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Sonnabend. 18. Februar 1»1i. krtv ü00v rrdnör »umtn Nr. LI. Sechster gahrgaag. 5luer Tageblatt und Anzeiger Mr das Erzgebirge ,.ch^ ».daN.«. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Auer Sonntagsblatt. ^vemg >5r die Inserat» verantwortltchi ——— klr»n» Spnchfimrd» der Redaktion mit Nnenahm« dir Sonntag» nachmittag» von 4—s Uhr. — lelegramm-Ndrrffel lagedlatt ktoeerzgebirge. — Ferns^rrcher 5». ^n An» t. Lqgid. Seide m Nu» 1. Lr,g»d. Für unverlangt eingesandte Manuskripte kann Sewühr nicht geleistet werden. Bezug,preisr Durch unsere Boten frei in» Sau» monatlich so 0fg. Sei der <?*schSft»stelle abgebolt monatlich »0 pfg. and wöchentlich io pfg. — Bei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich i.soMk., monatlich so Pfg. — Durch den Briefträger frei in» Hao» vierteljährlich j.gr Mk„ monatlich pfa — Lnizelne Nummer <o Pfg. — ventfchci Po^eimngikatalog. — Erscheint täglich in dm Mittagsstunden, mit Nuin hme von ?onn und f-» tag. Insertion,preis: Vie fiebengeh>altme Ilorxu»zeil« oder deren Baum für Inserate au» Nu« and dm Ortschaft« d« Amtshauptmannschaft Schwarzenberg to Pfg., sonst <s pfa. Reklamevetitzeil« 25 pfg. Bei gräßerm Nbfqlüssm ent» spachender Rabatt. Annahme von Anzeigen bi» spätesten» ->/> Uhr vormittag». Für Aufnahme von gräßerm ' neigen in bestimmten Stell« kann nur dann gSürgt «erd«, wmn st» am Tage vorher bet un» ringehm D!rft fienwtr >»f«»l is reift» ilußerdem liegt das achtseittg« illustriert» Lonntagtblatt bet. La» «Sichtigste »»« Lage Don Kranv. Earter«» erscheint demnächst ein Virk Über Kais,. Wilhelm II.,beurteilt von den Franzosen. * Da« preußische Kri«g»mtntsterium hat bei der Luft- schiffd^uuesellicha«! tu Bitterfeld ein wettere» Parse, oal-Luftschiff in Auftrag gegeben. » Konleraomtral Lan» wurde zum vefehlehaber der Schul, und V« rjuches chlsfe ernannt. » Drei deutsche Aerzte folgen einer Einladung der chtne- sisch n Regierung zu einer Studienreise in das Pestgebtrt. * Ach» Professoren und zwetundzwanzig Privat dozenten der Universität Moskau haben ihre Demissi on etngereicht » In amerikanischen Kongreß ist ein Sntrageinge- o>acvt wordrn, in dtplomattscheverhandlungen wegen der Abtretung Kanadas einzutreten. Die Todesstrafe. Die Bestrebungen auf «ine allgemein« Abschaffung der Todesstrafe find in den letzten Jahrzehnten bedeutend zu- rllckgegangen. Es hängt da» wohl mit der Wandlung in der all- gemeinen Anschauung vom Werte de» Menschen zusammen. Di« hohe Wertschätzung der Jnividualität ist nicht gerade vermindert, aber st« wird heut« überstrahlt vom Staat»L«griff, von der Einsicht, daß dem Wohle de» großen Gangen, der Allgemeinheit gegenüber da» Einzelwesen und also auch da» Leben des einzelnen zurückzutreten hat. Gin« Ursache dieser Wandlung scheint auch da» Vorkommen einer Reihe -an- un gewöhnlich grausiger Mordtaten in den letzten Jahren zu sein. Man hört jetzt ganz allgemein in solchen Millen im Volke die Meinung: Nur nicht lange -efinnen, erst einmal tüchtige Prü- gel, und dann den Kopf herunter! Man wird selbstverständlich nur für die Todesstrafe «intreten können, di« nach sorgfältig ster Erörterung der Tat- und Echuldfrage und der Zurechnungs fähigkeit verhängt wird. Uber bezeichnend und im letzten Zu- samenhang für den konstitutionellen Staat sogar ausschlaggebend bleiben jene drastischen Lu»bvüch« der Lolk»m«inung doch immer, vor allem dann, wenn die andere groß» Mutter de« Rechteent- wtcklrmg, di« Wissenschaft, auf denselben Standpunkt tritt. Daß sie die» tut, geht au» der von der Deutschen Juristenzeitung »er- a«statteten Umfrag« hervor, di« »vir seinerzeit schon einmal Le. sprachen, und deren Ergebnisse