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Mittwoch. 27. September Ist l l ' Ilit« A000 nt M, Minsti Nr. 225. Sechster Jahrgang. Ku er Tageblatt und Anzeiger Mr das Erzgebirge »rn»,-!a°''' mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Äuer Sonntagsblatt. .^Ür die Inserate verantwortlich: - —— — ' a. « «MU I U» P. «l»n«r Rr.v». Sprechstunde der Redaktton mit Ausnahme der Sonntag, nachmittag, von «—e Uhr. — Telegramm-Adressel Tageblatt Aueerzgemcgr Fernh»recher ss. j. Lngeb. Seide in An» t. Lrzgeb. Für unverlangt eingesandt« Manustrhtt« kann Gewähr nicht geleistet werdeq. Bezugspreis: Durch unsere Boten frei ins Hau» monatlich 50 Ofg. Bei der Geschäftsstelle abgeholt monatlich pfg. und wSchentltch io Vfg. — Bei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich i.roMk., monatlich eo pfg.— Durch den Briefträger ftei in» kjau, vierteljährlich i--2 INk, monatlich pfg. — Einzelne Nummer zo pfg. — Deutsch« Postzeitungskatalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahme von Sonn- und Fitertagrn. 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Der Generalgouverneur von Indien Hot im Interesse der Eilig, borenenbeoölkerung die Ausfuhr von Reto vorübergehend verboten. e Das italienische Paketboot Regina Margherita ist unbehelligt von Konstantinopel in Alexandria ein- troffen. Mutmaßlich« Witterung fl« Donwerchrg; Südwestwiud, heiter, «arm, -trocken. "Wc Italiens neuestes Aventener. Fünfzehn Jahre find im Leben eines romanischen Volkes fünfzehn Ewigkeiten. Was vor der kurzen Zeitspanne weniger Jahre sich ereignet hat, und würe es auch eine nationale Kata strophe, Ist längst ins Meer der Vergessenheit getaucht. Um ersten März 1898 fand das abessinische Abenteuer Italiens in der Schlacht bei Adua ein furchtbares Ende. Ein.Ende, dessen Folgen sich noch Jahre hinaus der kolontalpolitischen Stellung Italiens schwer fühlbar machten. Jetzt stcht Italien, durch diese Erfahrung unbelehrt, im Begriff, kopfüber sich in ein noch schwie rigeres Unternehmen zu stürzen. Hat Italien vor fünfzehn Jah ren die militärische Stärke und die Stoßkraft des religiösen Fa natismus in Aethiopien arg unterschätzt, so schickt .«tz sich setzt an, denselben schweren Fehler zu begehen. Die Türkei, die recht mäßige und tatsächliche Besitzerin de» Wilafetts Tripoli«, Ist heut«, nach dr Reorganisation ihrer militärischen Streitkräfte, durchaus »««Pli di« itbarkeit d«s . „ , Am hekann- i«. ver Tusgana»puntt araoanEaßen. Tripoli», dessen Einwoh. t «ich, HM Handeftplatz «oneintg« von Tripolft lisch« »ch^ikantsch«^^dt«! Tripolis. Abermals Ist es ein nordasrikanksches Land, dem sich di« Aufmerksamkeit de» politisch interessierten Europa zuwendet. Tripolis ist es, das türkische Wilajett, da» im Osten an Aegypten und im Westen an Tunis grenzt und im Süden noch Fessan einschtteßt. Mit Fessan und Barka Umfaßt Tripolis etwa 1 VSVVüO QuadraMlometer, ist also doppelt so groß als da» Deut sche Reich. Die Einwohnerzahl wird auf ein« Million geschätzt. Tripoli«, das alte Oea, ward mit den Städten Sabethra und GrosftLiptts von den siztlischen Griechen al» Tripolis zusammen gefaßt. Ein« Zeit lang bildet« Tripoli« M plUWßMW EWM Earthagos, die »sglo kz-rtlo«. Spät« kam es an die Römer, Im siebenten Jahrhundert wurde es von den Arabern -erobert. Seine Unabhängigkeit erlangte «s erst im 1V, Jahrhundert. 