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Vellage zu Nr. 172 de« Auer La-,blatt« und Anzeiger« für da« Erzgebirge. Donnerttag, de« 28. Juli ISIS. chen wurde mit zertrümmertem Schädel noch lebend, aber in hoffnungslosem Zustand« in» Krankenhau» geschafft. * Schöner Ettel. Eine Bäuerin will zu ihrem Arzt in der Stadt und fragt dort nach seiner Wohnung; man zeigt sie ihr und macht sie darauf aufmerksam, daß der Arzt inzwischen einen Titel erhalten habe, mit dem sie ihn anreden müsse, st« könne ihn auf dem Schild neben der Haustür lösen. Die Bäuerin ftn- det da» Schild und tritt in das Sprechzimmer de» Arzte» mit dem Gruß: Gruden Dag, Herr Satansrat. * Abgängig« Hochtourist««. Au» Mauthen wird tele graphiert: Die seit zehn Tagen in Admont vermißten zwei Bres lauer Touristen sind noch nicht aufgefunden. Sie dürsten in der Sparaseldgruppe verunglückt sein. Seit Sonnabend wer den auch zwei Touristen aus den Hochgriming vermißt. — Au» Ealzburg meldet ein Telegramm: Im Hochgebirge und in ganz Tirol ist starkerSchneefall eingetreten. Die Berge sind bi? ti«f ins Tal verschneit. * Blitzschlag in «ine Schutzhütt«. Wi« aus Bern gemeldet wird, schlug während eines heftigen Gewitters der Blitz in die Schutzhütte des Schweizer Alpenvereins am Alwier, 2300 Meter hoch im Sankt Galier Oberland. Die vier Insassen wurden mehr oder weniger schwer verletzt. Einem Bergführer ver brannten die Kleider auf dem Leibe, so daß er äußerst schmerz hafte Brandwunden erlitt. * Ein Dorf in Flammen. Aus Toulon kommt die Meldung, daß in später Nachtstunde ein überaus heftiger Brand unweit des Dorfes Bandol ausgebrochen sei. Nach Meldungen, die der Touloner Marinepräfektur zugingen, bedrohe das Feuer mehrere Semaphorstationen ernstlich. Unter der Einwirkung eines orkan artigen Sturmes griff das Feuer rasend schnell um sich und er reichte bei Abgang der Nachricht eine Ausdehnung von meh reren Kilometern. In aller Eile wurden Truppendetache ments nach der Brandstätte abgeschickt, die dem Wüten des Ele ments gegenüber jedoch völlig machtlos waren. Mehrere Personen, die sich bei den Rettungen beteiligten, sollen verletzt worden sein. * Drahtlos« T«legraphi« im Schnrllzug«. Auf einem Eisen- Lahnzuge von London nach Brighton wurden gestern interessante Versuche mit drahtloser Telegraphie gemacht. In dem Gepäck wagen des Schnellzuges war ein Apparat für drahtlose Telegra phie nach dem Modell des Birminghamer Ingenieurs A. S. Cramer ausgestellt worden. In voller Fahrt wurden Tele gramme aufgcgebe» und ausgenommen. Der Apparat arbeitete tadelt os, sowohl was die Aufnahme wie Absendung der Tele gramme anbetrifft. * Eine Flaschenpost. An der algerischen Küste wurde eine verschlossene Flasche aufgefunden, die einen Zettel mit der in deutscher Sprache geschriebenen Mitteilung enthielt, daß der Hamburger Dampfer König sich in Not befinde. In Schiff- fahrtskreiskn glaubt man, daß es sich um den Dampfer König der Deutsch-Ostafrikalinie handelt, der nach Marseille bestimmt ist und Sansibar am 20. dss. Mts. verlassen hat. * Di« Millionen-llnterschlagungen an der russisch-chinesischen Bank. Der Diebstahl an der russisch-chinesischen Bank soll 2 4 00000 Mark betragen. Der Kassierer Wider ist ge flohen. Als der Umfang des Diebstahls noch nicht bekannt war, war ihm Straffreiheit für ein volles Geständnis zugesagt wor den. Statt sich aber zu der geplanten Konferenz zu begeben, entfloh er. Der Defraudant wird übrigens in der gesamten Union wie auch jenseits der «britischen Erenzpfähle von Kanada eifrig gesucht. Erwin Wider, der reiche Verwandte in Deutschland besitzen soll, steht erst im 22. Lebensjahre. Trotz seiner Jugend war ihm die Aussicht über die Wertpapiere an