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s. Beiblatt m m»»»er 2S7 Der Sächsische Erzähler. Mittwoch, den LS Dezember 1V25 Sächsische Gemeindekammer. Die Gemeindekammer erledigte in ihrer IS. Sitzung eine größere Anzahl von Sachen, von denen folgende her- vorzuheben sind. In einer Großstadt hatte der Stadtrat gegen einen Beschluß der Stadtverordneten Einspruch er- hooen. Die Stadtverordneten hatten daraufhin ihren Be schluß materiell nicht nachgeprüft, sondern nur formell den Einspruch des Stadtrates für unbegründet erklärt. Di« An gelegenheit wurde zur nochmaligen Beschlußfassung durch die Stadtverordneten zurückverwiesen. Der Antrag der Stadt Gottleuba auf zwangsweise Ein- bezirkung der Heilstätte Gottleuba wurde nicht befürwortet. Die Bestellung eines Fleischbeschauers wurde als zu den übertragenen Angelegenheiten der Gemeinde gehörig ange sehen. Lus die Beschwerde eines abgebauten Gemeindebeamten wurde entschieden, daß, da dos Personalabbaugesetz Recks mittel gegen den Abbau ausdrücklich versagt, der Be schwerdeweg nach ß 172 Gem.-O. nicht dazu führen könne, die Maßnahme nach Inhalt und Form ihres Zustandekom mens auf diese Weise nachzuprüfen, wie in einem Rechts mittelverfahren. In Auslegung der Bestimmung in 8 61 Abs. 4 Gem.-O wurde erkannt, daß nur dann ein Vertreter des Gemeinde rats den Vorsitz in gemischten Ausschüssen zu führen habe, wenn er entweder hierzu vom Gemeinderat bestimmt oder, falls der Gemeinderat die Bestimmung dem Ausschuß über läßt, von diesem gewählt wird. Dio von einer Gemeinde beschloss-ne Einführung einer Wassersteuer wurde in der beabsichtigten Form für unzu lässig erachtet. Die Wassersteuer sollte von jedem Eigen tümer eines im Versorgungsgebiet des Wasserwerkes ae- legenen Grundstücks erhoben werden, einerlei, ob dieses selbst an die Wasserleitung angeschlossen sei oder nicht. Es wurde entschieden, daß, wenn die Stadtverordneten einen städtischen Neubau beschlossen und die Mittel hierzu bewilligt haben, der Stadtrat nach 8 83 Gem.-O. berechtigt und verpflichtet sei, für die Ausführung dieses Beschlusses zu sorgen. Zur Ausführung dieses Beschlusses gebäre auch die Vergebung der Arbeiten für den bewilligten Neubau, weil ohne diese Vergebung die Ausführung des Neubaues und damit des Beschlusses der Stadtverordneten unmöglich sei. Wie schon in einem früheren Fall wurde in Anwendung von 8 52 Gem.-O. dahin entschieden, daß Vorstandsmitglie der eines Siedlervereins, der eine privatwirtschaftliche Unternehmung im Sinne der genannten Bestimmung dar stellt, sich als Gemeindeverordnete der Beschlußfassung bei einem Beratungsgegenstand zu enthalten haben, der die be sonderen Belange des Vereins berührt. Nach einer Bestimmung des Reichsfinanzausgleichsge setzes dürfen Gemeinden oder Gemeindeverbände, die am 1 September 1925 keine Getränkesteuer erhoben haben, eine solche Steuer nicht neu einsühren. Ein Bezirksverband, dessen Getränkesteuerordnung formell am genannten Tage noch in Kraft war, der aber vom 1. Juli 1925 an die Ein hebung der Getränkesteuer eingestellt hatte, wurde als zur I Weitererhebung der Steuer nicht berechtigt angesehen. s ..Sächsisches Gemeindehandbuch". Im Selbstverlag de» Sächsischen vemeindetage», Vresden-A. 1, Neues Rathaus, ist soeben das „Sächsische Gemeindehandbuch, Llus- kunstrbuch des Sächsischen Gemeindetage»", erschienen. Ls ist herausgeaeben vom Geschäftsführer des Sächsischen Gemeindetaaes Dr. jur. Naumann und dem Bürgermeister, von Zwenkau Dr. jur. Köhler. Das Handbuch Ist aufgestellt auf Grund von 190 Fragen enthaltenden