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Der sächsische Erzähler : 16.07.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-07-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-192207169
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-19220716
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-19220716
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Der sächsische Erzähler
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-07
- Tag 1922-07-16
-
Monat
1922-07
-
Jahr
1922
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 16.07.1922
- Autor
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an- den „Sah der Vermißte nicht so und so aus?" ,2a — das ist er!" „Der stand gestern noch spät im Gan« des nächsten Schlafwagens mit einer blonden — übrigens sehr hübschen — Dame. Sie rauchten Zigaretten." „Hm — da möchte man doch mal nachsehen —" „Ausgeschlossen — jener Wa gen ist schon heute früh 3 Uhr abgehängt worden und geht nach Coblenz, ins besetzte Gebiet." Prost Mahlzeit! Sozu sagen nackt, nur mit einem Schlafanzug, einem — vermutlich nunmehr leeren — goldenen Zigarettenetuis, ein paar Schlüpfen und einer fremden, blonden Dame bekleidet, ohne Geld, ohne Uhr, ohne Paß auf dem Wege . . . Eine ata vistische, hilfsbereite Rückerinnerung steigt im Oberbettler auf und er macht sich ernstliche Vorwürfe, daß er nicht wenig stens die Sachen hinübertrug zur blonden — übrigens sehr hübschen — Dame. Seht, meine lieben Vierten-Klässer, das alles macht ihr nicht durch — in eurem Bummelzuge! Deutscher Hausspruch. Gott lasse dieses Haus besteh'n Uich laß es Glück und Freude seh'n, Solang« Deutschland steht und hält. — Wenn Deutschland aber sinkt und fällt. Am selben Tag, zur selben Stund' Schlag Gott dies Haus in Trab und Grund. Er»st o, Wildevbruch. jbirischc Expreß nach Wladiwostock. Bold noch zwei Wochen i«n die Reise." Und nachdem ein original amerikanischer § Stiefel ein echt deutsches Hühnerauge zermalmt hat, verliert lMHer ZMAer M M-ottMWWHle des Bahnsteiges» 2 »»>! t j«. ... > braucherschaft. (Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokra ten.) Mich werden Sie zu einem Abbau der Wuchergesetz- gebung nicht bereitfinden. In allererster Linie müssen jetzt di« Klagen der Verbraucher berücksichtigt werden, die furcht bar zu leiden haben. (Lebhafter Beifall bet den sozialistischen Parteien.) Damit schließt die zweite Beratung. Nächste Sitzung: Sonnabend 2 Uhr: Reichs-Krlminal- gefetz, Beamten-Disziplinargesetz, Zwangsanleihe und dere Steuervorlagen. Der Zeitungs-Knigge. Einen sehr anschaulichen Einblick in das so viel gestaltige Getriebe einer modernen Zeitung gewährt das soeben im Rahmen der „Zellenbücherei" bei Dürr L Weber in Leipzig erscheinende Buch: „Wie ent steht eine Zeirung? Tagebuchblätter eines Redak teurs". Von vr. Hans Simon. Der Verfasser teilt hier auch einen sehr beherzigenswerten „Zei tungs-Knigge" mit, dem wir einige Aphorismen" ent nehmen. Die Schriftleitung. Redakteure sind auch nur Menschen, die sich Irrtum Vor behalten müssen. Das vergiß nicht. Zeitringen werden in denkbar kürzester Zeit mit der Uhr in dev-Hand hergestellt. Das sollte manche Flüchtigkeit erklären und — entschuldigen. Halte bei Redaktionsbesuchen den Redakteur nicht un nötig auf, denn seine Zeit ist kostbar, seine Höflichkeit aber