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BMHolVwerüaer Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Dios Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt» Mannschaft,- der Schulinspektion und des tzauptzollamts zu Bautzen, des Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischofswerda. Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. DichtesteVerbreitung inallenBolksschichten Beilagen: Sonntags-Unterhaltungsblatt und Landwirtschaftliche Beilage Geschäftsstelle Bischosswerda, Altmarkt 16. — Druck und Verlag der Buchdruckerei Friedrich May G. m.b.H. in Bischofswerda. Femspr.Nr.22 !Fv'cheinung»weiser Jeden Werktag abend« für den solgend. Tag. Bezugspreis ür die Zeit vom 2. Febr. bl« 15. Febr: Frei ins Laus vierzehntägtg Mk. t.10, beim Abholen in der Gejchästsstelle wöchentlich 50 Psg. Einzelnummer 15 Psg. — Alle Postanstalten, owie unsere Zeitungsausträger und die Geschäftsstelle nehmen ledcrzeit Bestellungen entgegen. Postscheck-Konto: Amt Dresden Nr. 1S21. 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Lange-Hegermann, sowie gegen die Rechtsanwälte Justlzrat werlhauer und Engelbert ist die gerichtliche Voruntersuchung eröffnet worden. In Nürnberg sind umfangreiche Verschiebungen von Schrott ins Ausland aufgedeckt worden. Der deutschen Handelsdelegation in Paris sind von fran zösischer Seite neue Vorschläge zu dem abzuschließenden Han delsvertrag unterbreitet worden. Sumpf. Wirre Zeiten entfesseln alle schlechten Triebe der Men schen. Es lösen sich, nach des Dichters Wort — „alle Bande frommer Scheu —, der Gute räumt den Platz dem Bösen, und alle Laster walten frei". Die Geschichte meldet von an deren Völkern, z. B. den Griechen und Römern des Alter tums, den Franzosen aus den Zeiten der Revolutionen von 1789—95 und 1848, daß dort die schlimmste moralische Kor ruption, die sich in den widerwärtigsten Dingen zu erkennen gab, geherrscht habe, als der Staat in seinen Grundfesten wankte. Wo Sumpf ist, wuchern auch gefährliche Sumpf pflanzen üppig. Unser Volk durchlebt seit mehreren Jahren die gefährlichste äußere und innere Erschütterung, die es je gehabt hat. So hat sich denn auch ein furchtbarer morali scher Sumpf gebildet, aus dessen dunklen Tiefen seit langem die übelsten Giftblasen aussteigen. Was haben wir in den letzten Jahren doch alles an großen und kleinen „Skandalen" erlebt, wovon die Gerichtssäle widerhallen und Gefängnisse und Zuchthäuser predigenI Wer will all die Betrugs- und Schwindelaffären, die großen und kleinen Schiebungen, die Meineids-, Raub- und haarsträubenden Mordgeschichten, die Diebstähle im großen und kleinen, die Erpresser- und Hoch staplergeschichten und all die tausende Verbrechen sonstiger Art aufzühlen! Wir erleben so etwas in so reicher Fülle, daß man es als alltäglich empfindet und achtlos beiseite läßt. Vielleicht hat kaum jemand für möglich gehalten, daß alles Haarsträubende, was geschehen,, noch überboten werden könnte. Und doch haben die letzten Wochen von vor Weih nachten bis jetzt so große Sumpfblasen zerplatzen lassen, daß einen schaudert. Haarmann, der vertierte „Mensch", der Münsterberger Massenmörder, die Engrosschieber Weber und Kutisker — wer weiß, was noch kommt! Wenn man das liest, was diese sauberen Zeitgenossen alles an Schuld auf sich geladen haben und daran denkt, was schon alles an Aehnlichem geschah und noch geschehen wird, dann fällt einem Geibels „Tod des Tiberius" ein, worin es heißt: „Nichtswürdig