Volltext Seite (XML)
Das Schicksal des französischen Franken. Von Professor Dr. Zadow, Berlin. Das Kabinett Herriot ist im Senat nach einer stürmi schen Debatte über die Ursachen der schlechten französischen Finanzlage gestürzt worden. Das Vertrauen zur Wäh rungspolitik war i» den weitesten Kreisen bereits seit dem Frankensturz im Frühjahr 1924 geschwunden. Es ist die be- .kannte Unruhe i nd das Mißtrauen, das auch bei uns in den fahren 1921 und 1922 die fortgesetzte Verschlechterung der Währung verschuldet hat. Die Bank von Frankreich beharrt jetzt auf ihrem Schein und verweist auf den von ihr aufge richteten Schutzdamm gegen die Inflation, wonach ihre Vorschüsse an den Staat über 23,2 Milliarden und die Nv- lenausgabe selbst über 41 Milliarden Papiersranken nicht hinausgehen darf. Nur durch eine komplizierte Kredit operation bei den französischen Großbanken im vorigen Monat lvar Herriot in der Lage, 1200 Millionen Papier franken für die Bcamtengehaltszahlungcn zu beschaffen. Die Lanken konnten durch alle möglichen Verschleierungen diesen Betrag von der Bank von Frankreich zurückerhalte»', aber eine Wiederholung dieses Leihgeschäftes ist gänzlich ausge schlossen. Da der Notenumlauf seine zulässige Höchstgrenze erreicht hat, verweigert die Bank von Frankreich der Privat wirtschaft jeden Wcchselkrcdit und zwingt sie dadurch, ihren Geldbedarf zu höchsten Zinssätzen im Auslände zu befriedi gen. So beginnt der Geldmangel sich für die Regierung wie für die Privatwirtschaft zu einer Katastrophe zu erweitern. Herriot gab sich gewiß alle Mühe, sein Budget in Ordnung zu halten und tatsächlich zeigte es eine, wenn auch künstlich herbeigcsührte Aktivität. 'Andererseits aber war Herriot ge zwungen, die HungergehüU. r der französischen Beamten zu erhöhen, denen — geinesien an der Kaufkraft — nur cm Drittel ihrer Vortriegsbezüge zuflictzen. So entstand die Krise., weil die Beunruhiaungskampagne beim Kapital sich erfolgreich durchsetzte und der beunruhigte Besitz sich weiger», weiterhin dem SO,'le seine Ersparnisse anznbieten. Das weitere Schicksal des Franken ist abhängig von der Gestaltung des Staatshaushaltes, dessen Defizit bereits feit der Beendigung des Krieges ununterbrochen besteht, aber immer wieder ausgeglichen wurde durch Schat,scheine und staatliche Anleihen. Der llrguell des Nebels ist zu suchen m den enormen Zinsenlosten für die gesamten inneren An leihen von 300 Milliarden Papiersranken, worin die noch nicht konsolidierte Kriegsschuld von 3l>0 Milliarden Dollars nicht inbegrisscn ist. Der Zinsen- und Tilgungsdienst erfor dert nicht weniger als 21 Milliarden im Jahr. Noch größer als die absolute Höhe der inneren Schuld dürste aber die Ge fahr sein, die sich daraus ergibt, daß eine schwebende Schuld tm Betrage von 70 Milliarden Schatzfcheinen vorhanden nt. die im wesentlichen aus Bonds de la Ddfense nationale be steht. Das Bedenkliche liegt darin, daß im Laufe des Jahres für 22 Milliarden Schatzwechsel fällig werden, für deren Einlösung zur Zeit weder Mittel noch Wege vorhanden lind. Als vor kurzem Herriot unter dem Druck der Kapitalnol den Antrag stellte, auf die Einlösung der Schatzwechsel zu verzich ten, sie also zu prolongieren, wollte man diese Forderung nur mit der Gegenforderung einer Aushebung des Kapital ausfuhrvcrbotes zugcstcben. Da die Negierung diese For derung ablchnte, war auch die Prolongierung der Schatz wechsel hinfällig. Endlich erfordern die vom französischen Staat zu leistenden Wiederousbouarbeiten den Betrag von ungefähr 20 Milliarden Papierfranken. Die durch die Die- deraufvaupolitik verursachte ungeheure Verschuldung hätte vermieden werden können, wenn nicht di« deutschen Ange bote zu gröberer Beteiligung an den Wiederaufbouarbeiten zurückgewiesen worden wären. Alle versuche, doch noch eine billige Anleihe in Neuyork unterzubringen, scheiterten, da einmal die unklare Stellung der Regierung in der Schulden- frage, zum anderen der beträchtliche