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Der sächsische Erzähler : 25.02.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-02-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-192202256
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-19220225
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-19220225
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Bemerkung
- vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Der sächsische Erzähler
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-02
- Tag 1922-02-25
-
Monat
1922-02
-
Jahr
1922
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 25.02.1922
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. —NrrkchWeMMNg EllropLs durch fränzSstsche NrgersoldaLen. Di« Abrüstung oder, richtiger gesagt, Eiitwaffirunz und Dehrlösmachung, gilt nur Mr Deutschland. Frankreich setzt sich über die betreffende Bestinunung des Versailler Vertra ges kÄtlächelNd hinweg. Es „beweist" nötigonsalls, wie Briand auf der Abrüstungskonferenz in Washington, mit dem üblichen Schwall unwahrer Behauptungen, daß das „bedrohte" Frankreich leider eine ungeheure Rüstung not wendig habe, um sich gegen Rückfälle Deutschlands in den Militarismus zu sichern. Cs ist freilich kaum glaublich, daß di« Übrigen Alliierten solches Gerede der Pariser Imper'a- Wen ernst nehmen; aber um des lieben Friedens willen fügen sie sich immer wieder dem Terror der französisch»» Phrasen. Um das Gesicht zu wahren, hat der Völkerbund aller dings seinerzeit einen Ausschuß eingesetzt um die Hrnge der Rüstungsvermindcrunq auf dem europäischen Festlande zu „studieren." Und dieser Ausschuf; ist jeh> tatsächlich nif-m- mengetreten, und zwar in Daris. Aber Frankrüch hat, da mit nur ja niemand an diese Tagung falsche Erwartungen Inüpfen kann, sofort auch den fra"zösi'cke!i Obersten Kriegs rat einberufen, um durch dessen Kundgebungen dem Völker- bündsausschuß klar zu machen, was man vc>„ Frankreich nicht verlangen dürs:. Und cs ist in der 2 it f»br l-''rr»'ck, was da unter dem Vorsitz des Präsidenten der Nemiblick im französischen Obersten Kricasrat verhandelt und erklärt wird. über die zweijöhri"? Militärdienstzeit muss man freilich mit sich reden lassen. Denn auch in Frankreich ist ein großer Teil des Volkes krieasmüde und findet keinen Gclchm-'ck mehr an der beständigen Säbclrasscl-'i der Regierung. Die Regierung hat aber nach Anbprung der militärischen Sack- vetständigen beschlossen, jede Herabseüuim der Dienstzeit, lue «in» Verminderung der HSerec'tSrk« >ur Fol"e haben würde, durch schärfere Heranziehung der farbiacn Truvnen wieder auszugleichen. Also bei Leibe keine H-r-chfeüuna der riesmsn französischen Truppenzall! hlcur nicht die geringste Ab rüstung! Man hat zwar in Frankreich selbst nickt abkömm liche Männer genug, um auf die Dauer die beut, übi-rmößige Heeresstärke aufrecht erhalten zu können; da müssen dann eben die militarisierten Reger. Marokkaner usm. die Lücken ausfüllen. Schon seit längeres Zeit laufen ja Gerückte um. haß Frankreich noch ein neues grobes Heer von Kolonial truppen aufstcllen wolle. May möchte d"s gern ccklcugnen. Doch ist offenbar viel Wahres daran. Denn im Kriegsrat wurde für die Berichterstattung in der Öffentlichkeit bemerct: »Über die zahlenmäßige Stärke der farbigen Heercsteile seien bisher überhaupt noch keine Peschsüsse gefaßt." Beionb-rs wichtig aber ist, daß ferner erklärt wurde, dis militärischen Sachverständigen hätten pprgeschlagen, die