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Auerthal-Zeitung : 21.12.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-12-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189812217
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18981221
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18981221
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-12
- Tag 1898-12-21
-
Monat
1898-12
-
Jahr
1898
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 21.12.1898
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t l h k t n s' I ti ii 0 a e ik d ri s er * 's. l .ei ,e n d. ir o D en er> nr ie> e ul: "ft- en irr rt< D Hs LH du -kl ter al be S§ m< ne ,eh «l ) r PslMfchr K«»dfch«». Lmetschla«». *Zm Begrüßuna der Prinzessin Heinrich sendet die Kaiserin-Witwe von China zwei Würdenträger nach Siautschou mit dem Auftrag, die Prinzessin zum Besuch / nach Peking einzuladen. *Ueber die Aussichten einer deutsch« sranzösischenAlliauz, wiefieschüchtern in Frankreich angestrebt wird, macht man sich in Deutschland weniä Kopfzerbrechen. Es handelt sich doch günstigsten Falls nm um ZukunstS- träume; für die Gegenwart beweisen die ruhigen Erörterungen auf französischer Seite über diesen Punkt immerhin die starke Wandlung der Zeiten. Angesichts der Beachtung, welche diese Ver ständigungsversuche französischer Schriftsteller und Staatsmänner, in der englischen Presse ge funden haben, schreibt die .Kölnische Zeitung': „Die Möglichkeit einer deutsch-französischen An näherung ist erst dann gegeben, wenn daS Wort Elsaß-LothringenauS dem Sprachschatze der französischen Staatsmänner und der fran zösischen Presse verschwunden sein wird. Dies Wort ist der Barometer, an dem Deutschland wie daS Ausland mit großer Sicherheit ablesen können, in welcher Lage die deutsch-französi schen Beziehungen jeweilig sich befinden. Deutsch land lehnt so lange jede Unterhaltung ab, so lange es befürchten muß, daß ein begonnenes Gespräch auch Mr mit einer Andeutung diesen für Deutschland völlig erledigten Gegenstand berühren könnte. Wir haben alle Ursache, in dieser Hinficht nicht den geringsten Zweifel auf kommen zu lassen." ' * Der deutsche Handel nimmt in Mittelamerika einen hervorragenden Platz ein, hat aber mit der Unsicherheit und Zerrüttung der dortigen politischen und finanziellen Ver hältnisse ost schwer zu kämpfen. Es ist daher für ihn von hohem Wert, wenn die diplomatische Vertretung Deutschlands dort das Interesse der Kaufmannschaft nach jeder Richtung wahrnimmt. In dem amtlichen Blatte von Guatemala erschien am 8. Oktober ein Artikel, der Ver leumdungen gegen Hamburger Kommisfionshäuser enthielt und, während er zugibt, daß man Hamburg und Bremen viele Millionen schulde, die dortige Kaufmannschaft des Wuchers und des Betruges beschuldigte. Der deutsche Gesandte Dr. v. Voigts-Rheetz verlangte, daß wegen dieses Artikels das Erscheinen deS Blattes zertweilig verboten werde, und daß das Blatt sich öffentlich entschuldige. Beides wurde von der Regierung sofort zu- gestanden. * Zur Samoa-Frage schreibt der ,Hamb. Korr.' MS Berlin: „Eine Abänderung der Kon vention zu Gunsten Deutschlands kann selbstverständlich nur mit Zustimmung Englands und der Ver. Staaten erfolgen und wird ohne Zweifel in absehbarer Zeit erreicht werden. Zur Zeit aber kmn man Mr darauf