Rüstungsaufwand in Washington verstummten. Als am 9. April der Ausweis der Bank von Frankreich den Notenumlauf mit 43 004 762 Franken gegen bisher rund 40,98 Milliarden veröffentlichte, zeigte sich, daß die Bank den gesetzlich vorgeschriebenen Betrag um rund 2> l> Milliar den überschritten hatte. Es handelte sich hier also um eine seit langem bestehende geheime Bilanzverschleierung, ver ursacht durch die von der Bank von Frankreich gegebenen Staatskredite. Wenn auch das Kabinett Herriot einen Teil der Schuld trägt, so ist doch in erster Linie das Kabinett Poincarö dafür verantwortlich, das zuerst diesen ungesetz lichen Weg der Geldbeschaffung beschritten hat und zweitens der Leiter der Bank von Frankreich, der bereits vor zwei Jahren offiziell die Bereitwilligkeit der Bank zu versteckten Borschüssen erklärte. Infolge der Agitation der Banken ver weigerten die Sparer Herriot die Erneuerung der Kredite und brachten ihr Geld in Milliarden zu den Auslandsban ken, in der Hauptsache nach Belgien, da man an die Re naissance des belgischen Franken glaubt und daran zu ver dienen hofft. Mit der Flucht vor dem Franken verschärfte sich die Krise. Die leichtfertigen Schnldenmacher standen als Ankläger gegen Herriot aus, der bezahlen sollte, was Poln- carö und Millerand sich geliehen hatten. Ueberdics wün schen die wirtschaftlichen Kreise die inflatorische Bermehrung der Zahlungsmittel und damit die Drnnpiiigprämie zur An- sruerung der industriellen Energien. Letzten Endes ist di; Finanzkrisc Frankreichs eine politische Krise. Es wäre ver fehlt, Frankreichs Wirtschaftslage als verzweifelt zu bezeich nen; cs ist nach der bekannten Formel ein armer Staat in einem reichen Bolle. Gerettet kann aber der Staat nur werden, wenn das Volk ihm Mittel und Hilfe zur Sanierung onbiclet. Die Alternative, ob man sich im Fall einer stark entwerteten Valuta für den Verbrauch entscheiden soll, sie im Wege deflationistischer Maßnahmen auf den alten Wert zu beben, oder das erreichte Niveau zu fundieren, gesetzlich zu fixieren und so zu einer neuen Goldwährung zu gelangen, ist überall zu Gunsten der zweiten Lösung entschieden wor den. Jedenfalls dürfte sich die wirtschaftliche Regeneration Frankrciebs ohne weiteren Rückgang des Franken von sei ner derzeitigen künstlichen Höhe nicht vollziehen können. Das französische Budget wird nur dann entlastet, wenn der Gold trankeninert der Zinsen für die innere Schuld sinkt. Das Beispiel Deutschlands mit der Nentenmart könnte non den iranzösischen Sachverständigen geprüft werden; vor allem müßte eine wertbeständige Grundlage für eine Anleihe ge schossen weiden, damit die Sparer nicht fürchten brauchen, mit entwertetem Gelbe später betrogen zu werden, wie dies bei den Schatzfcheinzeichnungen von 1920 und den nachfol genden Jahren geschehen ist. Das; der Frankenlurs jetzt eine so rapide Abwärts beweaung antreten wirh. wie die Mark im Jahre 1923 oder die polnische und österreichische Währung, ist nicht nnzrmeh men. Handelspolitisch wäre für Deutschland eine langsameBer» schlechterung de» Franken eine größere Gefahr, al» sein er- neuter Sturz; denn naturgemäß würde einem plötzlichen Sturz im Ausland« auch ein entsprechendes Anziehen der Preise in Frankreich folgen, was ein Valutadumping nach den in der Inflation in Deutschland gemachten Erfahrungen ausfchließt. Dagegen müßte ein langfames Sinken des Fran- ken die französischen Jndustrieerzeugnisse zu ernsten Konkur- renten gekade auch der deutschen Waren auf dem Weltmärkte machen. Neues aus aller Welt. — Dappelmord im Spreewald, von einem Fahrrad dieb erstochen. Aus Lübben wird gemeldet: Am Mitt woch abend befand sich die 16jährige Tochter des Bauernhof besitzers Oswald Frei gang aus Freiwalde im Spree wald mit ihrem Fahrrad auf der Chaussee von Golzow nach Fleiwald,, al» sie gegen 7 Uhr von einem noch unbekannten jungen Mann überfallen wurde. Dieser nahm ihr das Fahrrad weg und brachte Ihr, als sie sich zur Wehr