alle — stets dasselbe Lied!" Die Augen vor solchen Schäden zu verschließen, sie am Ende noch mit dem Mantel der Liebe zudecken, oder sie zu entschuldigen mit dem oberflächlichen Hinweis, das wären „Zeiterscheinungen", die mit in Kauf genommen werden müßten, wäre Verrat an der Seele des Volkes. Sumpfblasen verschwinden, wenn der Sumpf selbst rücksichtslos trocken gelegt wird. So hat also jeder an seinem Teil mit die Pflicht, dem moralischen Sumpf, der unser Volk bedroht, zu Leibe zu rücken, und zunächst die Ursachen zu erkennen suchen, die zur Korruption geführt haben. Es gibt viele Ursachen, aber die hauptsächlichste ist das freche Sichhervordrängen der brutal materialistischen Weltanschauung. Nach ihr ist der Mensch — und nur er allein — das Maß aller Dinge. Er kennt keinen Gott im Himmel oder eine sonstige Autorität. Sein Gefolge sind Frechheit, widerwärtigste Selbstsucht, Verhöhnung von Ge setz und Ordnung, wüste Genußsucht, Habgier, völlige mora lische Versumpfung und sonstiges Geschmeiß. Kann man solche G'ftblüten ausrotten? Jawohl — wenn sie rücksichts los abgerissen werden. Wenn die nicht materialistisch einge stellten Volksgenossen sich zur Seelengemeinschaft zusammenfinden und dem Sumpfgewürm mit der Feuer- kraft des guten Geistes zu Leibe gehen! Es hat sich doch einst ein Herkules gefunden, der den Augiasstall ausräumte und der giftigen Hydra alle Köpfe ausbranntel Der größte Teil unseres Volkes ist Gott sei Dank noch gesund genug, um die Herkulesarbeit der Ausbrennung des moralischen Sump fes dxr Gegenwart zu verrichten. Bielen Leichtfertigen im Denken, die fünf gerade sein lassen, werden die Augen geöff net werden, und sie werden Mithelfer bei solcher Herkules arbeit werdens Hoffentlich funktioniert die Parlamentswache in Zu kunft prompter. Wie wäre es beispielsweise, wenn man alle diejenigen abführen ließ, die belastendes Material gegen Barmat und Genossen vorbringen wollen? Sozialdemo kratie und ihre demokratischen Anhängsel müßten doch von dem Vorschlag begeistert sein. Dann hätten sie es nicht mehr nötig, in ihren Organen durch tendenziöse Wiedergabe der Ausschuhberichte bei der öffentlichen Meinung für sich um Gnade zu flehen. Herr Richter war übrigens in punetv Festnahme von Barmatgegnern kein Neuling mehr. Er ließ'kürzlich aus dem Bahnhof Zoo einen Privatmann mit der Begründung festnehmen, daß er Material über die Barmats bei sich führe, das geeignet wäre, hohe politische Persönlichkeiten zu kompromittieren. Der Bock als Gärtner. Varmat-Komödierr. Der preußische Barmat-Ausschuß ist nicht eine Szene, die zum Tribunal wird, sondern ein Tribunal, das zur Szene wird. Wobei man Szene schon weniger im Sinne eines Dramas, als im. Sinne eines Revuetheaters zu ver stehen hat. Der tüchtige und geschickte Vorsitzende des Aus schusses, Herr Leidig, möge uns deswegen nicht böse sein. Er hat die Polizei holen lassen, weil ein Abgeordneter seinen Ausschuß eine Komödie nannte. Hand aufs Herz, es ist nicht nur eine Komödie, sondern eine ganze Kette von Komödien. Herr Leidig also rief nach der Parlamentswache, um den Mann entfernen zu lassen, der die Behauptung von der Komödie nicht zurücknehmen wollte. Aber die von Geschäftsordnung wegen sozusagen verfassungsmäßig gewordene Parlämentswache war nicht da. Bekanntlich ist die Polizei sehr oft nicht da, wo sie ge rade gebraucht wird. Aber man befand sich gerade in der Zeugenvernehmung des bisherigen sozialdemokratischen Po lizeipräsidenten