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Dienstag, 26. Juli. luidkini ^l000 »UM Istnnta Rr. 17V. Muster Jahrgang und Anzeiger für das Erzgebirge verantwortlicher Redakteur- rm „ ndsia. Für die Inserate veiantwortlich: Witter i?r,u». Beide in Rue i. Lrzglb. Sprechstunde der RebaV»»'. mit Ausnahme der Sonntag» nachmittag» van » Uhr. — Telegramm-Adresse: Tagrblatt Au«. — Fernsprecher Für unverlangt eingesandt» Manuskript» kann SewLhr nicht geleistet «erden. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntagsblatt. n».r m. b. H. in Aue i. Lrzgeb. Bezugspreis: Durch unsere Boten frei in» Hau, monatlich so pfg. Bei der Geschäftsstelle abgeholt monatlich »o psg. und wSchentlich >o pfg. — Bei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich Mk. — Durch den Briefträger frei ins Haus vierteljährlich 1.92 Mk. — Einzelne Nummer >0 pfg. — Deutscher Postzeitung», katalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahme von Sonn« und Feiertagen. Annahme von Anzeigen bi» spätesten» Uhr vormittag». Mr Aufnahme von grdsseren Anzeigen an bestimmt« Stellen kann nur dann gebürgt «erden, wenn st« am Tag« vorher bei uns eingehen. Jnsertiourprei»: Di» siedengespalten» Rorpuszeile »der deren Raum <0 pfg., Reklamen r» pst. Bei glitzeren Aufträgen entsprechender Rabatt. »les« Nummer umfaßt b Zrtteu Das Wichtigste vom Tage. Der unter dem Verdachte des Landesverrats verhasiele Baron Ungern-Sternberggestand, daß er den russischen Mobilisierungsplan in diesem Jadre dem Petersburg er Militärattache einer Groß macht verschafft habe. Beiden französischen Generalratswahlen verloren die Konservativen und Pogressistcn eine größte Anzahl Mandate an die linken Parteien (S pol. Tagesschau.) . » Der Erste Lord der englischen Admiralität fordert die Kriegs befestigungen sämtlicher Nordscehäfen und Inseln im O st enEnglands, sowie dieErrichtung zweier neuer Kriegshäfen in Hüll und nner zweiten Klistenstadt. * Die Daily News hat eine Umfrage bet der englischen Presse über eine Verständigung mit Deutsch land in Marin es ragen erlassen. (S. Art. i. Hptbl.) Die britische Besatzung in Aegypten wird aus eine Division verstärkt werden. Hierzu selten Truppen aus Südafrika herangezozcn werden. IM»" Mutmaßliche Witterung am 27. Juli: Westwind, wol kig, kühl, zeitweise Niederschlag. -Mc Die Strafrechtsreform. Neben der Kommission für die Reichsversicherungsord nung hatte nach dem Reichstagsschluß auch die Strafrechtskom- mtsfion ihre Beratungen fortgesetzt. Die Materie, die man zu bewältigen hat, ist sehr wichtig und man möchte die Vorlage auch baldmöglichst unter Dach und Fach bringen, zumall durch die einige wesentliche Erleichterungen geschaffen werden sollen und inan zum Teil dem modernen Empfinden in höherem Maße entgegenkommen will. Bei allem handelt es sich aber noch immer nicht um die große Strafrechtsreform, die wegen der voraussichtlich grundlegenden Aenderungen der sorgfältigsten Vorarbeit «bedarf. Im Reichsjustizamt wird an dem großen und schwierigen Werke eifrigst gearbeitet und, wie verlautet, soll man bereits recht weit vorwärts gekommen sein. Freilich kann man einen derartigen Stoff mit seinen weittragenden Folgen nicht überstürzen. Es ist daher schon viel, wenn man erwarten darf die Vorarbeiten mit Abschluß des Jahres 1911 beenden zu können, um dann in einem Zeitraum von ungefähr 1s4 Jahren einen neuen Entwurf für ein Strafgesetzbuch fertigzustellen. Wie es heißt, soll Liese Vorlage dem Reichstage im Herbste d es Iahres 1913 zugehen, wo man wohl auch eine ganze Reihe von Monaten notwendig haben wird, um die Vorlage zu verabschieden, so daß mindestens das Jahr 1915 herankom men dürfte, also noch eine fünfjährige