jetzt fertig vorliegen. Bon den «letzt bekannt gewordenen Antworten wollen wir einige im Au,zug wiedergeben. So schreibt Graf Posadowisky, der groß« Sozialpolitiken, den man mit Recht in die Umfrag« einbe- zog«n hat: Für und gegen die Todesstrafe find schon so viele Gründe seit mehr denn hundert Jahren herbeigeholt, daß etwa» Neue» zu sagen kaum mehr Übrig bleibt. E» genügt deshalb, zu der «« angeregten Streitfrage Stellung zu nehmen. Di« Anfichten teilen! sich danach, ob man da» Leben de» einzelnen oder den Schutz und di« Sicherheit der menschlichen Gesellschaft höher stellt. M. E. ist der Schutz und die Sicherung der menschlichen Gesellschaft di, vornehmst, Aufgabe de» Staate», in deren Jn^ tevesse er selbst da» Leben d«» einzelnen Staatsangehörigen opfern maß: di« entgegengesetzt» Auffassung entspringt einer sentimentalen, wehleidigen Richtung unserer Zett. Der Präsident de» Reichegertcht», Wirklicher Geh. Rat Dr. von Seckendorf, faßt stch kurz: Ich erklär« gern, daß ichzurzett — InsLchonder« auch im Deutschen Reiche — für di« Beibehaltung der Lodeckstraft ein tret«. Geheimer Medizianalrat Prof. Dr. »ned. Waldeyer-Ber- lin tritt ganz energisch für «ine gesunde, rasche Strafjustiz auch be- zilglich der Todesstrafe «in: Wer da» Leben seiner Mitmenschen so gering achtet, daß er skrupellos tötet, um sich in Besitz von Geld und Deldeswert zu setzen oder feine sinnlichen Triebe oder sein« Rachsucht zu be- friedigen, den soll inan nicht schonen: er soll, falls er sich der Strafwürdigkeit seiner Tat bewußt war, gerichtet werden, wie er gerichtet hat. G» ist neben manchen anderen ein bedenkliche» Zeichen der verschwächung und Verweichlichung der menschlichen Gesellschaft unserer Zeit, daß st« ansängt sich zu scheuen, solche rrttungslo» kank« Glieder, die nur vergiftend Der Ehrerttruuk. Humor«»!« vo« Ludwig Stave. „Und w«nn du auch »roch so ein guter Mensch List, und wenn du auch noch ein so vorzügliche, Examen gemacht -ast, Vater will doch nicht» von dir wissen! Seit er dich in der N««jahr»nacht so — angeheitert gesehen hat, und seitdem du in dieser Stimmung da» Unglück hattest, vor seinen Augen in di« Straßenrinne zu fallen und dir Hut, Mantel uill> Hose so jammerbar zu verunstal ten, hat er jeden Glauben an dich verloren.- „Ach, liebe» Herz, blatt: Wer niemal» einen Rausch gehabt, Da» ist kein —- ,Ia, da» sage nur noch! Vater ist doch Mitglied de» Blauen Kreuz« und meint fest, daß all« Unheil auf der Wett vom Alkohol komm«. Dies« Lied haßt er wie di« Sünde, und al» auch ich ihm da» zu deiner Verteidigung anführte, wurde «r fuchsteufels- wild und schwur mir: Wenn dir dein Vater auch einmal in so zugerichteter Toilette unter di« Augen tritt, mit «ingetriebenem Hut und beschmutzt««» Gewände, wie dein geliebter Gginlhardt, dann kann au» müh Zweien noch «in Paar werden — ftnst nie mals!" „Aber, Kastrlieächen, da» ist ja schrecklich! wir können doch nicht Leide alt« Jungfern aerden, und Lei d«n tausend Eiden, di, wir UN» gegenseitig geschworen hab«, Ni« jemand and NN Pt n«hn»n, seh« ich k«inen Äumveg." „Nun machet du schon wi«d«r d«in« Witz«! Allein der Autobu» von tzwolda kann jeden Augen blick hier fein. Vater Lenutzt ihn fast täglich auf seinen Tour« dahin und ist sehr froh über Lieft Annehmlichkeit. Jnd«, geh du ihm für di« nächst« Zeit doch lieber au» dem Wege —- viel, leicht schläft sein Grimm dann etwa» schneller «in.