Richter. Herr Richter war in dieser Bar mat-Sitzung noch vollkommen richtiggehender Polizeipräsi dent, und so durfte er auch noch eine Amtshandlung vorneh men. Er zitierte fünf Schutzpolizisten herbei, die Ordnung schafften, indem sie drei Ausschußmitglieder abführten. Der intime Freund Barmats holt die Polizei, um Barmat-Aus- schußmitglieder zu entfernen. Wenn das keine Komödie ist, so hat es niemals eine Komödie gegeben! wechsel vorgeschlagen. Von da an wohnte sie bei An» Wesenheit Barmatr in einer eleganten Zimmer» fluchtin einem Hotel UnterdenLinden.bei sedier Abwesenheit in einem Pensionat in der Winterfeldstraße. Wenn Barmat nicht in Berlin war, machten sich seine en«- ren Freunde eine Ehre daraus, Fräulein Lundgreen Au unterhalten. Es wurden in ihrer Wohnung intime Feste veranstaltet, zu deren Besuchern u. a. auch der Polizeipräsi dent Herr Richter gehörte. Aus Dankbarkeit beschenkte Fräulein Lundgreen, die eine sehr offene Hand hatte, ihre Verehrer mit allen möglichen Kostbarkeiten. So erhielt Herr Richter u. a. eine Rosenthal Porzellan- lampe, die ihm zunächst in sein Dienstzimmer ins Polizei präsidium gebracht und dann in seine Wohnung geschafft wurde. Andere Herren — es gehörten zu dem Kreise auch Heilmann, Katz, Wels — bekamen echte Teppiche, Frühstückskörbe, Bronzen, ja sogar Babnaus- srattungen. Selbstverständlich wurde die Geldfrage durch Herrn Barmat erledigt; und da Heilmann die Verrechnung kannte, konnten die Freunde, die ja auch die jenen waren, wohl niemals im Zweifel sein, wer sie eigent lich beschenkte. Diese Verhältnisse dauerten eine ganze Weile, bis die Situation durch Indiskretionen der Lundgreen den Beteiligten ungemütlich wurde. Kurzer Hand veran laßte man Barmyt, sie abzuschieben, und der Berliner Polizeipräsident Richter besorgte ihr durch seinen Sekretär Stöcker.Hje Bässe. Dies alles vollzog sich mit sol cher Geschwindigkeit oaß ein von ihr auf den nächsten Tag angesagtes Wohltätigkeitsfest abgesagt werden mußte. Die Lundgreen verschwand damals spurlos, ist aber inzwischen von der Staatsanwaltschaft ermittelt worden und wird dem nächst im Barmat-Prozeß als Zeugin erscheinen. Deutscher Reichstag. Berlin, 15. Februar. In der Sitzung am Sonnabend beschäftigte sich der Reichstag u. a. mit mehreren Anträgen, die sich mit Lehrgängen der höheren Schulen beschäftigen, und hierbei wurde die Debatte ziemlich ausführlich. Von sozialdemokratischer Seite wurde stark bemängelt, daß, seit dem die Nationalversammlung das Grundschulgesetz geschaf fen hat, die Initiative der Reichsgesetzgebung auf dem Schulgebiet völlig erlahmt sei. Es müsse ein besonderes Reichskulturetat geschaffen werden. Abg. Dr. Philipp! (Deutschnat. Vp.) wendet sich gegen die Verkürzung der Schulzeit in der höheren Schule und fordert ein Gesetz zum Schutze der neunjährigen höheren Schule. Mit den Schul»! experimenten müsse man jetzt aufhören. In Hamburg seh der Versuch der achtjährigen Schule vollkommen gescheiter^ Begabte Kinder müßten die Möglichkeit haben, nach dreh, Jahren Grundschule zur höheren Schule überzugehen. Dass bedeute keine Standesschule. Die Begabung mache keine» Unterschied zwischen arm und reich. Demokratischer Schema»! tiemus sei hier nicht angebracht. Abg. Dr. Runkel (D. Do)!.! erklärt, die Deutsche Volkspartei stehe durchaus auf dem Bo^ den der Grundschule. Der Redner tritt gleichfalls dafür ein/ daß eine Möglichkeit geschaffen werde, die Grundschule auch in drei Jahren M absolvieren. Bier