farbigen Trup pen picht in den Kolonien zu gornisonieren. Die Gründe da für li«gen auf flacher Hanf». Nichts könnte ia die Stellung Frankreichs in seinen Kolonien mehr gefährden, als wenn die farbigen Truppen boxt die Gewalt in Händen haben. Man hat deshalb „auch innerhalb der Regierung den Gedan ken nicht aufgegeben, daß der größte Teil der farbigen Trup pen in Frankreich untergebracht werden muß." Was das für dis Bevölkerung Frankreichs, die ohnehin schon zum er heblichen Teil aus Mischlingen besteht, bedeutet, braucht nicht gesagt zu werden. Selbstverständlich aber wird auch das besetzte Rheinland unter dieser Überflutung Europas mit farbigen Franzosen zu leiden haben. Deshalb sollte dis Dölkerbundskommission dock vielleicht den Verhieb machen, sich mit den Beschlüssen des französischen Obersten Kriegsrats zu beschäftigen. Aus dery Gerichtssaal. * Line Ehelragödie rpurihe in einer Verhandlung des Schwurgerichts Dresden qufgerollt, die sich gegen den 1890 zu Potschappel geborenen, zuletzt in Freital wohnhaften Bahnarbeiter Gustav Karl Schrciter richtete. Der Ange ¬ klagte sdT noch dvttt^(kröff ku. prhesch'usl om *8. Rover.''ir 1921 den Leist'h gemocht baten, seine uw drei Jahre iistcr« Ehefrau Lina Schrciter vorsstzllch durch Gas zu ti' »n. Zur Person und Anklage bemerkte Sckreflcr. daß er seit 19!0 verheiratet sei. Die Ehe blieb bisher ohne Kinder. Es sei oft zu Streit, ja auch zu Tüt'ichkciten aekon-n en. In der Nacht zum 18. November fei ihm der Gedanke gekom ncn, seine Frau zu töten. Bevor er früh in den Dienst g'.n", schob er ein Stück Casschlcmch durch ein Loch in der Wand nach ter Kammer und drehte den Cashobn e'was auf. Als Zeu gen verweigerten die Ehefrau und die Mutter des Angeklag ten die Aussagen,. Wagenrückersehcfrau Paul machte als Stubcnnachbarin Angaben, wie am Morgen der Tat Fran Sch eiter fast betäu'-t aus der Wohnung tam und um Bei stand bat. Ihr Mann setzte die Polizei in Kennt' is. Ge richtsarzt Medizinalrot Dr.. Opve bezeichnete den A'weUag- tcn für voll verantwortlich. Rcchts-niwa.lt Eoltzsche stellte hie rauf den Antrag, daß nach eine Hilfsfragc für die Geschmore neu gestellt werde, dahingehend, ob nickt versuchter Totschlag varlicg». Diesem Anträge kam das Gericht nach. Staats anwalt Hübner forderte in der Anklagerede, die auf Mord versuch lautende Frage zu bejahen, während der Verteidiger für versuchten Totschlag und Zubilligung mildernder Um stände plädierte. Die Geschworenen bejahten die vom Ver teidiger beantragte Hilfsfrage, billi- >°''ck wildernde Um stände ->n. Das Urteil lautete cnck i Jahre Gefängnis und Ab-rkenmmg der bürgerlichen Ehrenreckte auf fünf Jahre unter Anrechnung der Untersuchungshaft. * Durch cin Weib in die Fremdevle»'an v»cschla-- t werden war der 21'übrige Funker der Reichswehr Erich Richter aus Hallbach bei Freiberg. Er stand vor dem Dresd ner Schöffengericht wegen Fahnenflucht usw. Er hatte in Dresden cin Verhältnis mit einer. Dame, angeblich aus Mainz, anaeknüpft, die ihm zu betören verstand, ohne Ur laub nach Mainz zu fahren, damit er dort mit ihrer Mutter bekannt werde, da sie sich doch beiraten wollten. Richter ist auch nach Mainz gefahren. Die Bedenken, daß er in Unisoni« in das beseite Gebiet komme, wußte sie zu zerstreuen. Als Richter dort in einem Hotel weilte, verließ sic das entsvre- chrnde Zimmer, um angeblich ibr-> """tter zu holen. Statt ihrer erschienen aber zwei französ" "»ndarmen, die Rich ter sofort mit Namen ansprachen i die französische