Frist zu durchleben ist, bevor das neue Strafgesetzbuch in Kraft getreten-sein wird. Ein Vorentwurf, der gleichfalls eine mühselige Arbeit darstellt, ist bereits im vorigen Herbste veröffentlicht worden, um ihn der allgemeinen Kritik zu unterbreiten. Auf dieser Basis wird jetzt im Reichsjustizamte unter der eigenen Leitung des Staatss^re- tärs Dr. Lisco rüstig Weitergearbeitet, um die Normen Mt die neue Rechtsprechung auf dem Gebiete der Strafrechtspflege festzustellen. Die Arbeiten erstrecken sich jedoch nicht allein auf das eigent liche Strafrecht, sondern auch der S t r a f v 0 llzug, der ja mit deni Strafprozeß eigentlich in innigem Zusammenhänge steht, soll gesetzlich geregelt werden. Sowohl die Reform des Straf rechts wie des Strafvollzuges soll von liberalen Grund sätzen ausgehen, und die auf beiden Seiten vorhandenen Här ten sollen nach Möglichkeit Milderung erfahren. Vor allen Din gen handelt es sich uni eine Neuordnung des S t r afr e cht s fü r Jugendliche, für die, wie es heißt, in fast allen Fällen die Gefängnis st rafe beseitigt wird. Man will den I u - g e n d g e r icht s h ü f e n, die sich bisher durchaus bewährt haben, weitere Geltung geben und ihre B e fu g n i s s e w e i t e r aus- gestalten. So sehr auf der einen Seite Milderung eintreten soll, indem namentlich die wissenschaftlichen Forschungen auf dem Gebiete der Krankheitserscheinungen und der Vererbungstheorie große Berücksichtigung finden, will man auf der anderen Seite gegen dieRoheitsdelikteschärfervorgehen.da diese immer mehr zunehmen und man glaubt, durch härtere Bestrafung abschreckend zu wirken. Hiergegen wird man schwerlich etwas einzuwenden haben, wie denn überhaupt die Reform nach allem, was man hört, allenthalben sympathisch berühren wird. Vor allem soll auch der Grundsatz aufgestellt werden, daß nicht ledig Gefühnt. Novelle von Ilse Rippert. , Nachdruck verboten. Die Sonne sandte ihre letzten Strahlen in das schmucke Wjald- horf, Las sich, rechts und links von bewaldeten Höhenzügen be grenzt, von dem brausenden Gebirgsbach durchtost, eine halbe Meile lang im Tal erstreckte. Die Häuser mit ihren weitüber- hängenden roten Ziegeldächern blinzelten behaglich verschlafen durch ihre kleinen blanken Fenster auf die breite Dorfstrahe. Da- Dorf bestand eigentlich nur aus zwei langen Häuserreihen, die sich an beiden Ufern des Baches hinzogen. Die braunen Holz balkons der Häuschen waren mit rankenden Geranien, bunter Kapuzinerkresse und süß duftenden Levkoien dicht bestellt. Die beiden schönsten Gehöfte, deren umfangreiches Aeußere sogar auf einen gewissen Reichtum des Besitzers schließen ließ, lagen am Ausgang und Eingang des Tales und gehörten den beiden Müh lenbesitzern, deren Mühlen jahrein, jahraus von den wasserrei chen Fluten des will» dahinstürzenden Flüßchens getrieben wurden. Der Obermüller und der Untermiiller labten schon seit Jah ren in Feindschaft. Manche sagten — eines Grenzstreife» wegen; die älteren Leute im Dorfe wußten aber allerlei von einer schönen Fremden zu erzählen, die beim Spinnmeister zum Besuch ge wesen war und es sich zur Aufgabe gemacht hatte, den beiden Müllern die harten Bauernschädel gehörig zu verdrehen, bis sie eines Tage- ohne Abschied in ihr« Stadtheimat abgereist war, um nicht; weiter zurückzulassen, als zwei übermütige Spottbriefe, worin sie ihre beiden Verehrer gegeneinander aufhehte. Jeden falls hatte damals zwischen den beiden Hitzköpfen eine sehr deut liche Aussprache oben im Walde stattgofunden, die mit einer klaf fenden Wunde beim Obermüller und einer gebrochenen Rippe beim Untermüller geendet hatte. Seitdem gingen sich die beiden au» dem Wege, so gut es eben in dem kleinen Malddorf