Täßchen schwarzen Kaffee. Der Zar ist Nationalist, er bevorzugt russische Gerichte. Nur gegen Kaviar hat er eine unüberwind liche Abneigung. Eine besondere Vorliebe hat er für den Vorscht und den Tschi, eine Art russischer Gemüsesuppe mit kleinen Fleisch stückchen. Auch König ViktorEmanuel bevorzugt die Küche seines Vaterlandes. Er ißt gerne Polenta und vor allem ein gebratenes Gericht aus Hühnergekröse, Hirn und Artischocken. Der König nimmt am Morgen um sechs Uhr eine Tasse Kaffee zu sich, dann unternimmt er einen Spaziergang im Garten. Das zweite Frühstück wird um 12 Uhr mittags serviert. König Al fons von Spanien dagegen lebt weniger frugal. Um 8 Uhr morgens genießt er sein erstqs Frühstück: Tee, Schokolade, Kaffee und Milch, Kuchen, Biskuit und kaltes Fleisch. Um 11 Uhr fin det das zweite Frühstück statt, das aus Suppe, Braten, Gemüsen und Konfitüren besteht. Um 4 Uhr wird Tee serviert, zu dem Biskuits und Sandwich gereicht werden. Das Diner ist auf 7 Uhr angesctzt; es lnsteht regelmäßig aus zwei Suppen, ausgewahlten Vorgerichten, zwei Braten, Gemüsen, mehreren Desserts, Käse und Obst. Um 9 Uhr folgt noch ein leichtes letztes Mahl, bei dem Tee, Weine, Gebäck und kaltes Fleisch aufgetragen werden. Dann, um halb elf begibt sich der König zur Ruhe, mit der Hoffnung, gut zu schlafen. Das neue Goldland. Die Entdeckung einer Goldader von ganz unermeßlichem Reichtum, die, wie gemeldet, bei der Stadt Stewart >.n Vri- tisch-Kolumbien gemacht worden ist, versetzt nicht nur ganz Ame rika in wildeste Erregung, sondern hat die Fluten des Goldfie bers auch schon nach Europa getragen. In London ist bereits ein Aufbruch zahlreicher glückshungriger Abenteurer nach dem neuen Eldorado zu bemerken, und alle neuen Nachrichten von dieser wunderbaren Goldmine werden gierig verschlungen. Das Goldfeld, auf das zuerst zwer Goldsucher, C. M. Delgrove und Louis Anderson, stießen, ist eins der größten vielleicht das größte, das die Welt kennt. Es ist bereits auf zwanzig englische Meilen nach Osten und Westen hin untersucht worden, aber seine eigent liche Ausdehnung ist noch unbekannt; es liegt direkt vor den Toren von Stewart und ist sehr leicht zu erreichen. Tausende von Menschen streben daher bereits dorthin. Aufsehen erregende Mitteilungen über Goldfunde werden auch aus Alaska, nördlich von Stewart, gemeldet. Im ganzen sind bereits 10 000 Gold gräber in den so ungeheuere Schätze bergenden Gebieten ange langt; 5000 andere sind unterwegs. Die Entdecker glauben, bei Stewart die Goldader gefunden zu haben, von der alle goldhalti gen Ströme ihren kostbaren Inhalt empfangen. Nach den Schil derungen Delgroves ist die neue oder das wundervollste Goldfeld, von deni er je gehört hat. Es könne hier wohl an hundert Jahre geschürft werden, ohne daß die Ader erschöpft würde. Durch solche Mtteilungn wird die ungeheuere Aufregung, die schon so viele ergriffen hat, begreiflich. Ein Strom von Goldgräbern wird sich nach Britisch-Kolumbien und Alaska «rgiehen. Sonderbare -eilige. L« Der Rektor der Petersburger geistlichen Akademie, P i - schof Th eophan, hatte in den letzten Jahren einen großen Einfluß in den russischen Hofkretsen. Er galt für einen Asketen und umgab sich gern mit Abenteurern, die sich wie Heilige benah men und es verstanden, unbegrenztes Vertrauen zu sich einzu flößen. Der berühmteste unter diesen eigenartigen Heiligen ist vielleicht Grigorij Rasputin, der eine neue Theorie des Selig werdens geschaffen hat. Nach dieser Theorie braucht jeder junge Mann und besonders jede junge Frau, die selig werden will, dazu unbedingt die Hilf« eines alten Heiligen. Wenn es sich um Damen handelt, besonders um hochgestellte und vermögende Damen, so bietet er sich selbst als solcher an. Man erzählt viele Familien tragödien in Petersburger aristokratischen Kreisen, die mit sei nem Namen und dieser seiner Theorie in Zusammenhang gebracht werden. Er scheint es so arg getrieben zu haben, daß seine Aben teuer trotz aller seiner hohen Verbindungen ein unliebsames Auf sehen erregten. Selbst Bischof Teophan ist wegen Verfehlungen Rasputins in Ungrmde gefallen. Rasputin wird