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T-'!"-'-' ««WV ^WWMWPWWW Tonnabend, 22. Juli 1S11. lliirr ^»000 »dliiti kbmttiii Rr.1S8. Sechster Jahrgang. 5luer Tageblatt und Anzeiger Mr das Erzgebirge ' "fnü'n'n»,-Ia°'''''' mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Quer Sonntagsblatt. ,»r Inserate verantwoitlichi . . b ks kl'»«». Sprechstunde der Redaktion mit kiuenahm, der Sonntag» nachmittag» von 4—» Uhr. — Telegramm-Ndreff«: Tageblatt Nueerzgebtrge. — Ferntzrecher ss. tu Nu» i. Lrzgeb. Neibe in Aue i. Lrzgeb. Für unverlangt »ingesandt» Manuskript« kann Gewähr nicht geleistet werden. Bezugspreis: Durch unsere Boten frei ins lsaur monatlich Lo Ofg. Bei der Geschäftsstelle abgebolt monatlich pfg. und wöchentlich io Pfg. — Bei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich t.»o Mk., monatlich SO pfg. — Durch den Briefträger frei ins Hans vierteljährlich t.gr Mk., monatlich «-> Pfg. — Einzelne Nummer tO pfg. — Deutsch« postzcitungskatalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahme von Sonn» und Feiertage». Znsertionspreis: Vie siebengeivaltene Aorxuszeile oder deren Raum für Inserate aus Aue und den Geschäften de» Amtshaoptmannschaft Schwarzenberg ,o pfg., sonst >s pfg. Reklamepetitzeile rs pfg. Bei größeren Abschlüssen ent- h>r«chender Rabatt. Annahme von Anzeigen bis spätestens g V» Uhr vormittags. Für Aufnahme von größeren Anzeigen an bestimmten Stellen kann nur dann gebürgt werden, wenn sie am Tag« vorher bei uns eingehen. vltle N»»er ,ma»i io Stil« Außerdem liegt das achtseitige illustrierte Sonntagsblatt bet. ratz Wichtigst, vom Lage. Der Vertreter des Deutschen Nationalverbande» Sil- vester wurde mit 387 von 429 Stimmen zum Präsi denten d»a österreichischen Abgeordnetenhau ses gewählt. » Martnemtnister Delcass « verbot dem von den Ars« nalai» Vettern in T o u l o n gewählten Delegierten, sich zum internationalen Lozialtflenkongreß nach Beilin zu begeben. König Nikita von Montenegro hatte gestern mit den Ver tretern der Großmächte eine Unterredung über die Bedingungen, unter denen eine Verständigung zwischen AlbanesenundTürken herbeizuführen sei. O Die Agence HavaS veröffentlicht eine amtlicheNote gegen die Meldungen französischer Blätter über die angebliche Kompensationsforderungen Deutschlands ln Afrika. G Tie amerikanische, deutsche und italienische Gesandtschaft aufHaiti richteten an ihre Regierungen die dringende Bitte num Entsendung von Kriegsschiffe. IM* Mutmaßlich« Witterung am tt. Juli: Dewitternei- gung, sonst keine Witterungsänderung. -MU Die Kompensationen und Vie korce noire. Die einmütige Zurückhaltung, welche die deutsche Presse unter verständnisvoller Würdigung der Pantherfahrt nach Aga dir gegenüber der MaroKoangelegenheit beobachtete, um wet tere Maßnahmen,des Herrn von Kiderlen-Wächter an ihrem Teile gu unterstützen oder doch nicht zu stören, hat leider scharfer Kritik Platz machen müssen. Indessen war es da« Austwärtig« Amt selbst, das zur Aufgabe dieser Zurückhaltung zwang, als er in der Köln. Ztg. über den Gang der Beratungen und die Ab sichten der Regierung Andeutungen machen ließ, die den Ein spruch der nationalen Oeffentlichkeit geraden herausforderten. Hand in Hanv. Skizze von Thea von Karbon. (Nachdruck verboten > Herr Baron befehlen? Die Direktrice de« berühmten Mode- Hauses sah etwa« erstaunt zu dem jungen Offizier auf/ der mit der Miene, als sei ihm eine tödliche Beleidigung -ugefügt wor den, die Treppe heraufgökommen war und nun wie entgeistert b ständig in eine Richtung starrte, ohne auf ihre dritte Anrede zu antworten. Sie folgte seinem Blick, konnte aber nicht, ent- decken, als die halb im Profil stehende, schlanke Gestalt einer ihrer Untergebenen, die mit immer gleicher Freundlichkeit der dicken Frau Präsident Schwede Las