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— Zum Empfang de« deutschen Kaiserpaare» tn Italien werden in Rom und Neapel, welche beiden Städte besucht werden sollen, große Vorbereitungen getroffen werden. Auch im Vatikan beim Papst erfolgt ein Besuch. — In der Mittwochsfitzung der Militürkommission des Reichstag« wurde vom Reichskanzler Grafen Caprivi eine wichtige Erklärung abgegeben. Von Seiten einzelner Redner war darüber geklagt worden, daß die Regierung noch immer kein Entgegenkommen zeige, während doch ohne solches Entgegenkommen ein Ergebnis überhaupt nicht erzielt werden könne und die weiter« Beratung in der Kommission zwecklos erscheine. Der Reichskanzler erklärte hierauf: „Es sei allgemein anerkannt, daß die Vorlage ein durchdachte« Ganzes bild«. Di« Vertreter der verbündeten Regierungen hätten schon formal gar keine Berechtigung, davon Etwas aufzugeben. Sir glaubten, auf das Bereit willigste jede mögliche Auskunft gegeben uno die Mitglieder der Kommission zu eigenem Urteil darüber befähigt zu haben, ob und was ihnen etwa mehr oder weniger richtig erscheine. Bisher hätten zwei bestimmte Ansichten Aus- druck erhalten. Die eine Ansicht sei die der Abg. Richter und Dr. Lieber, dahingehend, daß di« gegenwärtige Friedensstärke nicht überschritten werden solle. Diesen letzteren Standpunkt habe er (der Reichskanzler) schon öfter als für die verbündeten Regierungen unannehmbar erklärt. Da» sei ein Standpunkt, welcher dem der ver bündeten Regierungen schroff gegenüberstehe. Diese könn ten nicht darauf eingehen, daß die Sicherung der Zu kunft Deutschlands an den Mindestfordernden vergeben werde." — Wenn auch der Reichstag das Fallen des Jesuiten gesetzes beschließt, dann sind die Jesuiten noch lange nicht im Lande, dagegen sie noch besondere Gesetze in Sachsen, Bayern, Baden, Württemberg und Hessen bestehen. Auch im Königreiche Preußen sind Bestimmungen vorhanden, welche nicht zur Duldung von Jesuiten nötigen. Es müßten also auch diese Landesgesetz« fallen. Doch ist es sehr zweifelhaft, ob die verschieden Landtage und Re gierungen sie aufheben werden. — Die Köln. Volksztg. meldet aus Rom: Der Papst erhielt vom dentschen Kaiser die Mitteilung, daß er und die Kaiserin ihm am 2». April einenBesuch abstattin würden. Der Besuchwird offiziell mit großer Feierlichkeit stattfinden — Die Stadt Rom giebt dem deutschen Kaiserpaare folgende Festlichkeiten: Beleuchtung de» Forums, des Kolosseums und des Palatins ; ein sog. Girandola-Feuer- werk auf dem Volttplatze; eine archäologische Ausgrabung; «in« Fahrt auf dem Tiber nach Ostio; Galavorstellung von Verdi» Oper „Falstaff" in der Argentina. Der Hof veranstaltet außer einer Galatasel eine große Jagd in den kgl. Waldungen. — Mit dem greisen Generalfeldmarschall Grafen Blu menthal, der in der vorigen Woche erkrankt war, hat es, wie jetzt verlautet, recht schlecht gestanden. Der Kaiser hat dem verdienten Kranken seinen eigenen Leibarzt I)r. Lruthold gesandt. Die Aerzte haben inzwischen festgestellt, daß keine direkte Lebensgefahr mehr zu befürchten tst. — In Anhalt hat sich Minister v. Kusserow gegen die Herabsetzung de« Getreidezolles für Rußland ausge sprochen. Auch in den übrigen deutschen Klein-Staaten werden gleiche Stimmen laut. So sprach in der hessischen Ersten Kammer Graf Solms den Wunsch aus, daß die Landwirtschaft vor weiterer Schädigung durch den Abschluß eines Handelsvertrag« mit Rußland bewahrt bleiben möchte; schon die jetzigen Getreidepreise seien zu niedrig. Auch in Stolp in Pommern fand eine Protestver- sammlung gegen den Handelsvertrag mit Rußland statt. Aus dem Auerthal und Umgebung, «ttthetlungen von lokalem Interesse ftn» der Redaktto« ft«« wtftkom»««. Wie aus heutiger Nummer unserer Zeitung hrrvorgeht, beabsichtigt die Gemeinde Zelle, «in Amtshaus zu bauen und sordert