rechnen, daß die Unhaltbarkeit der gegenwärtigen Ver hältnisse die Beteiligten zu einer anderweitigen Regelung der Dinge veranlaßt." *Zur Verhütung von Seeun fällen beabsichtigt die freikonservative Partei eine Resolution einzubringen, die den Reichskanzler ersucht, behufs Herbeiführung inter nationaler Maßregeln znr Verhütung von Schiffs unfällen und zur Sicherung deS Lebens der Seeleute und der Seereisenden mit den übrigen Seemächten in Verhandlung einzutreten. *Zum Gesetzentwurf über den Schutz der Arbeitswilligen bemerkt der Hamb. Korresp.', derselbe beschränke sich keineswegs bloß auf Bestimmungen gegen den Terrorismus der Arbeiter. Es sind vielmehr strenge Straf- vorschnften in Aussicht genommen, die etwaigen Angriffen der Arbeitgeber auf die Koalitions freiheit der Arbeiter mit aller Entschiedenheit entgegentreten sollen. Dabei wird man ins besondere an schwarze Listen, terroristische Aus sperrungen re. zu denken haben. Oesterreich-Ungarn. *Jn Ungarn hat nun auch der zweite Vizepräsident des Abgeordnetenhauses, Kardos, seine Rücktrittserklärung eingesandt. Tiszas Gesetzentwurf war bis Mittwoch von 22s Abgeordneten unterzeichnet. DaS -aus zählt gegenwärtig 411 ungarische Mitglieder, mithin »st eine große Majorität für Perczel gesichert, für den auch die Kroaten zu stimmen zusagten. Frankreich. * Gutem vernchmen nach wird der Kriegs- Minister Freycinet das FreilassungSge- such Ptcquarts dem General Zurltnden -ustellen mit dem Ersuchen, das Kriegsgericht zusammenzuberufen, damit dieses sich über die Frage schlüssig mache. * Das Gesuch Esterba-yS um freies Geleit wird der Kassationshof unbeantwortet lassen. Dagegen wird bestätigt, daß die Regie rung auf Grund deS Steckbriefes von Bertulus die Auslieferung Esterhazys in Amster dam betreibt. *Ueber die Speisung des Rhein- Marnekanals ist ein provisorisches Ab kommen zwischen Deutschland und Fra nk- reich geschloffen worden, das am Mittwoch im Pariser .Journal officiel' veröffentlicht wurde. Schweden-Norwegen. *Der König Oskar hat zu dem vom Storthing beschlossenen Gesetz über die „reine" norwegische Flagge seine Zustimmung verweigert, womit er nicht hindern kann Md will, daß dieser verfassungsmäßig erzielte, endgültige Beschluß Gesetz geworden ist. Balkanstaaten. * Aus Athen wird gemeldet, daß das an geblich dem General Smolenski nahe- stehende Blast Thorywos' gegen den König, den Kronprinzen und gegen die ganze königliche Familie in einer Reihe von Artikeln heftige Angriffe gerichtet hat. In militärischen Kreisen werde angenommen, daß diese Angriffe darauf abzielen, die voraus zusehende Wirkung des kronprinzlichen Berichtes über den Feldzug in Thessalien wenn möglich von vomherein abzuschwächen. Die antidynastische Haftung des .Thorywos' wird allgemein scharf verurteilt, lind König Georg erhält Ms allen Kreisen der Bevölkerung der Hauptstadt und der Provinzen Adressen, in denen das Treiben der hinter dem genannten Blatte stehenden Partei beklagt und der Dynastie die Ergebenheit aller besseren Elemente der Nation ausgedrückt wird. Amerika. *Die Philippinen werden den Ver. Staaten voraussichtlich noch viel zu schaffen machen. In Madrid find von General Rios eingehende Meldungen über daS augenblickliche Verhältnis der Nordamerikaner zu den Auf ständigen gestoffen, welche erkennen lassen, daß