1809 aber unter der Regierung Karls V. kam es unter spanisch« Hen. schäft, 1851-murd« «dann von den Türken «robert. Und un ter ihre, Herrschaft LlieS es. Tripoli« «ar Jahrhundert« hindurch da« «fürchtetst, Land der Seeräuber. Erst di« französisch« Eroberung Algier« im Jchr« 1880 macht« dem Unwesen der Seeräuber an der trtpolitanischen Küste »in End«. Im Jnn«r«n des Laich« sind die Zustand« h«ut« noch «entg «greulich. Di« halbwilden Lolksstämme machen da« Land ziemlich unzugänglich. Tripoli« ist dcher da« nordafri. kanisch, Land, da« Li» letzt am wenigsten von Europäern L«eist und erforscht wurd^ Go kommt«« auch, daß -um -Bei' ' Angaben über di« Beoülkerungszahl und di« Fruchtbai wüst,»reichen Lande» ziemlich auxinander aehem Am testen ist die Hauptstadt Tripoli», ver «uogai LcheutenLer Sudan^Karavs . nerM auf 40 0<» geschätzt «ich, H M Handelsplatz Bedeutung. Au»g«fuh»t »erden au« dem -chn < namentlich Atraußfederq, «afftan» EkftwbMn, Sold gra». wie bei viel«« orientalisch«» und afrikanisch in d«r Lag«, «inen italienischen Vorstoß zu Lande mit Erfolg abzuwHren. Da» ist aber «nicht da» wichtigste. -Hinter den etwa 180 000 waffenfähigen Trtpolitanern stehen im Hinterland» von Tripoli» viele Hunderttausend« fanatischer Mohammedaner, An- gehörige jener wegen ihrer Tapferkeit uNd Grausamkeit gefürch. teten.religiösen Orden, deren Einfluß sich im Kriegsfall auf fast da, ganze nördliche Afrika erstreckt. Wie ein« vom Sturm g«- peitschte.Flutwelle würden diese fanatischen Scharen,/wenn irgend ein neuer Mahdi hen heiligen striez predigt, sich über Tripo li» ergießen und alle» wegfegen, was nicht orthddox-mohamme- dantsch ist. Die Bundesgenossen Italien» sehen dem, tripolitanischen Abenteuer mit berechtigter Sorge entgegen; ein Recht zum Ein- spruch steht ihnen indessen, wie die Ding« Stegen, nicht zu. Frank reich und England haben durch da» Abkommen vom 24. April 18SS den Italienern eine Art Vormachtstellung in Tripolis zu- erkannt, und Frankreich hat überdies §als Entschädigung für di« frei« Hand in Marokko der italienischen Regierung Vie freie Hand in Tripoli» in aller Form zugssagt. Italien wird also sein gefährliche» Vorhaben ohne Störung beginnen können. Um so schlimmer ... Die militärische Expedition Italiens nach Tri poli» wird voraussichtlich schon in Nächster Zeit Mr Tatsache weiden. Alle Vorbeitungen sind getroffen, zwei Geschwader Men aktionSbereit unter Volldampf. Die Lage ist, wie auch die Kölnische Leitung auf Gruitd Mer Berliner In formation feststem, recht ernst geworden. So ernst, daß die matz, gebenden deutschen Stellen poch in letzter Stunde Me Ueber- redungskünst« aufbieten, Italien von dem gefährlichen Schritte, dessen Folgen heute poch ganz unabsehbar sind, Mumahnen. Das offiziöse rheinische Blatt Mnn noch immer nicht daran glau- ben, daß Italien tatsächlich die.Absicht Labe, Tripolis zu besetzen. In Rom muh man wissen, sagt die K. Z., welche Verantwortung man auf sich nimmt, wenn man gleich einem Blitz aus heiterem Himmel eine militärisch« Expedition nach Tripolis unternimmt. Eine solche Expedition ist eine Sache, won der man wohl ungefähr weiß, wo sie anfängt, .nicht aber, wo.sie «ndetl Dis Warnung kommt allem Anscheine nach zu spät. Die leitenden Kreise Italiens find offensichtlich entschlössen, die seit Jahren schwebende Tripoltsfrag« im Anschluß an die marokkanische Neu regelung gum Abschlüsse zu bringen. Noch sind nicht <alle Brücken abgebrochen, noch gibt man -sich in Italien der Hoffnung hin, daß die Türket gutwillig die italienischen Ansprüche auf eine zu nächst wirtschaftliche Sonderstellung in Tripolis anerkennen werde. Die in der Türkei herrschende Erbitterung über das eigenmächtige Vorgehen Italiens, über die Taktik, dürch Kon zentrierung einer starken