* „Gut, da komme ich wieder, wenn ich den Herrn Registrator morgen nach mittag abtöfstvffen seh», und dann können rot« den Fall ja wei ter erörtern. Einstweilen — Und «h» da, jung, Mädchen stch dessen versah, hatte Egin- Hardt p« umfaßt und ihr Einverständnt» durch «whrev» fturig, Küss« itfiegelt. Dann enteilt« er Hurtt». Der Ort, »0 dies« klein« Szene sich abfpftlt«, heißt Nock« und liegt «wisch« Zftna und Apolda. An dem Lkannten Musenfitze studiert, Eginhardt Me dizin, und in Rockau wohnte Katerliwchen sgttmfft »ar st, Eltse-Katharina) bei ihrem Later, dem verwitweten Registra tor Blank, und führte dem di, Wirtschaft. Eginhardt pfiff ver drießlich vor sich hin: „Dieser verwünschte Alt« l Sollte ihm denn gar nicht bei-ukommen sein?" Inzwischen nähert« erfich den Toren Jena», und da, erst« Hau» am Wege, auf da» er sticht war da« Hotel zur Roft, von uw der Autobu» nach Apolda feine Ab fahrt nahm. Er sah day Gefährt anrasen, sah den Registrator auessttgen und sich in entgegengesetzter Richtung von ihm, fei- nem Heim« zu bewegen, und trat, «l» die Lust rein war, in die Schenkstub«, um «in«n Kleinen zu genehmigen. „Es geht pwhl flott mit der neuen Automobilomnibusverbindung?" fragte er den Herrn Ober, der selber herantrat, ihn zu bedienen. „Na, ich sage Ihnen! Noch kein« drei Wochen dauert der Kitt, und morgen verkaufen «wir schon di« tausendste Fahrkarte. Da haben wir nun ein, kleine Ovation iv petto. Dem Inhaber dqa Bll- lett» mit der Nummer 1000 soll an der Wegscheid« bei Lockwitz, uw da» Gefährt vor dem Gasthaus« zur Laube hält, eine halbe Flasche Champagner, mit «inem Lorberrzweig geschmückt, auf silbernem Tablett serviert werden. Wird da» ein Jubel!" „Großartig! Aber, lieber Freund, mir steigt da «fine Idee aus. Einer N«r fleißigsten Fahrgäste ist der Registrator Blank: er geht auch morgen wieder nach Apolda! Könnten Sie e» nun nicht so einrichten, daß dirftr di« Nummer 1000 kriegt«?" ,/ve- wiß, wenn ich dem Herrn Doktor einen Gefallen damit tun kann, mit dem größten Vergnügen! verlassen stch der Herr Dok tor ganz auf mich!" Eginhardt zahlt« und ging. „Da» kann ja hübsch werden," murmelte er dabei vo, stch hin, „pwnn dem alten Mäßigkeit» apostel morgen di» Pull« mit feierlichem Tamtam angeboten wird, metnt er natürhlch, sie «all« ihn uzen, und, cholerisch wie er ist, läßt er da» nicht ohne eoeitem» zu. Jedenfalls will ich in höchsteigener Selbstherrlichkeit Lei der Lockwitzer Wegscheid« sein, um di« Sach, «in bißchen mit arrangieren au Hellen." Am andern Nachmittag« ««en der Hern Thm und da» Wirsttpecho- nal der Traub» gerade damit beschäftigt, die Ehrengabe für den Jubelgast herpmchteitz al» der Herr Kandidat der Medizin eilt- gen Schritte» daher kam und huldvollst nach allen Setten bin grüßt«. Er wandt« sich an den Besitzer und sagte: Lch war eben in der „Roft" und soll Ihnen auarichten, daß di, So»mm«r 1000 und ansteckend auf weitere Kreise wirken, Mnungelo» abzu setzen. Aber eine» muß dabei gefordert werden: Die Straf- jttstiz, insbesondere bet Verhängung der Todesstrafe, sei «ine rasche! So wie jetzt vielfach verfckhren wird, daß nach Mil- lung de» Todesurteil» der Strafvollzug erst nach MPnaten einsatzt, wenn stch in unserer buntbewegten und schnellebig»« Zeit kaum jemand mehr erinnert, weshalb die Todesstrafe «inen großen Lei! ihrer Wirkung verloren. Daß aber ein» rasch», gnadenlose Vollstreckung wirksam ist, beweisen die standvecht- lichen Exekutionen. Wirk!. Geh. Rat Professor Dr. Heinrich Baun nur-Berlin weist auf die Zusammenhänge mit altem deutschen Rechte hin: Einst war bei den Germanen der Verbrecher al» friedloser Mknn dem Tode preisgegebem Die gesetzliche Beseitigung der Todesstrafe würde in weiten und nicht in den schlechtesten Krei sen de» Volke» wie, «ine Umkehrung jene» Gedanken» empfun den «erden, gewissermaßen al» ein Echutzbrtef für da» Leben des Verbrecher», dem dq» Leben de» friedlichen Bürger, preis gegeben sei. Ein Mann au» der richterlichen Praxi», Ob erlandmgettcht» Präsident