Volltext Seite (XML)
kkunin Nr. 17S. HAtster Jahr««« Domerstag, 28. IW». kuikntz 4000 ttuer Tageblatt und /Anzeiger Mr das Erzgebirge j verantwortlicher Redakteur Vrw K-Ideia. Für die Inserate verantwortlich: Walter «r»,§. Beide in Au« i. Lrzgeb. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntagsblatt. IN. b. H. Sprechstunde der RebaV-e», mit Au»n<chm« der Sonntag» nachmittag, von »—» Uhr. — Telegramm. Abreff«: Tageblatt An«. — Fernsprecher >" Au» i. Lrzgeb. Für nmxrlangt «ingesandt« Manuskript» kann SewLhr nicht grleistet werben. V«z»S,pk«t,: Durch unser» Botin frrt in» chau, monatlich ro Psg. Sri der SeschLftrstell« abgebalt monatlich go pfg. »nd wöchentlich ,o pfg. — B»i der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich ,.»o Mk. — Durch »»n BriestrSgrr frei in, »an, vierteljährlich ,.,2 Mk. — Einzeln« Nummer to pfg. — Deutsch»» postzeitung* katalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunde«, mit Aurnahmr von Sonn- und Feiertagen. Annahm« von Anzügen bi, spätesten» Uhr vormittag,. Für Aufnahme von grbßeren Anzeigen an »«stimmt«, Stell«« kann nur dann geburgt werden, wenn st» am Tag» P»rh« bet vn» »ingehen- . .. Insertion,preis: Di» fieberig»spaltrn« Xorprwzetl» oder deren Raum lo pfg., Reklamen r» pfg. Bei -räßeren Aufträgen entsprechender Rabatt. viele N«»«er »»faßt - Zeit« Das Wichtigste vom Lage. Im preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten findet gegenwärtig eine Konferenz statt über Maßnahmen zur Verhinderung von Unglücks fällen in der Luftschiffahrt. Ueber die Niederdeutsche Bank in Dortmund ist der Konkurs verhängt worden. Dec Direktor des Institutes, Bankier Ohm wurde verhaftet. (Ziehe N. a. a. Welt v. Tel.) Gestern fand in Marienbad eine Zusammenkunft zwischen Staatssekretär von Kiderlen-Wächter und dem österreichischen Minister des Auswärtigen Grafen Aehrenthal statt. (Siehe pol. Tzsgsch. u. Tel.) Gestern abend ist in Belgrad der österreichisch-serbische Handelsvertrag von den beiderseitigen De legierten unterzeichnet worden. Der ungarische e x-I ex-Z ustandist durch dieAnnahme derJndemnitäts- und Rekrutierungsvorlage beendet. O In dem Prozeß gegen Rochette und Genosscn inParis wurde gestern das Urteil gefällt. Rochette wurde zu zwei Jahren Gefängnis und 3 0 0 0 Franks Geldstrafe verurteilt. (S. Tel.) * Die chinesische Negierung soll Lord Kitchener angeb oten haben, d:e Reorganisation der chinesischen Armee zu übernehmen. .IE- Mutmaßliche Witterung am 29. Juli: Südwestwind, heiter, wärmer, trocken. -dL Büffermanu. Von Dr. Stresemann, Mitglied des Reichstage«. Die politische Ruhezeit des Sommers wird gegenwärtig mit Betrachtungen über den angeblichen Rücktritt Basiermanns vom parlamentarischen Leben angefüllt. Bässermaun geht, jo be richten konservative Blätter, allen voran, die ihn seit Jah ren persönlich in widerwärtiger Weise angreifende Kreuz-Zeitung — Herr v. Normann Hot in der Blockzeit die konservative Frak tion dagegen verwahrt, sich mit dieser Kampfesweiss des Blat tes zu identifizieren - - weil er einsehe, daß er für seine Anschau ungen keine Mehrheit mehr in der Partei fände. Schon im Frühjahr sei es in der Sitzung des Zentralvorstandes zu stürmi schen Auseinandersetzungen gekommen, und der in die Minder heit gedrängte Parteiführer halbe grollend Berlin verlassen, so daß ein Frakiionstollege für^ ihn bei der Etatsrede zum Aus wärtigen Amt habe einspringen müssen. Die jetzt kundgegebene Absicht des Rückzuges vom politischen Leben sei die Konsequenz der damaligen Erfahrungen. Andere Blätter, ultramontaner und sozialistischet Richtung, fügen hinzu, die Aussichtslosigkeit, ein Mandat für dep deursch^n Reichstag zu erhalten, sei initbestim- mend für Basiermanns Entschluß. Auch das Berliner