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Freitag, IS. Mal ISIS. s. Jahrgang. Mer Tageblatt für öas ErZgrölrgr MAZWW mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage r -wer Sonntagsblatt. WMZM M Apnchchm»» »« «e»akN»n mit Hiwnahm» »« Sonntag» nachmittag, 0—» Uh». — T»l»gramin-^-r»ss», Lagidlatt 1<«*«rsg»»trg». I»raspr»ch»r SS. »>««" »«d»«u Wüu»,«a Zü» nn»*»langt »tagrfanSt» Mannstrtpt» kann S»»Shr nicht g»t»«st»t w»r»»n. m«»uMpr»iA»,Mch^ Nr. U0. Diese Nummer «mfatzt 8 Seiten. Das Wichtigste vom Tage. Staatssekretär von Jagoiv wurde am Donnerstag früh abermals vom Kaiser Fran» Josef in Audienz empfangen.*) * Der deutsche Botschafter in London, Fürst Ltchnowskt, wird am heutigen Freitag in Ber. ltnetntrefsen. * Am heutigen Freitag finden in Preußen die Urwahlen zum Landtage statt. * Der Ausnahmezustand in Bosnien und der Herzegowina wurde am Donnerstag ausge. Hobe n.*) * Der zwischen der Türket und Bulgarien abge- s lvssene Waffenstillstand ist bis zum 28. Mat verlängert worden. Nach einer Meldung aus Konstantinopel soll auf En ver Bet ein Attentat ausgeübt worden sein, wobei Enver Bet verwundet wurde.*) »> MH,»« g,h, an and««, «ttill,. IE Mn.maßlicht Witterung am 17. Mati Nordwtst- wind, wolkig, etwa, kälter, zeitweise Niederschlag. -Wc Der Bagctaävühn zweiter Teil. 'b Das einzige natürliche Hindernis von einiger Er« hoblichkeit, die der Bau der Bagdadbahn zu überwinden Hai« te, die Ueberschreitung der Taurus« Ketten, ist ihm bei Zweitem nicht so schwierig geworden, rvie die dipIs mat i s ch en Hemm ungen, die «sich seinem Forttchreiten in den Weg stellten. Daß es den Neidern Deutschlands nicht sonderlich paßte, als deutsches Kapital sich gerade in diesem Herzstücke der asiatischen Türket investierte, liegt aus der Hand. Das Wohlwollen solcher Kreise war Loch auf keinen Fall zu gewinnen: La mar es eigentlich richtiger, un- sere Unternehmer hätten sich den gewaltig überwuchernden Einfluß, den unsere Marschall-Zeit während der Herrschaft ALdul Hamids in Konstantinopel ausübte, kräftiger zu nutze gemacht, und hätten rechtzeitig einen Ausbau des Gssamtwer- kes bis zu einem an der See liegenden Endpunkte mit tatsäch lich rein deutschen Mitteln, der Form nach unter türkischer Beteiligung, beschlossen: selbstverständlich unter voller Wah rung der türkischen territorialen Hoheitsrechte. Daß es nicht geschah, daß man zeitweilig «ine Internat ionali - sierungdes Unternehmens förmlich erbetteln wollte, lag nur zum kleineren Teile an den allbekannten Umständlich keiten, mit denen der Erlaß türkischer Ferman« allezeit ver« knüpft ist; zum weit größeren aber an dem -mangelnden Wagemut der deutschen Kapitalistenkreise selbst. Der Vertrag vom 28. März 1S11 hat ja Mn endgültig Deutschland» wirtschaftliches Voraus für die Strecke von Haidar Pascha bis zur alten Kalifenstadt stchergchellt. Aber die Bagdadbahn müßte eine Sackbahn bleiben, würde sie nicht weitergöführt. Ihr« natürliche Fortsetzung auf dem Landwege mutz sie schließlich mit dem Bahnnetze Britisch- Indien in Verbindung bringen. Künftg werden auch ge- witz Schienenstränge von Bagdad etwa über Jspahan und Quetta nach der Richtung von Karrachi laufen. Wie heute schon in Berlin direkte Fahrkarten für die sibirische Bahn bi» nach Port Arthur erhältlich sind, so wird nach Ueber« brückung oder Untertunnelung des Bosporus etwa ein Ham burger, dem es Spaß macht, rchne den Zug zu verlassen, nach Bombay oder Delhi fahren. Tatsächlich mutz auch jetzt schon bald di, Frage der Wetterführung aus persischem Bo« den in Mutz kommen. In dem mit Rutz land im An« schlusse