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Bei der Anwendung von CaAl müssen einige Faktoren berücksichtigt werden. Die wichtigsten sind natürlich die zu erzielenden Qualitätseigenschaften des Stahles und die Wirtschaftlichkeit bei der Anwendung von CaAl. In der Praxis gibt es viele An wendungsgebiete, bei denen die maximalen Eigenschaften eines Stahles nicht aus genutzt werden. Ein bestimmter Betrag der Zugfestigkeit wird benutzt, um die an fallenden Belastungen aufzunehmen. Die dabei vorliegende Streckgrenze ist doch genug, um gelegentliche Überbelastungen auszuhalten. Die Dauer- oder Ermüdungs festigkeit ist hinreichend groß, um wiederholt auftretende Wechsellasten aufzunehmen. Entscheidend ist immer, daß eine entsprechende Zähigkeit des Stahles vorliegen muß, um eine Reserve zu haben, die einmal die volle Ausnutzung der Festigkeitseigen schaften erlaubt und durch die zum anderen ein vorzeitiger und plötzlicher Bruch vermieden wird. Von diesen festigkeitsabhängigen Eigenschaften scheint die Kerb schlagzähigkeit am kritischsten zu sein; sie muß deshalb als ein grundsätzlicher Quali tätsfaktor angesehen werden, der die jeweilige Brauchbarkeit der Stähle für eine An zahl von Anwendungsgebieten erkennen läßt [14], Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet, kommt der Desoxydation mit CaAl die größte Bedeutung zu, konnte doch in der vorliegenden Arbeit nachgewiesen werden, in welch starkem Maße die CaAl- Zugabe die Zähigkeit des Stahles günstig beeinflußt. Wenn allerdings das verlangte Werkstück oder das Maschinenteil stark auf Schlagfestigkeit quer zur Walzrichtung beansprucht und für das Werkstück ein niedriggekohlter Stahl verlangt wird (z. B. Einsatzstahl), trifft diese Feststellung nicht zu. Unterhalb eines Kohlenstoffgehaltes von ungefähr 0,30 % ist die Querzähigkeit eines mit CaAl versehenen Stahles geringer als die Querzähigkeit des ohne CaAl hergestellten Stahles. Da die Beanspruchung auf Querkerbschlagzähigkeit relativ selten vorkommt, steht eigentlich dem nichts im Wege, alle im Maschinenbau eingesetzten und vergüteten Stähle und auch den allgemeinen Baustahl beim Erschmelzungsprozeß mit CaAl zu behandeln und als Feinkornstahl zu erzeugen. Grobkörnige Stähle sollen Vorteile bringen durch bessere Durchhärtung, höhere Dauerstandfestigkeit, möglicherweise geringere Kerbempfindlichkeit bei Dauer belastung und leichtere Bearbeitbarkeit. Sie finden daher ihre Hauptverwendung un gehärtet als Kurbelwellen, schwere Schmiedestücke und Automatenstahl [8], In den Vergütungsschaubildern konnte gezeigt werden, daß die für die Bearbeitung günstige Gefügeart einer gleichmäßigen Verteilung feinen kugeligen Karbids (kugeliger Perlit) durch Abschrecken mit nachfolgendem Anlassen bei hohen Temperaturen (600° C) bei den mit CaAl erzeugten Stählen mit Sicherheit erreicht wird. Hier müßte die Frage der Wirtschaftlichkeit durch die Bearbeitung als die kostspieligste Operation bei der Herstellung eines fertigen Werkstückes entschieden werden. Kommt es nur darauf an, die Frage der Feinkörnigkeit des Stahles zu betrachten, so ist der Einwurf berechtigt, daß mit Hütten- oder Umschmelz-Aluminium dieselben Effekte erzielt werden können. Bedenkt man aber, daß auch hochwertige Legierungs mittel wie Vanadin, Titan und Zirkonium als wirksamer Zusatz für die Erzeugung eines Feinkornstahles Verwendung finden, so ist hier der Austausch dieser Stoffe durch CaAl wirtschaftlich gerechtfertigt. In der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung konnte gezeigt werden, daß die Anwendung von CaAl als reines Desoxydationsmittel den Stahlherstellungsprozeß unter Einhaltung eines bestimmten Silizium-Gehaltes um rund 0,20 DM/t Stahl verteuert. Betrachtet man die metallurgische Wirkung des CaAl von dem Blickpunkt des 10 %igen Mehr ausbringens an Mangan und Silizium bei einer gleichzeitigen beträchtlichen Ver ringerung an Phosphor und Schwefel im Stahl, so sind die 0,20 DM/t Stahl wirtschaft lich weitestgehend ausgeglichen.