für die Ver. Staaten die vollständige Unter werfung der Eingeborenen mindestens ein Jahr der heftigsten Kämpfe erfordern würde. *Jn den Ver. Staaten von Nordamerika nimmt mittlerweile der Widerstand gegen den Jmverialis-mus immer mehr zu. Der Kampf gegen die Ausdehnungspolitik wird von der Opposition unter Andrew Carnegie trotz der angeblichen Aussöhnung desselben mit Mac Kinley nun doch wieder ausgenommen. Senator Hast sammelt um sich alle opposi tionellen Elemente ohne Unterschied der Partei und betreibt und organisiert offen im Senat, was er die „Majorität zur Ablehnung des Friedensverstages" nennt. Gleich nach den Festtagen soll im ganzen Lande gegen den Vertrag bezw. zu dessen Abänderung, eine Maffenagitation eingeleitet werden. * Das Repräsentantenhaus in Washington hat mit 104 gegen 101 Stimmen abgelehnt, die Einwanderungsbill in Erwägung zu ziehen, welche vom Senator Lodge im Senat eingebracht und von diesem in der vergangenen Session angenommen worden war. Ganz »st die Vernunft doch noch nicht verflogen. Bemerkens wert ist übrigens, daß der alte Präsidentschafts kandidat Bryan die Silberfrage sollen läßt, nachdem auch er in einem bemerkenswerten Interview zum energischen Kampf gegen den Imperialismus aufgefordert hat, — „die größte Gefahr der Republik der Ver. Staaten", wie er sagt. Asten. *Jn China hat sich ein wichtiges Er- eignir vollzogen. Die Kaiserin Witwe empfing in Peking zum ersten Mal die Ge mahlinnen der Gesandten der euro päischen Mächte. Die Damen versammelten sich m der englischen Gesandtschaft und begaben sich von dort in den kaiserlichen Palast, wo feier licher Empfang stattfand. Der Kaiser saß zur Linke» der Kaiserin-Witwe. Die Gemahlin deS englischen Gesandten, Lady Macdonald als Doyenne verlas eine Adresse in englischer Sprache, in welcher die Kaiserin im Namen der Damen zu ihrem Geburtstage beglückwünscht wird. Die Kaiserin -eigte sich — so meldet ,WolffS Büreau' — außerordentlich huldvoll und herzlich. De«tschrr Keich-t«-. Am 15. d. wird die erste Etatsberatung fort gesetzt. Nach debatteloser Annahme der sozial, demokratischen Anträge auf Einstellung der Legen einige Angehörige ihrer Partei schwebenden Straf verfahren und nach Erledigung einiger anderer unwesentlicher Arbeiten erhält das Wort Abg. Bebel: Der Staatssekretär des Aus wärtigen hat eS als ein Verdienst unserer Politik hingcstcllt, daß wir uns von Kreta zurückgezogen haben. Wir hätten uns dort lieber überhaupt auf nichts einlassen sollen, denn die Lösung der Kreta frage durch das sogenannte europäische Konzert ist in Wahrheit nichts als eine ungeheure Blamage für die beteiligte» Mächte. Daß wir zu einem besseren Einvernehmen mit England gelangt sind, begrüßen wir mit Freuden. Das finanzielle Bild, daS der Reichsschatzsckretär entrollt hat, macht sich äußer lich ganz schön: Schade nur, daß das Bild in Wahrheit bei weitem nicht so günstig ist. Seit der gegenwärtige Herr regiert, ist ver Militär etat jährlich um 167 Mll., im ganzen in den zehn Jahren mn 1668 Mll. gestiegen. Abg. Fitzen rechnet auf eine eingehende Begründung in der Kommission; ich protestiere von vornherein gegen diese an Unfug grenzende Methode. Durch die verkehrte Ausweisungs politik schädigen wir nur unseren eigenen Handel. Nicht nur dänische und österreichische Unterthanm hat