gewöhnlich von einer ganzen Schar von Weltdamen begleitet. Er erklärt ihnen, daß eine junge und schöne Frau ihre Seele nur dann retten und den Teufel in sich besiegen kann, wenn sie ihre Ver wandten, ihren Mann und ihre Familie preisgibt und willig dem alten Heiligen gehorcht, wqs er von ihr auch verlangen würde. Man erzählt, daß der Erfolg dieser Lehre so groß ge wesen ist, daß sie bereits ... ein Dutzend Scheidungsklagen durch die verlassenen Männer zur Folge gehabt hat. Grigorij Ras putin ist übrigens nicht der einzige Heilige dieser Art. Es gibt noch einen gewissen Mischa und andere, die mit mehr oder weni ger Glück und Geschick ihr dunkles Handwerk betreiben. In der hohen Petersburger Aristokratie finden sie eben dazu einen außer ordentlich günstigen Boden. Das einzige autofreie Land. Im Kanton Graubünden war aus Rücksicht auf die schmalen Bergstraßen dis jetzt der Automobilverkehr verboten zur Wonne aller derer, die Gegner des modernen Vehikels sind. Kürzlich wurde im Kanton Graubünden durch Großratsbeschluß die Straße Tardisbrücke-Chur für Motorwagen geöffnet. Nun ist eine Volksbewegung im Gange, die durch ein Jnitiativbegehren Erlaß folgende: Gesetzesbestimmungen anstrebt: 1. Der Automobilverkehr im Kanton Graubünden ist verboten. 2. Der Negierung wird untersagt, Ausnahmen von diesem Gesetz zu- ge statten. Sind 3000 Bürgerunterschristen beisammen, so muß das Volk des Kantons Graubünden über das vorgeschlagene Verbot abstimmen. I. V. Widmann (Bern), wie die große Mehrheit der schweizerischen Einwohner ein Feind der Automobile, er mahnte die Graubündner durch ein Gedicht, an dem Verbot der Automobile festzuhalten: O! bleibet fest Lei Euerm stolzen Mort. Es geht um Kleines nicht! Ihr hegt den Hort Der Heimat, wie sie Eure Väter sahn, Die Eure Kinder sollen einst empfahn. Und sorgt nicht, daß zu Schaden Euch gereicht, , - Wenn ihr dem Lockruf nicht der Mode weicht. . ' Denn wißt: Es ist viel Sehnsucht in der Welt Nach Orten, wo nicht Lärm der Unrast gellt, Wo Friedensruh noch nicht geopfert ist Dem leid'gen Drang, der Kilometer frißt. Gebt acht! Wenn Ihr dem Feind den Eintritt wehrt. Wird Euer Land nur desto mehr begehrt. Da>s einz'ge autofreie Land! — Erwägt: ! Das wär' ein Ruhm, der einst noch Zinsen trägt! (Schluß des redaktionellen Teils.) Vsvks mtt Las! Wer mit 6as bäckt, spsnt »Sglivst Lvkel, Kndvitz unrtz sectes liackwerk kann evoklsckmeckenä unci vorrüglicb ciurcd clie gvNSUE Seirsislkung je6e» 6as- back-^pparates bei glvivstmössigsr* Hitzrv kergestellt vercien. Lothar tat es und reichte den Brief dem Vater wieder zu rück. „Das freut mich aufrichtig," sagte er, „denn, wenn die Grä fin zu den starken Naturen gehört, die sich ihr Schicksal selbst formen, so gehört Anguta zu den schwachen, welche nicht gegen wilde Lebensstürme ankämpfen können. — Sie ist übrigens ein liebes, nettes Mädchen, aber etwas wild und unnahbar." „Ja. Ich bemerkte schon, daß du dich lebhaft für sie interes sierst?" „Das leugne ich nicht, Papa." „Erwidert Anguta dieses Interesse?" „Ach Papa!" Lothar lachte laut auf, als hielte er sich für widerstehlich. „Das kommt schon alles mit der Zeit." „Wenn du dessen sicher bist und Anguta liebst, warum hast du dir dein Glück nicht bereits gesichert?" „Ich wußte nicht," entgegenete Lothar zögernd „was du zu melnen Wünschen sagen würdest, Papa." „Du weißt, wie sehr ich mit der Gräfin befreundet bin, und daß KowaleSkys von altem Adel sind." „Aber es war mir nicht bekannt, das Suwaraw ihnen —" „Sein Vermögen vererben wird? — Pfuil Wgs du sagst, ist eines Edelmannes unwürdig." Flüchtiges Rot bedeckte Lothars Gesicht. „Du hast mich falsch verstanden," entgegnete er. „Ob Fräulein von Kovalesky reich oder arm ist — das konnte natürlich nicht im entferntesten auf mich einwirken; aber du brachtest mir bereits viele Opfer. Ich bin noch nicht selbständig und meinte deshalb „Oh, das ist etwas anderes." „Auch zählt das Mädchen erst siebzehn Jahre." ' „Ihre Jugend wird dir wohl nicht als Fehler erscheinen." ' „Rein, Papa, aber —" .Ivenn du im nächsten Frühjahr Schmettau übernimmst, wirst du doch nicht als Junggeselle, sondern