vertraut worden. Er hat jedoch spekuliert und, da er bei seinen 4800 Mark Gehalt seine Verluste nicht decken konnte, die Unter schlagungen begangen. Die gestohlenen Papiere lagern größten teils bei zwei grcßen Neuyorker Banken als Deckung für seine Spekulationen. Aus den Nachbarstaaten. * Vom Altenburger Lande. Einem schrecklichen Unfall fiel Dienstag nachmittag der 30 Jahre alte Geschirrführer Emil Eentsch aus Rositz zum Opfer. Aus der Landstraße von Alten ¬ burg nach Rositz begegnete ihm ein« Dampfpraßenwalze, die da» Geschirr streifte. Gentsch fiel dabet au» der Schotzkelle herauf und kam vor die Dampfwalze zu liegen, di« ihn überfuhr. Das Geschirr und die Dampstvalze stürzten darauf in den Stra ßengraben. Di« Pferde hatten sich von dem Wagen losgerissen und jagten davon. Dampfwalze und Geschirr wurden stark be schädigt. — In der Nacht zum Montag war auf Grude Melpern- hain in Eisenberg ein Brand entstanden, der für das ganze Un ternehmen recht verhängnisvoll werden konnte. Der Jörderturm stand mit einem Male inhellenFlammen.das Maschinen haus und die übrigen Anlagen waren sehr gefährdet. Der Scha den ist bedeutend. * ,Au» benachbarten preußischen Provinzen. Zu der gestern im -all« a. S. benachbarten Schlosse Schkopau stattgefundenen Hochzeit zwischen der Freiin Elisabeth von Trotha und dem Ober leutnant von Mitzlaff war Dienstag nachmittag das Kron prinzenpaar eingetroffen. Die Trauung wurde in der Dorfkirche von Hofprediger Keßler-Dresden vollzogen. — Seinen schweren Verletzungen erlegen ist in dem Kreiskranken haus zu Bitterfeld das Dienstmädchen Pawlinski aus Grep pin, das im Wohlfahrtsheim in Wolfen bei einer Spiritus explosion schwere Brandwunden erlitten hatte. — Der Gemeinde diener und Nachtwächter Wilhelm Kramer in Welbsleben wurde in der Gemeindesandgrube tot aufgefunden. Der Tod ist durch Absturz verursacht worden. * Au» allerlei thüringischen Staaten. Aus dem Fenster ge stürzt ist in Gera die 14jährige Tochter des Architekten Rhode. Sie erlag bald darauf ihren schweren Verletzungen. — In der Oskar Eräserschen Kiesgrubeam Dornheimer Berg bei Arn stadt wurde der 38jährige Arbeiter Eduard Stede durch nieder stürzende Kiesmassen verschüttet und getötet. — Eine Auto mobilverbindung zwischen dem Hauptbahnhof Eisenach und der Wartburg und Eisenach und Wilhelmsthal ist seit Sonn tag eingerichtet worden. — In Erfurt stürzte ein Dienstmädchen beim Fensterputzen aus einem Fenster der zweiten Etage ab und blieb mit zerschmettertem Schädel liegen. Es ist bald darauf gestorben. — Eine eigentümliche Erscheinung zeigt sich in diesem Jahre an den meisten Roggenfeld er n im Eichsselde. An einem großen Teile der Halme sehlt die Aehre. Fetzt, kurz vor der Reife, sticht der dürre, ährenlose Halm ganz beson ders in die Augen. Nach Ansicht Sachverständiger kommt dieser Umstand von dem massenhaften Auftreten der Zwergzikade. Auf einzelnen Roggenstücken beträgt der dadurch entstehende Ausfall bis vier Fünftel der Ernte! * Kleine Nachrichten aus Böhmen. Der 69 Jahre alte Pri vatier Sulz aus Brewnow glitt bei einem Spaziergange im Schartatale aus und stürzte in einen 3 Meter tiefen Wasser graben, in dem er ertrank. — Der Sohn des Brauereikontrolleurs Völkel in Budweis ist bei einem Kampfe dtzr französischen Frem denlegion am Mulay-Fluße gegen die Araber gefallen. — Auf dem Buweiser Pferdemarkt erhielt der Arbeiter Tomaschik aus Stein von einem scheuen Pferde einen derartig heftigen Hieb auf den Kopf, daß er kurze Zeit darauf starb. — Die Kutschers frau Franziska Araber versuchte in Smichow ihren Mann zu er schießen, doch konnte ihr der Revolver rechtzeitig entwunden wer den. — Auf dem Bohemiaschachte 3 nächst Modlan bei Aussig wurde