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28« "" «Pisa meine Weiber find davon schon start angegangen — insonder heit meine Frau und die Annelie«, die kürzlich au» der Char lottenburger Pension gekommen ist. vorgestern war er etn- geladen und gestern wieder. Ich habe nun aber einen Riegel vorgeschoben. Der Mann kämmt zum, Pekko wie jeder andere — und damit Schluß. Außerdem wetde ich ein scharse» Auge auf ihn haben — ein sehr scharfe» Auge!" An einem Sonntagmorgen — so um die Kirchzeit herum — ließ sich Oberst Rieger mit allen Zeichen von Eile und starker Erregung bei seinem alten Freunde und Kriegsschul- Kameraden, dem Festung»komma.ndanten Generalmajor von Deckart melden. „Na, Rieger, wa» gibt »? Du siehst ja aus, al» wenn du gelaufen wärst." „Herr General, ich habe eine dienstliche Meldung," schnauft« der Regtmentschef. „Eine dienstliche? So. Na, dann erlaube mal, daß ich mir erst den Rock zuknöpf«. Ist gemacht. Was wünschen Sie, Herr Oberst?" „Melde gehorsamst, daß der Leutnant Prinz Yumaschi seit einiger Zeit sich in sehr verdächtiger Weise für die Forti- fikationen dieses Platzes interessiert." „Was du sagst—!" „Jawohl. Es ist beobachtet worden, daß er zu verschie denen Tages- und Abendstunden in Uniform sowohl wie in Zivil in den äußeren Glacis sich bewegt —" „Hm sag mal, Rieger: bist du gestern nach unserm Skat noch «eiter gegangen?" „Herr General —" „Ach so. Wir sind ja dienstlich . Ra, denn entschuldigen Sie, Herr Oberst. Im übrigen bemerke ich, daß Sie da eben einen großen Hammeltalg zusammengeredet haben, Herr Oberst. Der Prinz ist zurzeit Leutnant im Fuh-Artillerie- Regiment König Viktor und hat als solcher in seiner dienst frei««' Zeit die Berechtigung, spazieren zu gehen wo er will." „Der Mann ist Japaner, Herr General! Heute, vor etwa einer halben Stunde, ist er auf dem Fußwege durch den Birk busch nach Fort 1 gegangen — mit einem photographischen Apparat." „All« Wetter! Und was meinen Sie wohl, was er da photographieren wird? Nee, Riegerchen," fügte er gemütlich hinzu, indem er seinen llniformrock wieder undienstlich macht«, „hier bist du auf dem Holzweg. Daß du die fixe kleine Quitte nicht leiden kannst, weiß ich. Weshalb, weiß ich nicht. Jedenfalls darf solche Abneigung nicht, in Unver nunft. ausarten. Wir sind doch hier sozusagen schon auf Ab bruch verkauft, nicht wahr? In ein paar Jahren steht viel leicht bloß noch der Pulverturm und zeugt von entschwun dener Pracht. Wer also hätte da noch ein Interesse, unsere Burg zu durchschnökern. Und ausgerechnet die Japse! Meinst du wirklich, daß die hier plötzlich antanzen und mir die Haus schlüssel abverlangen werdeil?" „Davon ist keine Rede!" begehrte der Oberst ungeduldig auf. „Ich bestehe entschieden darauf, daß du der Sache nach gehst I" „Geh' du nach, Rieger, Blamiere dich so schön du kannst — und nachher erzähle mir, wie es gewesen ist." „Du willst also nicht?" „Nein — zum Donnerwetter nochmal! Ich bin doch nicht voin Torfkahn überfahren!" schnauzte der General, nun auch gereizt. „Deckart —" mahnte der Oberst eindringlich, „vergiß nicht, daß der Japs einen photographischem Apparat bei sich führt. Das Photographieren im Bereiche der Festungswerke ist verboten. Unter allen Umständen!" „Na schön! Damit du Ruhe kriegst und ich auch: ich werde nach Fort l telephonieren und achtgeben lasten. Ist de: Prinz in Uniform?" „Nein, in Zivil." „Gut,- dann mag der Wachthabende sich dämlich stellen und ihm den Knipskasten abnehmen. Bist du nun zufrieden?" „Vorläufig ja." — - - „Run, dann geh' zu meiner Frau und sag« ihr guten Tag. Aber erzähle nichts von den 