unerschöpflich. Vergiß nicht, daß die Zeitung jedem etwas bringen soll und daß sie nicht nur deinen besonderen Wünschen und In teressen dienen kann, Bist du mit deiner Zeitung zufrieden, so sage es den an deren, bist du unzufrieden, so sage es der Redaktion. Bist du durch ein Inserat zu einem Einkauf veranlaßt worden, so sage dem betreffenden Geschäftsmann, in welcher Zeitung du das Inserat gelesen hast. . Unterstütze den Inseratenteil deiner Zeitung. Wirb für deine Zeitung, denn du stärkst damit das Zei tungsunternehmen und hast selbst die Borteile der gesteiger ten Leistungsfähigkeit des Blattes. Laß deine Zeitung, wenn du sie nicht mehr benötigst, gelegentlich in der Eisenbahn, Straßenbahn, überhaupt dort, wo fie Leser finden kann, liegen, damit sich vielleicht neue Anhänger und Abonnenten des Blattes finden. Hat der Verlag deiner Zeitung eine Druckerei, in der auch andere Druckausträge erledigt werden, so lasse deine Drucksachen dort Herstellen. Unterstütze deine Zeitung, wo du nur kannst, denn von Abonuementsbcträgen allein kann sie nickt erlstieren. Aus dem Gerichtssaal. * Gegen die Gründer und Inhaber der Ekbtat-Sport - Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Dresden verhan delte jetzt das Landgericht Dresden, Anklage war «hoben Krrxuszüge. Hcii.r- Bilder von Gustav Herrmann. Wer jetzt im Sonnenbrand, zum Ölsardinendasein ver dammt, auf einem Beine stehend, einer wackeligen Kiste hok- ikend — zwischen zwei Puffern hängend oder am Trittbrett angeklebt, IV. Güte Personenzug in die Sommer-„Frische" ; „eilt", schau nicht neidisch auf die glücklichen Vorfintflutlcr, ! denen ein Luxusexpreß, nur I. Klasse und Schlafwagen, nebst ! rollendem Restaurant, Flügel verleiht. Oder doch einst ver- jlieh- Denn wo sind sie dahin, die Nord-Süd-Expreß bis zum italienischen Stiefelabsatz — die Nordexpreß Ostende—Mos kau mit dem wöchentlichen Wurmfortsatz Transsibörien — endend in Wladiwostok? Das Fliegen ist uns ausgetrieben worden. Aber noch glüht manches Erlebnis und kichert aus der Erinnerung. Zwei von ehegestern und eines von heute gründen sich zum Ring, darin die Luxuriösen Mittelpunkt sind, wie der Clown in der Manege. Passierte einst der Brenner-Expreß im Winterschnee ! keuchend Windisch-Matrei, als er plötzlich auf freier Strecke jin der Öde stehen blieb, gleichwie bekennend: Ich habe die i Kletterei satt. Nebenbei gesagt — wem geht es nicht bei i jeder Bergpartie immer wieder so? Hier mar aber der Grund doch ein anderer — die Blockierung des Gleises durch ! Steinrutsch hatte dem Signalarm Veranlassung gegeben, mit drohend vorgcstrecktem Zeigefinger der Riessnraupe Halt zu gebieten. Einem hochzeitrcisenden jungen Paare, das dicht aneinander geschmiegt, gerade vom Mahle in den Zug ge teilt sich allerhand Blühendes von südlicher Nächtepracht zu raunte, schien dies auch nicht unwillkommen, denn auf die Mitteilung des Zugführers, unter einer Stunde sei an Wei- tvrfahrt nicht zu denken, sprangen sie, unbeschwert von Män- , teln und Sorgen, die schneeige Halde wie zwei Gemsen em por und waren bald jedem Äuge entschwunden. Nach kauni 20 Minuten streckt der Signalarm seinen Finger wieder hoch, ein dozierender Schulmeister, der sagt: „So, Kinder, nun macht's weiter, seid aber hübsch artig!" Die Wagen- ! Hüter treiben ihre Schäflein ein — aber das