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dcrg e.o Lcrtt-, Unabhängige Zeitung für alle Ständern Stadt urw Land. DichtesteVerbreitung inallenVolksschichten Beilagen: Sonntags -Unterhaltm^sblatt und Lemdwirtschastliche B-Uag« Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt 18, — Dmck und Verlag der Buchdruckerei Friedrich May G.m.b.H. in Bischofswerda. Fernspr.Nr.22 MMWeLrMer tz ZSMHofswerüaer Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt mannschaft, der Schulinspektion und des Hauptzollamts zu Bautzen, des Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischofswerda. Postjcheck«K«»1o r Amt Dresden Nr. 1821. Gemeinde- »erdandsstrokafi, Bischofswerda Konto Nr. «4. Im Falle höherer Gewalt — Krieg oder fonstiger irgend welcher Störung des Betriebe« der Zeitung oder der Besörderungsetnrich. tungen — hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung des Bezugspreises. 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Die für öle heutljg Reichslagssihung vorgesehene Abgabe einer Erklärung -sie neuen Reichsregierung ist auf Montag abend S Uhr väckgsä worden, da unerwarteterweife die Verhandlungen über dk Besetzung wichtiger Ministerien, insbesondere de« sinanz- und Reichsjustizmiaisterium», noch nicht ai ges werden konnten. Reichskanzler vr. Luther. Berlin, 17. Januar. (Drahtb.) In Ergänzung -ei halbamtlichen Mitteilung über die Vertagung. der Regie« rungeerklärung auf Montag wird gemeldet, daß in einer heute mittag abgehaltenen informatorischen Besprechung sowohl von deutschnationaler wie auch von Zentrumsseit« erklärt wurde, daß ohne Besetzung des Finanz» und des Justizministeriums wichtige Punkte der Regierungserklä rung unmöglich erörtert werden könnten. Das Reichskabi- nett habe dann um 4 Uhr im Reichstag seine erste Be ratung abgehalten, in der die Regierungserklärung bespro- chen worden sei. Wie das Blatt bemerkt, soll die Erklärung ganz kurz sein und die Aufgaben des Kabinetts in den kom menden Monaten nur andeuten. Waz die Abstimmung über die Regierungserklärung betrifft, so sei die Mehr heit für das Kabinett Luther gesichert. Nach dem Inhalt der Regierungserklärung könne man annehmen, daß sich die Demokraten und Nationalsozialisten der Stimme enthalten würden, während die übrigen bürgerlichen Par teien der Erklärung sämtlich zustimmen und nur die Sozial demokraten und Kommunisten sich ablehnend verhalten würden. Berlin, 17. Januar. (Drahtb.) Wie zur Vertagung der Regierungserklärung auf Montag infolge der Schwie rigkeiten bei den Verhandlungen über die Besetzung wich tiger Ministerien noch gemeldet wird, hat der Reichskanzler Dr. Luther dem sächsischen Finanzminister Dr. Reinhold da» Finanzministerium angeboten, dessen Berufung sei jedoch an dem Widerstand der demokratischen Fraktion gescheitert, da Reinhold der Demokratischen Partei angehört. Das „B. T. will wissen, Luther beabsichtige jetzt, den Ministerialdirektor im Reichsfinanzministerium Popitz an die Spitze de» Mini- teriums zu stellen. Berlin, 16. Januar. (Drahtb.) Der Reichspräsident hat den Ministerialdirektor Dr. Franz Kempner »um Staatssekretär in der Reichskanzlei und den Ministerialrat Dr. Otto Kiep zum Ministerialdirektor und Leiter der Presseabteilung der Reichsregierung «mannt. Deutscher Reichstag. Berlin, 1«. Januär. (Drahtb.) Zu Beginn der heuti gen Reichstag-sttzung, die um 6 n Uhr eröffnet wurde, teilt« Präsident Lobe mit, daß der Reichskanzler Luther darum gebeten habe, die RegierungserklSrunaauf Montag abend I Uhr zu verschieben. Aba. v. Gräfe (Nattonalsoz.) bezwei- elte, daß überhauxt eine Regierung zuftandekommen «erde "UM der europäischen Politik. Von vr. Oskar Frey. Die Kriegführung früherer Jahrhunderte war Werk fug der Politik, die Politik wuchs wie ein Richtbaum zwi lchen Kriegen. Als man aber nach dem wechselseitigen Er stehen und Versinken der weltengroßen Tage an Hand der Geschichte den politischen Geist und Willbn schulte und der Mensch der Wissenschaften nachdenklicher und erkennbarer wurde, fand man, daß die Politik zur Staatskunst wurde. Es zeigte sich, daß das Erkennen der politischen realen Ziele eine um so wichtigere Notwendigkeit war, je schwächer die Macht des Einzelnen und je gehemmter sein Wille war. Darum