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LienSta», Sv. August IVIt. Ilistr ^000 »Unk« Rmnsti Nr. SVO. Sechster g!»h»ga«g. Huer Tageblatt und Anzeiger Mr das Erzgebirge ^-.anuu-Mch« R.d°»,°. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Auer Sonntagsblatt. _ . o«i°a . s«r di« Inserat« verantwortltch: Malt.r kl«»«». Sprechstunde der Redaktion mit Ausnahme der Sonntag« nachmittag» von » Uhr. — Celegramm-Ndreffer Tageblatt Nueerzgeoicge Fernsprecher 5». x^ue i. Erzgeb. Seide in 7lne i Erzg»b. Für unverlangt eingesandt« Manuskript« kann Gewähr nicht geleistet werden. Bezugspreis: Durch unsere Boten frei ins Hau, monatlich sa pfg. 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Der Käfter Hal den Prt nzen Eitel Friedrich zum Stadt» Halter in Pommern ernannt. O r ie H e r b st ma n ö v e r derdeutschen Flott« haben gestern begonnen. Die Hochseeflotte verließ gestern früh den Kieler Hafen. ch Nach einem Telegramm de» deutschen Konsulats in Saloniki ist Ingenieur Richter befreit, be findet fich aber noch in Elassona. r * In Berlin beginnen heute die Verhandlungen über die Gesamtaussperrung in der Metallindustrie. * In der Spionageangelegenheit desEngländer» Stewart ist die Einleitung der Voruntersuchung beschlossen worden. Die englische Presse fährt fort, Frankreich gegen Deutschland scharf u machen. In Lissabon befinden fich 40000 Arbeiter im Aul stand. iE- Mutmaßliche Witterung an« Mittwoch: Südwestwind, wolkig, warm, Gewitterneigung« -Wc Die RevolutiouStreiber. Die Sozialdemokratie eifert wider die Kriegshetzerei. Sie hat in Berlin, Leipzig, Dresden und anderwärts Massen kundgebungen veranstaltet und ihre Presse tut sich auf den groß artigen Eindruck dieser Veranstaltungen viel zu gute. In Leip zig hat ein Redakteur der Volkszeitung, Dr. Lensch, in Berlin ein Redakteur des Vorwärts, Däumig, vielen Tausenden von Arbeitern «orgdredet, Laß sie sozusagen die Weltgeschichte in der Hand hätten! sie brauchten nur zu wollen und — die Puppen ta nzten I Der Leipziger Redner griff zu dem Vorbilds der großen französischen Revolution.von 1789, und wenn er auch der ge schichtlichen Wahrheit wegen bemerkte, auch damals habe das Volk nich. an einem Tage alles erreicht, vielmehr habe di« U!m» wä.zung 26 Jahre gebraucht, so ist es doch bezeichnend für diese Art Volksbelehrung, daß er etwas sehr Wichtig?» vergaß: die Ablösung der im Blute erstickten Volksherrschast durch di« schran» kmlose Alleinherrschaft Napoleons I. Freilich eins für alle re publikanischen Wolkenschwärmer unbequeme Erinnerung! Es fällt uns nicht ein, das Getriebe der Sozialdemokratie solcher Vergeßlichkeiten willen lächerlich zu machen; wir müssen im Gegenteil sagen, daß die Agitatoren ihr Handwerk ausge zeichnet verstehen. Nicht nur beweisen sie ihre demagogischen Fähigkeiten durch die geschickte Vermengung von Wahrem und Falschem, sondern sie sind auch Meister in der Aufstachelung jener leidenschaftlichen Unvernunft, di« eben, weil sie Unvernunft ist, gefährlich werden kann. Wir sagen kann. Jedenfalls wollen wir uns nicht darüber täuschen, daß es der fortgesetzten Arbeit dieser Partei gelungen ist, in einem großen Teil ihrer Gefolgschaft jede national« Regung zum Schweigen! zu bringen. Ja noch Mehr: nicht nur die nationale Empfindung ist tot, wie ein ausgedörr- ter Acker, sondern auch die von dem «ingegebenen volksbewuhtsein' scheint in diesen Tagen vollends erloschen zu fein. Um das V 0 lrobewußts« tn handelt es fich nämlich. Es ist ganz g«. miß, daß h«ute, so wenig wie einst in den hetßen Julttagen des Jahres 1870, die Einzelheiten der diplomatischen Auseinander setzung mit Frankreich