8 Mark 70, die ihr Buschräuber mir gestern abgenommen habt. Und auf S«. Durchlaucht darfst du auch nicht schimpfen. Sie liebt ihn." Gegen Mittag betrat Generalmajor von Deckart da» Arbeitszimmer seine, Freunde» Rieger und warf sich erschöpft in einen Sessel. „Hast Recht gehabt, mein Junge," druckste er außer Luft und Atem hervor, „die Sache ist brenzlich!" „Siehst,, st-hste!" „Ja. Der Apparat ist beschlagnahmt und sein Träger verhaftet — mit einer Dame, di« in seiner Gesellschaft war." „Mit — einer —Dame" haucht, der Oberst gespannt, „die natürlich auch in die Spionage verwickelt ist "' „Das weiß ich nicht. Aber du kannst dir ja die Auf nahmen mal ansehen. Ich hab« selbst entwickelt und gleich Abzüge gemacht. Bitte!" Oberst Rieger besah die Bilder. Dann rieb er sich ein weniges die Augen, trat ans Fenster und besah noch einmal. Schließlich zerrte er unter dem tlni« formrock einen verbogenen Klemmer hervor. Nachdem er ihn auf die Nasenspitze gedrückt und di« Bilder nochmal« be trachtet hatte, setzte er zu einer ausgiebigen Mundsprrre ein. Und diese hielt noch an, als er sich entgeistert dem Freunde zuwandte. Dieser schmunzelte au» allen Geflchtsfalten: „Na, ums sagst du zu diesen photographischen Leistungen?" „Deckart — ich laß mich fressen, wenn da« nicht die Anna« lies ist!" „Ganz meine Meinung. Und gut getroffen ist sie, sehr gut." „Und das find die Aufnahmen, die dem Japs abgenom men wurden?" „Die nämlichen. Daß beim Fort getypt worden ist, ist doch deutlich am Hintergrund zu erkennen." „Aber ich bitt' dich um tausend Pfund Mondschein," stöhnte der Oberst fassungslos, „wie kommt mein Mädel in den Apparat!" „Auch dafür habe ich eine Erklärung, Sogar eine schrift liche. Aber setz' dich erst nieder. Du bist schon ein bißchen klapperich und könntest dir wehtun, wenn du umfällst. So. Nun klemm' dir wieder 's Lorgnon auf und lies d«n Zettel." Der Oberst tat mechanisch wie ihm geheißen. Jedes Wort murmelte er halblaut vor sich hin. „Lieber, guter, einziger Onkel Deckart, komm — ich flehe dich an! — komm' gleich nach Fort 1. Die Soldaten haben uns eingesperrt. Mich und den Prinzen Pumashi, mit dem ich seit einem halben Jahre heimlich verlobt bin. Bei Ex zellenz Gelling haben wir uns kennen und lieben gelernt. Oh, so sehr! Er hat es durchgesetzt, in Papas Regiment zu kom men — bloß um mir nahe zu sein. Papa ist aber so hart und leidet's nicht, daß er uns öfter besucht, und da haben wir uns eben ein paarmal heimlich getroffen. Auch heute, wo Puma mich für seine Angehörigen typen wollte. Und nun haben uns diese entsetzlichen Menschen eingesperrt! Komm bloß, liebster Onkel Deckart, und befreie ihn und deine in Angst sterbende Annelies Rieger." Als der Oberst das Blatt sinken ließ, bemerkte General von Deckart trocken: „Zu deiner Beruhigung kann ich dir sagen, daß sie noch nicht tot ist. Seit sie sich mit ihrem Puma unter der Ehaperonnage meiner Frau befindet, ist sie soweit ganz munter." „Deiner Frau —?" „Nun ja^ sie ist entzückt von dem Paar. Nachdem ich die Arrestanten befreit hatte, nahm ich sie zu mir — um dir zu nächst die Giftzähne auszuziehen." „Und — was soll ich nun eigentlich tun, Menschenskinh?" „Das ist' doch sehr einfach: Stiebe! anziehen und segnen kommen. Dtzine Frau ist schon voraus — und wenn du dich nicht beeilst, segnet sie womöglich ohne dich." : Oberst Rieger zog sich wortlos an. Erst auf der Straße sagte er: „Aber eins mußt du mir doch zugeben. Deckart: daß diese Japse eine ganz verschlagene Bande sind!" „Wie man's nehmen will. Jedenfalls haben sie uns die Strategie der Liebe auch schon ganz hübsch abgeguckt."