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Bischofswerdaer Llnzlge Tageszeitung im Amtsgertchtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Vies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt- Mannschaft, der Tchullnspektion und des Hauptzollamts zu Bautzen, des Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Ztadtrats zu Bischofswerda. Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. DichtesteVerbreitung inallenVolksschichten Beilagen: Sonntags-Unterhaltungsblatt und Landwirtschaftliche Beilage Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt 1ö. — Druck und Verlag der Buchdruckerei Friedrich Ma y G.m.b.H. in Bischofswerda. Femspr. Nr. 22 Grsch«inanj«w»ife: Jeden Werktag abend« Mr den folgend. Tag. Beza,»preis ltr die Jett eine» halben Monat«: Frei ins kau« ho bmonatltch Mb. 1.20, beim Abholen in. der Gejchäst«stell« w chent ich 80 Psg. Einzelnummer tS Ptg. — Alle Postanstalten, sowie unsere ZettungraiiitrSger und dir GejchSstsstrlle nehmen sederzeit Bestellungen entgegen. ' ' — - Psftscheck-Lknnto: Amt Dresden Nr. 1521. 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Die Lage an der französischen und spanischen Front gilt als sehr ernft. * Bei den Zunkerswcrken in Dessau finden Bespre chungen mit Fritjof Nansen, Sven Hedin, Fach- und Finanz leuten über die Schaffung einer Zentralstelle für den euro päischen Luftverkehr statt. * Zwei französische Wasserflugzeuge, die am Sonn abend in Ajaccio zu einem Wettfluge aufgestiegen waren, sind vermisst. Man glaubt, daß die Flieger verloren sind. Nach einer Meldung der Berliner „Montagspost" hat der frühere Reichskanzler Dr. Wirth am Sonntag abend eine Amerikareise angetreten. * Die polnische Regierung hat in Warschau Masseuver- hastungen von kommunistischen Führern vorgenommen. Zu den mit * bezeichneten Meldungen finden die Leser Aus- sührliche» an anderer Stelle. Sachsens Landwirtschaft 1« Dresden. (Eigener Bericht des Sächsischen Erzählers.) Dresden, 6. September. Die Landeshauptstadt steht vollständig im Zeichen der sächsischen Landwirtschaft. Die Ausstellung draußen in Reick erweist sich als ein Magnet. In dichter Aufeinander folge bringen überfüllte Straßenbahnwagen Tausende nach Sem Ausstellungsgelände. Aber die Stadt Dresden weiß auch die Bedeutung der Landwirtschaft zu würdigen und die Stadtvertretung hat es verstanden freundschaftliche und wohl auch feste Bande zwischen Stadt und Land zu knüpfen. Davon zeugte auch ein Empfang im Rathaus«. Mit prachtvollen Pflanzengruppen waren die Aufgänge zu den Repräsentationsräumen geschmückt worden und oben in den Sälen entwickelte sich bald jenes glänzende Bild, daß man bei offiziellen Begrüßungen hier gewöhnt ist. Ober bürgermeister Dr. Blüher und Bürgermeister Dr. Külz hießen an den Eingängen die Erschienenen willkommen und unter diesen sah man wieder dieselben Persönlichkeiten, die schon zur Eröffnung der Ausstellung zugegen gewesen wa ren. Während von der Galerie herab die ehemaligen Hof trompeter schmetternde Weisen erklingen ließen, hielten die Gäste Einzug in den Hauptsaal, dessen Tafel neben den Schätzen des Ratssilbers bunte Blumen des Herbstes schmückten. Oberbürgermeister Dr. Blüher hieß die Festver sammlung namens der Stadt Dresden herzlich willkommen und fand dabei auch liebenswürdige Wort für die Presse und deren Mitarbeit im Dienste des Ganzen. Sein Haupt gruß galt natürlich der Landwirtschaft und — schon zeigte sich Dresden» Stadtoberhaupt al» Derkehrspolitiker — er