junge Kletter paar ist nicht herbeizuschaffen. Heulende Sirenenrufe der ; Maschine — nichts fruchtet. Sollten die Herrschaften viel- § leicht auf eine Alm gestoßen sein, wo's ka Sünd gibt? Sor- i genvoll stöhnend setzt der Zug, nach langem Zögern, seinen > Weg fort, mit den, unter mancherlei Reden, bewaffneten und i nackten Auges die weißen Wellen nach den Verschollenen ab- suchenden Insassen, und dem gesamten Gepäck der Neuver- ! mahlten- Ihrem reizenden Spitzcnichlafröckchcn (was hatte es der sorgenden Mama für Mühe bereitet, dieses von mei sterlich angebrachten Zäsuren durchbrochene Batistgcdicht .auszujuchen!), seinem seidenen Pyiama, den Odeuren, Ziga retten usw., usw. . . . Die Dichter behaupten ja zwar. Raum sei in der kleinsten Hütte für besagte Zwecke, sie sind aber meist, milde ausgedrückt, große Ferkel und merken gar nicht, wie dreckig es dort ist und daß es stinkt. Der „Bri- dal room" im Danieli zu Venedig wär« doch geeigneter ge- wesen.«.»« « Rrrrr , . . Bild: Bahnhof Friedrichstraße, Berlin. Der Nordexpreß ist eben eingefahren. Herr Hilfsbereit installiert i sich in seinem Schlafwaqenkupee, aus dem ihm sein schon j vorhandener Nachtgenosse, ein vierschrötiger Panker cnt- , gegenbullert: „Js das Bahnhof Friedrichstraße?" „Aber gern — gewiß!" „5' Brande« «ine Gefährdung der PraunkohkenbeNefenm- Ber lin« kaum zu befürchten. Die benachbarten Erichen der Ilse-Berabou-Gesellschaft haben unter dem Brand nur we- nig gelitten. Auj den Werken dieser Gesellschaft, die bö kanmlich vor 14 Lagen der Schauplatz von Plünderungen und Ausschreitungen waren, ist inzwischen nach Vornahme einer großen Anzahl von Dechaftungen wieder Stutze einge treten, so daß da» zur Aufrechterhaltung der Ordnung dort hin entsandte Kommando von övO Schutzpolizisten gestern wieder nach Kottbus zurückkehren tonnte. — Der tägliche Verbrauch von Streichhölzern beträgt in Deutschland, aus jeden Kopf der Bevölkerung berechnet, zwi schen 4 und 5 Stück, oder auf Familien von je vier Personen umgerechnet in jeder Familie 16 bis 20 Stück! Das weiß man genau erst seit Einführung der Zündholzsteuer. Das Statistische Reichsamt veröffentlicht bezügl. Angaben, nach denen in Deutschland jährlich rund V3 Milliarden Streich hölzer in 65 Fabriken hergestellt, IS Milliarden vom Aus land eingeführt und 2 Milliarden ausgeführt werden. Die Zündholz-Industrie gibt ca. 5000 Arbeitern Lohn und Brot. — Das Abenteuer eines Amerikaners in Mexiko, das an di« bewegtesten Indianergeschichten erinnert, erregt in den New Parker Zeitungen großes Aufsehen. Ein Mister Bielaski, der früher in einem amerikanischen Regierungsamt tätig war und dann der Präsident einer großen «nenkani- schen ülgesellschaft wurde, fiel Ende Juni in Meriko in die Hände mexikanischer Räuber, die der Ölgesellschaft mitteil ten, daß sie deren Präsidenten -egen ein Lösegeü» von 10 000 Dollar in Freiheit setzen wurden. Daraufhin be gaben sich zwei Beamte der Olgesellschaft im Automobil von New Park nach Mexiko. Aber ehe sie an dem von den Räu bern angegebenen Orte ankamen, trafen sie unterwegs schon auf Bielaski, den sie mit Hilfe des Lösegelde» erst au« der Gefangenschaft befreien wollten. Sie erfuhren, daß Bielaski in einer Erdhöhle untergebracht worden war, daß es ihm aber gelungen war, von dort unter tausend Mühen zu ent kommen, während