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recht g'wußt hab'. Und so wird's halt die andere Leut' auch ergange sein. Darüber müssen 's Ihnen net grämen, Herr Neumann, werden schon noch g'nug andere finden. Dem armen Hascher! könnens den Ver dienst schon gönnen, denn ich mein' halt, zum Pläsier vergnügen rennt sich keine die kleinen Haxerln ab." „Es ist doch unerhört! Aber natürlich — so muh es ja sein. Wenn sich die Leute gegen alle Vernunft be tragen, muh ein Weibsbild dahinterstecken. Denn mit offenen Augen kann kein Mensch von uns weg zur Kon kurrenz laufen!" Fritz Neu mann fing an in dieser Klä rung des Rätsels eine Genug tuung zu erblicken. Also nicht überlegene Tüchtigkeit eines Rivalen, sondern Dummheit der Kunden hatte der Kon kurrenz den Sieg eingetragen. Das lieh sich eher verschmerzen — wenigstens in seinem ge kränkten Berufsstolz. „Schauens doch, Neumann, da, schauens hin, dös is ja dös Hascherl, da lauft's — ui jegerl und wie's daher hatscht — völlig zermatscht. Sie, die hat Heuer no schlechtere Ge schäft g'macht als Sie. Aber da kommt endlich mei Elek trische, Servus Neumann, und nix für ungut." Der Bayer schwang sich auf die Bahn, grüßte nochmals mit der Hand, aber Fritz Neumann sah es nicht. Seine Blicke folgten der schlanken Gestalt, die „völlig zermatscht" daher eilte und dann zwang ihn irgend etwas, dem billigen schwarzen Kleide, dem engen Jäckchen und dem dicken flim mernden Haarknoten zu fol gen. — „Ich will doch sehen, wohin sie jetzt läuft," dachte er in grimmig. „Wer weiß, was sie schon wieder auf dem Kieker hat." Und als das schwarze Gewand in eine kleine Kon ditorei einbog, ging er gleich falls da hinein und setzte sich sogar an ein Tischchen in ihrer nächsten Nähe, um die Hand lungen der Feindin genau ver folgen zu können. Zuerst bestellte sie sich eine Taste Kakao. Dann zog sie aus einem Täschchen mehrere Formulare, las aufmerksam darin, nahm dann ein Notiz buch und rechnete. Neumann sah, wie sie Zahl unter Zahl schrieb. Endlich addierte sie. Und dann saß sie eine Weile ganz still, schaute wie hypnotisiert auf die Zahlenreihe, starr und mit einem so schmerzlichen Lächeln, daß Neu mann seinen Groll plötzlich schwinden fühlte. „Was sie nur hat?" dachte er. „Sie muß doch einen tüchtigen Groschen verdient haben. Aber statt zu lachen — wahrhaftig — na, da schlag doch dieser und jener drein — sie heult — heult wahrhaftig wie drei Tage Regenwetter!" Eine Weile noch sah Fritz Neumann diesen ver stohlen fließenden Tränen zu, dann — mit einem Male, er wußte selbst nicht wie es zuging, saß er an dem gleichen Tisch mit der Rivalin und sprach ihr sogar tröstend zu. „Verzeihen Sie, verehrtes Fräulein. Aber aus dem Buch da sehe ich, daß wir Kollegen sind. Da ist es mk vielleicht möglich, Ihnen zu helfen. Haben Sie Arger gehabt, oder sonst eine Schererei? Bitte, sagen Sie es mir doch, vielleicht kann ich Ihnen helfen — Ihnen einen Rat geben! Wo fehlt's denn?" „Ja, ich —" ein Schluchzen unterbrach die Worte — Zur Eiobahn. „o mein Gott ... es ist gräßlich ... ich bin . . . ent lasten!" „Nanu?" Fritz Neumann begriff dies absolut nicht. „Jawohl, entlasten." Die Tränen versiegten einen Augenblick, zwei schöne braune Augen flammten in Empörung auf. „Vier Wochen habe ich mich geplagt. Von morgens bis abends bin ich herumgelaufen, und so viele habe ich bekommen — so viele. Man hatte mir ja gesagt, von dem Maß meiner Leistungen hinge das Fixum ab, mit dem man mich nach vier Probewochen engagieren würde. Deshalb hab' ich mich so geplagt und nur für eine ganz, ganz winzig kleine Provision gearbeitet, immer in dem Gedanken an die sichere