siebzehnte Kostüm vo-rführt«. Herr Baron befehlen? Han« Georg von Wreden fuhr auf. Par don! Gr nahm don Säbel hoch und markierte den Gleichgültigen: Ich suche für meine Schwester «in besonder, schöne« und elegant«» Eislaufkostüm. — Sehr wohl. Herr Baron. Ist die Dam« unge fähr von meiner Figur? — Mein« Schwester . . . und nun.nah men seine Augen doch wt«der den alten Weg, mein« Schwester hat genau di« Größe — jener Dam«. —> Da» Hväuletn ist augenblicklich beschäftigt, sagt« di« DirKtrtee etwa, pikiert, aber vieelleicht .... — Dann werde ich warten. — Sehr wohl, Herr Baron. Darf ich bitten, so lange Platz zu nehm««. Aber Han« Georg von Wreden Llteb stehen. Di« Händ« um den Säbelkorb gelegt, beobachtet« er fortgesetzt da» hochaewachstn» und schlanke Mädchen, da» mit mechanischer Geschicklichkeit s«1n« Pflicht tat, erklärte, lobt«, aufmerksam machte . . . Unter dsm unruhigen Gasltcht wirkt« ihr Gesicht, da» ihm da» f«tn« Pro fil zuumndte, fast beängstigend blaß, und di« langen schwaqzen Wimpern hoben sich kaum von d«n durchsichtig«« Wangen. Die- ses Gesicht — diese» Gesicht l wreden Mttelt« ttefatm«nd den Kopf. Seit dem letzt«» Brief feinrr Schwester au» dem welt- fernen Monkin, der wt, gewöhnlich in et»«» langen wünschet, tel endete, wurde er augenscheinltch immer m«hr -um Narren. Was mutzt« sie aber auch d«r vchUlung d«, bildschönen Gl»- laufkostüm, die überflüssig« Bemerkung beifügen: wt, wollen wieder ein Märchensch auf dem Gts« feiern — wie damal» l Wettzt du noch? Ob «r noch wußte! Und hatte sich doch weiß Gott redlich ««müht, »u vergesst«. Ab« da» Bild war wie «t» Der Artikel,d«r Köln. Ztg. war deshalb unter allen Umständen ein schwerer taktischer Fehler, wenn er nicht «twa den Zswieck verfolgt hat, die deutsche» Unterhändler in di« .Lage zu bringen, in Paris auf dis national« Erregung weisen zu können, die in Deutschland Platz greifen würde, wenn man französischerseiro gewissen deutschen Erwartungen nicht entsprach«. Jedenfalls ist die Frag« d«r Kompensationen nunmehr Gegenstand allge- meiner Erörterung, nachdem die Regierung die bisherige Zu rückhaltung selbst .nicht weiter gewünscht hat. D«r Kölner Offi ziös»» hat nur in dem «inen, von un» schon berührten Punkt« uni wettere Schonzeit Mr di« Regierung gebeten: Man sollte von einem Zurückweichen Deutschland» nicht sprechen, be- vor man nicht dte Kompensation«» kenne; «in Verlangen, dessen grundsätzliche Berechtigung wir anerkannt haben. Jedoch.ist da. bet ein» zu beachten. Die Entsendung de» Panther bezw. der Berlin mutz 1 edie Erwartungen von Kompensationen in Ma rokko selbst erwecken. Nunmehr scheint es, daß im Sulta- nat nur die wirtschaftlich« Sicherung unserer Interessen erfolgen soll, wogegen m^r pnderwärts Kompensationen von fol. chem Gewicht erhalten würden, datz der Offiziös», sich davon eine allgemeine Befriedigung unserer öffentlichen Meinung ver spricht. , " , Nun sagten wir bereit», daß e, uns unmöglich erscheint, anderweite Entschädigungen von so großem Umfang und Wert zu finden, daß das in Marokko Aufgegebene tatsächlich kompen siert würde; zumal Frankreich uns doch weder Algier, noch Tunis od- r Madagaskar abtreten wird. Ebenso ist uns bei der notori schen Vertragsuntreue der Franzosen unerfindlich, wie man un-. ser« Wtrtschaftsinteressen in Marokko auf rein Handelspolttt. schein Gebiete wirklich sichern will. Aber, gesetzt den Fall: Herrn v. KiLerlens bewährter -and gelänge La» eine wie das ander«. Es bleibt dann immer noch eine Frage zu lösen übrig, die namentlich von unseren Thauvtnister in den Vordergrund gestellt wird, während man sie anderwärts spöttisch von der Hand weist, sodaß das Richtige vermutlich in der Mitte liegen wird. Wir meinen, die ko ree votre; und wir fragen, ob e» au» militärischen Gründen zulässig ist, Frankreich