vom Volke ««»folgt und beobachtet «er- den, aber da», was man empfindet, ist durchaus nicht unklar oder verschwommen. Man sagt fich, daß Frankreich fich anschickt, »in Kolonialreich zu schaffen, da, ihm früher oder später wt«d«> da, Uebergewtcht im Vergleich zu Deutschland verschaffen wild. In stinktiv ahnt man das, und die französisch«» Milttärpoltttker ha ben unklugerweis» dies« Ahnung bestärk durch d«n unbezähm baren Drang, mit dem fi» ihr« Lukunstsplän» pr*isgaV«n.Mit afrikanischem «lut will man künftig« Schlachten schlag»». Dieser Gedanke ist «s, der di» MaroNopolitU in Frankreich volkstümlich machen half, und d»rselb» ««dank» « «s, d«r in Deutschland in immer stärk«»« Maß» das etaea «ahchuudvrchikhrig»» «schicht» .1 der, wenn die altgläubigen Marxisten heute das Phantom von der Distatur des Proletariats eiligst au, der Rumpellammer holen. Sie haben es bitter not, ein Zeichen aufzurichten, an dem sich die Massensuggestion auf» neue beleben kann. Denn wie sonst soll die Hoffnungsseligkeit der treu steuernden, immer wieder aufgewtegelten und immer wieder abgewiegelten Gefolgschaften erhalten werden!I E» ist und bleibt «in wahr« Wort, daß eine große Partei nicht auf unabsehbare Zeit von dem hasten Brote des Proteste« leben kann. Darum verliert das gereizte Gebaren der Sozialdemokratie, da« fich auf den ersten Blick so gar schreckhaft ausntmmt, bei näherem Zusehen von seiner Wirkung. Der stark bedrängt» Radikalismus ist es, der um die Trümmer der marxistischen Programmherrlichkeit geschart, um sein eigenes Dasein, um Gegenwart und Zukunft ° verzweifelt kämpft. Einmal muß er den Befähigungsnach weis erbringen; er muß leben und sterben für di« Richtigkeit seiner Lehre. Ist es wieder einmal nichts mit der Verkündigung des Anbruchs der Diktatur, so werden die Rovoluttonsmacher eine gute Weile an dem Fluche der Lächerlichkeit zu tragen haben. entstammende Mißtrauen wachpochte. Selbstverständlich be schränkt sich die Aufmerksamkeit der gebildeten Kreise nicht auf diesen einen Punkt. Alle, die fich um di« Zukunft unseres Han dels, um den Weltmarkt unserer Industrie, um die Aussichten un trer Kolonialpolttik im wahren Sinne des Worte bekümmern, «hen mit Sorge auf den Gang der Dinge, und wenn sie fich auch agen, daß möglicherweise der Abschluß der Verhandlungen be friedigender ausfallen wird, al» jetzt nach gewissen Anzeichen anzunehmen ist, so ist doch die vorwaltende Beunruhigung nur erklärlich. Die Sozialdemokrati« sieht in all dem nur eine kapt. talisttsch« Stimmungsmache; auch nicht die geringste vernünftige Erwägung läßt sie gelten; Regierung, Kolonialpolitik, Patrio tismus — alle» Lug und Trug! Zwar sind einzelne Wortfüh rer des Sozialismus verständig genug, um zu erkennen, daß unsere heutige Wirtschaftsweise — mag man st« loben oder oer. dämmen — doch unmöglich plötzlich durch eine den Awalen Sozialismus genehme Form abgelöst werden kann, sondern beibe halten werden muß, schon weil es gar keine Macht gibt, die Er schließung der ganzen Welt, so wie sie jetzt betrieben wird, auf zuhalten. Aber diese nachdenklichen Leute, die Schippel, Tal- ver, Bernstein, Hildebrand, Maurenbrecher und wie sie heißen, müssen sich al» Verräter behandeln lassen. Die radikale Führer schaft hat nun einmal die Marollosache als ein taugliches Objekt zur Eroberung der revolutionären Kriegsbe reitschaft der Massen erkannt und sie glaubt, die Lunte sie- gesfroh schwingen zu können. Nach den fanatischen Reden der vorgeschickten Genossen ist das Programm ganz klar. Zunächst soll der rote Schrecken die Regierung einschüchtern und von einer Ver folgung ihrer Forderungen in der Marollosache