Fragebogen, die im Frühjahr diese» Jahres an sämtliche sächsischen Gemeinden, rund 3000, zur Ausfüllung ver- sandt worden sind. Auf die Entstehungsgeschichte des Buches und seinen wesentlichsten Inhalt ist vom Mitarbeiter Dr. Köhler in einem Vorwort in ausführlicher Weise eingegangen worden. In diesem Vorwort kommt zunächst zum Ausdruck, daß vielfach darü- der geklagt worden ist, daß — selbst wenn schon über ein Jahr seit dem Inkrafttreten der Gemeindeordnung in das Land gegangen ist — über die einzelnen ortsversasiungsmäßigen Zustande und über die örtlichen Einrichtungen und Vorkehrungen von Gemeinde zu Gemeinde nicht die nötige Klarheit, ja selbst ost nicht einmal die unentbehrliche Verständigungsmöglichkeit herrsche. Da dieser Zustand unerwünscht erschien, wurde aus der Reih» der Gemeinden heraus immer wieder von neuem das Begehren laut, daß auf ir gendeine Art dieser Mangel der gegenseitigen Fühlungnahme in Selbstvermaltungsangelegenheiien von Ort zu Ort beseitigt und die frühere Fühlungnahme grundlegend erneuert werde. Diesem zweifellos vollauf berechtigten Wunsch entsprechend, hat der Vor stand des Sächsischen Gemeindetages den Gedanken des Bearbei ters, ein „Sächsisches Gemeindehandbuch" in Form eines Aus- kunftsbuches des Gemeindetages herauszugeben, sofort aufgegriffsn und auch ohne Zögern in die Tat umgefetzt. Das nun vorliegende Gemeindehandbuch soll seiner ganzen Art und Anlage nach ein Nachschlagewerk sei». Es soll eine gedrängte llebersicht über die tatsächlichen Kommunaloerhältnisse einer jeden sächsischen Gemeinde biete» und ferner jedem, der sich mit kommunalpolitischen Ange legenheiten befaßt, sei es ehrenamtlich oder berufsmäßig, eiu mög lichst anschauliches Bild von dem Entwicklungsstände einer jeden beliebigen sächsischen Gemeinde geben. Daneben soll das Buch aber auch als ein Auskunstsbuch für den kommunalen und außen kommunalen Geschäftsverkehr dienen, es soll besonders eine schnelle geschäftsmäßige Erledigung ermöglichen und, besonders durch die Angaben der Konten der einzelnen Gemeinden, den Kassenverkehr reibungsloser gestalten. Den politischen Parteien soll es Auskunft geben über die Anhänger ihrer Parteien, die sis in den einzelnen Gemeinden haben, und schließlich soll es den Berufs- u. Geschäsis- verbänden die nötige Verbindung mit den im Kommunalwesen tätigen Personen erleichtern. Das Handbuch füllt eine seit langem empfundene Lücke. Es wird nicht nur allen Reichs-, Staats-, Ge meinde- und sonstigen Behörden im Freistaat Sachsen, sondern auch zahlreichen Wirtschaftskreisen der Industrie und des Handels unent behrlich sein. Der Preis des Buches beträgt sür Behörden 8,— ^t, ür alle sonstigen Besteller 12,— je Stück, zuzüglich 1,— Ver andspesen. Der Versand erfolgt durch Nachnahme. Aus Sachien. Dresden, 21. Dez. Bezirksschulrat Arzt in den Ruhc- tand verseht. Das Gesamtministerium hat in seiner Sitzung vom 18. Dezember 1925 den Entwurf einer Novelle zum Allgemeinen Baugesetz beraten und den Entwurf eines Gesetzes über Denkmal- und Naturschutz angenommen. Fer ner ist beschlossen worden, den Staatsbeamten, auf welche die vom Reichstag beschlossene Notstandsmaßnahme keine Ver wendung findet, ihrer Bezüge für den Monat Januar am 21. d. M. auszuzahlen. Der Rest soll am 4. Januar 1926 ge zahlt werden. Endlich hat das Gesamtministerium noch be ¬ schlossen, den Bezirksschulrat Arzt vom 1. Januar 1S2S an in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen. Dresden, 22. Dez. Die Lommuntften im Landtag. Di« Dresdner Volkszeitung teilt mit, daß die Feststellungen im Büro