gehen wollte; waren sie gezwungen, bei einer Gemeindesitzung zusam men zu sein, so wußten die Bauern schon vorher, daß der Ober. Müller genau das Gegenteil von dem bewilligen würde, was der Untermüller in Vorschlag brachte — und umgekehrt. Diese Feind schaft pflanzte sich auch später auf die Frauen fort, ass die beiden Mllhlenbesitzer kurze Zeit nacheinander reiche Bauerntöchter aus den Nachbardörfern heim-führten. Die Obermüllerin hatte ihrem Manne zwei Söhne geschenkt; in der Untermühle gab es nur eine Tochter. Auf die Kinder ging natürlich die feindliche Stimmung der Eltern auch über, es bildeten sich unter der Dorfjugend zwei Parteien. Diese hielten zur jungen Untermüllerin, die anderen zu den derben hitzköpfigen Söhnen des Obermüllers. Und die Kinder wuchsen heran und ihre Feindschaft mit ihnen — wenigstens scheinbar. Die junge Untermüllerin kam nach der Stadt, um Benchmigung zu lernen, wie ihr Vater stolz verbreitete. In derselben Stadt war aber schon seit Jahresfrist der zweite Sohn des Obermüllers, um das Braufach zu erlernen, da der älteste Sohn einst die Mühle allein übernehmen sollte. War «- nun Zufall oder Absicht, kurz und gut, die Christel vom Untermüller kam erst einmal, dann immer häufiger und schließlich täglich mit dem Franz vom Obermüller zusammen. Die zwei fanden bald, daß der Zwist zwischen ihren Eltern eigentlich recht töricht sei, und beschlossen, ihn jedenfalls nicht fortzusetzen. Als sie sich zu Lieser Ueberzeugung durchgerun gen hatten, gestanden sie sich bald ihre Liebe ein und besiegelten sie mit ewigen Treuschwüren und heimlicher Verlobung. Sie hatten aber nicht mit den harten, unversöhnlichen Köpfen der Eltern gerechnet. Der Obermüller schrie und tobte wie ein Wahnsinniger, als er das eigenmächtige Versprechen seines Soh nes erfuhr, und drohte ihm mit völliger Enterbung. Der Unter müller, der ruhiger, aber nicht weniger eigensinnig war, machte zwar nicht viel laute Worte und unnütze Reden, er schrieb aber an «inen entfernten Verwandten, erzählte ihm die Sache klipp und klar und lud ihn als Brautwerber Mr seine Tochter ein. Der Verwandte, der in ziemlich dürftigen Verhältnissen lebt«, ließ sich dies lockende Angebot nicht zweimal machen, sondern kam unverzüglich angefahren. Da die Christel ein bildsauberes Mädel war, gewann er sie auch wirklich herzlich lieb und gelobte sich, ihr ein guter Ehemann zu werden, was ihm beim Anblick de- stattlichen Mllhlengehöfts auch nicht schwerfiel. Als die Christel die Absicht ihre» Vater» erfuhr, waren alle Tränen und Bitten vergeben». Di« llntermüllerin schloß ihre lich nach dem Buchstaben des Gesetzes verfahren werdvn soll, indem namentlich die gesetzlich zulässige Strafe für Vergehen, wo besondere Milderungsgründe vorliegen, überhaupt nicht zur Anwendung gebracht werden soll, falls der Richter das Gefühl hat, daß die Strafe zu hart erscheine, und im Leben ereignen sich derartige Dinge zu ost. In diesem Falle bleibt jetzt nichts ande res übrig, als ein sogenanntes Gnadengesuch einzureichen, da- oft auch vom Gerichtshöfe befürwortet wird, weil er nach dem Buchstaben des Gesetzes zu einer Verurteilung gelangen mußte. Künftig wird hierin dem Ermessen des Richters ein freierer Spielraum gelassen werden, er kann also auf Verwieis oder be dingte Verurteilung erkennen. Ein« derartige humane Gesetz gebung kann nur allgemeine Billigung finden Deutsch-englische Verständigung in Mürinefrage«? Die Daily News haben eine Umfrage bei der englischen Presse über eine Verständigung mit Deutschland in Marinefragen erlassen Es wurden drei Fragen gestellt: Glauben Sie, daß die Zeit Mr ein FlottenaLkommen gekommen ist? — Würde ein sol ches Abkommen Ihren Sympathien