durch niedergehende Kohlenmassen der Bergmann Mla- vek aus Mariaschein getötet und die beiden Bergleute Kohl- schutter aus Straden und Bednar aus Turn so schwer verletzt, daß ihr Zustand hoffnungslos ist. — Nach dem Genuß von Schwämmen sind in Tischau bei Teplitz der Glasmacher Albert und dessen Frau so schwer erkrankt, daß sie kaum mit dem Leben davonkommen dürften. — Der Augustinermönch P. Ambos, Kap lan inBezdiekau, ist nach Hinterlassung großer Schulden flüchtig geworden. Ein Schlauer im- ein noch Schlimrer. Der Schwarzwälder Bote erzählt folgendes nette Geschicht- chen: Ein überaus schlauer Wirt auf einer Bodenseeinsel und der ganz hervorragend kluge Vorstand der Kegelgesellschaft, die in dem -betreffenden Gasthaus allwöchentlich zu ihrem Unterhal tungsabend erscheint, besprachen neulich die Aussichten der be vorstehenden Gemeinderatswahl. Kandidaten gab es genug, aber keiner von den beiden Genannten befand sich darunter. Trotzdem sagte der Kegelgesellschastsvorstand im Spaß -um Gastwirt: Passen Sie auf, am Ende wählt man noch Sie! Da» wär« nun fitr die Gemeinde kein Unglück gewesen, «»eil der Wirt nebenbei ein tüchtiger Mann ist, aber wie gesagt, Aussichten hatte er Teine. Daher antwortete er auch: Rein, gewählt werd' ichketnes- fall», da» weiß ich; aber das sag' ich Ihnen, wenn ich nur etne Stimme krieg«, dann Halte ich unsere Kegelgesellschaft einen Abend lang mit Essen und Trinken frei! — Abgemacht! rief der Vorstand, man gab sich die Hand darauf und versprach sich hoch und heilig, die Sache bis nachher geheim zu halten, damit e» ehrlich zugehe. Bald kam der Wahltag, und al» einer der ersten erschien der Kegelgesellschaftsvorstand im Wahllokal und gab feierlich seinen Stimmzettel ab. E» war darüber noch keine Viertelstunde per? strichen, so hatte der Wirt das schon erfahren, denn es geschieht ja nichts auf zwei Stunden im Umkreis, was so ein Wirt nicht alle» zuerst weiß. Jetzt ist es Zeit für mich, dachte er, setzte dtst Hut auf und ging auch seinerseits zum Wählen. Der Stimmzet tel, den er abgeben wollte, war schon hergerichtet, und er sah noch einmal nach, ob er auch den rechten habe. So war es auch. Einen der Kandidaten hatte er darauf gestrichen und dafür seinen eigenen Namen hingesetzt, denn, hatte er gerechnet, auf diese Weise erhalte ich zum mindesten zwei Stimmen und Lrauche dann nicht zu spendieren, da ich ja nur auf eine Stimme gewettet habe, aber nicht auf mehr, und freute sich im stillen schon auf das lange Gesicht des Herrn Vorstandes. Die Wahl war vorbei und das Ergebnis wurde festgestellt und — o Schreck! — auf den Wirt siel sage und schreibe eine Stimme, nicht mehr und nicht weniger. Dieser boshafte Kegel vorstand kannte seinen Pappenheimer von Wirt und hatte ihn gar nicht gewählt. Somit rührte die eine Stimme, die der Wirt erhalten hatte, vonihmselbst her. Die Wette war also ver loren, und wohl oder Übel mußte er nun auch die Gesellschaft einen Abend lang freihalten. Was mancher u!cht weist. In Deutschland werden jährlich Milliarden Bahnsahr karten verkauft. * In Schweden gibt es keine besondere Militärgerichtsbarkeit. Die Erde enthält rund 25 000 Millionen Tonnen Radium. * Die eine Station Talawakele auf Ceylon versendet jährlich zwanzig Millionen Pfund Tee. Ak In Amerika sind 40 000 Mark Prämie auf die Auffindung eines einziges Nestes der Wandertaube ausgesetzt worden. (Schluß de» redaktionellen Teils.) Die Sommerhitze bringt große Gefahr für alle mit Milch ernährten Säug linge und es treten Darmkrankheitcn und Brechdurchfälle in erschreckender weise auf. wer seinen Liebling dieser großen Gefahr nicht aussetzen will, beuge vor und verabfolge dem Kinde eine gleichbleibende, die Verdauung