Tageblatt glaubte Basiermann als irrenden Ritter hinstellen und ihn bezüglich der Festigkeit der Mandatshaltungen Windhorst und Eugen Richter als Vorbild hinstellen zu müssen wobei ihm an scheinend entging, daß letzterer selbst gegen Ende seiner politi schen Laufbahn in einem Berliner Landtagswahlkreis Zuflucht suchen mußte, weil er in Hagen nicht wiedergowählt wurde. End lich wird behauptet, und Mar in einem Teil der rechtsstehenden Presse, der Block von Basiermann bis Bebel scheitere an dem entschiedenen Widerspruch innerhalb der nationalltberalen Par tei, und Basiermann, der Führer der badischen Großblockpolitik, scheide aus dem politischen Leben, weil er die Uebertragung der badischen Großblpckpolitik auf da» Reich nicht durchsetzen könne,, In den Augen der Eonespondenz dh, Bundes der Landwirts endlich erscheint Basiermann al» der in nationalliberaler Maske auftretende Fortschrittsmann. Politische Arbeit wird sich nie ohne Legendenbildung ab- spielen. Man darf aber da» Unkraut der Legendenbildung nicht zu üppig emporschießen lassen, weil die große Meng« derer, die den politischen Anetten fernftrhen, sonst die Tatsachnr verblas. sen sieht vor einer politischen Tagesschriftstellerei, die die Dinge so darstellt, wie sie wünscht, daß sie betrachtet werden, und an dem tatsächlichen Sachverhalt überhaupt vorbeigeht. Ein Bei spiel aus d.r Parteipreffe selbst: Westfälische Blätter, die vor einem Zusammengehen mit dem Freisinn warnen, führen fortge setzt die Niederlage bei den Ersatzwahlen in Verden und Coburg auf das Bündnis mit dem Freisinn zurück, obwohl der National liberalismus in beiden Fällen gcgen den Freisinn kämpfte. Aber es paßte so schön in die Beweisführung, genau wie die vorher gekennzeichneten Darlegungen in die Beweisführung der Gegner Basiermanns paßten. Deshalb an Stell« von politischen Be trachtungen zunächst folgende F est st e l l u n g e n, die doch viel leicht dazu beitragen, manchem törichten Gerede ein Ende zu machen. Zunächst der Rücktritt Basiermanns. Wann und wohat Bassermann jemals offiziell erklärt,. Laß ey zurückzutrcten gedenke? Niemals. Vor einens Jahre hat der Abgeordnete Fuhrmann in einer Versammlung in Ostpreußen erklärt, die Kämpfe um die Reichsfinanzreform hät ten Basiermann gesundheitlich so mitgenommen, daß es zweifel haft sei, ob er bei den nächsten Wahlen wieder kandidieren werde. In diesem Jahre hat Bassermann eine ihm angeüvtene Kandi datur in Saarbrücken für 1911 abgelchnt. Wie kann man daraus als Tatsache folgern, der Führer der Nationalliberalen wolle aus der Partei ausscheiden? Im vorigen Jahre und diesmal erhielt Basiermann telegraphische Anfragen von einer großen An zahl Zeitungen, ob sein Rücktritt definitiv sei. Soviel ich weiß, hat er keiner einzigen eine bejahende Antwort gegeben. Was fest steht ist folgendes: Basiermann glaubt ein Anrecht darauf zu haben, sich von der Politik auf einige I ahre zurüctziehen zn können, weil sein Gesundheitszustand ihm ein Ausruhen wün schenswert erscheinen läßt und weil er es als hart empfindet, seine persönlichen Neigungen, die ihn auf weite Reisen und die Betätigung manches künstlerischen und wissenschaftlichen Triebes hinausführen, dauernd dem Mandat zum Opfer bringen zu müs sen, das hat Basiermann seinem engeren Freundeskreise schon während der Aera Bülow wiederholt ausgesprochen; damit hängt vielleicht zusammen, daß er den neuen Kräften in der Fraktion nicht nur Spielraum ließ, sondern sie geradezu anspornte, sich auf den ihnen naheliegenden Gebieten parlamentarisch zu betäti gen. Auf Wunsch seines politischen Freundeskreises hat Basier mann versprochen, sich nicht festzulegen, sondern eine endgültige Entscheidung erst vor den nächsten Mahlen selbst zu treffen. Die politische