Ka serne schleimten. Er wurde dort vertu, stet, und man versuchte auf jede Meise von ibm Geständnisse zu erp' 'ien über die iebiacn Übungen der Funker und wie deren Dienst sei. Da Richter angeblich nicht gewillt war, solche Aussagen zu machen, wurde er derartig schleckt behandelt, daß ihm nichts anderes übrig blieb, als seine Vereitwilliokeit zum Eintritt in die Fremdenlegion zu erklären. Von di-stem Augenblicke an wurde er besser behandelt und kam noch Griesheim. Beim Abtransport von Grigsheim nach Meß gel-ma es ihm, zu stieben. Er meldete sich dann in Mainz und Frankfurt des der Polizei, die aber behauptete, für ihn nickts tun zu können und schließlich wanderte er, da auch in Aschaffenburg sein? Meldung bei der Polizei nicht ona-momwen wurde, zum nächsten R-nchswehrre-nrnent nach Würzburg, wo er ver haftet und dann nach Dresden transportiert wurde. Neues aus aller Welt. — Eisbrecher in; Kaiscr-Wilhelni-Kanal und in der Ost see. Die Marinestatfpn teilt mit: Der Kreuzer „Hamburg" versucht, eine Fahrrinne durch das etwa 35 bis 40 Ztm. dicke Eis des Kaiscr-Wilhekm-Kanals zu brechen. Er kam bei die sem Versuch nur langsam vorwärts und stand Dienstag abend bei Kilometer 74. Das Schiff scjzt seine Bemühungen fort. In der westlichen Ostsee hat der Kreuzer „Arkana" eine Fahrrinne aus dem Kieler Hafen nach See gebrochen und ist bis zum Fehmarn-Belt vorgestoßen. Er meldet, daß die Fahrt von dort nach Kiel durch Umfahren der Eisfelder möglich ist. — Revolvcrlraqödie in Rathenow. Im Kaffee „Rhein gold" kam es zwischen Offizieren, einem Wachtmeister und kllIN'MI«!!!! I»II II» »»»1'111!» !I !I ÜRN Fähnrich G. gfk'i v. -Norken ging der Fähnrich' in die Kaserne u zp hofst Wie A"me»plstv!e und kräng wieder in de, Lo*el cin. rrost» hcn unbetes'iastn Konf'^gr«- R"'wann und lick selbst crsckaß.» — Der ncfäh'lichr Rch-aubarst'- 'stc'. Vor juylep sonnte t !s Prcsse d-es besetzten un> unles-tzten T-ckictes inlt» teilen, daß die Nheinl ndkommission und die DZctznngs- ormeen die Hclnspitze.i der deutschen Schutzlcnt» in; defekten Gebiet einstweilen nicht mehr „als zur Gefährdung der Sicherheit der Vesaßunaotruppcn geeignet" ansehen wollten. Die neueste gefährliche Waffe im bcsetzten Gebiet ist nunmehr der arme Schraubenschlüssel. Wenigstens noch dem Urteil des belgischen Polizeigcrichts In Aachcn. Der Vorgang ist kurz folgender: Am 4. Oktober des vergangenen Jahres kam cs in einer Wirtschaft in Sschwriler zu einer Schlägerei zwi schen Zivilpersonen und belgischen Soldaten. Der Sohn des Wirtes wurde festgeiiommen. Die beteiligten Soldaten er. klärten aber, daß tiefer an der Schlägerei nicht teilgenommen habe. Trotzdem unternahm inan ein' Haussuchung und för derte dabei einen Fahrradscklüisel zu Tage, der so gehalten >var. daß er als Schraubenschlüssel, Hammer und Schrauben zieher verwandt werden konnte. Es handelte sich also um einen außerordentlich^ praktischen Schlüssel, den man am Hahrrad für jede Schßaube gebrauchen konnte. Ter junge Mann wurde nunmehr auf Grund dieses Tatbestandes durch dos bereits genannte belgische Polizeigericht wegen „Tra gens von Waffen" mit 400 -4t Geldstrafe oder 100 Tage Haft bestraft. Man ist versucht zu fragen, ob eine solche Notiz in eine ernsthafte pvlststcke Zeitung ausgenommen zu werden verdient und nickt e' er in ein Witzblatt gehörte. Da aber leider solche Verurteilungen nicht Ausnahmefälle sind, ver dient dos Urteil festgehalten zu werden. — Wolgadeutsche im Flüchtlingslager Skolkowo. Das ehemalige Kriegsgefangenenlager Stralkowo an der Grenze zwischen Polen und Kongreßpolen, beherbergt seit drei Wo chen 455 flüchtige Wolgadeutsche, die sich in einem bejam mernswerten Zustand befinden. 