a. D. Kamm-Bonn, -M sein Votum dahin üb: Entscheidend kann nur di« sachliche Erwägung sein, ob di« menschlich« Gesellschaft noch der Todmstrafe al» Schutzmittel ge gen da, Berbrechen bedarf. Immer wieder kommen au« altem, lebensmüdem Mund die Klagen, dich di» Kriminalität gu- nehme, daß die Menschen schlechter würden. Die streng objek- tiv« Statistik spricht ander». Die Kriminalität nimmt stetig ab: di« Menschen «erden besser. Aber — und zwar höchst be denklich — hoben zvgenommen di» ge«erL»maßi« gen organisierten verLrecher und vor allem auch dte Verbrecherverrinigungen zu ruchlosen, lang vorbereiteten Gewalttaten, die au» Gier nach Bereicherung oder m» Haß und Reid gegen den Besitz nicht davor -urückfchrecken, durch «in« Handlung da» Leben einer ganzen Reihe Menschen zu gefähr den und zu vernichten. Sollen Staat und Geselligkeit dagegen nicht wehrlos werden, so darf man ihnen nicht die SchuWafft der Todesstrafe au» der Hand reißen. Daher stimme ich mit aller Entschiedenheit für die Beibehaltung der Tod«»- strafe und bin der Ueberzeugung: Wenn man ein« Völlsab- ptmmung herbetsthren könnte, würde da» Volk mit ganz außer- ordentlicher Majorität ebenso stimmen. Aber auch hervorragend, Nichtjuristen sind befragt wor den und stimmen ausnähnuilo» gegen di« Abschaffung der Kapi talstraft. Prof. Dr. WRein, DirEtor de» pädagogischen Univ- für den Autobus verkehr schon heut« morgen von dem alten Herrn Registrator Blank in Jena gelöst sei. Sie kennen ihn doch?" „O, gewiß! Der fährt ja fast jchesmal mit." „Kun gut, da gehen Sie gleich mit dem I«ll«r und Champagner auf ibn zu, sobald der Autobu» stoppt, und ballen «in» kleine Ansprache. Etwa so: Der Wein «rfrmtt de» Menschen Herz, und darum würde Herrn Blank al» dem tausendsten Fahrgast« hier di« be lebend« Nah ass Ehrentrunk gespendet, und jede Perle In dem sprudelnden Kelche möge ihm eitel Lust und Freude zUschäumen. Haben Ei« verstanden?" ,Danke, danke, Herr Doktor! Sehr schön gesagt! Werde es mir merken!" Eginhardt drehte noch an der Flasch« .mit dem Stlberhalse, nahm den Lorbeerzweig in di« Hand, den der Wirt von seinem Kugelbaum« auf dem Korridor «-geschnitten und unten mit Staniol umwickelt hatte, und sah die ganze Versammlung mit stolzen Feldherrn-ltcken an. G» waren außer den Bediensteten auch zwei Personen hinzugetreten, die streng genommen eigent- lich nicht, mit dem Aktu» zu tun hatten, aber »trn «inq klein, Pause in ihrer Arbeit machten, damit sie ja nicht zu früh damit fertig würde«. St« nannten stch Kall-Max und Humpel-Wil- Helm, zwei Maurer, di« sHr ost da» Jenaisch, Schöffengericht beschäftigten, well «» ihnen platterding, nicht -«geben schien, stch mtt dem Droben-Unfugparagvaphen ve» Neichckstrafgesetzbuche» aus einigermaßen friedlichen Fuß zu stellen. Hi« sollte« sie die beschädigt, Fassade der Traub« wieder in Ordnung bringen und hatten gereLe zu diesem Zweck« «inen Sack mit Zement arw» geschüttet den Wilhelm jetzt leer über seine Schullern hängt«. „Max, — iweeßt d«: für unftreenen t» det nischt. Und sie mag wohl so'n Drappen eenem di« Kehle runstrloofen!" Fka, wown mer wenigsten, zugucken. Det Vergnüg« kann un» ree« Mensch ntch verwehren." Inzwischen kam da» Töff-Töff herangefloaen und hielt in kühner Kurve. Der «Pie, der ausststg, war der alt« Registrator. Dm Wärt näher!« sich ihm programmgemäß, mit devoter Gebärde, präsentierst ihm dm Wein und hielt dst «tngetttchterst Red«. Aber «b« er bi» zum Werte Schäumen gelangt «ar, schäumst Herr Blank schon wütend üb«, und schrst ihn an: „Freche Gesellschaft! Ich kann doch wohl tun und lassen, ««ich will? verstanden?^- denn sicher «f dm WM «in Säufer sein?" Sprachst^ ergriff die da.gebotene Shumfllaschd