Lage würde Basiermann nicht zum Rücktritt zwingen, sondern ihn im Gegenteil veranlassen, zu bleiben, da die nationalliberale Partei gerade in jetziger Zeit und nach dem Rücktritt Hiebers seiner Persönlichkeit mehr als je bedarf. Die Gegner werden dieser Darstellung nicht glauben wollen. Selbst wenn Basiermann bleiben wollte, wo sollte er ein Man dat hernehmen? Auch darüber ein Wort. Al? Basiermann 1906 in Frankfurt a. O. nicht wieder kandidierte, wurden ihm 18 Kreise von den Parteigenossen aus dem Lande angeboten. Von diesen Kreisen wurden 14 nationalliberale Abgeordnete in d:n Reichstag entsandt Genau so steht es heute. Diesichersten Kreise, welche die Partei besitzt, stehen für Basiermann zur Verfügung und es gibt keinen Abgeordneten des Reichstages, der nicht seinen Kreis Basiermann zur Verfügung stellte, falls die ser es wünschte. Die Mär von dem irrenden Ritter, der vergeb lich eine Zuflucht sucht, ist also eine — Mir. Basiermann hat in dein Augenblick ein Mandat, wo er dem Drängen seiner Freunde folgend, sich zur Weiterarbeit bereit erklärt. Bleibt die Gegnerschaft in der eigenen Partei. Die stürmische Sitzung des Zentralvorstandes im Frühjahr ist reine Phantast e der Kreuz-Zeitung, ebenso Bäffermanns deshalb erfolgte Abreise. Da ich an seiner Stelle die Fraktion bei dem Etat Les Auswärti gen Amtes vertrat, so bin ich vielleicht kompetent zu erklären, daß schon Wochen vorher verabredet worden war, daß ich die Etats rede zum Auswärtigen Amt halten sollte Basiermann selber fuhr nach der damaligen Sitzung beruflich nach Amsterdam. Will dir Kreuz-Zeitung nicht in Zukunft als Märchentante erscheinen, dann mag sie daher auf dieses Argument künftig verzichten. Ge wiß hat Basiermann Gegnerschaft auch in den eigenen Reihen. Welcher Parteiführer hätte sie nicht? Steht Heydebrand unan gegriffen da, hat Hertling niemals Schwierigkeiten in der Zen- trum»fraktion, sind Meiner, Payer und Naumann unangegrtf. fen in ihren eigenen Reihen? Zeit seines Lebens wurde Basier mann gehaßt von dem Abgeordneten von Worms, der ihm die Führerschaft nicht verzeihen konnte; wegen seMed sdziälpolitischen Programmes grollten ihm Kreise der Großindustrie. Gerade jetzt läßt der Reichskanzler alle Minen springen, um die Großindu strie für sein Programm der Sammlung zu gewinnen, der Zen. tralverband deutscher Industrieller sekundiert ihm dabei, was Wunder, wenn au« den geographischen Zentren der Großindustrie Kritik an dem nationalltberalen Führer geübt wird, der nicht in einer formalen Sammlung der bürgerlichen Parteien, sondern iir der tatsächlichen Anerkennung der Gleichberechtigung des Libe ralismus die Gewähr einer Zurückdrängung der sozialdemokrati schen Hochflut erwartet? Hinter Büsiermann und seiner Politik sicht die ganz überwiegende Mehrheit der Parteigenossen imi Lande, das wird der Parteitag in Cassel denjenigen zeigen, die mit Vergnügen auf eine Unterwerfung der national* liberalen Partei unter den Willen der Kreuz-Zeitung hoffen, Lia vielleicht vor Cassel noch die Güte hat, kundzutun, wer außen Bassermann noch das Mandat niederlegen muß, um die national liberale Fraktion wieder bündnisfähiger zu machen. Zuin Schluß noch Mei Feststellungen. Basiermann der Füh rer der Kroßblockpolitik in Baden. Ueber die Richtigkeit dieser Politik sind die Aussichten in Parteikreisen geteilt. Basier mann aber ist nicht ihr Führer, sondern bis zuletzt ihrGegner gewesen. Um so logischer ihm die Ueberführung dieser Politik auf das Reich zu imputieren! Hier muß in Ler konservatives Presse das alliterierende Schlagwort des Blockes von Basier mann bzs Bebel wirken, ohne daß man daran denkt, daß dieses Wort von Friedrich Naumann stammt, Basiermann selbst aber im Reichstag die Unmöglichkeit dieses