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/luer Tageblatt Mzeiser M -as Erzgebirge mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Auer Sonntagsblatt. Sprechchmö» -w ttebakNoo mit Mwnahm» »«, romuag» nachmittag» 4—S Uh». — T«l*gramm-ft»r»ss», Lagrblatt stvemMdbkg». tzmmspncher SS. tzür nnvrriaagl »ing»san»t* Manuskript» kam» Srwtlhr nicht g»l»islrt w«rS»n. Nr. lsr. Donnerstag. IS. Juli ISIS. 8. Jahrgang. Dies« Nummer umfaßt 1v Seiten. Das Wichtigste vom Tage. Der Vorsitzende deS Arbeitgeberverbandes für da» deutsche Baugewerbe, Baurat Otto Enke, der al» konservativer und mittelstündlertscher Parteimann politisch -ine Rolle spielt«, ist in L « ip - zig gestorben. Da» italienische König-Paar fft auf der Rück, reise von 'Schweden in Swinemünde etnge- trvffen und hat von dort mittelst Sonder, zuge- die Heimfahrt angetreten. » DajS englische Unterhaus hat da» Gesetz über Pie Trennung der Kirche vom Staat in Wale» in dritter Lesung angenommen. » Nach der Einnahme von Jsttp durch die Ser. b en ist die Verbindung zwischen ihnen und den Griechen wieder hergestellt.*) » Die Pforte hat beschlossen, von einer un mittelbare »Aktion gegen Bulgarien zusehen und den Weg der Verhandlungen einzuschlagen. 1 NL-e«« s!«-i an aadner Btill,. Mutmaßlsche Mitterung xnn 1b. AuK: Novdwest- wind, woUig, kühl, kein erheblicher Rttderschlag. -Mc. Sozialismus unä Balkankrieg. Bet allen Parteien pflogt die politische Beurteilung und Darstellung mit der Zeit etwas schematisch zu werden. Und man kann ihnen das bis zu einem gÄvtssen Grad« gar nicht so übel nehmen. Das Schema hat seine Berechtigung in der Welt. ES ist Arbeitserleichterung, Vereinfachung, pädagogisches Mittel. Wo es daraus an kommt, häufig wiederkehrende Aufgaben möglichst rasch und glatt zu lösen, wo es gilt, große Massen in ihrem Urteil und in Mer Handlungsweise über klein« Gegen sätze und Verschiedenheiten hinweg auf die entscheidenden Hauptsachen zu einigen, da bietet sich dir» Schema al» bequemes Werkzeug der Belehrung und Organisation sozusagen von selber an. Dieselbe Sache immer wieder mit denselben Begriffen bezeichnet und mit denselben Beurteilungen verbunden, leuchtet schließlich auch dem einfachsten Gehirn ein, und es meint schon die Sache selbst zu begreifen, weil eS eben den Begriff wieder «keimt, d« sie nennt. Auch nicht bloß die politischen Parteien von heute machen von dieser suggestiven Kraft der Wiederholung und de» Schematismus Gebrauch. Vielmehr ist da» eine recht alte Erfindung. Die Gering schätzung, mit der der alttestamentliche Jude von den Gojtm, den Heiden, sprach, oder der Grieche von den Barbaren, den Fremden, di« war auch schon BeUr» tetlungSschematiSmuS. Und er zieht sich durch die na- ttonalsn und religiösen Kämpf« all« Zeiten hin. Er ist gewissermaßen die handliche Krücke der«, die zu selb, ständig freiem Urteil und zu allseitiger Belehr barkeit nicht Kraft und Muße genug haben. Mögen e» nun Konfessionen sein, die mit Worten wie Ketzer, Unglaube, Orthodoxie oder ähnlichen Massenbesttmmun- gen auszulüsen suchen, oder mögen die Parteien vom Brotwucher, Umsturz, nationaler Gesinnung, Kapitalist mu» und dergl. reden: e» ist im Wesen immer dasselbe abgegriffene geistige Kleingeld, dessen ursprüngliche Prägung kaum noch erkennbar ist und dessen Geltung im Grunde genommen nur auf allgemeinem Uebereinkonv- men, ab« nicht auf besonderem Eigenwert beruht. Ent. schuldbar, wie gesagt, ist