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Lirtze «ld Einwohner'", um im Jahre 1791 eine durch- «eifende Verschönerung in der Kirche ausführen zu können. RiM unbeträchtliche Kosten entstanden durch die „Mahlerey und Ausstaffierung." Mehrere wohlhabende Einwohner übernahmen hohe Rechnungsbeträge. So bezahlten die Ge brüder Hans Christoph Böhme und Daniel Böhme die In standsetzungsarbeiten an Kanzel und Altar; die Gebrüder Eifert spendeten Summen für Orgel und Singechor, Hans Christoph Richter, ch 1824, und sein Bruder trugen die Kosten für den Taufstein. Die Gemeinde hätte es zu gern gesehen, wenn am Schluss« des Jahrhunderts der Turmbau vollendet worden wäre. Schon waren die Kostenvoranschläge eingeholt, schon disponierten die Kirchenvorsteher über die Aufbringung der Mittel. Doch die Summe erschien zu hoch. Und so mußte der Ausbau des Turmes auf bessere Zeiten verschoben wer den. Im Jahre 186V deckte man das Kirchendach mit neuen Schindeln, die mit roter Oelfarbe angestrichen wurden. Um den Mangel an Mäimerplätzen zu beseitigen, erbaute man eine neue Orgel-Empore. Auch rückte man die Frauen-, bmVe näher aneinander; dadurch gewann man 93 Stände. — Lange genug ärgerte man sich über die Turmuhr. Das Reparieren mochte nichts mehr genützt haben, weil der alte Kirchseiger ganz unbrauchbar geworden war. Deshalb kaufte die Gemeinde im Jahre 1818 für 130 Taler eine neue Turmuhr mit Biertelstundenfchlag. Die alte Uhr mit far big gezeichnetem Zifferblatt und hölzernem Aussatz trägt die Zahl 1777. Sie soll sich nach Gurlitt in der Borhalle hinter dem Altar befinden. — Zur Fastnacht des Jahres 1820 ists gewesen, als der Leinwandfabrikant und Mitbesitzer des alten Herrschaftshoses der Kirche eine neue Altar- und Kan- zelbekleidung von schwarzem Samtmanchester mit goldenen Tressen schenkte. Ein Rautenkranz umrahmt den Namen des Stifters und den Spruch „Selig sind, die zum Abend- mafst", der mit goldenen Buchstaben eingestiüt worden war. Eine ältere Altarbekleidung aus rotem Tuche ist im Inven tarverzeichnis aufgesührt. In einem Palmzweigkranz be findet sich «in Lamm eingestickt, oben seitlich von der Krone die Jahreszahl 1780 und unten die Buchstaben L 6 in gelblicher Setze. Goldgelbe Franzen zieren den Rand. Am Tag« vor dem Kirchweihfest des Jahres 1823 emp- steg die Schuljugend und die Gemeindevertretung mit Mu st und frohem Liedersang an der Grenze des Dorfes eine neue große Glocke. Fahnen winkten ihr den Willkommens gruß zu. Festtagsstinimung beseelte alle Gemüter. Aus dem Kircktzof errichtete.man eine Rednertribüne. Hier wetzte Pastor Magister Zistel im Beisein der ganzen Ge meinde di« Glocke, die in Dresden von dem Kgl. Sachs. Stück» und Glockengießer Schrättel gegossen worden war. 1100 Taler war der Kaufpreis, wovon sofort durch freiwil lige senden über die Hälfte, nämlich 516 Taler, einging. Sir Wetznachtszeit des Jahres 1824 scheint es gewesen zu sein, als der Leinwandhändler und Halbbauer Hanns Chri stoph Richter der Kirche einen modernen Kronleuchter, ge fertigt in der Glashütte zu Kreibitz in Böhmen, im Werte von 100 Taler schenkte. Dazu stiftete er 10 Taler als Legat für Kerzen zur Beleuchtung des Gotteshauses in der Christ nacht. Run nahte das Jahr 1825, das am 13. November, am 24. Trinitalissonntag, das 100jährige Kirchenjubiläum für die Wehrsdorfer Gemeinde brachte. Biele fleißige Hände regten sich schon lange zuvor, um dem Gotteshause ein wür diges Aussehen zu verleihen. Ter Kanzelaltar wurde weiß «strichen und reich vergöltet. Auch befestigte m^n neben Altar und Kanzel das Bild des einstigen Stifters der Kirche, des Ferdinand Rudolph von Ziegler und Klipphausen, ein Oelgemälde des Bautzener Künstlers von Gersheim. Präch- -ttgßv Herbstwetter herrschte. Das Torf zeigte allüberall Festfchmuck. Tags zuvor erschien der Kirchenrat )l. Schulze mit« einem Bertreksr-des^Tomstists St. Petri zu Budissin, um die schon vorher angekündigte Kirchen- und Schul revifion vorzunehmen. Am Borabend ertönte feierliches Glockengeläut. Auf dem Friedhof sang man mit Trompe- t. »begleitung das Lied „Nun danket alle Gott." Am Fest tage wurde ein Morgenlied vom Turme geblasen, Inter den. Geläut der Glücken traf regen 8 Uhr als Verirrter des Kollators von Bautzen, des Bischofs Lock, ter Domherr Richter ein, welcher von mehr als 170 Schulknaben, vom Kirchenrat, vom