seine Wächter schliefen. Er kroch dann auf Händen und Füßen durch das Dickicht der Umgebung, wobei er sich an allen Gliedern verletzte, und sah schließlich, als die Verfolger ihm auf den Fersen waren, keinen anderen Weg, als sich von einer Klippe in die Tiefe zu stürzen. Da bei fiel er glücklicherweise in einen tiefen Flußlauf, fo daß ihm der Fall nichts schadete und er in der Laa« war, sich durch Schwimmen auf das andere Ufer zu retten. Als er sich nach kurzer Ruhe von dort aus weiter vorwagte, be gegnete er den Landsleuten, die ihn befreien sollten, und konnte nun mit ihnen und dem unverminderten Lösegeld von 10 000 Dollar nach New Port zurückkehren. Neues aus aller Welt. — Als die Reichshauptstadt ohne Zeitungen war. Durch den Buchdruckerstreik in Berlin, der nahezu zwei Wochen dauerte, war die Reichshauptstadt eine Reihe von Tagen ohne Zeitungen. Infolge einer geordneten Berichterstattung entstanden natürlich alsbald die wildesten Gerüchte. Und da auch ein Papiergeldmangel fühlbar war, weil die Noten presse gleichfalls streikte, so war es kein Wunder, wenn man sich allerlei Furchtbares zuraunte. Trotz seiner „Intelligenz" glaubt der Berliner leicht alles. In Bayern war bereits Kronprinz Rupprecht zum König ausgerufen. Der Kaiser Karl sollte in den nächsten Tagen in Wien einrücken. (Daß er schon tot ist, hatte man längst vergessen.) Alle möglichen Leute mit Namen von rechts und links sollten ermordet sein. — Diese Gerüchte verbreiteten sich sogar über das ganze Reich bis in die kleinsten Städte und beunruhigten manches Spicßerherz. — Der Zeitungsstreik in Berlin bat wieder einmal gezeigt, welcher Kulturfaktor die Presse ist, und daß sie im öffentlichen Leben einfach nicht entbehrt werden kann. — Beendigung des Senftenberger Grubenbrandes. — SO Millionen Mark Schaden. Der anhaltende Regen hat am Donnerstag die Löschaktion der in den Senftenberger Braunkohlengruben tätigen Feuerwehr so wirksam unter stützt, daß gestern abend die Ablöschung der noch glimmen den Braunkohlenfelder vollständig beendet war und die Löschzüge der Berliner Feuerwehr wieder abrücken konnten. Nach den bisherigen Feststellungen geht der aus der Grube Marie III der Anhaltischen Kohlenwerke und auf der Grube Bertha der Niederlausitzer Kohlenwerke angerichtete Scha den weit über die ursprüngliche Annahme hinaus. Er dürfte sich auf etwa 60 Millionen Mark belaufen, da außer dem wertvollen Inventar auch gewaltige Mengen von Roh braunkohle verbrannt sind. Zurzeit wird auf den von dem Brand betroffenen Gruben Tag und Nacht gearbeitet, um die Förderungsanlagen wieder instand zu setzen. Bis zur Fertigstellung dieser Arbeiten werden die Belegschaften, um sie vor dem Brotloswerden zu bewahren, mit Handförderung beschäftigt, was allerdings mit großen Schwierigkeiten ver bunden ist, da zunächst riesige Mengen verbrannter Kohlen und Schlacken abgehauen werden müssen. Nach den Fest- i stellungen der Berliner Kohlenkommission ist infolge des i Minuten. Kochlöffel: „Abfahren!" Herr Hilfsbereit: „Ja, um Gottes Willen, der Herr, mein Kupeekollege, ist ja noch nicht wieder da, sein ganzes Gepäck! Der Mann hat direktes Billet für den Transsibirischen Expreß, der in Moskau nur einmal in der Woche nach Wladiwostock fährt! Dieser Zug ist gerade der Anschlußzug. Was machen wir nun? Der Unglückselige