Bewerber auf, Zeichnungen und Kostenanschläge «inzusrnden. DerBau soll, wie wir hören, auf die Wiese neben der Wäsche-Fabrik von Klodt u. Mildner zu stehen kommen. — Die Kgl. BrandvcrsicherungSkammer macht bekannt, daß die durch die zahlreichen Brände im Jahre 18V2 veranlaßte außergewöhnlich stark« Inanspruchnahme der Mittel der Landesbrandversicheruugsanstalt eine Ermäßi gung der Brandversicherungsbeiträge im laufenden Jahre nicht thunlich erscheinen läßt. E» «erden daher diese Beiträge im Jahre SS in der gesetzlich bestimmten Höhe von 3 Pfennigen für die Beitragseinheit, und zwar je mit 1'/, Psg- »m 1. April und I. Oktober ds«. Js. erhoben werden. Aus Sachsen und Umgegend. — Ein «»jähriger Gutsbesitzer au» Altejndorf wurde in Chemnitz au» den Wagen geworfen und fiel so unglücklich mit dem Kopse gegen die Fußsteig-Kante, daß er sich die Schläfe einschlug und starb. — In Vielau bei Zwickau haben bei zweimaliger Wahl die gewählten Kirchenvorsteher die auf sie gefallene Wahl abgelehnt, sodaß ein dritte» Mal gewählt «erden mußte. — Ein Landwirt in A. bei Freiberg hatte vorig« Woche 2 fette Schweine geschlachtet und das Fleisch in einem riesigen Zuber eingejalzen und einstweilen in der Wasch küche, in welcher auch eine Futterschneidemaschine und allerlei Ackergeräthe standen, verwahrt. Gestern morgen, wollte er Futter schneiden und stellte eine Flasche mit Erdöl zum Aufsüllen seiner Laterne einstweilen auf den Dickel des Fasses. Die Flasche fiel aber in das Faß, zerbrach an den Steinen und da» Fleisch wurde so mit Erdöl gesättigt, daß die S Zentner ungenießbar sein dürften. — Der 13jährige Schuiknabe Postler in Co Um bei Dahlen stieß seinem Altersgenossen Meißner, welcher ihn angeblich geschimpft haben soll, da» Taschenmesser in den Unterleib. Der Verletzte schwebt in Lebensgefahr. Postler ist seitdem verschwunden und bis heute noch nicht in die Wohnung seiner Pflegeeltern zurückgekehrt. — Au» dem Fenster der zweiten Etage fiel am 2. März da« dreijährige Töchterchen de» Uhrmacher« Nitzsche in Döbeln. Dem Umstande, daß da» Kino nicht direkt auf da» Trottoir, sondern zunächst aus eine über dem Schaufenster befindlichen Brüstung fiel, ist e» zu danken, baß rS anscheinend keine schwereren Verletzungen als den Bruch de» rechten Aermchcn» sich zuzog. — In Döbeln sind falsche Fünsmarkstück« in Umlauf. Sie führen da» Bildnis des Großherzog« Friedrich von Baden, die Jahreszahl 1888 und da» Münzzetchrn S. Sie sind leicht kenntlich aus dem fettgen Glanz und dem leichten Gewicht. — Einen Käufer, der wirklich 400 Mk. für ein Quad ratmeter zahlen will, hat die Stabt Leipzig bereits sür den Fall, daß sie die Pleigenburg übernimmt. ES ist die Lebensversicherungsbank Teuitonia. Dresden, 1. März. Sobald die Schloßumbauten zwischen Taschenbcrg und Schloßstraße, die im Rohen beinahe vollendet sind, zum Abschluß gekommen sein werben, wirb .man, wie das „Dresdner-Journal" mittheilt, die Stell« bestimmen, aus welchm freien Platzetz am Taschenbcrg da» von der Stadt in Aussicht genommene Denkmal zur Erinnerung an da» Wettin-Zubiläum errichtet «erden soll. Die Vorarbeit«» zum Denkmal sind bereit« in Auftrag gegeben. Es sollen der würselsörmig« Sockel de» Denkmal« aus dunkelgrünem, polirtem, sächsischem Syenit, die „Gegenwart" und „Vergangenheit" darstellenden Figuren au» Bronze hergestellt werben. — In Lau en stein bei Crimmitschau wurde einer Arbeiterfamilie ein Mädchen ohne Hänee und Füße geboren. Die Arm« laufen beide in Stumpfen au«, wogegen die Beine einen kersen.rtigen Ansatz haben. An Stelle de» »orderen Teile» der Füße sind krallenähnliche Ausläufer in der Stärke eines Fingers vorhanden, welche jedenfalls durch Operation entfernt werden müssen. Da» Kind ist im Uebrigen ganz normal entwickelt und gesund. — Eine blinde Frau stürzte in Chemnitz au- einem Fenster de- dritten Stockwerke» herab und fand sofort den Tod. — Oberbürgermeister Kuntze in Plauen hat au» Gesundheitsrücksichten sein Entlassungsgesuch eingereicht. — Der Altenburger Bergbau liegt in Sterben. 