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SS o o o ö Z Z o o ö ö o ö v ö o o o o ö o /- 0 0 Z o ö o Z o ö ö ö o- o ö Z o Z v o o o o o o And<^« Straßen — die seitab vom großen Verkehr liegen — kannten fich chre alt« Eigenart noch erhalten; so u. a. -le 3o- pengaff« and die Frauengaffe. Hier finden wir auch noch ein ureigenes Danziger Baumotiv, den sogenannten „Beischlag". Dieser ist ein terrassenförmiger Vorbau der Häuser, der in früheren Zeiten als Erholungsplatz der Bürger eine wichtige Rolle spielte. Heute werden diese Vorplätze an den Häusern nur noch wenig benahk, aber wir können uns vorstellen, wel chen vornehme» Eindruck die alten Patrizierhäuser mit ihren Beischlägen früher gemacht haben. ' Einst warst du, Danzig, eine unserer deutschen Ostwarken, und viel zu wenig bist du als solche von uns Deutschen be sucht worden. Die meisten Bewohner -es übrigen Deutschland scheuten den weiten Weg, der zu dir führt, und auf dem fich wenig anderes bietet, was zu einer so weiten Reise veranlaßt. And heute, da da nicht mehr zu uns gehören sollst, werden der Besucher in deinen Mauern auch wenige sein. And doch sollten wir uns gerade der Gebietsteile, die ohne Fug und Recht von ihre» und unserem Heimatlande getrennt wurden, mit beson dere» Lllereff« annehmen und dadurch unser Zugehörlgkeils- gefühl zu ihnen ausdrücken. And so, wie wir die Danziger Burger bitten wollen: „Bleibt deutsch, deutsch mit Leib und Seele!" so wollen wir auch bekennen: „And ihr werdet immer zu »en Aüseren zählen, allen und sehen Feinden zum Trotz!" CH. Kr.-H. Sekretär hinein. Miene breitete auf der sonnigen Bleiche Gardinen aus. Der Herr Doktor hatte sie mit der Pfeife arg elngeräucherk — besonders die aus seinem Studierzimmer. Run sollte sie die liebe warme Sonne schön bleichen. Hin und her zog Miene die langen Schals, bis sie ganz genau in Reih und Glied lagen, ehe fie aus der blanken Gießkanne den Wasserstrahl darüber sprühen ließ. Der Herr Sekretär stand in angemessener Entfernung im Schatten eines Johannisbeerstrauches und betrachtete mit schiefgelegtem Kopf -le Arbeit sehr aufmerksam. Kaum hatte Miene den Rücken gekehrt, um in der Küche nach dem Rechten zu sehen, nahm fich der Herr Sekretär der Sache mit liebe vollem Eifer an. Das Hin- und Herziehen hatte ihm am besten gefallen. Also bemühte er fich aus Leibeskräften, die dünnen, nassen Schals durch die Stachelbeerbüsche, die den Bleichplatz einfaßten, zu ziehen. Das ging schwer — über den Kies des WegeS glnoes schon besser. Halb fliegend, halb zerrend führte der Herr Sekretär einen Schleierkanz auf, bei dem ihn sein jetziger Herr überraschte. Miene, die auf Doktor Webers Ruf herbeigeeilk war, blieb versteinert stehen. Wte sahen die mühsam gestopften, reingewaschenen Gardinen aus! Zerfetzt — beschmutzt, unkenntlich lagen fie herum. Der Herr Sekretär aber hielt in seinem Tanz inne, legte den Kopf schief und sagte freundlich: „Na! — was sagst du nu, Frau Meyer?" worüber Miene, die dieses Talent des Herrn Sekretärs noch nicht kannte, beinphe der Schlag vor Schreck rührte. Es war übrigens Las einzige, was der Rabe sprechen konnte. Merkwürdigerweise schien der Doktor die Schandtat des Herrn Sekretärs eher zu loben als zu tadeln. Er kam ganz ohne Strafe davon. „Ganz recht, daß er endlich den unnützen Staubfängern ein Ende bereitet hat," sagte Doktor Weber. „Ich hab fett Jahren in meiner Arbeitsskube keine Gardine haben wollen. Licht und Luft will ich — aber immer wieder haben fie mir die Lappen hingehängk. Jetzt Hai s ein Ende damit, basta!" Der nächste Streich sollte dem Bösewicht teuer zu stehen kommen. . Der jüngste Jahrgang der Dorskinder war zum Impfen ins Doktorhaus bestellt. Früh schon versammelten sich in dem kleinen Wartezimmer eine Anzahl Mütter mit ihren Eprößlingen, von denen mehrere noch fest im Wickel steckten. (Heutzutage tut man daS ja glücklicherweise den Schreihälsen überhaupt nicht mehr an, aber die Heldentaten des Herrn Sekre tärs liegen schon eine ganze Reihe von Jahren zurück.) 