an di« politisch vielfach bedeutend überschätzt« Pot», dann« Begegnung, ziemlich gleichzeitig mit dem deutsch-tür« kischen Mävzvertrage, getroffenen Abkommen ist eine zwei jährige Frist ausbedungen, in der Witzland sich über einen eigenen Ausbau des künftigen persischen Bahnnetze» schlüs sig machen soll. Diese zwei Jahre nähern sich jetzt dem Ab laus», ohne daß, Rußland mit seiner Neuordnung Persien» wesentlich weiter gelangt wäre al» bi» zur Errichtung einiger Talgen in Täbrt». Am End» der Frist würde dann aber nach «tner Klausel jener Abmachungen Deutschland in die russischen Rechte insoweit eintreten, daß e» selber die Echte« nenstränge der Strecke Bagdad-Chaniktn über diesen Trenzort hinaus, da» persische Gebiet durchquerend, sortfüh- ren dürste. Aber solange der Bau noch nicht einmal Bagdad er reicht hat, geschweige denn Thaniktn, bleibt die praktische Verwirklichung der bet den Auseinandersetzungen mitt Ruß land gewonnenen Rechte «ine spätere Sorge. Dringender erscheint vorläufig di« Frage der Verbindungsbahn von Bag. dad nach dem Persischen Meerbusen. An dieser Stelle kreu zen sich auch die deutschen und die «nglischen Interessen, und es ist sehr wahrscheinlich, Latz diese» Endstück bei den eifrig geführten deutsch«englischen Verhandlungen der jünKen Zeit eine hervorragende Rolle gespielt hat. Man weitz ja, daß England eine Art von politisch-wirtschaftlichem Monopole am Persischen Golf« begehrt. Vor allem wünscht es seine Landeshoheit Wer den Hafenplatz Koweit zu erstrecken. Es hat dort zweifellos älter« türkische Hoheitstitel dadurch zer« stören wollen, daß es ein Schutzherrschaftsanerkenntnis von dem Araberscheich jene» Platze» erschlich, und dieser Streit punkt ist die Quelle vielfacher Reibungen in der Abdulha- mid-Zeit geworden. Die Unterhandlungen, die der ehema lige Erotzwestr Hakki seit geraumer Zeit in London «ge pflogen hat, scheinen sich wesentlich um diese Koweit- F »age gedreht zu hab«n. Jetzt kommt di« Nachricht von ihrem Abschlüsse. Und -war scheint di« Verständigung we sentlich in der Weise erfolgt zu sein, daß England alle seine Wünsch« erretcht hat. Die politisch wehrlos gewordene Tür. ket verzichtet auf ihre Oberhoheit Uber Koweit. Dafür greift England ihrer Finanznot mit einem Zuschuss« von 4 Mil lionen Mund unter die Arme. Das ergötzlichst« englische Zugeständnis ist aber, daß dieses Reich sich auch zur Ueber- Nabme einer Bürgschaft für die Unantastbarkeit von Tür- kisch-Asien verstanden hat. Bekanntlich hatte es genau die selbe Bürgschaft bereit» im Jahre 1878 mit dem Disraelischen L-ypern-Vertrags übernommen, der doch sicher allezeit von England als fortbrstehend behandelt ist, da es Eypern nie- mals den Türken zurückgegeben hat. Dann hätte also di« Türket jetzt dieselbe Forderung zum zweiten Male erkaufen müssen und England sich damit der montenegrinischen Ge- schäftspraxis angeschlossen, die auch da, schon einmal durch Dfako-wa kompensierte Skutart sich ein andere» Mal kompen- lieren lassen wollte! Wie soll es aber Mit Drutsch - »INR» «forschen! -chatten werde»? Am IS. März 1910 hatte Staatssekretär Schoen im Reichstage gesagt: Wir sind uns Lei allen Verhandlungen bewußt, daß Deutsch land in der Bagdad-Frage die führende Rolle gebührt usw. Demgemäß hatte auch di» BSgdaLbahn-Gesellschaft nach ih. rem Verzicht» auf da» alleinige Baurecht der Endstrecke sich doch dadurch ein Uebevgewicht in der mm zu gründenden internationalen Gesellschaft sichern wollen, daß 40-k> ihres Stammkapital» nominell dem türkischen Kapital Vorbehal ten werden sollt», so daß diese, mit den auf Deutschland» Namen