zur Stärkung und Abrundung seiner schwarzen, Mr den Kampf an den Vogesen bestimmten Armee nach Tunis und Algier auch noch ganz Marokko auszuliefern. Generalleutnant a. D. Metz ler hat kürzlich darauf verwiesen, daß der diesjährige (amtliche) Berichterstatter für La» französische Kriegsbudget bereits jetzt mit 100 OVO au»g«bill>eten schwarzen Soldaten Mr die Verwendung im Mutterland« gerechnet hat. Die Sache klingt «twa» phan tastisch; aber sie ist e« nicht. Denn jetzt beschäftigt sich auch eine gebrannt in sein Gedächtnis: da» lichtüberflutete Schloß Monkin und der See davor, über den da» spielende Fackellicht lohende Flammen goß, und der Wind rundum, glitzernd in Weiß und Duft, und die frischen, frohen, jungen Menschen, und er mitten darunter und an seiner Seite immer nur die eine, die eine und die wiegenden Walzerlieder um sie herum. Und sie schwiegen beide. Aber sie fühlten da. Schlagen ihrer Herzen, während sie über die schimmernde Fläche glitten, Hand in Hand. Herrgott, und sie hatten sich lieb, sie hatten sich lieb, sagten sich'» nicht und wußten es doch. Und dann — lösten sich die verschlungenen Hände. Am anderen Morgen kam «ine Depesche von ihrer Mut. ter, dte sie nach Hanse rief, ßt« sagte nicht, warum. Sie hatte ihm di» Hand gegeben und mit dem weihen Gesicht zu ihm auf gesehen, nicht verzweifelt, nicht mit Tränen, aber mit einer schmerzhaften Innigkeit, al» wollt« sie sein offenes, liebevolle» Gesicht auswendig lernen. Dann war sie au, seinem Leben oer. schwunden. Seine Brief« kamen unervffnet zurück, und al» er kur- entschlossen ihr nachreist«, wurde ihm der Bescheid, di« Da- men wären fortgezogen, man glaubte nach Berlin. Da hatte Kan» Georg von Wreden «inen dicken Strich unter da» Kapitel gezogen, da» Margit von der Hellen hieß, war sehr vergnüaung». süchtig und fidel und glaubt«, alle» längst vergessen zu Haben — und da kam dieser Brief seiner Schwester, der ihn so au» dem Gleichgewicht bracht«, daß «r gestern abend auf dem Gisplatz «t. nun wildfremden, höchst einfach gekleideten jungen Mädchen um einer lächerlichen Aehnltchkeit willen wie «tn«m Gespenst nach, starrt», vielleicht war st« ein» gewesen, denn al» «r -albweg» wt«d«r zur Besinnung gekommen war und ihr nach wollte, war st, spurlos verschwunden, und Hau» Georg «aunt« sich selbst sehr lieiblo» »ine» alte« Esel. . Und nun stand da rostder ein Gespenst vor ihm. aber die»mal unleugbar au» Fleisch und Vein, und heut« sollt» »» ihm nicht wi»mk in Nicht» »«flattern und wenn er «arten sollt«, bi« er schwarz Mrd«. Kan» Georg sah, wt, da» sütz« «ritze Gesicht da vor ihm immer erschöpfter« Züge bekam und fühlt« nicht gering, Duft, di« Frau Prästdentffr beim Kragen zu nehmen «und die Trepp« hinunter zu befördern. Al» wohlerzogener Mensch oer- ztchtet« er aus die Ausführung diese» Projekte«, aber wenn sich di« dick, Dam« auch künftig de« besten Wohllein» «freut«, so militärische Autorität wie Generalleutnant Litzmcmn, der frü here Direktor der Kriegsakademie, in der Tägl. SLundsch, Mit der Materie. .Er bezieht sich ebenfalls auf da« Buch he» Ober sten Mangin, wonach in Tunesien dis allgemein« Wehrpflicht der Lingeborenen schon eingefühtt, und in Algier unmittelbar bevorsteht, und außerdem eine starke Vermehrung der Neger truppen in Nord, und Westafrika in die Wege geleitet ist. Gen», rallcutnant Lihmann selbst kommt zu folgendem Ergebnis: Dte Ausbildung marokkanischer Truppen durch französisch« Offizier« ist in vollem Gange und wird, wenn Marokko ganz oder zum großen Teil den Franzosen Uber, lassen wird, einen ungeahnten Aufschwung nehmen. Zu den 5 Mill. Algeriern, 2 Mill. Tunesiern, 10 Mill. West- afrtkanern und vielleicht noch 8 Mill. Aequatortalafrikanern werden sich 7 Millionen Marokkaner gesellen, die Frankreich ein ausgezeichnetes