abhalten. Wird dieser Zweck nicht «rreicht, so will man im kritischen Augenblick durch di« allgemeine Arbeitseinstellung «ine ungeheuere Verwir- rung schaffen und «ine Mobilmachung soll da» Zeichen sein zur Diktatur des Proletariats. Also: mit Frankreich muß unter allen Umständen Frieden gehalten werden, ganz einerlei, was Deutschland einbüßt, so will es das sozialistische Weltfriedens- bsckenntnis. Aber einen innersn Krieg zu führen aus deutschem Boden, mag soviel Blut fließen wie da will, dazu ist die kultur stolze Sozialdemokratie bereit. Oder ist ihr Herrschaftsgelüste dem Gipfel so nahe, Laß sie wirklich glaubt, ihre drei Millionen Wählerstimmen seien hinreichend, um ganz Deutschland ohne Mühe und Widerstand unter die Diktatur des Prole ariats zu beugen? Hat man jedes Augenmerk verloren? Wenn sich im Stötteritzer'Wirtschastsg arten SV 000 Hände zum Schwur der Ge folgschaft erhoben, so mag das einem verzückten Redner den Kopf wirbeln machen; aber hinterher wenigstens könnte ihm einfal len, daß Leipzig heute 600 000 Einwohner zählt, worunter wobl 100 000 Männer sein werden, die ganz, aber auch ganz anders denken, als dir 80 000 Verschworenen von Stötteritz, deren Zahl übrigen; von nichtsozialdemokratischer Seite etwas geringer, näm lich auf höchstens 10000, geschätzt wurde. Die sozialdemokratische Führerschaft weiß ganz genau, daß, wenn man das Bürgertum im Namen des Vaterlandes zusammenrufen wollte, eine ganz an- dere Kundgebung zustande kommen würde, als sic die Leipziger Sozialdemokratie jemals zuwege bringen wird. Sie weiß aber auch, daß die vtelgeschmähte Bourgoisie die politische Leidenschaft nicht ohne äußerste Not entfesselt und auch nicht so dumm ist, eine»Rednerh«ldentum» wegen den Bürgerfrieden preiszugeben. Eben darum find di« Goliathe so mutig vor ihrem Volke und Hal- tn ihr Geschimpfe für den Anfang einer neuen Weltgeschichte. Jedenfalls können sie sich überfeine Beschränkung ihrer Mei nungsfreiheit nicht beklagen, und da« Leben im Polizeistaat ist für fie recht erträglich. Sie rufen die Massen zum Hoch- und Lan- desverrat auf und al» Apostel de» Weltfrieden« und einer neuen Vollserztehung speien st« gegen Kriegshetzer Gift und Galle und während sie selbst es al» ihr gute» R«cht ansehen, den inneren Krieg, die Revolution, frisch und frei als das nächste Ziel zu verkünden. Di« sozialdemokratische Presse wird nicht müde, die Marokko. Politik der Regierung al» ein Schandstück der Diplomatie hinzu, stellen, das nach alten Rezepten »«stimmt s«t, da» Volk von den inneren Schwierigkeiten abzulenken — schon der Reichstagswah- len w«g»nl Der Gang der Ding« paßt zu dieser Auslegung ganz und gar nicht. Wohl aber bringt da, wilde Gebühren der radl- kalen Führerschaft auf den Gedanken, daß die Revoluttonspredigt für fi« «in letzte» Gewaltmittel ist, innerer Schwierigkeiten Herr zu werden. Da» ist kein« Vermutung, da» ist sehr begründeter verdacht. Das ewige Demonstrieren wird für eine revolutionär« Partei languxtlta. Di» vortrefflich« Rosa Luxemburg, der wir so manchs» freimütig» Wort über den Zustand ihrer Partei ver danken, hat fich in endlos»» Zettungsaufsätzen ausgejammert über di» Halbheiten d«r Führung, über die Lächerlichkeiten des höchst ordnungsgemäß«» öffentlich«» Demonstrierens, auf da, nicht» folge al» lederne «»richt». Aus Angst vor d«m Revisionismus hat di» Part»1 schon vor zehn Jcchren -»fordert« und zugesagt» ««»»arlmtuir- de» Parteiprogramms uutmdrückt. Was wun Der perdende Reichstag. >0? Nach wie vor herrscht noch Ungewißheit darüber, wann die Neuwahlen zum deutschen Reichstage stattfinden werden. Bisher war man allgemein der