gehenden 20A zusammen di» je 20 England» und Frankr»tch» in der Minderheit erhalten würden. Der Balkanfrieäen. Auf dem Balkan steht nun »Mich der Frieden«-- schlich bevor, wenn nicht etwa über kurz oder lang Ereignisse eintreten sollten, di« eine Aera neuer Verwicklungen brin gen könnten. Die meisten der von den Balkanstaaten er nannten Friedensdelegierten weilen bereit» in London, um dl» definitiven Verhandlungen Au führen, der Abschluß de» Präliminarfrieden« wird binnen wenigen Ta. gen erwartet. M doch bereit» eine türkisch-bulga- rischeKommisfion ernannt worden, welche die Gren zen sestsetzen soll, Auch die Grundlinien de» Friedensver trages sind ja im großen und ganzen bereit» festgesetzt und von Leiden Seiten angenommen. Danach werden alle Ge biete des europäischen Festlandes westlich der Linie Midia - Eno » abgetreten, ebenso allo Rechte auf die In sel K r e t a, während die Bestimmung über die Inseln de» ägätschenMeeresden Großmächten überlassen bleibt: ebenso wird den Großmächten die Festsetzung der Grenze Albaniens und die Begründung der staatlichen Orga nisation dieses Landes Werwiesen. Mit dem Friedens schlüsse sollen auch die Angelegenheiten, die sich auf Handel und Industrie, auf Eigentumsrechte, Gefangenenaustausch und dergleichen beziehen, ihr« Regelung! erfahren. Um den Friedensschluß aber nicht gar zu lange aufzühalten, sollen alle finanziellen Fragen di« mit dem Krieg« oder der Be setzung der annektierten Gebiet« zusammenhängön der in Paris zusammentretenden Finanzkommtssion über tragen werden. Allzu große Schwierigkeiten dürften sich all dem kaum entgegenstellen, mann kann daher damit rechnen, Der Schutzmann kommt! Humoreske von Henrt Dupernois. Uachd.ul o-rdot«-. Was für Ereignisse mochten <s wohl veranlaßt haben, daß der immer eroberungslustige George» Deparoille, ob gleich er schon ein wenig verlebt war, in einen Tutaway gezwängt, den Schnurrbart flott gezwirbelt, «inen eleganten Juchtenkoffer in ver Hand, eines Tage» in einer der sitten- strengsten Famtkienpension-n Püssys landete? Nur der Un- tevfuchungsrichter, der damit betraut war, g«wisse Ange legenheiten de» Eroberungslustigen aufzuklären, hätte da rüber Aufklärung geben können. Tatsache war, daß die Lei terin der Famtlienpension, Fra« Eolacier, Wer diesen Ein zug gerade vor Freud« fassungslos war. Ihr« Kundschaft setzte sich au» alten Engländerinnen zusammen, di« bestän dig umherreisen, um sich zu bilden, und einigen «ntwurzil- ten Provinzialen, die. in de» kleinen Villa, di» tief in einem Gärtchen der Vorstadt lag, di» Ruh« ihr», Vaterhaus», suchten. Beim Anblick de» eleganten Gaste» schlug da» Her der Wirtin vor Erregung höher. E» ist hier so friedlich, stot terte sie kindlich befangen. George, Deparoille antwortete, daß ihm dies« Ruhe behage, daß er verlangen hab», -i»r ganz unbekannt dahinzuleben, und daß nach dem langen Um- -rrwandern ihn da» Familienleben locke: di» zu r«g»l mäßi ger Stunde festgesetzten Mahlzeiten, die Serviette mit einem Ringe zusammeng«Halten, der mit feinem Ramin vmsehen war, da» Brot in Scheiben geschnitten, und nach dem Üwend- Lrot wollte», — der Stammgast all« Premtdren—zu Hause bleiben und der vergnügten, musizierenden Jugend lauschen. Ich soll «in« Zeitlang vollkommen» MH» Haden, sagt» er, und bei Ihnen werd« ich ganz oor-Lglich aufgehoben sein. Sei«» Sie ganz ohn« Sorge, gnädige Frau, ich empfange «ve- der Besuche, noch gehe ich au»: ich will hier zwei, drei Mo- nate, vielleicht noch länger bleiben. Es ist nicht unmöglich, daß ich einige Zimmer für immer bet Ihnen miete und meine Möbel und meine