des Landtages ergeben haben, daß nicht, wie zuerst angenommen wurde, verschiedene Frauen „inhaftierter Ar beiter" im Landtagszimmer geschlafen haben, daß diese viel mehr kurz nach 6 Uhr abends das Landtagsgebäude ver lassen haben. Dresden, 22. Dezember. Zirkus Sarrasani bleibt vom Montag, den 21. Dezember ab bis Donnerstag, den 24. Dezember, geschlosien. Er öffnet seine Pforten wieder sür das Publikum am Nachmittag des 1. Wcihnachtsfeiertages, des 25. Dezember, an dem Sarrasani mit seinen wunderbaren lPeihnachtssestfpielen beginnt, von denen jung und alt bald mit Begeisterung sprechen wird. Vorverkauf täglich an der Zirkuskasse und im Residenz-Kaufhaus. Birna, 22. Dez. Raubaufall. Auf der Radeberger Straße im Stadtteil Jessen wurde am Sonnabend früh eine Handelsfrau aus Jessen angesallen und beraubt; es wurden ihr 150 -4t entrissen. Freiberg, 22. Dez. Sensationelle Verhaftungen. Zwei sensationelle Verhaftungen wurden hier vorgenommen. Rechtsanwalt Dr. jur. Gastreich aus Brand-Erbisdors stell vertretender Vorsitzender der Elitewerke A.-G. und der Hauptkassierer dieser Gesellschaft, Schröder, die als Zeugen grichtlich vernommen worden waren, sind wegen Kollisions gefahr in Haft genommen worden. Wie mitgeteilt wird, handelt es sich um eine private Prozeßangelegenheit, di« mit der Elitewerke A.-G. nichts zu tun hat. Sayda i. E., 22. Dez. Brände. In der Nacht zum Sonnabend brannte im benachbarten Ullersdorf das Stall und Scheunengebäude des Gasthossbesitzers Einert vollstän dig nieder. Sämtliche Erntevorräte, sowie Maschinen find verbrannt. Das Vieh konnte gerettet werden. Weißbach b. Wiesenburg, 22. Dez. Slraßenräuber. Die Butterhändlerin Gerber aus Hermannsdorf wurde am Don nerstag nachmittag auf der Staatsstraße Schneeberg—Weiß bach von zwei Männern überfallen. Während der ein« die Frau mit einem Revolver bedrohte, nahm ihr der andere das vereinnahmte Geld in Höhe von etwa ISO -4t ab. Die Burschen entkamen. Neues aus aller Welt. — Schiffszusammenstoß aus der Unterelbe. Aus Ham burg hören wir: Der mit Schwefelkies beladene nach Rot terdam ausgegangene britische Dampfer „Eleuteries -4t. K. Venizelos" ist von dem aus Bremerhaven aufkommenden ja panischen Dampfer „Mekar Meru" bei Glückstadt gerammt und so schwer beschädigt worden, daß er in leckem Zustand auf Grund gesetzt werden mußte. Der japanische Dampfer war beim Zusammenstoß etwa 3 Meter tief in das Innere des britischen Dampfers eingedrungen. Da ein sofortiges Absacken des Schiffes befürchtet werden mußte, wurde die britische Mannschaft an Bord des Japaners gebracht, der am Bug beschädigt worden war. — Ein gefährlicher Verlust. Wie aus Frankfurt a. M. gemeldet wird, sind aus einem Auto der Chemischen Fabrik Mcrck-Darmstadt während der Fahrt von Darmstadt nach Frankfurt 18 Kilogramm Cyankali, die in einer Büchse ver schlossen waren, abhanden gekommen. Ob die Büchse unter- MMWeiMMetteM All-Bremer Roman. Von Emmy von Winterfeld-Warnow. l>5 Foryetzung.) «Nachdruck verbotene Was kannte sie denn in Bremen? Nichts! Die Han delsstadt konnre einem heißen Mädchenherzen nichts bieten. Und ich war damals auch noch nicht über Bremens Mauern hinausgekommen. Ich bin erst später hinausgesahxen in ferne Länder, als meine Könecke mich allein gelassen hatte Und als ich mit dem kleinen Kinde, das sie mir hinterließ, nichts anzufangen wußte. Damals konnte auch ich ihren Träumen noch nichts geben. Ihrem Sinn nach dem Fremd ländischen. Ihrer heißen Sehnsucht nach Schönheit und Farbenzauber. Er gab ihr das alles. Er malte mit Worten. Er zau berte Bilder vor sie