Blockes gekennzeichnet! hat. Daß man schließlich Basiermann als verkappten Fortschritt ler darstellt, ist für einen der Führer des Kampfes um den letz ten Zolltarif so eigenartig, daß diese Erinnerung genügt, um dass Schlagwort zu kennzeichnen. Daß im übrigen nationale Fragen Fortschrittler und Rationalliberale nicht wie früher trennen undj in Len großen liberalen Grundfragen der Erringung der Gleich berechtigung für das deutsche liberale Bürgertum beide liberal«! Gruppen sich treffen, ist das Erfreuliche der Entwicklung der letz ten Jahre. Diese Darlegungen mögen jetzt genügen: Ueber Bas sermann als Politiker und über die Bedeutung der Aera Basier mann für die nationalliberale und die Reichspolitik zu spre chen. wird dann Gelegenheit sein, wenn Liese Politik abgeschlos sen ist. Die nationalliberale Fraktion des Reichstages aber, unh mit wenigen Ausnahmen die ganze nationalliberale Partei, ish der festen Ueberzeugung, daß Basiermann, geleitet von l,ingeben- dem Vertrauen seiner Freunde im Lande, auch ferner der Par tei das Opfer der Bei bi Haltung der parlamentarischen Führer schaft bringen wird, den Feinden zum Trutz, den Freunden zuy Genugtuung. « " PreMmmen zur Sangh ammer-Affäre. Der Ausschluß Langhammers aus dem national liberalen Landesverein für das Königreich Sachsen hat, wie nicht! anders zu erwarten war, in den weitesten Kreisen peinliches Aufsehen erregt. Man fragt sich, ob denn solche Eile not tat und ob es nicht besser gewesen wäre, zu warten, bis eine völ - ligeKlärungder Sachlage eingetreten sein .würde Es -weißs ein jeder, der sich mit dem Langhammevskandas befaßt hat, daß Ler Angegriffene seine ganze Hoffnung aus den Zöphelpro- zeß setzte, da er dort erst in der Lage sein wird, durch eidlicha Aussagen seine Behauptungen erhärten zu lassen und damit die Vorwürfe seiner Gegner zurückzuweisen. So sollen dort, wie in Chemnitz wiederholt betont wurde, die Direktoren der Tiag eidlich aussagen, daß die besonders angegriffenen Para graphen des Vertrages nicht die Deutung zulasien, die ihnen von Langhammers Gegnern beigelegt worden find. Man matz über die Tiag denken wie man will, es hat aber niemand diq geringste Berechtigung, ihren Direktoren die schwere Beschuldi gung ins Gesicht zu schleudern, ihre gerichtlichen AeußerungeN könnten sich nicht mit der Wahrheit decken. Für beide Parteien war es von der denkbar größten Wichtigkeit, daß unter dem Eids Klarheit geschaffen werden konnte/ Aber diese Möglichkeit scheint man in Leipzig nicht sonderlich gern gesehen zu halben. Man tat, als ob der Zöphelxrozeß an sich recht unbedeutsam sei, maN mißt auch den Aussagen, die dort den Ausschlag geben können, keinerlei Bedeutung bei und kurzerhand beschließt man: Lang hammer muß raus! Diese Handlungsweise liegt sicherlich nicht im Willen der meisten Zugehörigen zum nationalliberalen Lan desverein. Selbstverständlich befaßt sich auch die sächsische Presia mit der Angelegenheit, wobei sogar die gegnerischen Zeitungen« nicht umhin können, die Persönlichkeit Langhannners anzuerken- nen. Nachstehend lassen wir einige solcher Preßstimmen folgen, so wett sie uns beachtenswert erscheinen. Die deutschnationalen Leipziger Reuesten Rachrich ten urteilen u. a.: Auch Herrn Langhammers Ausschluß au» detz nationalliberalen Partei Sachsens wird den Fall Langhammey kaum beend en. Für die Oeffentlichkeit nicht, und für dia Partei auch nicht. Denn Herr Langhammer wird sich, wenigsten? nach seinem bisherigen Verhalten, sicher nicht entschließen, füy dir Zukunft die Stolle eines toten Manne» zu spielen. Er hak Las consilinm adeuncki der Partei nicht beachtet und es auss einen Ausschluß ankommen kaffen. Er wird jetzt auch nicht still! . . ,l» - .»' - ,7. 7 >- ; - ' 1.^ .... . . «- '