sitzt ja nun hier ohne alles, Mantel, Hut, Kof fer —." „Nausschweißen!" dröhnt eine Baßstimme aus dem Hintergründe des Wagenganges. „Gewiß — das einzig richtige: Werfen Sie die ganzen Sachen durchs Fenster einem Träger zu!" gellt ein zweiter Ratschlag dazwischen. Gesagt — getan. „Gott sei Dank! Der Zug hält ja doch nirgends mehr so lange, daß uns der Pechvogel einholen könnte. Wird der froh sein, daß er wenigstens seine Sachen hat! Das Billet kann er schließlich reklamieren und sieht sich acht Tage Berlin an. Doch wat scheenes!" Hilfsbereit haucht sich, befriedigend lächelnd und sichtbar aufatmend auf sein Pfühl und beginnt die Abendzeitung zu lesen. Er zündet sich eine Zigarre an, aber alles will die aufgeregten Nerven nicht sänftigen, er muß sich erst noch mal über den Fall mit einigen Äorridorgesellschaftern aus sprechen. Die Schiebetür klemmt etwas, endlich gibt sie nach — wuppdich. Nur der Mittelfinger wird cingcquetscht. Autsch! Das tut aber nichts. Es dustert bereits. Als die Deckenlampen angezündet werden, sichert Hilfsbereit den Gango entlang, nach einem Unterhaltungsopfer. Und stößt einen gellenden Schrei aus — aschfahl, Hamlet — des Va ters Geist erblickend! Da — am äußersten Ende, hockt auj dem Diener-Klappsitz sein Amerikaner und lugt eben, mit der qualmenden Pipe, neben der „Times" hinweg: die Stiefel sohlen der übereinandergeschlagenen Beine verzerren sich ins Gigantische. Grient durch die weißen Elefantenzähne: „Oh — Sie dachten wohl, ich wäre sitzen geblieben? Oh — no> Ich habe gerade noch die letzten Wagen erreicht. Und ich wollte nur den Kupee nicht vollstänkern — mit meine Pew — you know. Wir Amerikaner seien sehr rücksichtsvoll!" Hilfsbereit schwindelts — nun liegt das Gepäck, der Mantel — alles auf dem Bahnhof Friedrichstraße! Und der Zug fährt weiter, unaufhaltsam, fort, mit direktem Anschluß nach dem Stillen Ozean. Wochenlang!! Er baut sich vor die Türe des Abteils. Der Sohn der Wildnis kommt auf ihn zu, immer näher, wie ein Storch im Salat, in letzter Not stamwelt's aus gequetschter Kehle: „Was wollen Sie denn in Wladiwostock? Müssen Sie unbedingt hin??" „Oh yes! Eine große Mätsch — eine Konkurrenz, wie Sie sagen: Ich bin Preisboxer!" Hilfsbereit wartet dos Ende nicht erst ab, sondern klitscht zusammen, wie ein mißlungener Pudding. Etwa 10 Jahre später. Hilfsbereit ist schon lange tot, aber seine gute Seele ist in andere Leiber gefahren und nur bedeutend vorsichtiger geworden. Ein Nacht-Expreß fährt westwärts. Im Oberbctt eines Schlafwagens liegt ein Herr. Die Tür öffnet sich. „Guten Abend!" Der Ankömmling, Inhaber des Unterbettes klappt das Tischchen hoch, legt eine aeschwollene Brieftasche, eine kostbare Uhr, sein Billet, seinen Paß darauf — entkleidet sich vollkommen, hüllt sich in einen zartblauen Schlafanzug., schlupft in korallrote Hausschuhe — entnimmt dem goldnen Etuis, das er in der Brusttasche birgt, eine Zigarette und verläßt das Abteil. Sein Oberbett wartet, zwei, fünf, zehn Minuten. Manche Leute leiden bei langen Eisenbahnfahrten an schlechter Verdauung! Endlich brummt Schnarchen, wie ein« Schmeißfliege. — Früh fünf ... „ Oh — dann muß ich mir schnell Peepers Uhr blinzelt der Tag durch den Roulleauspalt. Der Herr und Buks taufen. Pou know — ich komme von Buffalo bei 'oben reibt die Lider, äugt vorsichtig hinunter, das