Ansicht, daß die Regierung Mitte Januar nächsten Jahres die Wahlen vornehmen lassen will. Vor- läufig scheint fie sich darüber selbst aber noch nicht schlüssig zu sein, denn gegenüber der Meldung ein«» Berliner Matte», daß der 18. Januar al» Termin in Aussicht genommen sei, ließ fi ausdrücklich erklären, daß noch keinerlei Bestimmung«» getroffen sind. Damit ist allerdings nicht gesagt, daß di« Wahlen, sobald ein Beschluß gefaßt ist, am 18. Januar oder aber an einem an deren Tage, der hiervon nicht weit entfernt ist, tatsächlich nicht stattfinden werden. Am 28. Januar 1902 läuft die gegen- wärtige Legislaturperiode ab, um dies« Zeit herum müssen also die Neuwahlen vorgenommen werden. Schon anfangs diese» Jahres hat die Regierung verkünden lassen, fie denke nicht daran, den Reichstag vorzeitig aufzulösen und das Land mit einer unerwartet frühen Vornahme der Neuwahlen zu übe«, raschen. Es sei zwar verständlich, daß Parteien, di« mit der Wahlvorbereitung fertig zu sein glauben und unter Umständen ein Abflauen gegenwärtig vorhandener Stimmen befürchten, aus wahltaktischen Gründen auf «inen schnellen Abbruch der Reichotagssession hinarbeiteten. Die Regierung dagegen leg« Wert darauf, Laß der Reichstag hinreichend Zeit behält, sein« wichtigen Aufgaben in aller Ruhe und Sorgfalt zum Abschluß zu bringen. Die Regierung habe auch keine beson. ders wichtigen Vorlagen eingebracht, um ste nicht mitten auf dem Wege stecken zu lassen. Inzwischen hat der Reichstag im Früh- jahr eine Anzahl von Gesetzentwürfen verabschiedet, darunter die elsaß-lothringische V e r f a ssu n g s r ef o r m und di« außergewöhnlich umfangreich« Reichsversicherungsord nung. Vor seiner Auflösung soll er aber noch einige große Aufgaben zustande bringen, an erster Stelle die Strafpro- zeßordnung mit dem Gerichtsverfassungsgesetz. Die Srrafprozehordnung allein umfaßt ohne die Nebengesetze 500 Paragraphen und bietet in sachlicher Hinsicht die denkbar größten Schwierigkeiten. Deshalb klang es auch nicht unglaub würdig, daß die Regierung angeblich auf die Erledigung diese» Gesetzentwurfes jetzt keinen Wert mehr lege. Offiziös wurde aber demgegenüber betont, daß die Regierung di« Hoffnung nicht aufgegeben habe, daß die Strafprozeßreform noch von dem gegen- wärtigen Reichstag -um Abschluß gebracht werde. Ob fi« ihr« Absicht auch durchsetzen kann, da, ist «ine große Frag«. Auch da, Hausarbettsgesetz, da, Lereit» zur Beratung gestanden hat, soll noch in den nächsten Monaten erledigt werden. Wie es heißt, will di« Regierung diese Vorlage dadurch schmackhafter machen, daß ste jetzt sich für di» Einführung von Lohnämt« rn ausspricht, die fie früher Lekänwft hatte. Endlich soll bekannt lich auch noch der wettschichtia« Entwurf einer Pensionsv er. sicher» ag für die Privatangestellt«» von dtesem Reichstag «rledigt werden, vermutlich wird da» Parlament fich auch noch s«hr eingehend mitd«rMarokkofra-»,u Leschäfs- ttgen haben, denn es ist anzunehmen, daß inzwischen »in Abkom men -wischen Deutschland und Frankreich zustande kommt, da, dem Reichstag vorgelegt werd«» wird. Dame kommt noch manch, Interpellation über di» »in« oder ander« Lagossrag«, sodaß der Reichstag stramm zu arbeit«» haben wird, ro»nn er bi» W«th- nachtsa auch nur da» Wichtigst, «rledtaen will Daher können auch di» Ersatzmänner für dk drei verstorbenen Zentrumsabg«. ordneten in Düsseldorf, iKoEa», und Rattbor fich an den ver- Handlung«» noch reg« bstM-m», w«nn di« Landwr«gt»rung«n di« ErfatzwHlen möglichst halb vornehm«» lass«». Daß di« Reichs- r«gt«rung Wert darauf legt, geht au» einer dieftr lag« ver- IfftntttckstM offiziösen Rott» deutlich hervor.