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Nr. 143 Dienstag, 24. Zum 1S13 S. Jahrgang. Diele Nummer umfaßt 8 Seiten. Cnglanä hinter äer Zront. Jahn Bulls altbewährte Praxis, die anderen sich raufen zu lassen, und sich selbst mit wenig Kosten einen angemessenen Gewinn herauHzuschlagen, feierte in den letzten Tagen wieder Triumphe. Seitdem Eduard VII. die Politik der splendid Isolation aufgegeben hatte und sich mit aller Welt, nur nicht mit Deutschland, anbiederte, hat das Britenreich aus allem großen Welt handel Vorteil gezogen. Die Japaner-jagten ihnen die Russen von den chinesischen Grenzen Nxg, die Krise am .IE- Mutmaßliche Witterung am LS. Juni: Siidwest, wind, wolkig, zunächst warm, später Abkühlung, zeitweise Regen und Gewitter. "Wll Das Wichtigste vom Tage. v°ch,chi>l« König Friedrich August von Sachsen »um Doktor-Ingenieur ehrenhalber. d" Reichstage- be- schloß bet der zweiten Lesung des Wehrbettra ges, von der Kapitalisierung des Ein kommen« abzusehen, Beiträge von den Einkommen aber zu erheben. * Der Gouvernementsrat von Deutsch.Ost. asrika nahm den Regierungsentwurf über die Bil- düng eines Landesrats an. * Gras Zeppelin hielt in der Hauptversammlung des Vereins Deutscher Ingenieure die in der Gegenwart de« König« von Sachfen in Leip, zig pattfand, ein« Ansprache. o Del dem ersten Bataillon de« 7 8. Infanterie. Regiment« zu Osnabrück find etwa 800 Mann unten vergiftungSerschetnungen erkrankt. Spanien, da» mit allen Mitteln Mr den Dreiverband etngefangen werden soll, weiter denn je von dem Drei verband entfernen. Schon die vorsichtige Ankündigung, daß man in Gibraltar vorläufig ein« Kompagnie bereit- stellt, und die Anzweifelung der Nachricht, di« au» Paris kommt, zeigt, welche Schwierigkeit England zu> fürchten hat. Wer das eine ist sichert Wenn die Kompag nie einmal in Langer ist, geht sie n'lcht wieder heran«, das bedeutet aber, daß in dem sonst nur dem Schutz der Polizei anvertrauten Tanger England die einzige Macht ist, die auch über eine, wenn auch noch so kleine Mili tärmacht verfügt. Daß dann die Internationali sierung Tangers immer mehr zu einem wesenlosen Schein verblassen wird, ist nach allen Erfahrungen klar, die die Geschichte über derartige englische militärische Okkupationen verzeichnet. Man wird sich daher auch in Deutschland darauf gefaßt machen müssen, daß an den Säulen des Herkules recht- und links der Union jack dominiert und daß Kriegsschiffe, die in da» Mittel meer einfahren wollen, unter der Kontrolle britischer Kanonen fahren. Und da- alle» ohne kostspielige Kriege, nur durch geschicktes Agieren hinter der Front. Zur inneren Lage. (Von unserem Berliner S-Mitarbeiter.) Immer höher steigt die Sonne und immer geringer wird die ArbeitSfreudtgkett im Parlaments man bleibt nur gezwungenermaßen noch zusammen und ginge lie ber heute als morgen in die Ferien. Ob dieser Wunsch sich so schnell erfüllen wird? Wir glauben eS kaum, wenn auch im Seniorenkonvent, der am Freitag während der Plenarsitzung eine längere Beratung abhielt, die Stim mung etwas optimistisch gewesen zu sein scheint. Dort cheint man einen verhältnismäßig glatten Verlauf der noch restlichen Beratungen der Mtlitärvorlage zu erwarten, und man hat dementsprechend seine Dispo sitionen getroffen. ES Wäre aber nicht das erste Mal, daß diese durch den Gang der Verhandlungen vollständig Wer den Haufen geworfen werden. Man glaubt in Reichstagskreisen, wenn