al» verheirateter Mann dort «inziehen wollen?" „Ganz recht, Papa, aber ... La wir einmal darauf zu sprechen kommen — eigentlich hat der Gedanke, mich auf einem einsamen Gute zu begraben, nicht» sehr Verlockendes für mich. Ich Lin an da, StadtleLen und sein« Annehmlichkeiten gewöhnt. And du selbst du lebst doch auch nicht gern auf Schmettau." „Allerdings. Ich müßte hs jedoch auch, wenn ich nicht einen so zuverlässigen und ehrlichen Inspektor hätte. Mit der Zeit aber werden solche Verhältnisse unhaltbar. Für mich sind Ge sundheitsrücksichten bestimmend. Ich bin ein kränklicher Mann; du erfreust dich aber einer blühenden Gesundheit." „Gott, Papa . . Deine jüngeren Jahre brachtest du, wie ich weiß, auch nicht ausschließlich auf der Besitzung zu." „Ebensowenig verlange ich es von dir. Das Frühjahr, den Sommer und einen Teil des Herbstes hindurch wirst du natürlich auf Schmettau bleiben müssen. Die Wintermonate aber kannst du ruhig in der Stadt verleben. Das Gedeihen des Gutes mutz dir schon deshalb am Herzen liegen, weil es nach meinem Tode dein Eigentum ist." „Aber Papa," rief Lothar. „Von deinem Tode wollen wir doch nicht reden! Lieber von einer fröhlichen Zukunft!" Er erhob das Glas. „Darauf stoße ich gern mit dir an," erwiderte der alte Frei herr, „die Jahre, die mir noch bcschieden sind, möchte ich mit rech ter Behaglichkeit genießen. Du weißt, die Sonn« ist am schönsten, wenn sie schneidend die Berge und Tal vergoldet . . ." Elftes Kapitel. Einige Tage später gab es eine sehr lebhafte Unterredung zwischen Frau von KowaleSky und ihrer älteren Tochter. Anguta stand vor ihr wie der verkörperte Trotz und hatte auf alle Fragen nur ein kurzes Mein!" „Warum?" fragte die Gräfin. .Lothar von Nordeck ist ein liebenswürdiger vollendeter Kavalier. Seine Werbung würde so manches Mädchen mit gerechtem Stolz erfüllen." „Ich mag ihn nicht!" „Das ist eine Erwiderung, di« ich nicht gelten lassen kann." „In diesem Falle wirst du « müssen." Die Gräfin zuckte mit den Achseln. Es wär« da» erste Mal, daß ich etwa» müßte. Du diktierst mir keine Befehle, mein Kind, an mir ist es, sie zu geben." ,/Du kannst mich nicht zwingen, sie zu befolgen." „Meinst du?" »Ja!" So verschieden Angutas Gesichtsausdruck von dem ihrer Mut ter war, jetzt verlieh die trotzige Entschlossenheit beiden Gesichtern doch eine gewisse Familienähnlichkeit. Minutenlang herrschte tiefes Schweigen. Dann sagte die Gräfin: „Du bist ein Kind! An mir ist es, für deine Zukunft zu sorgen. Du wirst dich einfach meinem Wßllen fügen!" „Nein, Mama, das werde ich nicht tun!" Angutas schlanke Gestalt richtete sich hoch auf und ihre Augen blitzten. „Du vergißt, daß ich deine Mutter bin?" „Daran erinnerst du mich immer nur dann, wenn du mir deine Autorität zeigen willst. Nie aber, um mir Beweise deiner Liebe zu geben." »Ich gebe sie dir jetzt, indem ich dein Glück zu begründen suche. Zum Scherzen und Spielen hatte ich keine Zeit, ich arbei tete für dich und deine Schwester." „Ich sah schon Tagelöhnerfrauen, die sich jeden Bissen Brot allein verdienen mußten und die dennoch ihre Kinder herzten und küßten. Das tatest du mit uns nie. Nahrung und Kleidung bekamen wir von dir, sonst nichts. Maritza ist vielleicht noch zu jung, um das recht zu empfinden. Ich aber litt unter deiner Kälte und Strenge und komme mir heute noch im Vergleich zu allen anderen Kindern wie ein stierendes Bettelkind vor. Seit meiner Kindheit drückte mich dieses Gefühl der Verlassenheit — und dann kam einer ... und öffnete mir die Arme und ich stürzte mich hinein, weil ich an seiner Brust die Liebe fand, nach der mein Herz sich so sehr gesehnt. Den aber habt ihr mir verjagt. Ich aber weiß, er wird wiederkommen, und bis dahin harre ich auf ihn, denn vor Gott bin und bleibe ich — seine Braut!" Anguta sah die Mutter mit banger Erwartung an. Sie fürchtete «inen großen Ausbruch von Zorn, doch er erfolgte nicht. Mila von Kowalesky fragte nur ruhig und einfach: „Und wer ist es, der da wiederkommen soll?" „Rolf?" „Rolf — von dem sich sein« Familie lorsagte? Der mit sei ner Heftigkeit ein Menschenleben zugrunde richtet«?! (Fortsetzung folgt.)