3a also, die Mütter waren mit ihren Kleinen erschienen, der Herr Doktor aber ließ auf fich warten, da er ganz früh über Land geholt worden war, und die alte Wirtschafterin erquickte in der Küche die wartenden Frauen mit einer Taffe Kaffee. Die kleinsten der Kinder, die süß schlummerten, hatte man auf ihre Auf forderung hin auf ihr Bett in ihrer Stube gelegt, wo sie ruhig welterschllefen. 3n der Küche ging es ziemlich laut zu. Die Kinder quäkten, die Frauen schwatzten — plötzlich aber ver stummten alle und lauschten schreckensbleich nach der Wirt schafterin-Stube, von wo ein gellendes Gezeter und Geschrei erscholl und immer stärker wurde. Entsetzt stürzten die Mütter dorthin — welches Bild bot sich ihnen? Durch das offene Fenster war der Herr Sekretär ins Zim mer geflattert und hatte fich erstaunt die länglichen Pakete mit den runden Köpfen betrachtet, die auf dem breiten Belt lagen. Zwei von ihnen hatten einen „Schnuller" im Mund. Dafür interessierte sich der Herr Sekretär besonders. Er ver suchte, sich diese Schnul ler anzueignen, was ihm nach einigem Zetern auch gelang. Die beraubten kleinen Weltbürger wach ten auf und stimmten ein bitterböses Gezeter an, über dem die andern denn auch erwachten. . Den Herrn Sekretär ärgerte das Geschrei; er schüttelte und beutelte die Säuglinge tüchtig. Eini ge rollten zur Erde — andere zog er aus den umhüllenden Wickeltüchern — kurz, es war ein Ge brüll, Geschrei, ein Durch einander von zappelnden Beinchen und Aermchen, daß die Mütter erstarrt Da — wie nett — bemerkte er, -aß Miene, die Magd, 0 die Tür zum Grasgarken offen gelassen hatte, die sie heute stets so sorglich verschloß. Gravitätisch spazierte der Herr v cn»--. -- - 0i o 0 o ö o Der Herr Sekretär. Der Herr Sekretär wandelt« nachdenklich in dem geräumigen Has, dar hinter de« Hanse deS Landarztes Doktor Weber lag, «st und ab. Zuweilen legte er den Kopf auf die linke Schul- er den BUck der runden schwarzen Beeren- äuglet» zur Erd« nieder; regte fich da nicht etwas? Richtig! El» lunger, fetter Regenwurm kroch hinter der Wassertonne hervor — wahrscheinlich um auch mal zu sehen, was heule wohl für Wetter set. Mit UebSuaelndem Blick betrachtete ihn -er Herr Sekretär «ine Melle. MS der Wurm ober Anstalt machte, Med« unter der Regentonne zu verschwinden, beugte sich der H«r Sekretär zur Erde nieder, und — schwupp — war der Wurm verschwunden. . Der Herr Sekretär war nämlich ein Rabe. Seine» schönen Titel und Namen hatte ihm sein erster Herr, der Rechtsanwalt und Notar Schulz, gegeben. Eigentlich hieß der Rabe Kerkr. Da überraschte man ihn einmal des Morgens »er den Bür«kond«n auf dem Drehschemel des wirklichen Herrn SÄrretärS, wie er ein bereilliegendes Akkenbündel mit de« Kitze» Schnabel bearbeitete — die Fetzen flogen nur so. Di« Flügel hatte ar über die Akten gebreitet und heiser aus jede» loSgefchimpft, der ihm das Bündel nehmen wollte. Das ganze Homs war zusommeugelausen, um über Korax zu lachen. Seitdem hieß er der „Herr Sekretär". Da er aber an der Beschäftigung mit -en Akten soviel Vergnügen gefunden halte, nm immer wieder, sobald nur eine Tür oder ein Fenster offen stand, Anheil damit anzustiflen, hatte sich sein Herr schweren Herzens von ihm getrennt und ihn seinem Freunde, dem Land arzt Weber, geschenkt. Der hatte Hof und Garten, da konnte der Herr Sekretär, statt sich mit Akkenstaub zu befassen, lieber Raturstudien machen. A»f dem Hofe war nicht viel los, sand der Herr Sekretär. Zwar hatte er zur Kurzweil das struppige Vieh, das in der Hundehütte wohnte und Schnauzet hieß, ein paarmal während d«S Mittagsschläfchens in de» Schwanz gezwickt — dieser Griesgram aber hall« keinen Spaß ver standen. Wie ein Rasender war er «ik wütendem Ge kläff aufgesprungen und hatte nach ihm geschnaoot. Fast hätte er ihn beim letz- > ken Male erwischt. Das war zu aufregend für den Herrn Sekretär. Di« rotbunte Katz« mach te gleich einen krummen B»«el, fauchte und teilte ohrfeige» aus, wenn man sich ihr in freundschaft- llcher Absicht näherte. DaS war also auch nichts. Der Herr Sekretär fing a». die Freude» d«S Land- lebr»S z, «rächten.