auch Wer die Dauer der Tagung im Seniorenkonvent noch nicht gesprochen Wurde, daß man in den allerersten Tagen des Juli nach Hause gehen könne. Ob das zutreffen wird, muß abgewartet wer den, es kann sein, aber auch nicht sein, denn Wer die Deckungsfrage ist noch immer keinerlei Einigung erzielt, trotz der emsigen Mühe, die die Führer der in Frage kommenden Parteien sich gaben. Eine kleine AuS- sich aus Aufhebung der Lage gibt vielleicht der Um- tand, daß an den letzten Verhandlungen entgegen der früheren Haltung auch Vertreter der Konservati ven wie der Sozialdemokraten tetlgenommen ha- volles vermuten würde. Gleichzeitig! aber störten auch die vielen weitzen Knochenplättchen, die den Koffern das Aus sehen großer Handharmonikas gaben. Unwillkürlich mutz ten diese die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Ich «ar ju gendlich leichtsinnig genug, zu Müschen, dah «ine« versu chen möchte, Mr einen Koffer zu rauben. Mein Wunsch sollte bald erfüllt werden. Ich lehnte mich in die Ecke und stellt« mich schlafend, als ich bemerkte, dah ein älterer Her« mit grauem Vollbart vor mir sttllstand und dann mit einem raschen Griff den Koffer packte. Sofort ertönte die Arie aus Rigoletto. Der Alte zuckte erschreckt zusammen und ließ beinahe den Koffer fallen —« er hatte wohl alles ander« als Musik erwartet. Ich stellte mich noch immer fest schla fend, warum sollte ich mich beeilen, ich wußte dach, daß bald der Ghopinschs Trauermarsch ertönen würde, bet dessen ner venerschütternden Tönen den Verbrecher zu packen. Mr sehr dramatisch schien. Richtig — feierlich und leise ertönte der Trauermarsch. Als ich meine Augen öffnete, sah ich den Alten durch den Wagen gehen, den Koffer in einer Hand, seinen Hut in der anderen, und von allen Seilen wurde ihm Geld in diesen geworfen. De« Anblick des alten Manne», der nicht um eine Gabe bat, sondern mit dem eigentümlichen Musikinstrument stumm durch die Rethen ging, rief Mit« gefühl hervor, und die Gaben flössen reichlich. Das machen Sie groharttg, rief ein Herr. Musikinstrumente mttzuneh- men, veMetet die Polizei, aber Koffer nicht, es ist pracht voll, dah St« ihr «ine solch« Nase drehen. Doch ich erstarrt« förmlich, al» er plötzlich vor mir stand und den Hut stumm Linbielt. Ich weih nicht, was in Mr vorging; wie hypnotisiert griff ich in meine Tasche und legt« meinen Rubel in seinen Hut. Hm selben Augenblick hatte er auch die Tür in der Hand, trat auf die Plattform, und «he noch der Zug hielte verschwand «runter den lustigen Klängen der Mamsell Angst in der Meng«. Da erst fand ich di« Sprach« wieder. Mein« Herren, da» war ja ein Dieb, vor Aufregung tonnt« ich kaum fprechen, ein Dieb, de« metnen Koffer gestohlen Hat. Einen Augenblick herrschte tiefe» Schweigen, aber dann erhob sich «in Ärmlicher Sturm gegen mich wie, «inen al. gwei Roffer Humoreske von V. MaLsim. Nachdruck v«rLot«n.> Auf der letzten Ausstellung der neuesten Erfindungen kam ich in einem NeLenvaum und sah dort etwa», was mich sofort fesselte. Gin Herr im Frack hielt einen Handkoffer in der Hand und wandtesich, mit etwas belegter Stimm«, an das ihn umgebende Publikum: Mein« Herren I Wie Sie sehen, ist das ein einfacher Handkoffer. (Der Herr zeigte bst diesen Worten den Koffer von allen Seiten.) Gin ein facher Handkoffer, der im Handel wohl nicht mehr al» acht Rubel kosten wird. Mir schien e», als ob nicht mehr als dret Rubel.) Warum soll also dieser Koffer