wünschte, daß auch einmal die Deutsche Landwirtschaft»-«- sellschast ein« ihrer großen Versammlungen im schönen Dres den abhalten möchte. Richt minder galt der Gruß de» Red- ner» den Landwirtsfrauen und, auf die Ausstellung mit Humor hinweisend, stellte er das Fehlen einer — Preissen kungshalle fest. Aber die ganze Schau sei ja — so hätten Fachleute festgestellt — der Verbesserung, Verbilligung und Veredelung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse gewidmet. Das Hoch auf Deutsche und insbesondere auf sächsische Land- wirtschaft des Redners fand brausenden Widerhall. — Wirt schaftsminister Müller sprach namens der Reichsregie rung und der sächsischen Regierung und unterstrich die guten Beziehungen der letzteren zur Stadt Dresden und fand recht treffende Worte für «ine Ueberbrückung etwaiger Klüfte zwischen Stadt und Land und für ein gegenseitiges Sichanstehen. Sein Hoch galt der gemeinsamen Arbeit, di« allein unser Volk wieder hochbrin«n könne. — Für die Landwirtschaft sprach einer ihrer hervorragendsten Vertreter, der Präsident der Ausstellung, Geheimer Oekonomierat Dr. Steiger. In Reick seh« inan kein« Merkmale dafür, daß es der Landwirtschaft besonder» wohlgehe, aber da» ziel sichere Bestreben, die Landwirtschaft zu heben und wieder besseren Zeiten entgegenzukommen. Der Wahlspruch müsse hinfort Geltung haben: „Stadt und Land, Hand in Hand fürs Vaterland!" — Präsident Websky von der Deutschen Landwirtschaftsgesellschast sagte zu, daß diese gern wieder einmal nach Dresden kommen würde. Rittergutsbesitzer Pagen siecher gedachte des Deutschen Handwerks, als des Helfers der Landwirtschaft und der Generalsekretär des Verbands Sächsischer Industrieller Syndikus Dr. Mär schloß den Reigen der Tischreden mit einem Trinkspruch auf Sachsens Landwirtsfrauen. Nach der Tafel blieb man noch lange in den lichtdurchfluteten Wandelgängen vereint. Zur gleichen Zeit wurde im großen Vereinssaale ein Festabend der sächsischen Landwirtschaftlichen Hausfrauenvereine abgehalten. Saal und Galerien waren lange vor Beginn überfüllt. Der prachtvolle Verlauf des Abends lieferte einen neuen Beweis dafür, wie die Landwirtschaft mit Erfolg be strebt ist, an der geistigen und beruflichen Heranbildung der weiblichen Jugend zu arbeiten. Das Wirken der Frau am häuslichen Herd kam in einem Zweiakter „Im Zeichen des Fortschritts und in einem Sprachspiel zum Ausdruck, das der Tugenden der deutschen Maid (Mut, Ausdauer, Idealis mus und Demut) feiert. Die Verbandsvorsitzende Frau Jung-Mühlbach faßte die Ergebnisse des Abends am Schluß in beifällig ausgenommener Rede zusäinmen. * Der Sonntag brachte das größte Ereignis, das mit der Ausstellung verbunden war. Als solches muß der landwirtschaftliche Festzug angesehen werden. Vom frühen Morgen an stand Dresden vollkommen im Zeichen der sächsischen Landwirtschaft. Von den Hauptbahnhöfen Alt- und Neustadt ergoß sich unaus gesetzt ein riesiger Fremdenstrom in das Stadtinnere. In das Einerlei der Kleidung brachten die kleidsamen Trachten der wendischen Bevölkerung. Außergewöhnliche Formen nahm der Auto- und Wagenverkehr an und dichte Menschen mauern umsäumten die Straßen, welche der Festzug passie ren sollte. Kopf an Kopf stand die Menge am Rathausplatz. Die Rathaustribüne am Bismarckring war für die Ehren gäste und die Presse bereitgehalten. Inzwischen hatte sich der Festzug drüben in der Neustadt am Zirkus Sarrasani formiert und setzte sich 11 Uhr vormittags unter schmettern der Fanfarenmusik in