hin. Erst unbewußt. Und dann plötz lich auch seinerseits mit Willen und Wissen, mit Bewußtsein der verhängnisvollen Macht nachgebend, die er über dies Mädchenherz errungen hatte. Eigentlich durfte er nur zwei Nächst! in der protestan tischen Stadt weilen. Aber er blieb. Auch er mar unter einem Zauber. Was galt ihm seine Sendung? Was die Vorschriften seines Ordens! Vielleicht sagte er sich: Du gewinnst hier sine Seele der römischen Kirche zurück. Vielleicht glaubte er im Sinne seiner Oberen zu handeln, wenn er dies Mädchenherz hinüberzuziehen versuchte zu seinem Glauben. Keiner hat in sein Herz blicken können. Bald aber vergaß er auch wohl diesen Zweck, der die Mittel heiligte. Bald war er selbst nur Mensch, heiß füh lender, sehnender, und weil er Priester war, sündiger Mensch. Er zog sie immer mehr in seinen Bann. Mit Angst sah ich's. Mit heißer Sorge. Meine kleine Könecke, meine Jugendgespielin, was machte der fremde Mann aus ihr? Konnte man ihn denn nicht fortschicken? Aber des Bruders Briefe hatten ihn so dringend empfohlen. Der Bruders Wort hielt ihn fest im Hause des Bürgermeisters. Und dann kam der Tag, da sind die Wogen der Leiden- schosi über beiden zusammengeschlagen. Der Priester hat sich die Liebe von den roten Lippen Könecke Zobels gepflückt. Hai damit eine Menschenblume gebrochen, die bisher uns alle beglückt und erfreut hatte. Denn seine Leidenschaft machte ihn wohl erst taub und blind. Aber nachdem es ge- lchehen, war er doch der Priester, der zurückschreckte vor dem Dämon in der eigenen Brust. Er verließ fluchtartig das Haus des Bürgermeisters. Ich traf den ganz Gebrochenen, als er sich anschickte, Bremen zu verlassen. Er wollte nach Holland zurück, um feinem Prior zu beichten. Um Buße zu tun und Pönitenz pr erleiden für seine Sünde. Das Mädchen aber, daß er mit hineingerissen in seine Leidenschaft? Könecke wollte es erst nicht glauben, daß er fort war, fort ohne Abschied. Auf immer! Doch dann brach sie zusammen. Eine schwere Krankheit, die noch mehr geistig als kör perlich war, warf sie danieder. In der Stadt hatte man schon angefangen zu staunen und zu munkeln. Die Stellung des Großvaters war gefähr det. Da trat ich mit meiner Werbung an die Eltern heran. Könecke selbst war noch gar nicht fähig, mich zu verstehen. Ich setzte meine Werbung durch. Die Eltern gaben sie mir, und ohne daß Könecke selbst ihr Jawort gab, wurde sie mir an verlobt. Nun kam auch Johann aus Holland. Er tobte. Wieder einmal ging der Jähzorn mit ihm durch. Und als Könecke aus dem Fieberwahn erwachte und sich erst gegen die Ver lobung mit mir sträuben wollte, da zwang er sie mit seiner eisernen Stirn zu einem „Ja!" Vielleicht sagst du, ich hätte sie nicht für mich nehmen sollen. Aber ich liebte sie, Kind, solange ich denken konnte. Denn daß sie mich lieb hatte wie einen Bruder, das wußte ich. So rettete ich sie vor dem Urteil der Welt. Rettete sie vor sich selbst. Und sie wurde mein Weib, meine liebe, getreue Ehe frau. Die nie wieder auf das zurückkain, was sie erlebt hatte. Die still und freundlich und gütig an meiner Seite schritt. Und als du kommen solltest, als uns ein Kind beschert wurde, da wurde sie sogar heiter und fröhlich wieder. Bis eines Tages ein Brief von Johann kam, der wieder nach Holland zurückgekehrt war. Er schrieb, daß Domenico gestorben sei. Kurz und hart, wie er immer war, schrieb er, daß Domenico sich den Stra fen der Kirche so sehr unterworfen habe, dem Knien im eis kalten Winter vor der Kirchentür, den Geißelungen und den' Fasten, daß seine ohnehin nur schwache Gesundheit diese