Bücher herschaffen Vasse. Ich merke, Latz ich bald Neurastheniker sein werde, und deshalb hat mich di« Abgeschiedenheit und die schmucken, weißen Gardinen in Ihr Kau» gelockt. E» ist hier «in ganz prächtiger Schlupf winkel, der mir mein« Kindheit zurückruft. Ich werde mich hier zu mir selber zurückfinden. Ich habe meinen Rennstall ausgegeben und meinem Klub mttgeteitt, daß ich ausscheide. Nicht vergeben» vertraut sich ein noch junger Mann mit «inem fein gezwirbelten Schnurrbart und schönen dunk- len Aug«n, au» denen Zärtlichkeit leuchtet, etn«r Dame an, di« erst fett vier Jahren Witwe ist und die volle» Verständ- nl» für «in Männerhers hat. Frau Colacttr hatte noch nicht darauf oer-ichtet, -u gefallen. Ein Beweis dafür war da» Lächeln, da» st» ihrem Gast« schenkt«, und da» eh»r ein Ent gegenkommen einer »in wenig kok»tten Weltdame, al» da, »tner guten Hausfrau war. -ter, bemerkte sie, werden Sie sich rote auf dem Land» fühlen. Unser Garten — St« unterbrach sich um ihren Sohn Raoul, Boudon genannt, au»zufchelt»n, «eil er auf die wunderhübschen braunen Stie- f«l da» künftigen Mieters gespuckt hatte: Wirst du da» sein lassen, Boudon l Entschuldigen Sie nur sehr, verehrter Krrr, er «ist «rst fünf Jahr, alt. - «Le, feien St» ihm nicht bvie, gnädig» Fra«, »r ist ein nett»» Kerlchen, und ich hab» Ktn- der sehr gern. — Ich komm» in fünf Minuten wieder. Ich will Mr noch di» litzt» -and an Ihr Zt-mm»r l«g»n, da« st» h«»t< vormittag von »tn«r spanischen Gräfin -»wohnt wor den ist. — Di» spanisch» Gräsin «ar niemand ander, al» Herr Folatt«, ein alter Notariatchhreiber, der wenig zahlt« und immer dort unttrgchracht amnd», wo gerade etwa, frei «ar. S»in Köfferchen wutd« jetzt in «in» leere Mansarde traMpotttert, «W Am» Lolaeter »erstäubt« Nelkenduft in spanische Gräfin darin gewohnt hatte. Eie stellte drei Ane monen in «ine Vase, schmückte ihr Haar mit einem halben Dutzend falschen Locken, legt« wieder ein bißchen Weiß und Rot aus ihr« Wangen und ging zu Georges Deparoille her unter, den sie in lebhafter Üntechckltung mit Boudon fand. Morgen», sagte er, mutz ich zuerst ein kleines Geschäft vor richten. — Und dann? — Wtäier ein». — E» war nicht mög lich, etwas über seine wettere Tätigkeit zu erfahren. Frau Tolaeier erbleichte unter ihrer Schmink^ Ihr Sohn ries ihr den seligen Eolacier ins Gedächtnis Zurück, der in Mo menten, in denen sie ihn korrekt und vornehm wünschte, sich immer gehen gelassen hatte. Der neu» Pensionär war gan- reizend. Nicht allein, datz «r die Preise nicht zu -och fand, fragt» er nicht einmal danach. Er fand sein Zimmer «nt- zückend. Augenblicklich, sagt» Frau Eolacier, ist nicht Sai son bet un». Wir haben nicht «i«l Gäste: »inen Kompo nisten, Herrn Folatt», einen deutschen Bankier, Herrn Hund sohn, «in» italienische Weltdame, Frau Aoltt, und noch Frau viallot mit ihrer Nicht« Denis«, sehr reich« Leute au» dem Norden. Essen St» mit un» Abendbrot, H»rr Depar- otlle? Depavvtll« atz mit und saß recht» von Frau Eolacier. Der Neuangekommene machte einen geradezu überwältigen den Eindruck, Im Lauf« der Unterhaltung fand er Gele genheit, »tnzuflrchten, daß er malen, singen, Klavier und Geig« spielen könnt» und auch mexikanisch«, Tango zu tan zen verständ«. Er sprach von leinen N»nnof»rd»n und von seiner Famili«, di« in der Kunst, Wissenschaft und Industrie bwmtend« Vertreter hätte. Al» er nach einem Plauder stündchen im Salon der Gesellschaft gut» Nacht wünscht«, hatte er sich all« weiblichen Herzen gewönne^ von dem Frau Eolacier» bi» zu dem Frau Zolti», der italienischen Welt dame, dl» wtt d»w Wessw »H. tzüw -van