110 sind typhuskrank, 26 gestorben, ihre Leichen noch unbestattet. Die fast einzige Nahrung sind dünne Suppen. In lustigen, ungeheizten Ba racken, ohne warme Decken und Kleider verbringen sie bei 20 Grad Frost ibre Tage. Wenn nicht schnellstens durchgrei fende Hilfe gebracht wird, werden Hunger, Kälte und Krankheit ihr mörderisches Werk unmittelbar vor den Toren der Heimat vollenden. Die wenigen in der Stadt Posen ver bliebenen Deutschen haben in ein paar Tagen 414 000 »st (in polnischer Währung) zusammengebracht, dazu Klei dungsstücke, st Luhe, Wäsche, Nahrungsmittel usw. Aber vor allem fehlt es noch an Heizmaterial, Verbandsstoff, Arznei, Pflegepersonal und ärztlicher Hilfe. Auch weiß nie mand. wie lange die Flüchtlinge in Stralkowo noch festge- hc-lten werden; erst muß die Seuchengefahr beseitigt und in Rüchsdeutsckland eine Untcrkunftsmöglichkeit geschaffen sein Zudem wandern neue Scharen von vertriebenen, ausgc- raubten Wolga- und südrussischen Deutschen durch Kongreß polen der deutschen Grenze zu. Die Posener Deutschen kön nen, selbst bis aufs äußerste bedrängt und geschwächt, allein dein Unheil nicht steuern. Der Landesverband für Innere Mission in Polen bittet daher die Stammesbrüder im alten Vaterlands um rasche, tatkräftige Unterstützung. Gaben wer den erbeten aus das Konto „Wolgah-ikfe des Landesverban des für Innere Mission in Palen" bei der Posener Genossen schaftskasse Berlin W. :35, Am Karlsbad 29 (Postscheckkonto, Berlin, Nr. 68 700). — Das wasserdicht Schaf. Ein seltener Gebrauch be steht unter den Schafzüchtern der weiten Moorländerqien im Norden Englands. Alljährlich wird dort jedem einzelnen Stück aus den großen Schafherden ein „Schutzdach", wie sie es nennen, aufgesetzt. Es besteht aus einer Mischung von Teer und anderen Stoffen, die, wenn sie eine gewisse Kon sistenz erlangt haben, in Rücken und Seiten der Schafe ein gerieben werden, bis die noch dünne Wolle und die Haut davon durchtränkt sind. Der Zweck des Verfahrens besteht darin, das Tier gegen die heftigen Regengüsse und Schnee- Warum müssen auch die Milchzähne der Kinder gepflegt und erhalten werden? Don Dentist Fischer-Bischofswerda. Noch immer ist die Ansicht verbreitet, daß es nicht nötig sei, die Milchzähne durch regelmäßige Pflege und fachmänni sche Kunst zu erhalten, weil sie „ja doch ausfallen". Diese Anschamrng ist durchaus falsch und hat für das Kind die schlimmsten Folgen. Die Zähne sind beim Kinde wie beim Erwachsenen hauptsächlich zum Kauen ha. Alles, was der Organismus zu seiner Entwicklung und zum Wachsen, auch zur Bildung der Knochen braucht, nimmt er aus der Nah rung. Er ist dazu nur dann fähig, wenn die Speisen im Munde gut zerkleinert und mit Speichel durchknetet worden sind. Schon ein einziger kranker Zahn kann es dem Kinde schwer, oder gar unmöglich machen, ordentlich zu kauen. Die Folge muß dann sein, daß das Kind in der Entwicklung zu rückbleibt. Auf das Wachstum der Kiefer und der bleibenden Zähne haben die Milchzähne aber auch direkten Einfluß: Beim Kauen üben wir auf das Knochengewebe, die Nerven usw. einen sich stetig wiederholenden Reiz aus, der sich gel tend macht in einer erhöhten Säftezirkulation und dadurch vermehrter Kalkzufuhr. Kann das Kind infolge kranker Zähne nicht kräftig kauen, so fällt