hier fünfund zwanzig Rubel kosten und von diesem Preis« nicht fünfzig Kopeken abgehen? Der Redner fragt« nochmal» «tndrtng- lich: Warum?, machte eine Pause und sah da« Publikum mit der Miene eine» Menschen an, der den brennenden Wunsch hat, ein« Antwort zu erhalten. Aber niemand konnte und wollte ihm .verraten, warum dieser «Koffer einen Wert von fünfundzwanzig Rubel -oben sollte. Doch der Redner hatte auch nicht di« Absicht, da» «eheimnt» für sich zu behalten: Ich will «» Ihnen erklären, mein« Herren. Dieser Handkoffer ist «in treuer Freund, auf den man sich verlassen kann wie auf einen Menschen. Dieser Koffer wird Ihr Hab und Gut behüten, ohne von Ihn«, einen Lohn V verlangen. Dieser Koffer wird Ihnen gestatten, ruhig zu schlafen, wo es auch sei, aus dem Land« wie aus der See, im Wagen, im Waggon, auf dem Schiff. Dieser Koffer, mein« Herren, ist für jeden schlechten Menschen gefährlicher al, ein Revolver, al» ein« Kanon«, al» ein Maschinengewehr. Der Redner machte wieder «in« Paus« und sagt« dann fast feierlich: Da» ist ein Koffer mit Musik. Allein niemand schien darüber erregt, und so fuhr er fort: St« denken ge- wiß einfach mit Musik, wie ,» jetzt tausend Dinge mit Mu sik gibt? Aber legen Sie in diesen Koffer zehntausend, was we ich, hunderttausend, «in. Million Rubel, und dann soll 'Lr LrsMen. ihn zu bwührm. In d«m Augenblick, wo er öalkan beseitigte jede Gefahr eine» deutsch-türkischen .Zusammenwirkens Via Bagdad, die alle braven Englän- .entsetzliche» Albdrücken verursachte. Und jetzt sucht Albion selbst in dem Lande, auf da» e» einst groß mütig verzichtet«, obwohl e» noch gar nicht Herr fvar, sich «stzusetzen, in Marokko. Das Sultanat de» Westens bildet« ja den Preis, um den einst König Eduard VII. DelcasseS Freundschaft errang und mit dem die Herz einigkeit bezahlt wurde, die der Anfang der Etnkrei- sungSpolitik war. Freilich wurde dieser Preis später licht voll ausgezahlt. England hatte zwei Eisen im Feuer. Die alten Hoffnungen Spaniens aus Marokko gaben ihm die erwünschte Gelegenheit, Spanien sich zu zu verpflichten, indem es diese Hoffnungen wenigstens zum Teile realisieren half. Nicht minder willkommen war den Herren in Downing Street, zumal sie nach Kö nig Eduard» Tode wieder kühler, realpolitischer zu den ken anfingen, nicht alle- auf den Gegensatz zu Deutsch land etnstellten, d dadurch die yranzosen in respekt voller Entfernung oon den Toren in Gibraltar gehalten wurden, daß sie vor allen Dingen in Tanger nicht- zu sagen hatten. Die Spanier durften sich ja allerdings die se» Besitze» auch nicht erfreuen. Tanger wurde inter nationalisiert. England war e», da» diese Internatio nalisierung schuf. Es hat damit im besten eigenen Interesse gehandelt, ohne sich der kostspieligen Besitz- nahm« von Tanger, die zudem den Neid und die Erbit terung der Franzosen und Spanier geweckt hätte, zu unterziehen, behielt «S die wichtigst« Handelsstadt de- ehemaligen Gchertfenreiches unter ber guten Hut der Kanonen von Gibraltar. Da die Stadt gerade unter der Internationalisierung schutzlos war, so hatten die braven Englishmen, wenn einmal ein böser Feind Tanger be drohte, die beste Gelegenheit, sich dem internationalen Tanger al» berufen« Schützer zu empfehlen. Der Fall ist rascher gekommen, als man selbst vielleicht in Lon don annahm. Die Aufstandsbewegung in Nordmarokko, die namentlich di« Spanier in eine ganz Wle militärische Lage gebracht hat, hat