Kraftprobe nicht ausgehalten hätte und er einer schweren Krankheit erlegen sei. Diesen Brief erhielt Könecke, als ich leider nicht zu Haus war. Sie las ihn allein in seiner ganzen Härte. Und als ich nach Haus kam, fand ich sie bewußtlos an der Erde. Hef tige Fieber setzten ein, und sie erlangte das Bewußtsein nicht zurück. Wenn ich beruhigend ihre Hand hielt, rief sie: „Laßt mich, ich kann nicht bleiben! Ich muß gehen! Zu ihm! hört thr's nicht? Er ruft mich doch!" . . . Und sie ging wirklich. Ting dahin, von wo keine Wie derkehr ist . . . Ich habe den Johann damals gehaßt. Er hat später gesagt, er hätte es gut gemeint. Hätte die letzte Erinnerung ausreißen wollen an einen Unwürdigen. Aber er entwurzelte damit auch zugleich sie selbst. Johannes Herrennatur konnte sich nicht hineindenken in ein Herz, das brechen mußte über seinen Schmerz. Ich bin dann in die Welt hinausgegangen und habe dich der Muhme und ihrer Pflege überlasse»!" Holle schwieg. j Auch Renette saß ganz still. Blickte hinauf in die süßen, traurigen Augen ihrer Mutter. Und konnte kein Wort sagen. Der Vater strich ihr über die Augen. Da faßte sie leise seine Hand und drückte einen «hrfürch- ligen Kuß darauf. Noch einmal strich er über die Stirn. Dann stand er auf und trat dicht vor das Bild. „Sie war ein Engel, Renette! Aber ihr Sinn war zu weich. Ihr Herz zu zart für diese Welt. Deshalb wollte ich auch den weichen zärtlichen Kosenamen Könecke nicht für dich! Du heißest ja Kunigunde Renette, wie deine Mutter, und das Könecke ist nur die altbremische Abkürzung dafür. Aber ich hoffe, du bist nicht nur ein Kind deiner weichen, holden, zarten Mutter, du bist auch mein Kind! Bist aus härterem Holz geschnitzt. Und Herzenserlebnisse, die dir vielleicht auch beschicken sein möchten . . . ." „Zerbrechen mich nicht, Vater!" vollendete Renette fest und ruhig den Satz. „Ich werde solche Erlebnisse im Herzen tragen als heilige, unverlierbare Erinnerungen. Aber sie sollen und werden mich nicht zerbrechen, wie meine holde, zarte Mutter! Ihr süßes Bild wird mir nur noch heiliger fein als vorher. Aber ich will nicht nur ihr Kind, ich will auch Euere starke Tochter sein. Verlaßt Euch darauf, Vater! Und laßt Euch danken, daß Ihr mich hineinblicken ließet in das Leben meiner Mutter und. . .", sie zögerte einen Augenblick „und in das Euere, mein Vater!" Dann beugte sie sich über seine Hand und drückte noch einen Kuß darauf. Aeltermann Holle blieb allein zurück. Die Vergangen heit war auch bei ihm so ganz wach geworden, wie bei sei nem Schwiegervater. Die Vergangenheit mit ihren Schmerzen und ihrer Lust. Könecke! Wie sehr er sie geliebt hatte, diese süße, zarte Menschenblume! Zu zart und zu weich für dieses Leben. Wie sagte Renette: „Sie zerbrach daran!" Ja, die Vergangenheit mit ihrem Leid: Könecke! Die Gegenwart aber und die Zukunft seines Lebens hieß: Renette! Und die würde des Lebens Last und Bürde zu tragen wissen und mit tapferem Sinn und klarer Stirn. War sie doch auch seine Tochter! Und hatte schon so oft, so jung sie auch noch war, gezeigt, daß sie's war. Wer so wie sie sich in den Pcsttagen bewährt hatte, wer so treu und ruhig wie sie allen Kranken half, der würde auch im eigenen Leid nicht untergehen. , Renette aber stickte in der nächsten Zeit in ihr Sticktuch den Namen ihrer holden, frühoerstorbenen Mutter: Könecke Holle. 1626 ... Die vierte Zahl ist unvollständig, ein Zei chen, daß wieder das Leben kam und ihr die Arbeit aus der Hand nah» Als sic aber den Namen stickte, »«rwebte sie all' ihre Kindesliebe mit hinein. (Fortsetzung folgt.)