man auSgewiesen, sondern auch Holländer, die in der Nähe der holländischen Grenze wohnten, wurden durch allerlei Chikanen über die Grenze ge trieben. Im Deutschen Reiche kommt es ferner noch immer vor, daß Rcichsangehöriae aus dem Gebiete einzelner Bundesstaaten verwiesen werden. Ander seits wird Reichsdeutschen die Ausnahme in den Nnterthanenverband eines Bundesstaats deshalb ver weigert, weil sie früher einmal die und die Strafe erlitten haben. Speziell unseren Parteigenossen werden solche Schwierigkeiten vielfach gemacht, und das alles in einer Zeit, in der der deutsche Kaiser in Jerusalem ein feierliches Aktenstück verlesen hat, in welchem von Nächsten- und Bnlderliebe die Rede war nnd von ihrer Bethätignng an allen Menschen. Angesichts der neuesten Maßnahmen sinken diese schönen Worte zur Bedeutung von Phrasen herab. Präs. Graf Ballestrem: Der Redner ver stößt gegen die Ordnung des Hauses, wenn er den Inhalt eines feierlichen Aktenstückes, das der Kaiser verlesen hat, als Phrasen bezeichnet Ich rufe den Abg. Behel zur Ordnung. Abg. Bebel (fortfahrend): Der Mnister v. d. Recke hat aus den Erfurter Krawallen Veranlassung zu dem vielbesprochenen Erlaß über die rücksichtslose Anwendung der Waffen seitens der Polizisten ge nommen. Auch beim Militär sind >a verschärfte Vorschriften ergangen. Noch heute habm wir im ,Vorwärts' den Inhalt eines kriegsministeriellen Er lasses veröffentlicht, laut dem die LruppenkommandoS bei allen Vorkommnissen, die einen revolntionären Charakter anzunehmcn scheinen, sofort die sozial demokratischen Führer festnehmen sollen. Unter zeichnet ist dieser Geheimerlaß von dem früheren Kriegsministcr v. Bronsart und — das ist außer ordentlich bezeichnend — von dem Chef des Militär kabinetts v. Hahnkc. — Graf Posadowsky schilderte das Deutsche Reich als ein Land mit allen nur erdenklichen Freiheiten. Weiß er dmn nicht, daß der Reichstag seit Jahren vergeblich um das ein fachste, selbstverständlichste Recht betteln muß, um den Fortfall des Vcrbindungsverbots für politische Vereine, um ein Reichsvereinsgcsetz auf freiheitlicher Basis? Mit dem Anarchismus hat die Sozial demokratie nichts gemein als die Wurzel, die in der bürgerlichen Gesellschaft liegt. Auch die Ausführung der sozialpolitischen Gesetzgebung und die Verlang samung des Tempos der Wetterführung derselben erfüllt weite Kreise niit immer größerem Mißtrauen. Gegen Unternehmer erkennen die Gerichte mit außerordentlicher Milde, gegen Arbeiter mit ganz unerhörter Strenge. Kriegsminister v. Goßlcr: Der Vorredner kritisierte einen Erlaß des Ministers des Innern und erzählte, cs sei früher Brauch gewesen, über die Gott unser Voll behüte und bewahre." Dem Abg. v. Kardorff möchte ich zu seinen Ausführungen be merken, daß man die Sozialdemokratie am wirk samsten damit bekämpft, daß man die berechtigten Forderungen der Sozialdemokraten bewilligt, nnd als eines der besten Mttel betrachte ich gerade die Thätigkeit der Arbeiter in den Berufsvereinen. Daß wir uns auf einer schiefen Bahn befinden, wird dem Abg. v. Vollmar niemand glauben. Wir treten überall ein für des Reiches Ehre und Größe nnd habm eS dabei stets verstanden, unsere Selbständig keit der Regierung gegmüber zu wahrm. Meinem Freund Fritzen hat man in der Presse nachgesagl, er habe in der Protekoratsfrage nur