Bewegung. Dresden hat in seinen Mauern gewiß schon manch imposanten Festzug gesehen (namentlich in der Vorkriegszeit), aber dieser wird den nach nach Zehntausenden zählenden Zuschauern noch lange in guter Erinnerung bleiben. Es war der sprechendste Beweis von dem Hochstand der sächsischen Landwirtschaft, von ihrer unverwüstlichen Kraft und ihrem zähen Willen, sich auch in schlimmen Zeiten zu behaupten. In charakteristischen und farbenfreudigen Gruppen zog da vorüber, was mit der Pflege und Bearbeitung unserer sächsischen Scholle unmittel bar und mittelbar zu tun Hot. In der zwölften Mittags stunde nahte der Zug am Rathause. Reiterscharen auf statt lichen Gäulen, prächtig herausgeputzt, eröffneten die lange Reihe. Es waren die vielen ländlichen Rellervereine. Dann folgt« ein noch längerer Zug der landwirtschaftlichen Schulen Sachsens. Hierbei empfing man einen Begriff von der Be deutung unseres landwirtschaftlichen Schulwesens. In far biger Kleidung schlossen sich die landwirtschaftlichen haus- fraueuschulen an. Mit Hunderten von Teilnehmern, zum Teil mit herrlichen Fahnen und Bannern, war der Säch sische Junglandbund vertreten. Ihm folgte mit sinnig aus gemachten Festwagen die Landwirtschaft in ihren einzelnen Betätigungen. Der oft endlose Arbeitstag des Bauern, der nie und nimmer mit 8 Stunden auskommt, war in charak- dem Felde wie drinnen im Hause, dem Herrschaftsbereich der Frau. Reizend der Wagen des Erntefestes und jener der ländlichen Spinnstube, aus der noch verklungen« Zeiten die Gegenwart grüßten. Das Prunkstück aber des ganzen Festzuges war der riesige vlumeawagen der Sächsischen Gartenbavgeseklschaft, ein Bild von berückender Schönheit. Wa» wäre aber unsere Landwirtschaft ohne das Handwerk! Da nahten denn auch bald die sehnigen Gestalten der Schmiede, die Sattler, Stellmacher und Wagenbauer, die Müller und die Bäcker, letztere mit schmackhaften frischen Erzeugnissen und einen Riesenstollen, den zehn Gesellen trugen. Sehr ansprechend war auch di« Milchwirtschaft und VNlchverwertuag vertreten. So fehlte auch nicht eine Schar frisch und blühend aussehender Schulkinder, denen ein« Milchkur zu teil geworden war. Und auch der Humor kam in vielen Wagen, Gruppen und Linzelfiguren zum Aus druck. AnversUlfchte» fÄMHe» Bolksttnu aus allen Teilen de» Lande» zog vorüber. Der ganze Festzug aber, «in Aus druck unaebrochener Volkskrast, eine Hervorhebung de» in unserem Volke noch vorhandenen Gemütswerte, war in sei ner Anordnung und Ausgestaltung ein« neue ruhmeswert« Tat einer unserer bekanntesten sächsischen .Persönlichkeiten, des Hofrats Professor Seyffert, des verdienten Bor sitzenden des Sächsischen Heimatschußes und des Schöpfers von Dresdens schönstem Museum, desjenigen für Sächsische Volkskunst. Ueberflüssig, zu sagen, daß dieser riesige Festzug überall jubelnd begrüßt wurde und daß er wie kaum «in anderes Mittel geeignet war, Stadt und Land freundschaft lich zusammenzusühren. Trotzdem Frau Sonne hinter den Wolken verborgen blieb und hin und wieder sogar wenig« Regentropfen fielen, hielt Alles bei guter Laune aus und am städtischen Ausstellungspalast löste sich das Ganze auf. Ein Riesenbesuch der Ausstellung. Kaum eine Veranstaltung hat seit langem eine solche Men schenmenge versammelt gesehen wie am heutigen Sonntag die Landwirtschaftliche Ausstellung. Die Straßenbahn strecken nach Reick zeigten stundenlang dichtgefüllte Wagen reihen. Den Vorführungsring in der Ausstellung umsäum ten Tausende und in manchen der riesigen