dieser Reiz fort und die Kiefer bleiben in der Entwicklung zurück. Sie bleiben dann zu klein, so daß später beim Zahnwechsel die Zähne nicht ge nug Platz haben, zu eng oder unregelmäßig sich stellen und infolgedessen leicht trank werden. Die bleibenden Zähne stehen schon jahrelang, ehe sie im Munde erscheinen, im Kie fer unter den Milchzähnen, zunächst als weiche Keime, di« «rst ganz allmählich verkalken. Kann das Kind infolge eines schmerzenden Milchzahnes auf einer Seit« nicht essen, so wer den alle bleibenden Zähn« dieser Seite infolge der mangel haften Kalkzufuhr nicht genügend verkalkt und schlecht ausge bildet. Man kann dccher auf schöne, kräftige und regelmäßig gestellte bleibend« Zähn« nur dann rechnen, wenn die Milch zähne durch Pflege und fachmännische Behandlung kaufähig und möglichst so lange erhalten werden, bis sie durch die blei benden Zähne gelockert worden sind. Der Milchzahn soll auch den Platz für den bleibenden Zahn offen halten: mutz er vor zeitig infolge Vernachlässigung gezogen werden, so schließt sich sie Öffnung im Kiefer und der neue Zahn kann nur mit größer Müde sich hindurch arbeiten, wächst dccher leicht schief oder bleibt Überhaupt in der Pies« des Knochens stecken. Fast immer rücken auch nach Ausziehen eines Zahnes die IsiachbarMn« zusammen; vor allem drängt der erste grobe bleibende Backenzahn, der bereits im 6. Lebensjahre hinter den Milcsibackenzähnen erscheint, in solchem Falle nach vorn und schließt oft ganz die Lücke, so daß der bleibende Zahn, welcher an dieser Stelle kommen sollte, den Platz versperrt findet, und nach innen oder außen aus der Zahnreihe Her auswachsen muß. Wie schon erwähnt, entwickelt sich der bleibende Zahn unter dem entsprechenden Milchzahne; bei den Backenzähnen liegt dann die Krone des bleibenden Zah nes zwischen den Wurzeln des Milchzahnes, gleichsam klauen artig von ihnen umfaßt. Krankhafte Vorgänge an den Milch zahnwurzeln, wie Entzündungen, Wucherungen, Eiterungen können daher sehr leicht die Krone des bleibenden Zahnes erheblich schädigen. Sollten diese Gründe schon genügen, aus die Erhaltung der Milchzähn« den allergrößten Wert zu legen, so sprechen dafür doch noch viele andere Momente. Wieviel Schmerzen und Tränen können unseren Kleinen er spart werden, wenn die Zähnchen gepflegt und wenn sie krank sind, beizeiten gefüllt werden. Sie lernen dann weder Zahnschmerzen kennen, noch bekommen sie Angst vor dem be handelnden Fachmann, die ja in den meisten Fällen die Ur sache ist für die Vernachlässigung der Zähne. Daß ein Kind durch Zahnschmerzen und schlaflose Nächte körperlich und geistig Schaden nimmt, bedarf wohl keiner Begründung. Recht nachteilig wirken hohle Zähne gerade für den kindlichen Or ganismus auch dadurch, daß sich in ihnen leicht Speisereste festsetzen und in Fäulnis übergehen. Diese Ansammlungen verursachen natürlich üblen Mundgeruch, werden aber auch zum Teil beim Essen mit verschluckt. Die fauligen Produkte glsiten beim Schlucken auch an den Mandeln entlang, blei ben dort leicht in den Falten und Taschen hängen und sind mit eine Ursache für di« bekannten Mandelentzündungen. Auch Drüsenanschwellungen entstehen oft durch kranke Zähne. Hohle Zähne bieten aber auch allen möglichen Krankheits- erregbrn, wie Diphtheritis-, Keuchhusten-, Tuberkelbazillen usw. Unterschlupf und die denkbar besten Bedingungen für ihre Vermehrung. Ein Kind mit gesunden Zähnen ist infolge besserer Ernährung allen Krankheiten gegenüber auch wider