dies« VchematiSMu» auch in d« Politik, denn e» ist nun eben tatsächlich ein« praktische Unmöglichkeit, mit Tausenden und Hurttert» tausenden alltäglich komplizierte politische Problem« von Grund aus neu zu durchdenken. Man muß e» also den Leuten bequem «rachen und an da» anknüpfen, wa» man geistig bei ihnen schon voraussetzen kann oder auch selbst ihnen zuvor beigebracht hat. Bewundernswert genug ist auch dann noch, Wa» auf der gegebenen Grunjdß lag« der schlichten allgemeinen Bolksschulbildung die Presse mit Hilfe solch« BeqrtffSvereinfachungen und UrteilSanreize an politischem Interesse in Millionen Köpfe d«S Volkes htnetngearbeitet. Gegen frühere Zei ten, in denen noch! die Ruhe einzig« Bürgerpflicht war, jedenfalls ein bedeutsam« Fortschritt. Wer die Einschränkung, die für solche An erkennung zu gelten hat, darf doch auch nicht vergessen werden. Die schematische Vereinfachung kann eben doch auch gar leicht zur Einseitigkeit und damit zur Vergewaltigung der Wahrheit Werden. Die Beurteilung des BalkankriegeS durch die Sozialdemo kratie ist dafür ein besonders eklatantes Beispiel. Sie wendet auch da immer Wied« kritiklos M alte» Klischee att, daß nur Kapitalismus und Bourgeoisie zu Er oberung und Krieg drängen, während die Massen des Volke» friedliebend und genügsam nur gezwungen oder verführt für die fremden Interessen zu den Waffen greifen. Wie leicht wäre e», meinte z. B. kürzlich der Vorwärts, daß die Balkanvvlk« sich in Frieden verständigten. Sie brauchten ja nur Zollverständigun gen miteinander abzuschließen, dann brauchten sie sich nicht mehr mit Gewalt, Wie jetzt die Serben, einen Weg züm Meere zu suchen. Ab« diese grtechisch-serbisch-bulgarisch- rumänische Zollberständigung und wirtschaftlich-friedliche Einigung will die gewinnsüchtige Bourgeoisie nicht. Und deshalb alles Blutvergießen. Selten ist eine Urteils. schablone so verkehrt angewandt Worden wie diese und wenn selbst hi« Fehlerhaftigkeit dem Lesern sozialistisch« Blätter nicht aüsdämmerte, so wäre da» freilich ein bedenklicher Beweis der Unbelehrbarkeit. Denn auf dem Balkan sind e» gerade die noch völlig kulturlosen, von allerprimitivsten z. T. blutdürstigen Instinkten und Lei- denschasten durchwühlten niederen VolkSmassen, die nach gewaltsamer Auseinandersetzung gedrängt haben, vielfach sogar gegen den Wunsch und Willen dtzr Regierung und d« gebildeteren Schichten. Grad« die Bourgeoisie ist e» und war e» immer, di« tatsächlich mit einer wirtschaftlichen Verständigung alle Me Inter essen genügend gewährt gesehen hätte. Aber der teil» aus religiösen, teil» aus Rassengegensätzen entspringend« Fanatismus, der durch die Gewohnheit der Blutrache? und de» Bandenwesen» so Wie so zur Gewalt neigenden niedersten und ärmsten Schichten ist «in« friedlichen Ver ständigung mehr al» alle» and«« im Weg«. Gegenüb« einem so handgreiflichen Hervortreten dessen, WaS Bis marck die Imponderabilien in der Politik'genannt hat, versagt die marxistisch-sozialistische Konsttuktion von dem mat«talisttsch.kapitalisttschen Urgrund all« Ge schichte wirklich völlig. GS wär« kein Schade, wenn, vei nachdenkenden Sozialdemokraten bei solcher Gelegen, hott selbst einmal etwas von dem Ungenügenden dieses allzu bequemen Schema» aufdämmert«. Politische Tagesschau. Au« 10 Juli. * Di« vundessürsten und der Wehrbettrag. Die Mel dung «ine» süddeutschen Blattes, wonach die Bundesfürsten sich neuerdinM für Me Steuerfreiheit