setzte, mit einem langen Dolchmesser einen Stich in einen Unter arm bei. Zufällig kam der 19jährige Bruder der Ueberfalle- nen auf seinem Fahrrad von Freiwalde her die Chaussee ent lang. Als der Täter den jungen Mann von weitem ge wahrte, schwang er sich auf das Damenrad und raste davon Der junge Freigang nahm die Verfolgung aus und begeg nete nach kurzer Zeit seinem Vetter Richter. Als er diesem von d-m Uebcrsall erzählte, sagte Richter, daß er den Täter vor wenigen Minuten aus der Chaussee gesehen habe. Die beiden jungen Leute verfolgten den Fliehenden auf ihren Rößern gemeinsam. Etwa 2)4 Kilometer hinter Brand tra fen sie mit dem Fliehenden zusammen. Nach den Spuren mutz zwischen den dreien nun ein harter Kampf stottgefunden hoben, bei dem Freigang und Richter oop dein Straßenränder erstochen worden sind. Man fand beide Lei chen am nächsten Morgen um 8 Uhr in dem Straßengraben, wohin der Minier sie gezerrt hatte. Der junge Freigang mar durch einen Herzstich getötet worden, während Richter an den Folgen mehrerer tiefer Rückenstiche verstorben sein muß Man fand das geraubte Damensahrrad und eine grünliche, blutbesndelte Joppe mit Rückengurt, die zweifel los dem Täter gehört. Dieser hat mit einem Rade, das einem der Toten gehörte, die Flucht in Richtung Berlin fortgesetzt. Es handelt sich anscheinend um einen Fleischer gesellen aus Kottbus. Er wird beschrieben als ein neun zehnjähriger Mann von etwa 1.60 Meter Größe, der eine grüne Hofe, schwarze Schnürschuhe, schwarze Gamaschen und eine groue Sportmütze trug. Er hat volles, rundes Gesicht nnd tläcn keinen Bart. Das Amtsgericht Luckau, das den Täter verfolgt, hat e-nen Lokaltermin an der Mordstelle ab- geholten. Der Frühling erzeugt Sommersprosse«! Diele Tatsache ist vielen, die Neigung zur Sommer- sprossenbilbung besitzen, unbekannt. Wir raten Ihnen, in der Apotheke weißes Citolbol-Wachs, 50 oder 25 Gramm, zu kaufen und jetzt schon mit der Behandlung der befallenen Stellen zu beginnen. Die Bestandteile sind aus der Packung angegeben. 6S Eine morgenlllndlsch« Erzählung von Wilhelm Ignatius. Der alte Ibrahim war einer der berufensten Heilkünstler von Balsora. Selbst nach der weiteren Umgegend der Stadt holte man ihn in besonders schmierigen Krankheitsfällen. Auch heute hatte er in einem solchen Falle i in einem einige Meilen von Balsora entfernten Orte Hilfe gespendet. Der Kranke war so gut wie gerettet, und von den Segenswünschen der ganze» dankbaren Familie begleitet, ritt Ibrahim, den klingenden Lohn für ge leisteten Beistand sorgsam im Gürtel verborgen, In der Abenddämmerung seiner Heimat zu. Die Aufregung des Tages und die Anstrengung de» ! weiten Rittes hatten ihn in einen traumartigen Zustand versetzt, aus dem er urplötzlich in einer sehr unsanften Weise aufgerüttelt wurde. Ein Räuber sprang hinter einem Busch hervor und warf den alten Arzt mit einem gewaltigen Stoß von seinem Esel. Instinktmäßig griff Ibrahim i nach seinem Gürtel, um seine Hobe zu sichern. Kaum bemerkte der An greifer dies, als auch er seinerseits danach trachtete, sich gerade in den , Besitz des Gürtels zu setzen. Schon begannen im Ringen die Kräfte de» heilkundigen Greises zu erlahmen, als eine fremde Hand mit einem Male . voll gewaltiger Kraft den Elenden zurückriß. Beide Kämpfer hatten im Eifer des Ringens das Herannahen eines Fremden überhärt, der von seinem Rosse gesprungen war und zornfunkelnden Auges dem enteilenden Raubgcsellen nachblickte. Denn dieser sah kaum, daß ihm zwei Gegner gegcnübexstcmden, als er mit behendem Satz im Gebüsch verschwand. Ibrahim war währenddessen wieder zu sich gekommen; er warf sich seinem Lebensretter zu Füßen, und sein« Lippen flössen von Danksagungen über, > X .um so mehr, als er nun in senem Almansor erkannte, einen der reichsten ußd vornehmsten Kaufleute Balsoras. Allein Almansor ermahnte ihn, . schnell sein Reittier zu besteigen und mit ihm nach der Stadt zu eilen, ehe dell Räuber, durch Spießgesellen verstärkt, seinen Angriff wiederholen könssL Glücklich crrcichien beide Balsora, und nachdem sich Ibrahim noch» ! F mals kn Versicherungen seiner Dankbarkeit erschöpft hatte, trennten sie sich, r- nm ihr« Wohnungen aufzusuchen. 