erfüllte sich der Grundsatz, daß Politik nur in der Hand und dem Kopse hervorragender Persönlichkeiten sich wesentlich gestalten und erfüllen ließ. Damals war nach Bismarcks Wort, das zu seinen Zeiten nicht mehr uneinge schränkt gilt, der Starke am mächtigsten allein. Die Politik der reinen Macht fiel der Zeitenwende anheim, als in Euro pa sich die Kräfte im Raume zu stoßen begannen, die Politik des Willens wurde ein Werk der Erkenntnis und die der Gegenwartstat eine solche, die der politischen Vorausbestim mung entsprechen mußte. Der Krieg wurde oft Notbehelf, oft Zufallsereignis und war oft aus Unfähigkeit und Stag nation geboren. Die Erde, Europa, verkleinerte sich, die Verkehrsmittel verbesserten und vermehrten sich, Handel und Wandel wuchsen, die Ansprüche der einzelnen Äölker erhöh ten sich, die Naturalwirtschaft ging in die Geldwirtschaft über, der Bildungstrieb wurde eine Flamme der Menschheitssehn- fucht, die Zeitalter der Renaissance, des Humanismus und der Reformation rauschten vorüber: die Völker konnten nicht mehr allein leben, Völkerwanderungen oder -zersprengun- oen waren nicht mehr möglich. Jedes Volk war mächtig und ohnmächtig zugleich. Niederlagen entstanden aus den Er- kennungs- und Willensfehlern der geführten Politik. Zur Kompensation des Nichtvollbringens schlich sich in die Politik der Schatten der Jntrigue ein. Die Politik war reine Kunst geworden; kaum Talent, kein Instinkt waren oft nötig. Sie kamen, herrschten überall und verblaßten, Sonnentage in Versailles, Stille und Sturm an der Donau, Richelieu und Metternich. Nur einer steht auf hohem Throne und doch der erste Diener seines Volkes, unvergleichbar, unanfechtbar, Friedrich, der Einzige, der Ge nius als Mensch, als Politiker und als Kriegsherr. Von ihm und seinem Geiste lebte man noch lanae, als er nicht mehr war. 'Als ober nach der glorreichen Befreiung vom napoleo- nischen Joch der politische Geist und Führer fehlte, sank Er müdung und Nebel über da» Vaterland. Aus der dunklen Nacht außenpolitisch wachsender Span nung und innenpolitischer Verirrung erstand em großer Po- litkker, genial und großzügig genug für eine neue, schwere Zeit: Bismarck. Die Verkettung der Völker Europas auf kulturellem und wirtschaftlichem Gebiete war bereit» eine sehr enge geworden. Nur infolge seiner «roßen, persönlichen Ileberlegenheit, mit der er alle Staatsmänner der Welt über traf, war es ihm möglich, «ine felbstbestimmt«, sichere, erfolg reich« Politik zu leiten. -Seither ist die Verschlingung aller europäischen Völker eine Gchicksalsgemeinschast geworden. Der größte Fehler unserer Gegner war bisher, zu verkennen, daß oas Endziel einer jeden Politik für Europa vorausbe stimmt ist in der Wahl de» gemeinsamen Aufstieg» oder Ab stiegs. Au» den Ruinen de» einen Volkes kann nie mehr ein anderes blühend entstehen. > Bismarck verstand den Atem seiner Zeit. Darum ist er der letzte Sieger auf politisch^ Gebiete gewesen. Er sah in seiner Politik das, was wirklich war Md erkannte die Gresizen, die zu erreichen waren und ... » hatte ein Gefühl sür das Tempo seiner Schritte. Als Meuter der jeweiligen Gegenwart stand er am Webstuhl der europäi schen Geschichte. PoincarS ist seines Werkes großer Feind gewesen. Er lebte, so alt er ist, immer seinem einzigen, politischen Ziele. Er betrieb die Einkreisung Deutschlands mit allen Mitteln und aller Leidenschaft. Er kannte bloß den letzten und größ ten Erfolg. Er trieb zum Krieg als Meinmittel seiner Poli tik, dieser Krieg war letztes Werkzeug. Fast wäre er ver loren gegangen, eben gelang er noch. Nun war die Bahn für die Entfaltung größter politischer Gedanken frei, nun ging es an den Rhein, an die Ruhr; man konnte noch weiter gehen. Poincarö ist ein zäher, harter Kopf, er ist ein guter Franzose vielleicht — aber kein guter Politiker. Er war schlau, klug und erfinderisch auf seinem langen Dauerlaufe, wenn er auch kein Meister im Kleinen war, er wurde blind kurz vor dem Endziel. Der Mangel der Erkenntnis letzter Zusammenhänge in der Politik ließ fast den Krieg verlieren und ließ die Ruhr mißlingen. Nun stand es auf, das hohl äugige Gespenst der Politik, die Angst; seit den Tagen der bekannten Flucht nach Bordeaux, 1914, war es geboren, lange