bez. Pir einen «im- maligen Wehrbetttag ausgesprochen hätten, ist unzutreffend. Bekanntlich haben die BuNdesfittston schon vor länger« Zett Me Beteiligung am WchvbeUvag erklärt und diese Erklärung wird durch düe RoichMgÄbeschNsse nicht berührt. * Ein Gesuch Ratsuli» um Aufnahme in van Vev> band deutsch« Schutzgenosferr. In Sachen Raisult», des marokkanischen Thwuprätondenten, wird zuständigerseit» mitgeteilt, Laß der deutsche Vertret« in Tang« dem Berlin« Auswärtigen Amte ein Gesuch Raifuli» üb«, mittelt hat, in dem dWer um Aufnahme in den Die Schlußfolgerung. Skizze von Maria Regina. Nachdruck Glühendes Sonnenflimmern liegt auf deM Heideland. In den Ertikastauden surren die Menen, lieber die sandi gen Hügel fährt ab und zu ein Windhauch und nimmt die fahlen, verkümmerten Blumenblätter von sterbendem Mohn Mit sich. Daneben recken sich rosafarben« Königskerzen im Niederen Hsidelbeergrün stolz in die Höhe, und blaue, zarte Glockenblumen. Die Pappeln am Möorbach rauschen leise. Die Augustsonne brennt förmlich auf der Ebene,m!it dem ver. krüppelten WachMerMträuch und verdurstetem Ginster. Ein Herbstidyll. So denkt bewundernd der italienisch« Gelehrt», der hier unter der ortttundigen Führung de» jungen Bauern burschen Studien für sein erste» große» wissenschaftlich,, Werk machen will. Kreuz und quer hat er di» Heid« nun durchwandert und wertvoll« Entdeckungen für sein, Arbeit gemacht. Noch wenige Lag» — dann ist« wievtzr daheim tn Mailand und schließt sein junge» Weib und di» dunkel- 'lockige klein« Rita in seine Arm». Gr sieht sich schon in der weinumranktrn Loggia draußen, die seinem Arbeiteztmmer vorgebaut ist, fein» FundobjM» sovti»rem, und Frau Rita will lachend in ungeschicktem Gif« -elfen. And MeinMIa jauchzt hell auf, wem Mammina so drollig Mt Pappt schmollt, weil st» wieder etwa» verkehtt gemacht hat . . . Gr ist so sehr von heimatlichen Bildern und der Sehnsucht danach erfüllt, daß er gar nicht m«kt, «t« schnellfüßig « den Weg -u den alten Hünengräbern nimmt, daß « sogar den Führer überholt. Der ist ein stämmig»», blonder Bauern- bursch« mm ungefähr achtzehn Jahren. Di« Hellen Augen schauen inteMaenter dl» di, meisten Hierzuland«, und mit einer gewissen Ruh« im Ausdruck. Da, kommt am Ende da- durch, weil « in der Malerkolonie, di» st« in seinem Dors gegründet haben, «i« zu -aus« ist. In seiner Eigenschaft aw Modell, denn der blond» -innert ist d« begehrt» ost friesische Typ. Und da «r al« Waltz sein Lrben dadu«h fristet, daß « den Bauern beim Torfstechen hilft, bekommt er dadurch ab und zu Geld in di« Hand. Da» spart er zu- smnmen, denn « will lernen und — Bildhauer werden. Mit der Zähigkeit seiner Rasse hält « an dem Plan fest, feit der Münchener Bildhauer, der ihn bei einem der Maller For> men kneten sah, diesen Wunsch in ihm zur brennenden Flamme entfacht hat. Wenn «, Htnnett, nach München kommt, will der Bildhauer ihn umsonst auabtlden. Wenn da» Sparen für die Reise und da» Leben in München nur nicht so er. schmert würde durch die lange Dauer de» Studium»! Seufzend wischt er «sich die Schweißtropfen von der Stirn. Di« Sonne brennt. Und der Profchor hat «inen guten Schritt. Da» Dreimarkstück für seine Führerdkenste kommt wieder zum Reisegeld dazu . . . Unzufriedene Gedanken schießen ihm durch den Sinn. Warum ist er «mit seinem brennknden Lerneifer «in armer Teuf«!? Soll ihm di« große lärmend« Wett verschloffrn und er Lei Torf und Buchweizen- grüß, zurück