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Nr.A Sommersonnenwende — Johannistag im Volksglauben, in Brauch und Sage der Heimat. Ein bedeutungsvoller Zeitpunkt im Leben unserer deut schen Lausitzer war und isuchte sommerliche Sonnenwende. Durch das Christentum ist-das urgermanische Sonnen wendfest zum Johannisfest umgewandelt worden, also an das Gedächtnis eines biblischen Heiligen, eines Hebräers geknüpft, trotzdem die Juden kein Sonnenwend fest kannten. Der Name ist wohl dadurch entstanden, daß um jene Zeit, nämlich am 24. Brachmond, die Kirche den Geburtstag Johannis des Täufers feiert, einen Tag, der wie so viele andere derartige Festtage willkürlich angenom men wird. Einer vielfach verbreiteten und gut begründeten Ansicht zufolge sind unsere Iohannisseuer aus den soge nannten Notfeuern entstanden oder stehen wenigstens in enger Beziehung zu ihnen. Diese wurden entzündet, wenn Seuchen unter den Tieren ausgebrochen waren. Die heilende und stärkende Macht, die unsere Altvordern der Sonne zuschrieben, schien zur Zeit der Sonnenwende dahin, es mußte ihr durch das zauberkräftige „Neufeuer" junge Kraft zugesührt werden. Deshalb mußte in diesen Tagen alles Feuer in der Gemeinde getilgt und mittels Reibung neues für dieselbe erzeugt werden. Auch auf die Hagelfeuer, welche die unheilbringenden Geister abwehren sollten, die in dec Zeit des kommenden Hochsommers in der Luft ihr Wesen trieben, werden die Johannisfeuer zum Teil zurückgeführt. Noch im Jahre 1858 berichtet der Chronist des Dorfes Königshain bei Ostritz, daß hier, „früher die Leute am Johannistage mit brennenden Gegenständen um das Getreide liefen, in dem Aberglauben, dasselbe dadurch vor Hagel und anderem Unglück zu bewahren". Für unsere Lausitz ist sicher, daß besonders in ihrem ge birgigen Süden diese Feuer fast allerorten für äußerst wich tig erachtet worden sind und sich einer großen Wertschätzung erfreut haben und noch erfreuen. In dem gerade für diesen Teil unsere Heimat in selten großer Zahl vorhandenen orts geschichtlichen Werken wird bei Erwähnung alter Volks bräuche nie verfehlt, nachdrücklich auf diese uralte Sitte hin zuweisen. In einer angesehenen Dresdner Zeitung „der „Constitutionellen Zeitg") wird in den fünfziger Jahren Lausitzer Brauch aufmerksam gemacht und dabei unter anderen der Czorneboh, der Valtenberg und die Lausche als Standort für die Beobachtung der Iohannisseuer empfoh- len. Es mag freilig bisweilen bei diesen abendlichen Zg- sammenkünftenrecht toll zugegangen sein, wie eine Eingabe des Lauschewirtes an den Rat der Stadt Zittau vom 26. Juni des Jahres 1833 beweist, in welcher darüber geklagt wird, -aß „schon mehreremake, zumeist aber am letztvergan genen Johannis-Abende dem Wirte empfindlicher Schaden durch Ruinierung der auf der Lausche errichteten Gebäude und Revieren verursacht worden sei". Bei der benachbarten kerndeutschen Bevölkerung Nordböhmens haben diese Sonnenwendfeuer, wie sie dort durchaus richtig genannt werden, noch insofern eine erhöhte Bedeutung erlangt, als man in ihnen werttzol- les Stück des heute mehr denn je von slawischer Seite schwer bedrohten deutschen Volkstums erblickt, das man daher auch vor jeder anderen volkstümlichen Sitte mit besonderer Liebe pflegt. In der Oberlaufitz ist das Sankt Johannisfest: das im Bolksmunde als „Gehannstag". „Gehanns- oobt" (Johannisabend) oder auch „Hannsoobt" bezeichnet wird, ein vor allem von der männlichen Jugend lang er sehntes Fest. Die Vorbereitungen dazu bestehen in der Aufsammlung möglichst vieler abgekehrter Besen. Je näher nun das „Gokeln" oder „Feuern" rückt, desto eifriger wird gesammelt. Ist endlich der Festabend erschiene», dann geht es in Scharen hinaus auf freigelegene Höhe« und Berge und bald leuchten die empor schlagenden Flammen weithin durch die warme Sommernacht. Wie bei den WM- purgisfeuern entwickelt sich auch hier bald ein ausgelaßenes Treiben, das sogenannte „Gokeln" beginnt. Ist eia Besen bis auf einen geringen Stumpf verbrannt, wird er hoch in die Luft geschleudert und fällt darauf glühend, einen feurigen Funkenregen nach sich ziehend, zur Erde nieder. Fast immer hat sich eine große Zuschauermenge eingefunden: Gesang und Musik tragen zur Erhöhung der „Fest stimmung" bei. Alte Volksweisen werden angestimmt, im bewußt jauchzt may. dem einziehenden Sommer entgasen, unbewußt stimmt man schwermütige Weisen an, um den Lenz zu begraben". Auf Hügeln und Höhen der Umgebung dasselbe Spiel: überall bewegen sich feurige Schlangen auf und nieder, überall blitzt und funkelt es auf. von de« Berggasthäusern und Aussichtstürmen leuchten jstetchfaßs glänzenoe Feuersterne zu Tal. Ist der Vorrat an Besen und anderem Feuerungsftoff aufgebraucht, dmm eilt j»ur- und alt heimwärts und nur ein kümmerliche» Ausflackern verrät noch den Ort vorhergehender ausgelaßener Fröhlich keit. Schweigend senkt sich die Nacht auf das sommerliche Gefilde. Ehedem waren die Iohannisseuer noch verbreiteter denn heute, auch in den Städten wurden sie vielfach ent facht. So schreibt beispielsweise der „Pirnaische Mönch" Johannes Lindner im Jahre 1530 von den Bautzner« „Als sie nach alder Gewohnheit den Sommer mit Feuer emphingen". Als Zeitpunkt dieser Feuer gilt sowohl der Johannistag selbst als auch sein Vorabend, -er 23. Brachmond. Mannigfach ist auch der »o lk s gl» «ben,der kch bet -en Bewohnern unserer Oberlausitz mkt -er Zett der Sorurtags-Kevkrge zmn KächsisHerr Lrzäyver