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/luer Tageblatt MW Joz-Ig« für <krz»°blr^ mit -er wöchentliche« Unterhaltungsbeilage: Mer Sonntagsblatt. Ni«« M SprochchmS» »er KrSakttou mitMwmchm« -*r Sonntag, nachmittags 4—» Uh». — T«l»gramm.^Sr»ss,r Lagrblatt ft««Mbtrge. -vmstrech«, S3. x»»» Mtzal! sAsat«»»»« gü» mwerlangt »1ug»sao»t» Manuskript» kam» SnvLhr nicht geleistet «rr-en. Nr. 20S. Donnerstag, 4. Seprember 1913. S. Jahrgang. Diese Nummer umfaßt 8 Seiten. Das Wichtigste vom Tage. Eine neuerliche Aenderung des Reichsbeamten- BesoldungSgesetzeS wird für die bevorstehende Tagung des Reichstages in Aussicht gestellt. * Der persönliche Adel ist in Württemberg durch eine Verordnung des Königs für die Zukunft auf - gehoben worden.*) * Gelegentlich einer Umfrage über die französische Fremdenlegion sprachen sich zahlreiche deut sche Parlamentarier aller Parteirichtungen scharf gegen die Fremdenlegion au».*) » In Erfurt begann gestern vor dem OberkriegS- gericht des 11. ArrneekvrpS di« Verhandlung in dem Berufungsprozetz der wegen Aufruhr am Kontrollversammlungstage zu schwe ren Zuchthausstrafen verurteilten Reservi sten. * In Budapester politischen Kreisen will man in Ersah, rung gebracht Haven, daß Graf Berchtold Ende September von seinem Posten zurücktreten wird und durch den Grafen Otto Zerntn er, setzt werden soll. Der telegraphische Verkehr zwischen Frank reich und England ist in letzter Zeit durch Sa botage englischer Telegraphenbeamten empfind lich gestört worden. Nähere- »'ehe an anderer Ste'ie Mutmaßliche Witterung am S. September; Nord- ostwind, heiter, tagsüber Würmer, trocken, -dr Frankreich unä äie Bagäaäbahn. In die dunklen Andeutungen, mit denen der Temps deutsch-französisch «Der Handlungen Über die Bagdadbahn ankündtgte, kommt allmählich etwa» Licht. Wie aus Paris gemeldet wird, suchen französisch« Ka pitalisten das Bahnprojekt Bagdad. Hom» Wieder in- Loben zu rufen, das vor vier Zähren schon einmal ernst, haft erörtert wurde. Damal» hatten französisch« Finanz- männer eine Bahn quer durch Mesopotamien bauen ivvll Rettung. Skizze von F. S. -«vard-Burleigh. Uflachdru» »«.»> > .) Und die Glieder, matt und träge, Schlepp' ich sott am Wanderstab, Bis mein müdes Haupt ich lege Ferne in «in kühles Grab. Die Sängerin schwieg, und um mich her mar wieder liese Stille. Ist es nicht sonderbar, daß jenes kleine Lied- chen mir zum Lebensretter wurde? Vor wenigen Tagen Miren neue Mieter in die Rebenwohnung eingezogen. Ich hörte deutlich durch die dünne Wand, daß Nägel eingeschla« gen wurden, mit Möbeln gerückt wurde, und daß eine weib liche Stimme alle Anordnungen traf. Diese Stimm« hatte einen se tsamen Klang, und ich hätte schwören mögen, daß dieser Klang nur einer auf der Wett eigen war. AVer es erschien mir nicht möglich, datz gerade sie hier in meiner un mittelbaren Nähe weilen sollte. Und wenn ich auch den Mann, der mit ihr spricht, nicht sehe, so weih ich doch, datz nicht e r es ist, um dessentwtllen sie mich verttch. Der war ein fader Geselle und hatte eine unsympathische Stimme, und der Mann hier hat ein angenehme» Organ. Sie Haven ein Kind, das lacht flitz und fröhlich. Und da» Lachen kommt mir vertraut vor. Wo habe ich e» schon «hört? Ich kann mich nicht besinn«». Für dieses Mal hat sie mein Leben ge rettet. Dicht neben mir liegt ein Revolver, vor zehn Mi nuten war er in meiner Hand, gegen meine Stirn gerichtet, und der kalt« Stahl flüsterte von Vergessen, Erlösung