100 Arbeitern wurde gekündigt. Die Löhne waren schon seit langem schlecht. Die Berzirksvertretung von Dippoldis walde hat für den Notfall Mittel au« dem Bezirt«»ermögen bewilligt. Freiberg feierte kürzlich die Wiederkehr de» Lage«, an welchem vor 250 Jahren die Stabt durch den Mut der Bürger vor den Schweden gerettet wurde. Am 17. Februar 1643 gab Torstens«« die hartnäckig geführte Be lagerung Freiberg» auf. Deshalb waren am vergangenen 17. Februar die alten Stabttürwe, die sämtlichen städtischen Gebäude, auch einzelne Prwatgebäude beflaggt. Da» Schwedendenkmal vor dem Pelersrhor und der Maurrrest, an welchem Leutnant Schmvhl die Bresche heldenmütig verteidigte, waren reich geschmückt. Im Attertum»mujeum findet eine Ausstellung zahlreicher Reliquien aus der Zeit der Schwedenbelagerung statt. Freiberg ist nebst Dresden die einzige Stadt, die im 30jährigen Kriege nie vvn den Feinden eingenommen worden ist. — Schmledemeister Kaul in Trebelshain bei Wurzen, einer der Veteranen des Grimmaer HusarenregimentS, ist am Freitag begraben worden. Kaul war über 86 Jahre alt geworden und hat 15 Jahre lang als Korporal bei dem damaligen Reiterregiment in Grimma gedient. Bei »em Regimentsjubiläum 1891 war er al» der zweitälteste Veteran anwesend, wurde sehr geehrt und von dem Könige mit einem Ehrenzeichen ausgezeichnet. D«S Regiment hatte zum Begräbnis KaulS eure Deputation geschickt, welche einen Lorbeerkranz am Grabe mederlegte. — Am 2. März verscyied in Riesa in ihrem 100. Lebensjahre Frau Karotlue verw. Hase, die seither die älteste Person Sachsen» war. — Die Schanzenmühle bei Brösen bei Leisnig ist in der Nacht zum letzten Donnerstag niedergebrannt. Nur da» Wohnhaus blieb erhalten. Das Feuer ist offendar böswillig, vielleicht aus Rachsucht angelegt worden, denn baS Besitztum Arnold- ist bereits vor einigen Wvchen von Unholden heimgesucht worden, die »ielsache Beschädigungen der Riemen an der Transuussionsanlage verursacht hatten. — Für Dresden wird eine zweite große Wasserleitung mit Kunstanlagen am Unken Elbufer oberhalb der Stadt erbaut werben. Die Fertigstellung de» neues Wasserwerke» wird 2>/, Jahre in Anspruch nehmen. Die Epidemie in Hamburg ist eine heilsame Lehre gewesen. — Die Rechtspflege unserer Vorfahren »ar von einem grimmen Humor ausgezeichnet. In Dresden stand vor der Hauplwache auf dem Neumartte ein eigentümlicher Pranger, der „Esel" genannt. Ec »ar ein hohe« vier beiniges Gestell, oas einen Estlskops trug und dessen Nücke» die Form eines spitz Mausenden Daches hatte. E» war aber mitunter wechselte, so passierte «S ihr, daß sie heute für eine Ansicht Schimpf und Spott erntete, die gestern noch durch den Mund des Direktor» ausgesprochen, stau nend bewundert worden war. Durch solch' bittere Erfahrungen gewitzigt nahm Frau Brenneck sich in der Regel tn Acht überhaupt eine An sicht zu äußern, und wenn sie e« that, io geschah e» nur unter einer Menge von Klauseln und Vorbehalten. Auch jetzt fürchtete sie, durch eine längere Unterhaltung mit dem Hauslehrer in die Lage .versetzt zu werden «ine Meinung zu offenbaren, die sich nach der Heimkehr ihre» Gatten al» völlig haltlos erweisen würde, und um dieser Unannehmlichkeit zu entgehen, wandt« st« sich an ihre Tochter: „Lieber Ada, möchtest Du nicht so freundlich sein, Herrn Rothenberg unfern Garten zeigen?" ... Du weißt, wir speisen erst in einer Stunde, bi» dahin dürste Papa »ohl hier sein." Ada erhob sich und geleitet« den Herrn Kandidaten in den Garten. IV. Rothenberg «eilte nun schon seit Wochen im Hause de« Bergwerks-Direktor», aber recht heimisch fühlte er sich tn demselben noch nicht. Herr