Ortspfarrer und von den benachbarten Keistl-chen empfangen wurde. Unter den Gästen befanden sich Frau Kammerherr v. Ziegler auf Mittel- und Nieder» Cunewalde nebst Gefolge, Rittergutsbesitzer von Weynhardt auf Beiersdorf und Domstifts-Aktuar Hensel aus Bautzen. Nachdem der Kirchenchor eine Motette gesungen hatte, setzte sich um 9 Uhr der Festzug vom Forsthaus in Bewegung. Weißgekleidete kleine Mädchen, die Schuljugend, die hohen Herrschaften, der Ortsvorsteher, viele Gäste und Gemeinde glieder zogen durch den Hof des Gerichtskretschams — von hier aus war man 1725 erstmalig zum Gotteshause gegan gen — dann schritt man durch den Schul- und Pfarrhof zur Kirche. Mit schmetterndem Trompetenschall und mit einem Orgelprüludium, gespielt vom damaligen Hauptlehrer Chri stian Ehregott Kauffer, empfing man die Festgemeinde. Nachdem ein inniges Gebet gesprochen, das Eingangslied „Allein Gott in der Höh sei Ehr'" und das Hauptlied ver klungen waren, sang man eine Motette mit Orchesterbczlei- tung. Pastor A. Carl Gottlieb Zistel hielt die Festpredigt mit dem Thema: „Worauf soll und muß eine christliche Kirchgemeinde bei der Feier ihres 100jährigen Jubiläums ganz besonders ihren Blick richten? 1. auf Gott, den wir als den geeigneten Stifter und Begründer unseres Gottes hauses zu betrachten haben; 2. auf die ausgezeichneten Per sonen, die sich Gott bei Erbauung dieses Hauses zu seinen Werkzeugen erkor; 3. auf die großen Segnungen und die herrlichen Vorteile, die uns seit 100 Jahren in diesem Tem pel zuteil geworden sind." Nach der Predigt trat der Dom herr Richter an den Altar und beglückwünschte im Auflage des Kirchenpatrons die Gemeinde zu diesem seltenen Fest. Die Schuljugend, die im Halbkreis um den Altar stand, er mahnte er besonders zu Fleiß und sittlichem Tun. Pastor Ochernal von Steinigtwolmsdorf hielt eine Rede über den eigentlichen Zweck unserer Gotteshäuser. Nach dem Fest gottesdienst zog man mit Musik bis in den Hof des herr schaftlichen Gerichtskretschams. Hier löste sich der Zug auf. Die Schulkinder führte man auf den Saal und bewirtete sie mit Kaffee und Kuchen. Der Bischof hatte iw Forsthause für die Herrschaften und Honoratioren ein festliches Mittags mahl angeordnet. Ihm brachte man mehrmals ein frohes „Lebehoch". Der Ortsoorsteher und einige Gemeindever treter statteten dem Domherrn im Namen der Gemeinde den Dank aus für das bewiesene Wohlwollen seitens des Dcmstifts. Am folgenden Tage feierte man das eigentliche Kirchweihfest, die Iubiläumskirmst. Wie damals zum einhundertjährigen-Bestehen der Wehrsdorfer Kirchgemeinde die Erinnerung an das Jubel fest noch lange in den Herzen aller Einwohner immer wie der erglühte, so möge auch das 200jährige Kirchenjubiläum sich gestalten zu einem hohen Festtag mit selten schönen Feierstunden und für jeden Einzelnen sich auswirken zu einem wahrhaft inneren Erlebnis! Paul Johannes Flechtner. Quellen: vr. v. Boetticher, Gesch. d. Oberl. Adels II, 344. — Gurlitt, Beschr. Darst. d. Baudenkmäler XXXII, 305. — Geiß ler, Nachrichten o. d. Gem. Wehrsdorf, 1807, 22—26. — Alte u. N. S. K. G. — Budissinische Nachrichten 1825, Nr. 47. Von der Kartoffelernte in der Oberlaufitz. (Nachdruck verboten.» Zu den arbeitsreichsten Tagen im Leben des Landman nes gehört die Zeit der Kartoffelernte. Alt und jung sind in diesen Tagen vom frühen Morgen an eifrig tätig, die wertvolle Knollenfrucht, die bei uns in der Oberlausitz sicher bereits seit dem 18. Jahrhundert ein unentbehrlicher Be standteil der Volksnahrung geworden '.st, noch vor Beginn der rauhen Herbsttage zu bergen. Werden doch die Herbst ferien unserer ländlichen Schulkinder fast immer nur als „Kartoffelferien" bezeichnet; niemals werden die Hände unserer Jugend so dringend benötigt, als zur Zeit des Kar- toffelausmachens". Die Früchte erscheinen dann in den ver schiedensten Formen und unter mancherlei mundartlichen Bezeichnungen ebenso auf dem Küchenzettel des bäuerlichen Haushaltes wie auf dem der kleinen Leute. „Apern" (Erd birnen) und „Ardäppel" (Erdäpfel) sind wohl die gebräuch lichste!: Ausdrücke für das bekanntlich der italienischen Sprache entstammende.Wort „Kartoffel," dem die Wort form „Tartuffoli" zugrunde liegt, womit man in Italien die „Trüffel", mit der die Kartoffel anfänglich verwechselt wur de, bezeichnet. Zu Leu volkstümlichen Kartoffelgerichten ge-