Soldatenmaterial liefern und Lessen numerische Schwäche Deutschland gegenüber ausgletchen. Bleibt Deutschland ohns jeden politischen Einfluß in Nord westafrika, sodaß allein der französische Name in diesem gan- zen weiten Ländergebiet das ausschlaggebende Ansehen genießt, so wird Frankreich sein gesamte» afrikanische» Heer bis auf Bruchteile gegen Deutschland verwenden können. . . Und die Forderung des Augenblick» lautet: Wenn Frankreich auch nur einen Bruchteil de» Schertfenreicha in Händen behält, kann und darf Deutschland nicht «ruf Länderbeisttz in Marokko verzichten. Da eine Autorität von der Ruhe und Sicherheit des Urteils, wie sie General Litzmann besitzt, über den Verdacht des Ehau. vtnismu» erhaben ist, will un» dte Frage von Kompensa- tion « n in Marokko selbst in noch dringlicherem Lichte erschei nen, als vordem. Herrn v. Kiderlen liegt, bevor hier di« letzte Entscheidung fällt, unzweifelhaft die Psltcht ob ,die Oeffentlich- kett darüber zu beruhigen, ob und wie bei den von ihm beab sichtigten Abmachungen auch die Frage der koree votre kompensiert wird. Politische Tagesschau. Au« 22 Juli. * Der Kats«» i» Balestrand. Der Kaiser wohnte Donners tag abend einer weiteren Fortsetzung der krieg-geschichtlichen Vorträge de» Generalmajor» Dickhuth bet und unternahm gestern vormittag einen längeren Spaziergang am Ufer des Vierlandfjord«. Degen mittag lief , da« Schulschiff Viktoria war» nicht Hans Georg» Schuld. Endlich entschloß sich dis Fra« Präsidentin zu dem schmacklosesten aller «Kostüme und rauschte an Hans Georg vorüber. Di« Direktrice ries da» jung« Mädchen, da», die feinen Hände an die Schläfen gepreßt, eine Sekunde Ruhe suchte, aber sofort mit dem geforderten liebenswürdigen Gesicht näherkam. Der H«rr Baron wünschen Eislaufkostüms Mr «ine Dame Ihrer Größe, Fräulein Hellen, sagte die Direktrice un gnädig. Das junge Mädchen sah auf, nur einen Augenblick; ihr schmale» Gesicht wurde bläulich weiß, und auch Han» Georg er blaßte. Da war keine Täuschung möglich. Sie hatten sich er kannt. Mit einer ungeheueren Willensanstrengung gelang es Wreden, ruhig zu bleiben. Aber «s sah alle» wt« durch einen Nebel und hörte die Stimme der Direktrice au» weiter, weiter Ferne her. Sein Lieb, seine Margit, sein süße» Wtntermärchen — in di«s«r Stellung, angeherrscht von dieser Person, die ihr« Machtstellung wie alle kleinen Kreaturen zur Despotin macht«, wie eine Puppe ein Kostüm nach dem andern an ihre schlanke Gestalt haltend, hier und da «ine ider zierlichen Jacken über ziehend und sich langsam vor ihm drehend .... Dankei sagte Han, Georg von Wrrden endlich mit einer Stimm«, di« ihm selb«r fremd war: Ich werd« die» letzte nehmen. E» war ekn stlbergraue, Kostüm, da» er wählte, aber «» hätte ebenso gut rot mit grünen Streifen sein können, er hätte e, doch nicht ge- merkt. Gr nannte sein« Adresse, griff mechanisch nach der Mütze und ging hi« Trepp« hinunt«r, al» wäre er chloroformiert. Und dann ging,er ruhelo» durch dte Straßen de, winterlichen Stadt, ohne zu wissen, wohin er ging. Aber in ihm war ein Gefühl, al» müsse er grade htnau«-«ulen wt« «in Kettenhund. Sein Wtntermärchen I Ja, weiß Gott, wt, etn Märchen war'», war er erlebt«, ßetn« hold« Prinzessin Margit von der Ker« Not vertzkuvert und verwünscht! Ma» war mit ihr geschehen? wa rum hatte er st« .nicht einfach Let d«r Kand genommen und ge- sagt — ja um» denn? Irgend «in Wort, da, de» Zauber löste, da» s«tn arme» Märchenktnd vom Bann befreit«. Kun war'» zu spät. Und noch einmal hingegen zu der Stätte ihrer üst»au- Lerung — nicht um «in Königreich. Gr scheute sich, den — ihren Brotherrn nach ihr zu fragen, ihr« Wohnung auf Umwegen au»zukundschaft«n. G, .mußt« ihm doch gelingen, st« einmal zu treffe«, außerhalb diese» entsetzlichen Kackst» vtelletcht ging st«