Flott« «inen starken Druck auf die Tür kei auszuüben, läßt jedoch die Hoffnung als wenig aussichtsvoll erscheinen. Für den Augenblick find der Telegraph und da» Telephon zwischen Italien und der übrigen Welt für -alle politischen Nach, richten außer Betrieb gesetzt. Nur spärliche offizielle Mitteilun gen werden durchgelassen. Auch die italienische Dresse ist mundtot gemacht, und die Regierung hat, wie gemeldet Mrd, die strengsten Maßnahmen getroffen, um di« genaueste Beobachtung der im Strafgesetz enthaltenen Bestimmungen über dieDerLr«i. tungm'ilitärischerNachrtchten durch die Dresse herbei- zuführen. Dennoch ist ein« Bestätigu ng dafür, daß italieni sche Kriegsschiffe tatsächlich nach Tripoli» unterwegs sind, eing«. gangen. Mehrere von ihnen find -südwärts dampfend, von der englischen Felleninsel Malta au» gesichtet worden. Neue Nach richten, daß die Schiffe bereits die afrikanische Küste erreicht oder Truppen ausgeschifst hätten, liegen indessen nicht vor. Ein« Bestätigung für die Absichten der italienischen Regte, rung, die etwaige Ablehnung ihrer Forderungen in Kon stantinopel -um mffchesten mit einer ernsten Demonstration zu beantworten, kann man aber in der offiziellen Erklärung, in der die Aufnahme einer Anleihe für unnötig erklärt wird, er blicken. Etwa» reichlich an Zahl, aber ziemlich unbestimmt find die au« Konstantinopel -vorliegenden Meldungen, die nur die starke Erregung widerspiegeln, di« in dortigen politischen Krei st« durch die Aktion Italien» erzeugt wurde; denn auch der tür rischen Presse ist die Veröffentlichung, aller Nachrichten über Truppen- und Schiffsbyoegungen verboten «sichen. Tiefe» Schweigen herrscht über die lebhaften diplomatischen Unterhandlung«», die Mischen den Mächten im Gange sind, doch scheint von den meisten Regierungen, auch von Eng- land, an Italien der Rat .erteilt worden zu- sein, den Bogen nicht zu Überspannen. . Die römische TriLuna meldet au» Tripolis: Di« Lage wird von Stunde zu Stunde er nster und ruft.«ine immer stär. kere Beunruhigung in der gesamtn Bevölkerung hervor. In der italienischen Kolonie fürchtet man immer mehr, daß ein .Sturm des Hasses durch die Türken gegen sie losbrechen könnte. Fort während verlassen Italiener da» Land und gestalten dadurch di« Lage Mr jene, die zurückbletben müssen, Nm so.ernster. Auch die arabische Bevölkerung ist schr beunruhigt, vor allem die AraLerscheichs. Diese haben immer mit den Italienern sym pathisiert, mit denen sie in Handelsbeziehungen stehen, aber ihre Lage ist schwierig und heikel. Wie di« Tribuna weiter schreibt, hat am Montag -ein Ministerrat stattgefunden, in dem die trtpo« titanische Frage von allen Gesichtspunkten aus beleuchtet wurde. Wie die römischen Zeitungen melden, hatte der türkische Bot. schaftsrat in Rom, Seifeddin Bei, -am Montag eine lange Unter redung mit dem Minister des Aeutzern. Di« Borbeisahrt vor Maljtsa. Ein italienische» Schlachtschiffs am Montag vor Malta vorübergefahren. Gestern früh sind zwei Kreuzer so ist auch bet Tripolis der erste, au» der Ferne gewonnene Eindruck der weitaus beste. Schon Nachtigall beonte da» in sei- ner Beschreibung von Tripolis«. Malerisch liegt die Stadt da; aber Zerfall und Verlotterung zeigt sich, schreitet man durch die Straßen und Gassen. Von Tripolis hat vor einigen Jahren ein Redakteur der Münchener Neuesten Nachrichten ein anschauliches Bild entworfen. Er schrieb: Nach schöner mondheller Fahrt tauchte im Morgengrauen «in langer, niederer Streifen auf, dessen oberes End« in der Sonne blitzte. Dort liegt Tripoli» und gerade vor ihm