und Ruhe. Al» mein Finger auf dem Drücker lckg, da hörte ich leise Tön« auf Lew Klavier anfchlagen und eine silltze Stimme jenes Liedchen singen. Ich möchte ihr meine Hand entgegen strecken und sie fbegen, ob sie mir einen Ott «eisen kann, der einem armen Blinden Zuflucht und Ruhe Vittel. Bis jetzt ist sie mir noch nicht begegnet. Zn mir ist Unruhe, Freude, Sehnsucht und Schm«rz, wenn ich st« fing»n, oder mit dem Kinde sprechen hör«. Da» kleine MeV hat st« nicht wieder gesungen, aber hundert anderen have ich in mei. ner Einsamkeit gelauscht. Wenn der Mann mir auf der len. ES Waren nicht rein wirtschaftliche Ziele, die von Frankreich aus mit diesem Bahnbau verfolgt wurden. Homs liegt im Hertzen Syriens, und Einfluß, in Syrien zu gewinnen ist von jeher das Ziel französi scher Politiker gewesen. Die syrischen Christen waren, das zeigte schon das Eingreifen Frankreichs in die Kämpfe zwischen Drusen und Marontten vor 50 Jah ren, von jeher Schützlinge der französischen Polittt, und so wenig auch der französische Staat im Inneren von der Kirche noch Wissen will, in der Welüpolttik be nutzt er sehr gerne Frankreichs Vergangenheit als Schützer der lateinischen Christenheit auch für Zwecke der Gegenwart und der Zukunft. Damals war. es haupt- sächl,a) der Widerstand Englands, der das fran zösische Projekt Bagdad-HomS zum Scheitern brachte. Lian durchschaut« eb«n an der Themse d.e wahren Ab sichten der französischen Bahnpolitik in Syrien, und soweit ging da» herzliche Einvernehmen doch nicht, daß man eine Festsetzung de» Ententebruder« gegenüber Zy. Pern begünstigen wollte. Bi» heute soll di« britische Diplomatie ihre Abneigung gegen den französischen Bahnbau in Syrien nicht aufgegeben haben, und de«, halb will man in Pari» versuchen, sich mit Deutsch, land zu einigen. Die Gegenleistung, di« Deutschland für di« Zusttm- mung zu diesem Bahnbau erhalten soll, wird, wie schon gemeldet wurde, darin bestehen, daß da» französische Kapital sich von der Bagdadbahn zurückzieht. E» würde da» sicherlich vom deutschen Standpunkt au» zu be- grüßen sein, aber e» wird doch immerhin nötig sein, die Gegenleistungen, die Frankreich sich au-bedingt, etwa» schärfer in» Auge zu fassen. Da muß man doch fest stellen, daß eine Bahn von Bagdad durch Mesopotamien nach Hom» den gesamten für die Mtttelmeerländer be stimmten Anteil de» Verkehr» von Bagdad von der Bagdadbahn ablenken würde. Denn der Weg übep Hom» zur Mtttelmeerküste ist entschieden kürzer al» die Trace der Bagdadbahn, und in einer Epoche, in der mehr denn je Zeit Geld bedeutet, ist di« kürzere Der- kejhvsstrecke stet» vor der längeren im Vorzüge. Ein französische» Bahnprojekt Bagdad—Hom» wird aber um so bedenklicher für Deutschland, al» Deutschland zum mindesten ein ebenso starke» Interesse wie das britische Reich daran hat, daß Syrien vom französischen Einfluß frei bleibt. Zwar hat «» dort nicht politische Macht- Interessen zu verteidigen, aber e» hat auch nicht politische Ziele anderer Mächte zu fördern. Und di« Gefahr liegt nahe, wenn da» französisch« Bahnprojekt, so wie e» in Pariser Blättern angedeutet wird, zur Ausführung kommt, Frankreich erstreb« mit diesem Bahnbau Ein- fkuß in seiner Interessensphäre Syrien, die e» sich mit Treppe begegnet, will ich ein Gespräch mit ihm aNfangen, nur um die Möglichkeit zu haben, mit ihr in Verbindung zu kam- men. Gr scheint aber zurzeit nicht hier zu sein. Ich habe noch nicht ausgesprochen, warum ich