hatte es gelauert, 1917 hatte es sich noch einmal her vorgewagt und war noch einmal durch Blut und Rauch ver trieben worden, nun stand es aus und stürzte Poincarö zu Boden. So ist die Angst der Völker vor einander zum Gespenst der europäischen Politik geworden. So wenig, wie sich dis Sonne durch noch so viele Flugzeuge verfinstern läßt, läßt sich dieses Gespenst hinter Bajonetten, Tanks und Kanonen niederhalten. Frankreich spürt es am meisten bis in seine einzelnen Glieder hinein. Poincarö wollte dies Gefühl im Volke ertöten mit Siegermustk und Landgewinn: umsonst. Das Gespenst ist da, überall da, selbst am Grabe des unbe kannten Soldaten, den man gläubig oder ungläubig in einer Mischung von Pietät und Erschauern immer wieder auf- suckt. Bündnisse mit anderen Staaten genügen auch nicht und wenn man ihnen noch so viele Ausbildungsoffiziere schickt und Waffen zuschmuggelt, denn auch in Tschechien, Polen, auf dem Balkan erscheint es zur unrechten Zeit. Aber wie feige doch die Welt geworden ist! Man klam mert sich an das Wort der Versöhnung, wenn man auch ern ste« Sinnes nicht daran glaubt, solange man fürchtet. Die Angelsachsen haben sich deutlich von dem französischen Impe rialismus abgewandt, weil ein verblendetes, sich selbst täu schendes Volk an der Seine sich über den historischen Vor gang der Verkettung aller Völker Europas hinwegzusetzen, wagte und in seiner Rheinpolittk Wahnideen, wie die eines französischen Imperiums verfolgt. Frankreich hat im Höhen punkte seiner Machtpolitik gespürt, wie trotzdem seine Wech selkurse fallen können. Frankreich hat in Deutschland die Vermögen schwinden und da» Land verarmen sehen, das Gespenst der Armut will ihm nun iede Ruhe und jeden Frie den rauben. Aus Mißtrauen und ängstlicher Unsicherheit hat Frankreich nicht einmal Mussolini genügend unterstützt. Dabei darf man doch nicht annehmen, daß der Botschafter Baröre, der einstige Abenteurer und zum Tode Verurteilte, je das Gefühl der politischen Angst gekannt hätte. Man be greift, welche Gründe der Demokratie zum Sieg verhalfen haben. Psychologisch am meisten Nahrung empfängt das Gespenst aus dem sogenannten Sieg. Üb man den Krieg überhaupt gewonnen hat? Man kann doch oft den Skrupel gar nicht los werden. Auch muß es das Volk doch besser wissen, als seine Staatsmänner und Generale. Täg lich muß man daher vom Siege reden, Kriegsdenkmaler müs sen legionenweise entstehen, alles muß getan werden, daß das Volk an den Sieg, den herrlichen und die Macht, die un überwindliche glaubt. Der frühere Kriegsminister Maginot erfaßte dieses Problem richtig, als er in einer Rede sagte: „Wir schulden denen, die für den Steg gekämpft und gellt- ten haben, die für ihn gefallen sind, daß wir uns eine Sieger mentalität bewahren." Siegermentalität! Aber das franzö sische Volk kann die deutschen Siege nicht vergessen. Damit es jedem lesbar jederzeit vor Augen stehe, ist es auf tausend Kriegsdenkntälern eingemeißelt: Unser char der Siegi Und auf einem derselben steht sogar der Satz: „Mögen die franzö sischen Generäle, die den Marschallstab erwerben wollen, sich ihn jenseits das Rhein» holen." Daß da» Gespenst im Lande auferstand, ist der Lohn für die Weltungerechtigkeit der letzten Jahre. Alle Völker Europas empfinden das Gespenst der Politik. Das Zeitatter der politischen Schwäche ist über uns hereingebrochen. Eng land» Weltmacht auf maritimem, wirtschaftlichem und kolo- nialem Gebiete und Frankreich» Landheer geistern gegcn- einaftder. Wir Deutschen Haden Not aenug getragen und Grauen kenne» gelernt. Unsere politische Macht bleibt dos Erbe größten politischen Geiste». Seine Ahnung sind Fried- Tagesschau. * Die Regierungserklärung ist auf Montag abend 6 Uhr vertagt worden, weil das Reichsfinanz- und Reichs justizministerium noch nicht besetzt sind. Der bayerische Landtag hat den Staatsvertrag mit der evangelischen Kirche (Konkordat) mit 73 gegen 52 Stimmen angenommen. Der Konflikt Polen» mit der Stadt Danzig wird auf der Märztagung des Völkerbundes verhandelt werden. Nach Meldungen aus Genf habe das Vorgehen der polnischen Re gierung beim Völkerbundssekretariat „Befremden" hervor gerufen. Zu den.mit * bezeichneten Meldungen finden die Leier aus- sührlkche« an anderer Stelle.