Bett un- ! Ostende und bin über^Moskau direkt^angebunden zu die Si- berührt! Und alles liegt noch so da, wie bei Sonnenunter gang. Ihm wird schwül. Ein Unglück! Ein Verbrechen — womöglich er in Verdacht —! Er klingelt stürmisch den, Wagendiener. Der ist mürrisch und ratlos. Man holt den Zugführer, Dies« beginnt zu protokolliere«. Plötzlich:! fe» L-ednt« ft, -esetzgekMsche Form zu pressen. Den na- tkonaMononttschen Begriff de» übermäßigen Gewinns in »eine ftarve dnGische Form zu bringen, sei eine unlösbare Aufgabe Der Minister bittet um Ablehnung des vom volkswirtschaftlichen Ausschuß beantragten Entwurfs, emp fiehlt aber die Ausschußentschließung, die eine Erleichterung de» Wiederaufnahmeverfahrens, die verstärkte Heranzie hung von Sachverständigen und Maßnahmen gegen Sie Preistreiberei der Kartelle und Syndikate verlangt. ' Abg. Hammer (Deutschnat. Dp.) fordert eine Verschär fung der Wucherbestimmungen, hält es aber für notwendig, dem Kaufmann einen angemessenen Zuschlag als Ausgleich für die höheren Kosten zu gewähren, die ihm die Neuan- schaffung der verteuerten Ware macht. Nicht der übermä ßige Gewinn, sondern vor allem der übermäßige Preis inrusse hart verfolgt werden. Abg. Slvkovlch (Dem.) empfiehlt einen gemeinsamen Antrag der Demokraten, des Zentrums und der Deutschen Lolkspartei, der die Feststellung verlangt, daß der Preis deinen übermäßigen Gewinn daifftellt, wenn er der Markt lage entspricht und wenn Höchstpreise oder amtlich festgesetzte Marktpreise eingehalten werden, sofern nicht bei außerge wöhnlichem Warenmangel nur durch unlautere Machenschaft ,4m «ine vorübergehende Notlage geschaffen ist. Der Wieder- deschaffungspreis nebst den nachweisbaren Geschäftskosten Ml als Grundlage für eine zulässige Preisstellung dienen. ) Abg. Krätzig (Soz.) lehnt diesen Antrag entschieden ab. ) Gerade jetzt, wo der Wucher in hoher Blüte stehe, sei eine ^sobche Wislegung der Wucherbestimmungen geeignet, jeden Schutz der Konsumenten unmöglich zu machen. Der Redner empfiehlt dann dringend den Teil der Ausschußentschließung, /der eine strenge Kontrolle der Geschäftsordnung der Kartelle i und Syndikate verlangt. Jetzt werde von den Kartellen die (schstmmste Preistreiberei getrieben und leider von den Au- - ßenhanldelsstellen legalisiert. > Abg. Cuno (D. Vp.) fordert schärfstes Eingreifen gegen den Wucher, aber anderseits einen Schutz für den reellen »Kaufmann, der unter der Wirkung der gänzlich veralteten j Wucherverordnung den ungerechtesten Schikanen ausgesetzt fsei. Mit gesetzlichem Zwange sei die Teuerung nicht auszu halten. i- Abg. Kalthaus (Z.): Darüber besteht keine Meinungs- ^verschi^enheit, daß die bisherige Wuchergesetzgebung durch- taus versagt hat. Der Wucher steht in höchster Blüte. Aber 'der Wucher ist nie zu fassen. Andererseits werden aber wirk lich reell« Kaufleute mit den Wucherbestimmungen in un- j gerechter Weise schikaniert. Der Redner ersucht um An-1 !nähme des Antrages der drei Parteien. L Reichsrvirtschaftsminisier Schmidt: Ich bedauere es tief, jdäß in der gegenwärtigen Zeit ein Abbau der Wuchergesetz- sgebung versucht wird. Sie (nach rechts) bringen mir die .Klagen von Handel und Industrie vor, aber Sie finden kein 'Wort für die berechtigten Klagen der schwerlcidenden Ver-
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