nicht störende Nahrung. Die beste Gewähr bietet hierin das seit Jahren altbewährte Nestle'sche Kinder mehl, weil dasselbe nur mit Wasser zubereitet werden braucht. Ku-liMr, Urr-üelSe Ln-Snt ii.Ssck klMStr, empkisklt ru billigsten Preisen kuonk ttiie MWg MrkM Mittel gegen Metten empkeklen Karl-Detleff fuhr erschreckt empor, al,s sein Bursche ihn weckte. „Was zum Teufel fällt dir ein, heute ist Sonntag und kein Dienst, laß mich!" Er sah das Papier in der Hand des Bur schen entriß es ihm und las. Im Nu war er aus dem Bette. Er kleidete sich in fliegender Eile an. Um elf Uhr ging ein Personenzug nach Bersin, von dort ein Schnellzug nach Breslau. Erst nach langen Stunden konnte er in Rechlinghausen eintreffen. Der Urlaub ist bewilligt, Karl-Detleff wirft sich in sein ele gantes Reisezivil und geht zu seinem Freunde, Oberleutnant von Mallwitz, den er um das Geld zur Reis« bitten muß; denn seit gestern Abend hatte er kein Markstück mehr im Portemonnaie, uick «in Wucherer, an den er sich sonst stet- gewandt hatte, drohte mit der Anzeige beim Oberst, falls Rechlinghausen seine Wechsel nicht einlöst. O! Diese entsetzlich lange Fahrt, die Vorwürfe, die sich der leichtsinnige, junge Offizier macht, die Sorge um den Vater, ob er ihn noch am Leden findet. Und dabei diese quälende Ahn ung. daß die Sache anders zusammenhängpn könnte, daß es kein bloßer Zufall auf der Jagd gewesen ist. Dann das Ankommen in Berlin. Grau und kalt kriecht da» Herbstzwielicht Wer die groß« Stadt, es regnet in Strömen, und der Wind heult durch die noch stillen Straßen. Nun sitzt der Reisende Meder im Zuge. Gottlob, es geht jetzt schneller vorwärts, um die Mittagszeit ist er in Breslau. Wie wird der Sohn den Vater finden? Ob er noch am Leben ist? Karl-Detleff hat seinen stets nachsichtigen Papa sehr lieb gehabt. Heute fühlt er es besonders, und sein Kinderherz pocht bange und schwer bei dem Gedanken, daß er diesem sorgenvollen Vater oft durch den Leichtsinn trüb« Stun den befettet hat, daß er auch jetzt — bei der Erinnerung an feine Verpflichtungen überläuft ihn ein eisiger Schauer. Als der Leutnant auf der Endstation seine» Reiseziele« an langte, sagte ihm der erste Blick auf des alten Kutschers Gesicht, daß alles zu Ende ist. „Franz, e? — ist au» — nicht wahr?" „Za, Herr Leutnant." Der getreue Diener schluchzte laut auf. „Wie ist es gekommen, Franz?" „Der Herr Ba»n waren gestern mit der Flinte auf Virk- Hähne ausgegangen, die Diana begleitete ihn. Um di« Mittag«, zett hörten dke Bauern ,die Leim Abernten der Kartoffeln waren, «inen Schuß, und gleich darauf heult« der Hund jämmerlich. Al» die Leute dem Tone folgten, fanden sie den gnädigen Herrn zu Boden gestürzt über die Baumwurzel zu seinen Füßen; wahr scheinlich hatte sich die Flinte dabei entladen; er war schon tot, als sie ihn aufhoben. Es war im Walde, der nach der abgeholz ten Strecke kommt, der Herr Baron soll das Stück Forst vor eini gen Tagen an den Herrn Bankier Gerber verkauft haben. Er hat wohl noch einmal zur Jagd gehen wollen, ehe die Fremden die alten Bäume für sich in Beschlag nehmen." „Also darum," denkt Karl-Detleff verzweifelt, „armer Vater." Der Sohn ist jetzt fest überzeugt, daß es kein bloßer Zufall gemessen ist. Im Schlöße ist alles wie aupgestorben. Auf der Zinne des Turmes weht die Fahne der Freiherren von Rechlinghausen auf Halbmast; das regenfeuchte gelb und rote Tuch hängt schwer hernieder. „Wo liegt er?" fragt Karl-Detleff seinen Schwager Stößel, der ihm mit ernstem Gesicht entgegentritt. „In seinem Schreibzimmer — Wilma ist bei der Mutter, die aus einem Weinkrampf in den andern verfällt, Veronika kann erst morgen kommen, sie ist in Nizza zur Saison." Leise öffnet der Sohn die