lebensüberdrüMg 'war. Wer nie ein Weib mit allen Fasern seine» Sein» geliebt hat, wird mich vielleicht nicht verstehen. Vor acht Jahren begegnet« uns.eine Frau, die wich so bezauberte, datz ich nicht von ihr lassen konnte. Damals konnte ich noch sehen. Ihre Schönheit und Anmut erleuchten noch heut mein« Dunkelheit. Und ich meinte, datz aus ihren großen Augen ihre reine, schöne Seele zu mir spräche. Mein Leben hätte ich für sie hergebon können, so tief war meine Liebe. Md diese Liebe wurde erwidert, und Dorothee wurde mein Weib. Wir verlebten drei Jahre ungetrübten Glücke» miteinander. Die Götter müssen un» dieses Glück geneidet haben, denn sie sandten «inen bösen Geist, der e» zerstört«. Eie verlieb mich, um des Elenden willen, von dem ich schon gesprochen habe. Ganz plötzlich, ich weitz es heute noch nicht, wie e» geschah, glaubte ich, sie ertappt zu haben. Ich flehte zu Gott, datz sie leugnen und ihre Unschuld beweisen möge. Aber sie schwieg. Angst voll sah sie mir in di« Augen — so schien e» mir in meiner Aufregung, und ich glaube, ich vergriff mich an dem zarten Wesen, da» die Züge der Frau trug, die ich so unsäglich liebte. Da legte sie di« Hände über di« Augen und verlieh schluchzend da» Zimmer — und da» Hau». Da» hatte ich nicht gewollt. Heim und Zufluchtsstätte wollte ich ihr, trotz allem, nicht nehmen. Aber sie zog es vor, zu gehen — mit ihm — so nehm« Ich Un, denn ich habe nie danach geforscht. Mit ihr hab« ich alles verloren, Liebe, Licht, Glück und mein« Nrbeitsfroudtgkett. Nach einem Jahr hatte ich meine Praxi, aufgvgeben, und noch «in Jahr Witter — e» scheint, ich bin dazu bestimmt, jede» Leid durchzukosten — -alte ich da« Augenlicht verloren. Kein schleichende» Uebel, da» mir Zett zur Vorbereitung auf di« ewige Nacht gegeben hätte — nein — ganz plötzlich herrschte Dunkelheit um mjch. Und in der trostlosen Finsternis seh« ich ihr Gesicht, wie ich e» zuletzt sah, mit jenen gequälten Aufdruck in den Augen. Jetzt nach langer Zett will e» mir scheinen, al» hätte ich zu hart mit ihr gest rochen, und kam wage ich r» mir selbst einzugestehen, historisch sehr anfechtbarer Begründung zurecht gelegt hat. Daß eine solche Stärkung des französischen Ein flusses aller Wahrscheinlichkeit nach auf eine Schwäch ung de» Türkenreiches hinausläuft, da» beweisen die Erfahrungen, die gerade Wir Deutsche mit der fried lichen Durchdringung Marokkos gemacht haben. Btt der Bedeutung aber, die für uns ein« gedeihliche, ruhige Entwicklung der astatischen Türket erlangt hat- ist jede Störung dieser Entwicklung durch solche Durchdringungs versuche vom Uebel. Wa» die Pariser Blätter über die deutsch-französischen Verständigungsverhandlungen über vorderasiatische Bahnen bringen, ist für Deutschland so mit nicht unbedenklich. So wünschenswert auch eine friedliche Verständigung Deutschlands und Frankreichs auf irgend einem Teile der Weltenbühne in der Theorie st, in der Wirklichkeit mutz Deutschland gerade nach den Erfahrungen in Marokko mehr denn je darauf achten, datz nicht der Schaden einer solchen Verständigung größer ist als der Nutzen. Und dies« Sorg«, datz e» so kommen könnte, scheint, wenigsten» nach dem zu ur teilen, wa» au» Pari» über di« deutsch-französtschen Einigung-Verhandlungen verlautet, nicht unbegründet zu sein. VpferwMgkett. (Bon unserem Berliner iS - Mitarbeiter.) Man spricht so oft davon, datz in der Zett de» Realis mus der Sinn für das Ideale fast gänzlich geschwunden sei. Gleichwohl