67 le der Leidende mit unendlich grä- — — v-». »Nein, nur die Hand," er- i mit zitternder Stimm», »aber die Hand, die mein Leb«, Such rauben". m verlief glücklich. Ibrahim wacht« nicht nur dl« folgend« e Almansors, der in unruhigem durch Fieberträum« ge- , , '« lag, sondern blieb wochenlang in seinem Haust, bi» «r ih« für vollständig gerettet erachten und in der Pflege seiner Dien« lasst» konnte. Al» « nach so lang« Kett zum ersten Mal« wieder sein Hom« betrat, kniet« « nieder an oerseiben Stelle, auf der er an jenem verhüngnstovll« Abend gebetet hatte, und wieder öffneten sich sein« Lipp« »um Sebet: »Allah, du bist groß, llnerforschlich find dein« Wege. Rn, dem ich mein Leben danke, für den ich mein Herzblut Angegeben Hw«, um ihn zu beschütz« und zu rettemihn zum Krüppel zu mach« h<ch Werkzeug au—rsthen. Allah, du bist groß. Ich schick, LU D»WH>nd« Gqiybm- »«NKffNch Im kiim dir mih<nnm«dang<»«n UeNNM. Ml da» Win «n»r«»vä»s d,«ck» .at««s«»n Heiz», l» Ist da» Listv dieser ii»a»u«i «f kiFetll», I» »au be^Ln^ »» dirch »U »«Iden »edel« de« alten IdeihNn »ee- Zu Hause angelangt, warf der Greis sich auf die Kniee: „Allah, du bist groß, rief er aus, „u'nersorschlich sind deine Wege. Ohne deinen Willen fällt kein Vogel vom Dach, ohne deinen Willen konnte auch die Waffe de« Schurken mich nicht durchbohren!" Wohl eine Stunde verharrte der fromme Alte Im Gebet und fleht« den Segen des Höchsten aus ihn, der ihm das Leben gerettet hatte. Eben erhob er sich von den Knieen, als «in ängstliches Pochen an der Haustür hörbar wurde. Er öffnete und erblickte «Inen reichgekleideten Diener, der ihn bat, solort zu seinem Herrn zu kommen, da dieser seiner Hilfe dringend bedürfe. „Wer ist dein Herr'?" fragte Ibrahim. „Der reiche Kaufmann Almansor. Er ist auf einem Spazierritt an gefallen und verwundet worden." Einen Augenblick stand Ibrahim sprachlos vor Schreck und Freude. Er erschrak bei dem Gedanken, daß Alinansor um seinetwillen leiden müsse; er war erfreut, daß sich Ihm die Möglichkeit bot, feine Dankbarkeit, die « bisher, nur in Worten ausdrücken konnte, nunmehr durch die Tat zu be weisen. So schnell seine Füße ihn tragen wollten, folgte er dem voraus eilenden Diener. Als Almansor in seinem Hause angekommen war und sich zu Tisch setzen wollte, sah er, was er vorher in der Aufregung des eiligen Rittes nicht bemerkt hatte, daß vom Mittelfinger seiner rechten Hand Blut her nieder tropfte. Wahrscheinlich war er, als er den Räuber zurückriß, der Spitze des Dolches zu nabe gekommen und hatte sich daran geritzt. Er achtet« nicht weiter d« leichten Verwundung, umwand den verletzten Fing« mit Leinwand und begann, sich feine Abendmahlzeit wohl schmecken zu lass«. Bald ab« wurde ihm der Genuß durch einen stechenden Schmerz in d« Wunde gestört. Er hieß di« Tafel wegräumen und sucht« sein Lager auf. Allein statt nachzulasstn, nahm der Schmerz derart zu, daß der Schlas sein Auge floh. Er beschloß, den Finger nochmal» zu kühlen. Allein wie «rschrack er, als er den Verband abnahm und sah, daß der Finger und ein Teil seiner Hand dick angeschwollen und blau unter lauf« «ar. Sofort sandte «, voll bös« Ahnung sein« Diener zu Ibrahim. Der weißbiktia« Arzt halt« kaum einen Blick aus den verletzten Fing« geworfen, al» «in Schau« ihn eiskalt überrieselte. Sein kundiger snug» erkannt« sofort, in welcher Gefahr Almansor schwebte. .Herr," rief « au», indem heiß« Tränen ihm über die Wangen perlten, „Allah prüft mw schwer. Die Waffe, die Euch verwundet, war in Gift getränkt. Nur schleunig« Amputation kann Euch das Leben erhalten". — „Wird «» «rst d« »aa-en Arm kosten?" fragte der Leidende mit unendlich grö- ßmr Stzb«, al» d« Arzt bewahrt hatte. „Nein, nur die Hand," er- rettete, muß