und denen Ihrer Leser ent sprechen, vorausgesetzt, daß England die genügende Uebermacht der britischen Marine aufrecht erhält? —- Sehen Sie irgendeinen triftigen Grund, der ein solche- Abkommen als unpraktisch er scheinen läßt? — Contemporary-Review bejaht die beiden ersten Fragen und sagt, daß, wenn die öffentliche Meinung sich Mr das Abkommen erklärt, und dieser Zeitpunkt sei nicht fern, so ist ein solches Abkommen unvermeidlich. Da dieser Ver trag aus Ueberzeugung und nicht auf brutalem Wege entstanden sei, sei ihm eine längere Dauer zu prophezeien als irgendwelchen Friedensabschlüssen — Morn in g Post sagt: Jede solche Be wegung wird eine sympathische Beurteilung von den meisten un serer Leser erfahren, so lange der Grundsatz aufrechterhalten bleibt, daß die Oberherrschaft zur See Mr die Existenz des briti schen Reiches eine Notwendigkeit ist. — Die Nation sagt: Ich halte den Zeitpunkt Mr ein Abkommen mit Deutschland über Politik und Armierung für gekommen. Ich bin des Beifall» meiner Leser sicher. Die Haupthindernisse sind die Admiralität, da- Auswärtige Amt, die englische Oppositionspartei und die Ausdehnung des deutschen Marineprogramms. — Pall Mall Gazette ist auch Mr das Abkommen, so lange Deutschland den Zwei-Mächte-Standard der englischen Marine anerkennt. — Manchester Guar di an bejaht die beiden ersten Fragen Tochter ganz einfach für den ganzen Tag in ihr Zimmer «in, um ihr alle Fluchtversuche, mit denen das arme Mädchen gedroht hatte, unmöglich zu machen. Während dessen gab der Untermüller Freibier im Dorskrug und erzählte allen, die gekommen waren ^- und es waren so ziemlich alle Männer des Dorfes außer dem Obermüller und seinen Söhnen erschienen —< von der Verspre chung seiner Tochter mit seine- Vetters Sohn; auf diese SWjse war die Angelegenheit Mr ihn erledigt. In vier Wochen sÄlte die Hochzeit schon stattfinden. Als die Leute spät nach Mitter nacht auseinandergingen, wußten sie alle nicht mehr so recht, um was es sich eigentlich gehandelt hatte; das Freibier war zu reich-' lich geflossen; nur daß der Untermiiller doch der besser« und reichere der beiden Müller sei, versicherten sie sich immer wieder gegenseitig; sie brachten ihre Gefühle durch einen wahren Höllen lärm vor dessen Hause zum Ausdruck. Der einzige, der ganz kttr bei Sinnen geblieben war, war der llntermüller selber, und da» war gut; so gelang es ihm wenigstens unter Schubsen und Flu chen seinen schwerbezechten Eidam unbemerkt von den WeiVetn ins Haus zu bringen. Mer Wochen später war wirklich die Hochzeit von der Christel vom llntermüller mit dem Gotthold Spangler. Die Leute be haupteten zwar, die Braut hätte akurat wie 'ne Leich' ausgeschaut; und einige wollten den Fran- vom Obermüller um» Hochzeits haus Herumschleichen gesehen und gehört haben, wie er bittere Verwünschungen ausstieb, solche Gespräche blieben aber verein zelt, und man hütete sich wohl, sie bis zu den Ohren des Unter müllers dringen zu lassen. Es schien auch in der jungen Ehe am Anfang alle- ganz gut gehen zu wollen — wenn nur der Teufel Alkohol nicht gewesen wäre! Gotthold Spangler, der junge Untermüller, wie er jetzt genannt wurde, vertrug gar zu wenig des schweren dunklen Gerstensaftes, wie die Bauern ihn dort zu trinken gewohnt waren. Und wenn er eins zu viel hatte, wurdet der sonst ruhig.», friedliebende Mann krakehl- und zanksüchtig, fing mit allen Leuten Streit an und war so häufig die Zielscheibe ' schlechter Witze. Sein Schwiegervater ärgerte sich und behandelte ihn mit einer immer deutlicher zutage tretenden Nichtachtung. Der alte Obermüller und sein Sohn freuten sich ganz unverhohlen über de» llntermüller» Unglück. Di« jung« Frau sagte zu allem