bleiben? Li» Mal« in der Kolonie lachen den dummen Lauernjungen einfach au«. Und dann ballt -in ner! di» Fäuste: Ach wett)'» euch -eigen, ihr! Ich werd' schon zu meinem Ziel kommen! So oder so! Und wenn ich einen drum »rschla — Entsetzt siebt der Baurmbursche sich um. Da» sagt er natürlich nur so daher. Bloß so für sich. Auch der Professor trocknet sich, sieben bleibend, di« Stirn. Einen Augenblick Rast! sagt «r Mt seinem fremdartigen Akzent. Schweigend bleibt Htnnerk neben dem Sitzenden stehen. Da» Heidekraut steht hier -och — «inen sitzenden Menschen kann inan von weitem nicht sehen. Da» Blut schießt -tnnett »u Kopf. Und die MtttagShitz, flimmert — Ast«, «in böse, Zufall, daß der Italiener, übermannt von Leimweh, d«n unglückselig«, Gedanken hat, in seinem wohigefüllten PorteseuUl« «ach den Bildern seiner groß«» und kleinen Rita zu suchen, um st» m küssen? Gin» Meng» blauer Schein, schau«n heran«. Mit einem davon könnt« Htmrerk schon morgen nach München fahren, morgen schon, w sein Lvaumland Ml den ^«geizigen Mm«. Braucht« «ich» wehr zu warten und st- nicht mehr abzuquälen. An s«tn,m Hirn tobt ein Ghao». Gr schluckt krampfhaft, um !e,ner toahnstnntg«» Aufregung Herr -u werden. Aber sein Mund ist wie au^ebrannt. Und dft heiße, tonlose, drückend» Still« ringsum — Sein Blick, vor dem rote Lichter tanzen, streift den schwächlichen Professor. Die Versuchung ist entsetzlich — Niemand hat da» Keuchen und Gurgeln gehört. Nie mand hat oon dem kurzen Kampf im hohen Heidekraut etwas gesehen. Die ganze Nacht durch ist Hinnett gelaufen. Und wie die Sonne aufgeht, sitzt « schon üm Zug«, der südwärts, Vach München fährt. * An der Lichttnthaler Allee. Die vornehme Wett gibt sich ihr jährliches Rendezvous in Baden-Baden. Helle SpitzentcUetten und Seidenroben, wehende Paradies reiher auf bizckrren KUtformen, kostbare Sonnenschirme, weiße Sportdresses und Uniformen — da» alle» flutet unter den schattigen Bäumen auf und ab. Ueber den breiten Fahr- weg rollen Equipagen und Auto», deren dumpf« Hupe manche zartneroig« Dame cho-kiert. Trotzdem man mit MMsteren vnd Flirten vollauf beschäftigt ist, lockt ein soeben herauf- fahrend,» Dogoart di» allgemein, Aufmerksamkeit auf sich. Baroness« Rite o. Mansbach lenkt selbst. Und wie st» jetzt, da, interessante dunkle Köpfchen leicht geneigt, di« Grüß« um sich her mit Senke« der Peitsch» erwidert, stockt in den einzelnen Gruppen da, Gespräch, und di« Augen folgen dem leicht wippend«n Geführt. Me ein» Statu« z«tchir»t sich dir schlank« Gestalt der Baronesse im knappsttzenden weißen Th«- vtottostüm ab. Mit gleiche, kühler LtebenewüMgkeit grüßt sie nach recht» und link». Nur einmal.Überzieht «in tiefe» Rot ihr Gesichtchen, rot« st« den Gruß «ine» -ochgewachsenen Herrn im eleganten Tenniedreß erwidert. Dti« klein« braun« Stute wird oroentlich nervö» von dem unmotivierten Rucken vn der LrenI». W«nn di« varon«fl« di« All«, hätte her- Unterschauen können, gleich dem rllckwärt» fitzend«« Groom, dann hätte sie den berühmten vtldhau«r M» gebannt ihrem Gefähtt nachbltckm sehen. Aber da» Heim Lächeln auf dem Bttt«nlmg«stht verschwind«» sofort, al» jetzt da» Dogcart vor d«r Villa hält und ihm di, Zügel -ugewoffen wetten. Schnellfüßig '«tt di« Baroness« di« Stufen der Veranda hinauf, wo di« Eltern gerade beim -wttten Frühstück sitzen. Baron Dietrich von Mansbach, ein vornehmer, schlank« Fünfziger, winkt M lächelnd schon von weitem mit mnem