aber kann .man erfreulicherweise die Wahrneh- mung machen, datz diese» Urteil doch zu weit geht und vor allen Dingen nicht verallgemeinert «erden darf. Geralde in den letzten Jchren haben wir mehrfach Gelegenheit gehabt, das Gegenteil jener Behauptung zu beobachten, indem gern« auch für ideale Zwecke Opfer beigesteuert wurden. Bei der jüngsten grotzen Militärvorlage hat der Wehrbtttrag allgemein ein freudiges Echo geweckt, und diejenigen, die ihn zu tragen haben, trösten sich in dem Gedanken, datz,ste das tun im Interesse der Allgemeinheit, zugunsten de» militätt- schen Schutzes der Heimat. Es ist in der deutschen Geschichte nicht oft dagewesen, datz sich solche Bereitwilligkeit zeigte, eine neue Steuer zu tragen, ein Moment, das uns mit Ge nugtuung erfüllen mutz, denn die auf diese Weise etnkom- mende Summe wird genügen, um einen grotzen Teil der Kosten der Milttärvorlage zu decken und überdies darf die ganze Idee insofern al» recht glücklich bezeichnet werden, als die unteren Vermögen völlig verschont bleiben. In nicht geringerem Matze zeigte sich die Opferwilligkeit de» deutschen Volke» auch bet der großen Flugzeugspend«. Hatte seinerzeit schon große Begeisterung geherrscht, al» es gatt, dem Grafen Zeppelin beizuspringen, al» ihn da» Unglück als hätte ich sie fatsch -verdächtigt. Und dieser Gedanke mar- tert mich unaufhörlich. Ich glaubte, nicht weiterleben zu können, und griff zur Waffe, da rief mich einer Frau Stimm« zum Leben zurück. Ich bin ihr begegnet. Im Hause finde ich mich ohne meine» Diener» Hilfe zurecht. Al» ich die Treppe herauf stieg, hörte ich das leise Rascheln eines Kleides, da» Trip- peln von Kinderfiltzchen und ein« leise Stimme mahnend spre chen: Nicht so schnell, Liebling, damit du nicht fällst. Und scheinbar hatte der kleine Kerl sechs Stufen auf einmal ge nommen, denn plötzlich lag er atemlos an meiner Brust. Glücklicherweise hielt ich mich am Treppengeländer sch, so. daß der Anprall ohne Schaden für uns beide ablief. Ich lüftete meinen Hut und sagte in scherzendem Ton: Es tut mir leid, gnädig« Frau, daß ich Ihrem Söhnchen den Weg versperrt habe. Mit dem den Blinden eigenen Instinkt wußte ich, daß sie erschreckt einen Schritt zurückgewtchen war. Erst nach geraumer Zett sprach ste: Ich, ich wußte nicht, daß — Ich nahm» an, sie meinte mein« Blindheit. Beim Herauf, gehen erwidert« ich au» einem mir unerklärlichen Empfinden heraus: Glauben St« Mr, e» gibt im Leben schlimmere» als Blindheit. Al» ich den Schlüssel in di« Tür steckte, schien e» Mir, daß sie noch immer auf demselben Platze stand, von Bewegung übermannt. Entgegen meiner sonstigen Gewöhn- httt erkundigt« ich mich Sei Denham, meinem Diener, Füh- rer und einzigen Freunde, der alle» wuhte, wa» im Hause vovging, nach den neuen Nachbarn. Und prompt kam di« Antwort: Di« Dame ist Witwe, und der Herr ist ihr Schwa ger und hilft ihr betm Umzug. Di« Dam« hat sich ganz schnell entschlossen, wieder fottzugehen, denn die Wohnung soll möbliert vermtettt werden. E» ist närrisch und lächer lich, aber ich -ab« da» Gefühl, al» stt die Welt noch öder für mich geworden, als bisher. Da» Unglaublichste hat sich ereignet. Aber ich roar so in Anspruch genommen, datz ich nicht früher zum Schretben kam. Seit acht Tagen bin ich der glücklichst, Mensch unter der Sonne. Für mein Faktotum «ar meine Neugierde der Anlaß zu «ettschwetfenden Berichten über sämtliche Haus- b-wohner. Jeden Morgen wurde mir beim Frühstück da»