Schauzelte war kaum ein Durchkommen. Besondere Aufmerksamkeit fand wieder die Halle „Landfrauenarbeil — Berufsarbeit", wo man ein Bild der vielseitigen Aufgaben erhielt, die an der Bauersfrau der Gegenwart gestellt werden. — In den Abendstunden setzte wieder die Verkehrsflut nach der Stadt ein und ein Landwirtschaftliches Fest im Ausstellungspalafi beendete den ereignisreichen Tag. Dichtes Gedränge in bei den Sälen, wo sich ein Erntefest im Großen mit allem Drum und Dran abspielte. Dazwischen Reigen, Tänze, Solovor träge und Alles von echter Fröhlichkeit getragen, die nach sauren Arbeitswochen gerechtfertigt ist. Morgen, Dienstag, abend schließt die Landwirtschaftliche Landes-Ausstellung Sachsen nach fünftägiger Dauer ihre Pforten. Sie war eine Großtat und ein erfreuliä)es Zeichen dafür, daß es in Deutschland weiter aufwärts geht. Oer Abschluß -er Zuristenkonfererrz in London. Berlin, 6. September. Die Iuristenkonferenz in Lon don hat nun ihre Akten geschlossen und läßt durch die „Times" verkünden, daß vollständige Uebereinstim- mung erzielt worden sei. In Berliner politischen Kreisen fragt man sich er staunt, welche vollkommene Uebereinstimung denn erzielt werden konnte bei einer Besprechung, die rein informato rischen Zwecken diente und bei der jedenfalls der deutsche Teilnehmer keinerlei Mandate hatte, zu irgend einem Vor schläge Stellung zu nehmen oder einen Vorschlag zu machen. Diese Beschränkung der Vollmachtendes Ministerialdirektors Gauß geht sogar so weit, daß sie sich auch auf Fragen mehr oder weniger rein technischer Natur bezieht, und somit dürfte man von deutscher Seite, nachdem man bereits gestern offiziös gewisse Tendenzmeldungen englischer Blätter zurück gewiesen hat, erneut klar und eindeutig feststellen, daß aus der Teilnahme Deutschlands an dieser Konferenz keiner» l e i irgendwie geartete Bindung resultiert. Wieweit die Zusammenkunft ihren informatorischen Zwecken dienen kann, läßt sich erst feststellen, nachdem Mini sterialdirektor Gauß seinen Bericht erstattet hat, da die Ver handlungen vertraulich waren und auch bei den amt lichen Stellen in Berlin nicht erschöpfende Mitteilungen vor liegen. Der deutsche Sachverständige dürfte seinen Bericht in aller Ruhe auffassen, da gegenwärtig die deutsche Regie rung zum größten Teil auf Urlaub weilt und eine Veran lassung zur Beschleunigung auf deutscher Seite nicht besteht. Möglicherweise bleibt Dr. Gauß noch einige Tage in London, um für seinen Bericht das dort lagernde Material der Konferenz zur Hand zu haben. Der allgemeine Eindruck in Berliner politischen Kreisen ist der, daß durch diese Zusammenkunft herzlich wenig gewon nen wurde und die Konferenz bestenfalls erneut erkennen ließ, welche großen Schwierigkeiten noch immer einer Rege lung der Sicherheitsfrage entgegenstehen und wie wenig aussichtsreich es ist, von weiteren übereilig berufenen Kon ferenzen positive Ergebnisse zu erwarten. Nachdem die Regierungsmitglieder ihren Urlaub beendet haben, wird das Kabinett den Bericht des juristischen Sachverständigen einer genauen Prüfung unterziehen, um dann, je nach dem Ergeb nis dieser Prüfung, in Verbindung mit dem parlamentari schen Stellen die Entscheidung zu treffen, ob Deutschland es für fruchtbar hält, den jetzt eingeschlagenen Weg zu beschrei ten oder ob es die Anregung geben will, den Komplex der schwebenden politischen Fragen von einer ganz anderen Seite au», aber selbstverständlich mit dem Ziele einer wirk lichen Befriedigung Europas anzufassen.