standsfähiger, als ein durch schlecht« Zähn« in der Entwick lung zurückgebliebenes. Will man sein Kind vor Krankheiten schützen, so lasse man also vor allem auch die kranken Zähne behandeln und füllen; besser noch, man laste sie nicht erst krank werden. Zu diesem Zwecke reinige man dem Kinde, oder lerne es ihm selbst, sobald es irgend durchführbar ist, die Zähne früh und abends mit ein«r kleinen Bürst« und et was mildem Aalmpusver, besonders abends vor dem Schla fengehen; auch ijbs man das Ausspülen des Mundes bei zeiten mit ihm «k. Kan gebe den Kindern nicht zu viel Saßkgceuen, nicht zuviel saure Sachen, vor allem gewöhne man sie schon früh an kräftiges Kauen und schneide ihnen daher auch die Knzsten vom Brot nicht ab. Als letzter Grund für die Pflege nick Gesunderhaltung der Milchzähne sei auch die Rücksicht auf andere Kindrr ermähnt. Was nützen alle hygienischen Vorschriften für die Schulräume usw., wenn die Kinder bei jedem Öffnen des Mundes aus den hohlen, fauligen Zähnen Millionen von Krankheitserregern sich gegenseitig anblasen?! Durch Untersuchungen und statistische Feststellungen ist erwiesen, daß etwa 95 Prozent unserer Schulkinder mit Zahnfäule oder Zahnverderbnis behaftet sind. Bei einer Umfrage in einer Mädchen- und einer Kna benschule hat sich ergeben, daß von 819 Mädchen nur 400, also noch nicht die Hälfte, eine eigene Zahnbürste besitzen, daß aber 185 die Familienzahnbürste mitbenutzen, eine Feststel lung, die geradezu physisches Unbehagen erzeugt, weil so et was allen Begriffen der Hygiene ins Gesicht schlägt. Ferner wurde fcstgestellt. daß viele Kinder sich nur Sonntags die Zähne reinigen. 375 der Mädchen erklärten, daß sie wegen Zahnschmerzen haben nachts nicht schlafen können, davon 99 in den letzten Tagen vor der Befragung, das ist also jedes achte Kind, und 162 haben angeblich wegen Zahnschmerzen die Schule versäumt. Viel schlimmer noch lagen die Ver hältnisse bei den Knaben. Wenn aych Statistiken, die aus Befragen, noch dazu von Kindern berufen, reichlich Fehler quellen enthalten, so werfen doch immerhin schon die weni gen hier mitgeteilten Angaben aus der Umfrage ein grelles Schlaglicht auf die auf diesem Gebiete herrschenden Zustände. E- ist daher freudig zu begrüßen, daß die Schule sich mit, dcn Eltern in die Sorge um die Zähn« der Kinder teilt, in dem sie durch Errichtung von Schulzahnkliniken auch dcn Ärmsten die Möglichkeit bieten will, die Zähne in brauch barem Zustande zu erhalten. Auch der privaten Wohltätig, leit bietet sich hier ein dankbares Feld der Betätigung. Wo solcks Einrichtungen noch fehlen, lasse man doch die Zähne viertel bis halbjährlich untersuchen und scheue die geringen Kosten für evtl. Behandlungen nicht, welche bei den heutigen Verhältnissen bei weitem noch lange nicht das Ivfach« des Friedenspreises ausmachen. Denn man bedenke, daß sich der Bahnwechsel nur sehr langsam vollzieht, daß die neuen Backenzähne z. B. erst im 11. und 12. Jahr« erscheinen; „es lohnt sich" daher, nicht nur die Milckzöhne zu pflegen und füllen zu losten, es ist sogar heilige Pflicht der Estern! Di« Schule ist mn meisten geeignet und berufen, den Kindern die erforderliche Belehning zu bieten über die Notwendigkeit und ! den Nutzen einer sachgemäßen Zahnpflege, sowie über die I Gefahren ,die ihnen infolge vernachlässigter Mundpflege I drohen. Ein. vernünftige Zahnpflege ist im Interest« der s Heranwachsenden Generation unerläßlich,
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