Jahre lang begabt«! Kinder in der Grundschule festzuhalten, bedeute ein« Der»! sündlgung an der Seele dieser Kinder. Die Entscheidung) über die Ueberführung in die höhere Schule werde ja nicht von den Portemonnaiebesitzern, sondern vom Lehrerkolle gium getroffen. Don demokratischer Seite wurde ein Rah mengesetz gefordert, um die Zersplitterung des Schulwesen» zu vermeiden. Dabei soll die Schulhoheit der Länder nicht angetastet werden. Das Zentrum setzte sich lebhaft für die Erhaltung der konfessionellen Schulen ein. Als Regierungsvertreter betonte Staatssekretär Schulz, daß man über alle diese Einzelfragen erst mit den Ländern und über die Kostenfrage mit dem Finanzministerium in Verbindung treten müßte. Schließlich wurden sämtliche Anträge dem Bildungsausschuß überwiesen. Am Montag um 1 Uhr soll der Haushalt de» Reichs- verkehrsministerlums in Angriff genommen werden. , Gegen die 3. SteuernotverordnnRg. Berlin, 18. Februar. Die Landesverbände Berlin, Brandenburg der Hypothekenaläubiger und Sparerschutz oerbände für das Deutsche Reich hatten heute ein« Protist- Versammlung gegen die Dritte Steuernotverordnuna nach Berlin einberusen. Dabei kritisierte Prof. Mayr (Heidel berg) den Reichstag, der die Aufwertungsfraae nicht mit dem genügenden Nachdruck in Angriff nehme. Nicht IS v. Hi. in 32 Jahren, wie es die Dritte Steuernotverordnung Wv Aber bleiben wir bei den Vorgängen im Barmat-Aus schuß selbst. Wenn irgendeine wirklich interessante Frage gestellt wird, so pflegt der Ausschuß beispielsweise mit drei zehn gegen elf Stimmen zu beschließen, daß die Frage un zulässig sei. Ist das etwa keine Komödie? Fraglich bleibt freilich, ob es sich auch dann noch um Komödien handelt, wenn so vielerlei mit dem Mantel der Liebe immer wieder zugedeckt wird, nachdem man eben ein Zipfelchen des Man tels gelüftet hat. Damit meinen wir u. a, die Kutisker- Schiebungen mit dem Wohnungsamt. Hier böte sich einmal die Gelegenheit, in die Wohnungsamts-Korruptionen wirk lich hineinzuleuchten. Aber dann wird die Sache einfach damit abgetan, daß es heißt, ein fraglicher Beamter wäre später „aus anderen Gründen" entlassen worden. Kurz und gut, der Barmat-Ausschuß erzeugt grimmige Humore. Aber wer kann sich noch durch die Hunderte von Revuenummern durchfinden l Nur zuweilen bringt der harmlose Beobachter aus dem Publikum noch dis Kraft auf, die einzelne Komödie in ihrer ganzen spaßhaften Paradoxie zu fassen. „Kittchens" Geschenke an Richter. Aus Berlin wird uns geschrieben: Bei der letzten Vernehmung des Polizeipräsidenten Richter stellte der deutschnationale Abg. Koenecke eine Frage an den Zeugen, ob ihm ein Fräulein Huber bekannt sei und wie deren Aufenthaltsbewilligung zustande kam. Auf An trag des demokratischen Abg. Riedel wurde diese Frage vor dem Ausschuß als nicht zum Bewelsthema gehörig abge lehnt. Die „Berliner Börsenzeitung" ist in der Lage, diese Lücke im Bilde der Beziehungen, des Herrn Richter zu Bar mat auszufüllen. Es handelt sich, wie wir aus einer von uns für zuver- lässig gehaltenen Quelle lesen, um die in Oesterreich geborene Katharina Huber, die unter ihrem Künstler namen Lundgreen bekannt geworden'ist. Die Be kanntschaft Vieser Dome machte Julius Barmat in einem Lokal amKurfürstendammin Gegenwart der Herren Heilmann und Gradnauer, die sich in größerer Gesellschaft befanden. Später hat Barmat der Lundgreen, die zunächst in einem Pensionat in der Luit- polhstraße wohnte, au» gewißen Gründen einen Quartier-