ein braune» Fel senriff, an da« die Brandung schlitzt. Bald kommt sie näher, die «eiß'chimmernde Stadt mit ihren Kuppeln und spitzen Mtnavet- ten und dem schmalen Strande. Ein Palmenwald krönt einen Teil de» Küstenrücken», dessen rotfavbener Felsrand meist steil -um Meer sich senkt. Plötzlich wird'» lebendig chor Tripoli». Boote mit beturbanten, Lloßfllßigen Ruderern, mit uniformierten türkischen Polizei- und Zollbeamten rücken an. Die Paßrevision, die «in vorzüglich deutsch sprechender Türke an Mord unsere. Schifft, vornimmt, ist dank den BeziHungen Cooks mit kurz- bändig«« Eintrag in «ine Passagterltst« schnell -erlHigt. «ei der Ausbootung M es afrikanisch-italienischen Krawall, den» jeder d«r BootsMhrer will der erst» an der Falltreppe sein; da hilft lein Schimpf« und Schreien der Schifftoffiztere und Kaftn. beamten, di, rücksichtslos auf die braunen Hände treten, dl« sich an di« Tr«pp«nstuftn gMamnwrt hab«». Schließlich landen wir trotz de» Sturme» unter den Bootsleuten — d« After ist ruhig -in d»r Bucht oon Tripoli». Wett hinaus ist-ter d« rU. reich, Meer so seicht, da» größer« Schiff« ncht «infabr« können. La» schein«« M* sanguinisch«« Jtakftn« nicht zu «iss«, di« dem militätischen Deutschland «in» unüberwiMch« Sehnsucht nach wenn man Tripolis sieht und davor an Malta mw di» w««o«» MÄH' M ängstlichen Italiener beinah« mir gurem metyr verspanen. »rr« v-Ns ist Mar zu« T«il mstSchungswiällen umspannt; doch dies« Mauern haben kaum mehr strategischen Wert al» die hölzerne Kriegsschalupp« uralten Systems, die mit zwei türkischen Feldge- schützen auf Deck den Eingang zum Zollhaus bewacht. Hier er warten uns türkische Offiziere und Hafenbeamte in hohen Stul penstiefeln und sauberer goldstrotzender Uniform: ein merkwür diger Kontrast gegen die vielfarbige afrikanische Volksmenge, die sich Kopf an Kopf am Landungsplätze drängt. In Tripolis tst noch urwüchsigerAfrtkanerboden; die türkische Oberherrschaft vermochte ihm keine eigenen Merk male aufzudrllcken, und internationale Kolontsakioaakünste haben hier noch nicht eingesetzt. Die paar Europäer in Tripoli» bedeu ten nicht» gegen die nahezu 8Ü OVO Afrikaner und orientalischen Archen. Am Vormittag nach unserer Ankunft in Tripoli» herrschte noch ein emsiges Schaffen in den von Arabern und Juden be setzten Verkaufsräumen und Handwerkerstellen der Basarstraße. Auch im Türkdnviertel regte man sich Lei der Arbeit. Al» aber immer größere Mengen festlich geschmückter Araber, Berber, Be duinen, Mauren, N«g«r usta. hereinzogen von der Mist« zu, schmalen Meereidüne, dorthin, wo der tripolitanisch« Markt sein, Stätte -al, M> di, schwer bepackten Kamel« da. Half« (Wüst-engra», zur Papterfabrtkatton in England begehrt) und all die vielen Handelswaren aus dem Innern Afrikas nieder, legen, da schloß man in der ziemlich ansehnlichen Afrikanrrstadt di« Werktag,statt«» und lief auf di« Straß«», in deren Engen sich gar bald di« Massen stauten. Der Gouverneur von Tripoli» wollt« den Dergnvgungsreiftnden de» KörL»r di« Plattform sei, ne» Palast« zur Verfügung stell«, damit st« am heutigen Mw hamm«dan<rftst« Missaya, «in« Art All«rhetltz«nt^i, den Zug der Marabu, in aller «u-.'bckchäuen könnten. Nach unserem Ausflug zur nächsten Oaft am Raffd d«v unendlich sich wettend«» wüst« und zu einem urwüchsigen N»g«tdorf»,«Lr tn Tripolis an Mn LuMWnmen »um Patch, des Gmunrneu« nicht meh^ ru denken, «o grsellt» man sich einzeln selbst zum Marabuzuz« und sch Btkd« und «M,n. dt, j«d« P-otographenkunst trotz«. Und in ihr« Eigenart und FarbenMe di, ganz« wunderpracht b«