in Gibraltar lebhafte Besorg nisse erweckt, daß auch Tanger in den Strudel mit hineingezogen werden könne. Und schon soll eine Kom pagnie Sollmten pachj dem afrikanischen Boden übersetzen, selbstverständlich nur zum Schutz der englischen Kolo nie. DaS ist — nach unseren deutschen kontinentalen mili tärischen Begriffen gemessen — nicht viel, aber England hat schon mit Heeren, die kaum einem deutschen Armee korps entsprechen, große Reiche erobert. Da kann es schließlich auch mit einer Kompagnie Tanger erobern. Wir glauben ja nun nicht, daß das Endergebnis einer englischen Aktion die Besitznahme von Tanger sein wird, da» würde Frankreich aufs Höchste erbittern und ihn> in die Hand nimmt, fängt die Musik an zu spielen, und Sie erwachen — das ist die Musik dieses Koffers. Alle umpingten den Herrn und den Koffer und be- trachteten ihn mit Interesse. Jedenfalls war der Koffer sehr sinnreich konstruiert. Faßte man ihn nur an, so er- tönte eins Arie aus Rigoletto, machte man mit ihm ein paar Schritte, so erklang Ghapius ergreifender Traue-marsch, und wenn man mit ihm weiter ging, war es ein lustiges Motiv au» Mamsell Angst, das die Bewegung begleitete. >So konnte man selbst mit geschlossenen Augen untersch'iden, ln welcher Situation sich der Koffer befand, wenn fremde Hände ihn berührten. Ich fand die Erfindung großartig, besonder» aus Eisenbahnfahrten, und kurz entschlossen, kaufte ich gleich zwei Koffer. Der Redner erklärte Mr den Me« chanismu», de« mir sehr einfach schien. Jeder Koffer hatte achtzehn weiße Knochenblättchen, die sich hin- und herschw ben ließen und je mit einem Buchstaben bezeichnet waren. Schob man -. W. da» Plättchen G link» nach A und dreht« diese« einmal um, so genügte da», die Art« au* Rigoletto verstummen zu lassen. Das Plättchen K erst link» nach I, dann rechts nach M gedreht, unterbrach sofort den Trauer- marsch Durch Drehen der Plättchen konnte man di« Rei. henfolgs der Musikstück« wechseln, es gab Plättchen, di« den Koffer vollständig verstummen liehen usw. «sw. Das mußt« ich natürlich wissen, damit mein« Koffer nicht musikalisch wurden, wenn ich sie seMt in Vie Hand nahm. Nachdem ich alle» nochmal» durchprobtert hatte, bezahlt« ich und ließ Mr di, Kosse, in» Hau» bringen. Schon »in« Woche nach dem "Kauf sollt« ich Gelegenheit finden, sie auf ihren Wett zu prüfen. Gin« Erbtante von Mr erkrankte heftig, und alle Nichten und Neffen wurden zu ihr berufen. Da ich nicht wußte, wie lang« ich mich dort auf-alten würde, gab ich mein« möblierten Zimmer auf und packt« alles ein, das Best« natürlich in meine beiden neuen Handkoffer. Glücklich erreicht« ich den Bahnhof, sand einen guten Platz und legte di« Koffer in» Gepäcknetz. Jetzt zum ersten Male betrachtet, ich mein Eigentum und mutzte mir sagen, dah di« Koffer «inen bescheidenen, ja fast ärm- lichen Eindruck Machten und wohl niemand in ihnen Wert- Anzeiger für -as Erzgebirge A «HDR« E öer wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Mer Sonntagsblaü. -W ön rköaftM mit Ausnahme Senta-, nachmittag» 4-z L,tt-ramm-ASr»ss(, Ta-edlatt fiuenMhlrg«. tzttms-M-«,«. Nch ä'H ÄÄ Ea» «uwttlan-t ttn-efaaöt, Manuskript, kam» Snväh» nicht -eleisttt wer»««. «sm-Mpt «iht »wtu« „ Me serbische Regierung übermittelte Bulga rien dreiNoten, in denen sie eine Vertrags revision, eine bedingungslose Demobi lisierung und den Besuch der Petersbur ger Konferenz verlangt.«) Nähere» steh« an anderer stelle.