seiner eigenen Ueberzeugung Ausdruck gegeben; dem gegenüber halte ich es für meine Pflicht, zu betonm, daß Abg. Fritzen seine Erklärungen in der Protektoratsfrage in vollem Einverständnis mit seinen sämtlichen Parteigenossen abgegeben hat. Wenn wir uns aber im Auslande unter dm Schutz des Deutschen Reiches stellen, so dürfen wir um so mehr fordern, daß wir auch im Innern als gleichberechtigte Deutsche be handelt werden. Dann erst wird wirklich Friede im Deutschen Reich sein. Abg. Liebermann v. Sonnenberg (Antis.): Die sozialdemokratischen Redner habm sich m dieser Etatsberatung ganz ausnahmsweise maßvoll gezeigt. Herr v. Vollmar hat sogar dem Zaren seine» Bei fall für dessen Friedensmanifest ausgesprochen. Aber wenn wir von den Ratschlägen des Herrn v. Voll mar folgten nnd an die Stelle unseres stehenden Heeres em Milizheer setzten, würden wir bald von unseren Nachbarn aufgefressen werden. Betreffs der Ausweisungen will ich nur betonen, daß wir Herren im eigenen Hause bleiben und uns gegen die Agitationen ausländischer Störenfriede schützen müssen. Der Mlitärvorlage werden meine Freunde zustimmen, dmn sie halten eS für richtiger, daß wir uns auf den deutschen Mut und auf die Schärfe des deutschen Schwertes verlassm als auf Bündnisse mit anderen Staaten. Wir fordern aber endlich die Erhöhung der Jnvalidmpmsionen, ferner daß betreffs der Ver proviantierung unserer Armee und Marine der Ein kauf von den Produzenten erfolge. Um uns gegen die amerikanische Konkurrenz wirksam zu schützen, muß daS angekündigte Flcischschaugesetz möglichst bald zur Verabschiedung gelangen, damit wir beim Abschluß eines neuen Handelsvertrages init den Ver. Staaten eine Handhabe haben, uni schlechte Fleischwaren zurückzuweisen. Unsere wirtschaftlichen Verhältnisse sind keineswegs so glänzend, wie sic von den Staatssekretären geschildert worden sind. Die Großbetriebe mehren sich beständig, die Großbazare bedrohen immer mehr die Existenz der kleinen Hand werker. Was die auswärtige Politik anbetrifft, so müssen wir vor allen: daraus bedacht sein, daß wir bei den Handelsvertrags-Verhandlungen mit England und Amerika die Interessen nnseres Handels nnd unserer Industrie, vor allem aber die unserer von Amerika her besonders stark bedrohten Landwirtschaft nach allen Richtungen hin wahrm. Darauf wird die Diskussion geschlossen. — Die wesentlichsten Teile des Etats werden der Budget- Kommission überwiesen. Nächste Sitzung: Dienstag, den 10. Januar. Köpfe von Empörern hinwegzuschießen. Mr ist ein solcher Brauch nicht bekannt. Der Offizier, dor ter einem Falle, in dem die Gesetze dm Gebrauch der Waffe vorschretbrn, über die Köpfe der Empörer hinwcgschießen läßt, gehört vor daS Kriegsgericht. Abg. Bebel erzählt dann weiter von einem Erlaß, der vor zwei Jahren ergangen sein sollte. Der In- haft hat bereit» heut« morgen im.Vorwärts' ao- standen; ich habe deshalb in dm AVm nachforschm lassen, aber trotz aller eifrigen Bemühungen ist «S mir nicht gelungen, einen solchen Erlaß aufzlffind«. Er kann auch gar nicht existieren, dmn Erlasse, die von dem Krieg-Minister und dem Chef de» Militär, kabinett» gnnnnsam gezeichnet werdm, gibt e» «dm nicht. Staatssekretär Graf Posadowsky: Die Be schwerden de» Aba. Bebel über mangelhafte Aus führung der Sozialgesetzgebung sind unbegründet. Wenn ich