Eichentür, hinter der der Tote liegt. Stössel begleitet ihn nicht. Nun ist der junge Offizier allein. Allein mit dem stillen Mann, der langgestreckt auf dem Betts liegt. Die wächsernen Hände liegen zu beiden Seiten des Körpers, das Gesicht hat einen finsteren Ausdruck. Zwei Kerzen brennen zu Häupten der Leiche. Karl-Detleff steht lange, lange regungslos da, seine Zähne beißen in das Taschentuch, das er, zum Knäuel geballt, in der Rechten hält. „Vater!" Mit diesem Ruf sinkt der Sohn an dem Bett nieder und küßt die Hand des Freiherr», diese starre, kalte Hand, die ihn als kleinen Buben so ost liebevoll gestreichelt hat, die sich später stets mit demselben warmen Druck um die Finger des Leutnants gelegt. Karl-Detleff spricht ein leise» Gebet, seine Lippen fin den die Wort« wiÄer, die er fast vergaß. In dem Haar de» Toten schimmern viele Silberfiiden, erst heute fällt es dem bisher sorglosen, jungen Mann auf. Auch er hat dazu betgetragen, sei nem Vater Sorgen zu machen, auch er hat durch jugendlichen Leichtsinn den Ruin befördert. O! Es ist bitter, furchtbar bit ter, es sich sagen zu müssen! -- Karl-Detleff fühlt «ine große, schwere Müdigkeit, er fällt fast auf den Stuhl vor seine» Vater» Schreibtisch, und ein krampf« Haftes Schluchzen hebt seine Brust. Wie ost hat er den Ver storbenen hier auf_diesem Platz fitzen gesehen, so voller Leben und Kraft. Mechanisch öffnet er die wappengeschmückte Mappe, da fällt ihm ein Brief in die Augen: „An meinen Sohn, Karl-Detleff, nach meinem Tode zu öff nen." „Gottlob, noch hat niemand das Kuvert gesehen, noch ist des Toten Geheimnis gewahrt." So denkt der Leutnant, dann lost er das Siegel und angesichts seines verstorbenen Vaters liest er folgende Zeilen: „Mein lieber, lieber Sohn, wenn Du meinen Brief liest, bin ich nicht mehr unter den Lobenden. Ich mußte sterben, es gibt keinen anderen Ausweg für mich, der Zusammenbruch steht vor der Tür, uns gehört kein Ziegel auf dem Dache Rechlinghausen». Gerber hat alle Hypotheken an sich gebracht, und auch das letzte Stück Waldes ist sein. Mas für alle ein unglücklicher Zufall scheint, Dir darf ich es nicht als solchen daistellen. Ich scheide freiwillig aus einem Leben, das ich so schlecht verstanden habe. Ich war zu schwach und bin im Kampf unterlegen. Die beiden Schwestern sind versorgt. Wilma wird es als verwöhntes Mäd chen jetzt auch schwer haben, da Stössel erst Hauptmann zweite« Klasse ist und die Zulage, die ich ihnen gab, wegfällt; sie muß sehen, sich einzurichten. An Deine Mutter denke ich in erster Linie, sie ist von mir verwöhnt worden und würde den Komfort bitte: entbehren. Wohl hat sie in Oesterreich wohlhabend« Ver wandte, aber es ist kein beneidenswerte? Dasein, sich in ihren Häusern umherstoßen zu lassen. Und Ernst beendet eben di» Schule. Was soll aus ihm werden? Ich hinterlasse Dir, als meinem Aeltesten, die Sorge um Mutter und Bruder, Karl-Det. leff. Laß Ernst eine Karriere erwählen, die ihn möglichst ballf auf eigene Füße stellt. Zum Glück habe ich das kleine Kapital meiner verstorbenen Tante, de» Stiftsfräuleins von Röchling- Hausen, sichergestellt. Die Summe soll -wischen Mama und Ernst geteilt werden; bei großer Einschränkung würde sie allerfavs dazu reichen, Deinem Bruder zwei Li» drei Jahre den Besuch eines Technikum» zu ermöglichen. Präge es ihm ein, daß er als Freiherr von Rechlinghausen seinem Namen treu bleibt und sich durch di« Arbeit sein Leben selbst aufbaut zu einem glückliche« und harmonischen. Ich seh« es zu spät ein, wie ich e» in viele« verfehlt habe. — Und nun-lebe wohl, mein Sohn, hüt« mein trauriges Geheimnis und verzeih Deinem Dich innig liebenden Vater Karl-Detleff von Rechlinghausen." ^Fortsetzung folgt.