Brenneck begegnete ihm mir kühler Höflichkeit, er sprach nicht mehr, als durchaus nölhig war. Die Frau de» Hause-, die in Allem dem Beispiele ihre- Gatten zu folgen bestrebt war — mehr au« Furcht, al» »eil r« ihr nachahmenSwerth erschien — beachtete ihn fast gar nicht. Ada behandelte ihn mit stol zer abweisender Kälte, nachdem sie ihm in den ersten Ta tzen fast freundlich entgegen gekommen war. Rothenberg pennte sich den Grund ihres veränderten Verhalten» nicht erklären, er zerbrach sich aber auch den Kopf nicht «eiter darüber, da er nach ihrer Freundschaft kein sonderliche- Brrlangen trug. Sanz ander» hatte sich sein Verhältniß zu Fräulein Martha gestaltet. Ihr einfache», herzliche« Wesen flößte ihm die lebhafteste Sympathie ein, und sie schien sein« freundschaftliche Gesinnung voll zu erwidern. Da» ergab sich au» der traulichen Unterhaltung, die sie führten, wenn sie allein waren. Ihr Gejp äch betraf meist die Verhält nisse der Grubenarbeiter, über die Martha sich sehr genau unterrichtet zeigte. Rothenberg, der sich seit Jahren sür die Ardettersrage lebhaft interessirt und nicht nur die ein schlägige Lüteratur mit Aufmerksamkeit »erfolgt, sondern in den großen Industrie-Bezirken auch praktische Studien betrieben halte, hörte ihren SchUdrrnngrn gern zu. Er bewunderte ihren Scharfblick, ihr klare» Urtheil und die Größe und Erhabenheit ihrer Gesinnung. Es war an einem Sonntage, al» Rothenberg den Weg nach der Stadt einschlug. Er durchwanderte da» Dorf und kam auf die nach Steck lingen führende Landstraße, die heute keine Spur »vn Le ben zeigte. Er beeilte sich nicht allzusehr, um di« Stadt zu errei chen. „WaS sollte er dort? Im „Schwarzen Evrr" mit Gummlich und dessen schönem Töchterlein plaudern, sür da» er sich vor einiger Zeit recht warm begeistert hatte?" Ach Gummlich, würde ihm sicherlich wieder gereimt« Inserate vorlesen, und Anna hatte heute genug zu thun, um die Gäste zu bedienen. Er ging sehr langsam, blieb von Zeit zu Zeit stehen und spähte nach dem Dors« zurück, al» erwart« er, »ort eine angenehme Erscheinung austauchen zu sehen. Da erhoben sich Staubwolken in der Ferne, die von den Rädern «ine» rasch dahin rollenden Fuhrwerke» auf gewirbelt wurden. Ein Strahl der Freude überflog sein Gesicht. Er ging langsam »eiter, ohne sich wieder nach dem immer näher kommenden Fuhrwerk umzusehen. Erst al- dasselbe an ihm »orüberrollte, blickte er auf. Enttäuschung malte sich in seinem Antlitz. Es war «in Braucreiwagen, der leere Blersässer nach der Stadt brachte. Hatte denn nicht Fräulcin Martha Brenneck gesagt, daß sie heute mir ihrem leichten Ponnysuhrwerk nach Meck lingen fahren werde, um Bücher uno Journale au» der Buchhandlung zu holen? Wo blieb sie denn nur? Drüben im Dorfe läuteten die Glocken bereits zum NachmütugSgoitesdieust, und um diese Zeit war Martha, wenn sie nach der Stadt fuhr, immer schon unterwegs. Er blieb stehen und blickte sich nochmal» um. Di« Landstraße war menschenleer. Mißmuthig setzte er sich auf einen Baumstamm, der am Wege lag, zog ein Buch aus der Lasche und begann zu lesen. Aber nur kurze Zett konnte ihn die Lektüre fesseln. Er erhob sich wieder, unjchiü,sig, ob er seinen Weg zur Stadt fortsetzen »der nach Dönningcn zurückkehren sollt«. Vielleicht hatte Martha ihren Vorsatz, »»ach Reckllngen zu fahren aufgegeben. Sein Blick wurde plötzlich durch eine seltsame Erschei nung gefesfilt. Drüben >m weiten Felo«, an den Trüm mern eine» alten Schachte-, war ein« weiße Gestalt auf getaucht mit wallendem Haar und wehendem Schleier. Einige Minuten blieb er sestgebannt stehen. Wie kam diese» märchenhafte Bild in die nüchterne Umgebung? Sr überschritt die Landstraße, sprang über de» Stra ßengraben und ging auf die Erscheinung zu . .. Jetzt «ar «r ihr nahe genug, um sie genau beobachten zu können. (Fortsetzung folgt.)