neulich gesagt habe, wir erfreuten uns weitgchmder Freiheiten m Deutschland, so kann ich daS nur wiederholen, und ich brauche nur auf einen neulich«:Artikel de».Vorwärts' zu verweisen, indem gegen Mißliebige die Ausweisung nach entfernt« Ländern angedroht wurde, wmn erst der Zukunsts staat besteht Damit wollen Sie wohl gleichzeitig eine Art von Kolonialpolitik treiben? Aba. Lieber (Zmtr.): Abg. Bebel hat die Ver hältnisse bei uns so düster geschildert, daß mm bei nahe die AuSgewiesen«, deren er sich annahm, darum beneiden möchte, daß sie in diesem Land« nicht mehr zu wohnen brauchen. UnS selbst hat Herr Bebel als Reichsschafe bezeichnet. In Beuthen zog ein Sozialdemokrat einem ZentrumSwäbler dm Rosenkranz aus der Tasche und sagte, ihn hoch haltend, zur Menge: „DaS ist der Rosenkranz, dm der Abg. Bebel bei scinm Gebeten benutzt, damit . Gott unser Voll behüte und bewahre." Dem Abg. v. Kardorff möchte :ch zu seinen Ausführungen be- Die Masierten. 2s Erzählung von Hedwig Erlin. <Schl»s.) Der Baron sann und sann, er konnte den Grund ihres Schreibens nicht finden. Was sollte er Alice aber antworten? Sollte er ihr wirklich ihr Wort zurückgeben? Ein selt sames Gefühl beschlich ihn bei diesem Gedanken. Daß aber die Furcht, Alice zu verlieren, nichts weiter, als ein Beweis verborgener Liebe war, sagte, oder wollte sich der Baron nicht sagen, als er wenige Stunden später im Em pfangssalon der Frau Doktor Lenz saß, um sich von dieser liebenswürdigen Dame, die, wie er wußte, Alices intimste Freundin war, Rat und Aufklärung zu erbitten. „Ich befinde mich Ihnen gegenüber in der peinlichsten Situation, meine Gnädige. Meine Braut hat mir, ohne Grund und Ursache, mein Wort zurückgegeben —" „Ohne Grund, Herr Baron?" fragte die junge Frau fein dazwischen. „Ohne Gmnd," versicherte Willy von Stetten- dorf. „Ich darf mir bewußt sein, Alice nie be leidigt zu haben. Eben dämm, weil ich mich völlig schuldlos fühle, kam ich zu Ihnen, gnädige Frau, in der Hoffnung, daß Ihnen Alice viel leicht etwas Diesbezügliches anvertraut hätte!" Frau Doktor Len» nahm eine sehr ernste Miene an. „DaS ist eine schwierige Geschichte, Herr Baron. WaS soll man dazu sagen? Zunge Mädchen haben so ihre Eigenheiten. Waren Sie denn der Liebe Alicens auch ganz sicher? Könnte nicht ein anderer . . . „Ah was, Liebe unh anderer!" brauste der Baron auf. „Von Liebt war zwischen uns nie die Rede . . . ." „Ach, was Sie sagen/' meinte die junge Frau sehr langgedehnt. „So, so — ei, ei, aho von Liebe war keine Rede. Ja, mein Herr, warum verlobten Sie sich denn sonst?" „Warum .... warum? Wir paßten so gut zu einander, wir ... wir hatten beide dieselben Ansichten von der Liebe, daS heißt, wir glaubten an keine Liebe." „So, ich fange an zu verstehen. Jetzt, Herr Baron, glaube ich Ihnen auch Aufklärung geben zu können. Mir scheint, Alice hat die Verlobung gelöst, weil fie ihre Ansichten, die fie mit Ihnen verbanden, geändert Hal, denn soviel, wie ich von ihr selbst gehört habe, hat sie gelernt, an die Liebe zu glauben. Dieser Umstand allein aber genügt ja schon, trennend zu wirken. Trösten Sie sich, Baron, es ist unglaublich, aber dennoch wahr: Alice liebt —" „Frau Doktor, Sie wollten doch nicht etwa sagen ... ach, das wäre ja Treubruch, das wäre infani ... ich würde es nicht zugeben, daß ein anderer . ." Frau Käthe lächelte verstohlen. Dann meinte fie anscheinend sehr ernst: „Herr Baron, ich verstehe Ihre Erregung nicht. Sic wollten ein Mädchen, das anders denkt als alle ihresgleichen, ein Mädchen, das freigetstig genug denkt, um einem Manne nicht die Geliebte, sondern die Kameradin zu sein ... Sie haben sich eben getäuscht, denn Alice ist ein Mädchen wie alle anderen, daS sich nach Liebe sehnte und das in Liebe für den Erwählten entbrannt ist! Für Sie, den blasierten, vorurteilsfreien Weltmann muß fie da natürlich verloren sein!" Baron von Steltendorf war sehr bleich ge worden. Seine Lippen waren fest aufeinander gepreßt, seine Hände trieben ein nervöses Spiel. „Es ist gut, gnädige Frau, ich danke Ihnen. Ich wollte kein Mädchen, das anders als ihres gleichen war, ich wollte Alice haben, so wie fie ist, so schön, so gut! Wenn fie einen andern liebt, dann freilich, dann bin ich freilich zu spät gekommen. Ich hatte eben die sogenannte Lieb« bei meiner Werbung nicht in Bewacht gezogen. Leben Sie wohl, gnädige Frau." „Wollen Sie, da Sie in so gutem Einver nehmen scheiden, Alice nicht wenigstens Adieu sagen? Sie möchte sonst etwa gar meinen, Sie wären eifersüchtig. Und daS liegt Ihnen doch ganz und gar. fern, Herr Baron!" Der leise Spott Frau Käthes reizte Willy, und kurz erwiderte er: „Ich werde morgen nach mittag noch einmal mit Fräulein von Felsen Rücksprache nehmen. Nochmals, leben Sie wohl, gnädige Frau." 4. Am nächsten Tage war das Wetter so herr lich wunderblau, wie eS die Dichter besingen. Die eben erblühten Rosen schwängerten mit ihren, süßen Duft die Luft, die Vögel zwitscherten auf den Zweigen und oie Sonne schien den Menschen bis inS Herz hinein. In einer dichten, lauschigen JaSminlaube des Parkes, der zum Fclsenschea Gmndstück ge hörte, saßen Alice und Frau Doktor Lenz. Alice sah auffallend blaß und traurig aus. „Ich habe dir etwas Wichtiges mitzuteUen, Käte," sagte fie matt zu der Freundin. „Ich bin gespannt." „Denke dir, es ist alles aus: ich habe Willy sein Wort zurückgegeben." „Ach was," that Frau Käthe sehr erstaunt. „Und weiter?" „Was weiter? Er hat bis heute noch nicht einmal geantwortet." Alice seufzte tief. Da war es der jungen Frau Doktor plötz lich, als höre fie zur rechten Seite der Laube Schritte rascheln und durch daS Grün spähend, gewahrte fie zu ihrem größten Ergötzen den Baron auf Lauscherposten. Na warte, du sollst dir'S merken, dachte fie schadenfroh. „Sage mir einmal ganz aufrichtig, liebe KätHe, was du eigentlich von Willy hältst?" meinte Alice melancholisch. „Warum soll ich immer von dem reden?" „Nun, du brauchst nicht gleich zu denken, daß ich «twa noch ... O nein ... Ich inter- esfiere mich gar nicht mehr für ihn, aber . . . Du wirst mich verstehen, liebe Käthe." ,So, meinst du! Na, was den Steckbrief des BarpnS betrifft, der wäre bald gegeben. AeußereS elegant, untadelhast. Redeweise leicht flüssig, voll hohlen ESsprits. Benehmen eine gewollte, hier und da mißratene Kopie eines blafierten Lebemannes." „Ach, was du sagst. Der Baron scheint dir danach nicht besonders sympathisch zu sein." Die' junge Frau schielte nach der Seite. „Zuweilen nein, erwiderte sie dann. „Sein Benehmet ist nicht immer korrekt, besonders Damen «bt er sich ost als ein anderer, ihm
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