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Mittwoch, 27. Juli. Nuer Tageblatt und Anzeiger kür das Erzgebirge ! 4,' sam- «r» :ial- der ent» gen. kin- >offt chn- er- fall, des- en >ge- io- list den »ft- <n, >ei- eh- er, des »en 4000 »ffiM Bnniin Ar. 17t Fünfter Jahrgang cen da, >ei- lb'» ri- Verantwortlicher Redakteur' rn» jür di« Inserate veianiwortlich: Walter lirmi». Beide in Aue i. Lrzgeb. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Lonntagsblatt. Sprechstunde der RedaV<v. mit Auenahm» der Sonntage nachmittag, von «-» Uhr. — Lelegramm-Adreff«: Tageblatt An». — -ernsorechrr >" jür unorrlangt eingesandt« Manuskript« kann SewLhr nicht geleistet «erden. Druck und Verlag: Ikmr vra». u. verlagrgelel lckmtt m. d. H. in Aue i. Erzgeb. Ig ln ick- !es m- )0 in nk >e- >d n- rn en in ist ß- )s er r- s, t ie >r !S r- a > t > i Annahme von AäA^ bi, spLtesten» Uhr vormittag,. Für Aufnahme von größeren Anzeigen an bestimmt« gebürgt werben, wenn sie am Tage vorher bet uns eingeoen. Insertion,prei,: vi, fi'bengespaltene «orpn^eil, oder deren Raum w pfg., Reklamen r, pfg. vei größeren AnftrLgen entsprechender Rabatt. Vezng,pr«i,: Durch unser« Bote« frei in, ksau, monatlich ro psg. Bei d« SeschLftrstell« abgeholt monatlich »o Pfg. und wöchentlich >o pfg. — Bei der Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich >.»o Mk. — Durch den Briefträger frei in» kau, vierteljährlich <.-r Mk. — Einzeln« Nummer »o pfg. — Deutscher Postz ei tun-» katalog. — Erscheint täglich ,n den Mtttagrstunden, mit Aufnahme von Sonn- und ^vertagen. VW N«»»er »»fästt b Zrltr» Das Wichtigste vom Tage. An den diesjährigen deutschen Kaisermanöoern nimmt voraussichtlich wieder der österreichische Thron folger teil. Das sächsische Ministerium desJnnern fordert Ue Kreis- und Amishauptmannschasten zur Errichtung von Für sorgestellen zur Bekämpfung der Tuberkulose auf. * Der Borstand dcsNationalliberalenLandesvereins für Sachsen beschloß ein Vertrauensvotum für den Abgeordneten Bassermann * In den parlamentarischen Kreisen Eiglands herrscht die Meinung vor, daß das Endergebnis der Verfassungskonferenz die irische, vielleicht auch die schottische Selbstverwaltung sein werde. O Die für September angeblich gevlante Zusammenkunft Iswolskis mit o. Ktderlen-Wächter in Peters burg wird von Berlin aus dementiert.^ Mutmaßliche Witterung am 28. Zuli: Südwestwind, aufheiternd, wärmer, trocken. -Wn Langhammer Was in den weitesten nationalliberalen Kreisen nicht für möglich gehalten wurde, ist dennoch geschehen: Der Vorstand de^ nationalliberalen Landesvereins für das König reich Sachsen hat den v e rd ienten, in feiner Politik zi el - Lewußten und energischen Landtagsabgeordneten Lang hammer aus dem Landesverein ausgeschlossen. Das bedeutet, mit dürren Worten gesagt, einen Sieg der gou - vernsmentalenStrömunginder Partei über den wirk lichen Liberalismus. Der Nationalliberale Landesverein für das Königreich Sachsen teilt uns die Ausschließung Langhammers in folgenden Zeilen mit: Der Vorstand des Nationalliberalen Landesvereins für das Königreich Sechsen hat in stiner am 24. Juli 1910 in Leipzig abgehaltenen Sitzung einstimmig folgenden Beschluß gefaßt: Herr Max Langhammer wird hierdurch aus dem Nationalliberalen Landes verein für das Königreich Sachsen ausgeschlossen. Da nach 8 1 der Satzungen die nationalliiberale Partei Sachsens organisiert ist im Nationalliberalen Landesverein Mr das Königreich Sachsen, ist damit auch der Ausschluß aus der nationalliberalen Partei Sachsens ausgesprochen. Der Be schluß erfolgte gemäß den Satzungen auf Grund der Anträge des Nationalliberalen Deutschen Reichs Vereins in Dresden und des Kreisausschusses Mr den 21. s ä ch s i s ch e n Reichstagswahlkreis, sowie auf Grund der folgenden Tatsachen: Herr Max Langhammer war als stellvertretender Vorsitzender durch Vorstandsbeschluß vom 28. Februar 1909 aufgefordert worden, die in der Presse gegen ihn erhobenen, schweren ehrenrührigen Vorwürfe wegen seines Verhaltens in der Tiag-Sache durch einen richterlichen Spruch zu entkräften. Herr Langhammer hat ein Prvvatklagoverfahren eingeleitet, dieses aber nicht durch Erwirkung eines Richterspruches, son dern durch einen Vergleich beendet. Der Vorstand des Lan desvereins glaubte zunächst auf Grund der Angaben des An, walts des Herrn Langhammer, die dieser übermittelte, in dem Vergleich eine genügende Rechtfertigung sehen zu können, wurde aber später darüber unterrichtet, daß Herr Langham mer die Klage zurückgezogen hatte, ohne daß eine Reihe ehren rührige: Angriffe und Beschuldigungen, z. B. die des Ver- trauensbruches, fallen gelassen worden waren. Diese Tatsache wurde in der Presse wie in Vereinen und Versammlungen lebhaft besprochen und die Folge war, daß Herr Langhammcr in der am 6. März 1910 in Chemnitz abgehaltenen Landes- ausschußsitznng nicht wieder in den Vorstand gewählt wurde. Die nationallibcrale Fraktion des Landtages sah sich dadurch veranlaßt, im Einverständnis mit Herrn Langhammer einen Ausschuß mit der Untersuchung der ganzen Angelegenheit zu betrauen. Der Ausschuß kam aus Grund des von Herrn Lang ¬ hammer selbst vorgelegten Materials zu einem, Mr ihn un günstigen Ergebnis, dem sich die Fraktion einstimmig «»schloß. Unabhängig von dieser Untersuchung «beriefen Vorstand und Ausschuß des Nationalliberalen Vereins in Chemnitz eine eigene Kommission, der Herr Langhammer wiederum die Ee- richtsakten, seinen Kaufvertrag mit der Tiag und anderes Ma terial vorlegte. Auch diese Kommission entschied zu seinen Un gunsten unter Hinweis auf die Berechtigung des Vorwurp, daß Herr Langhammer sich eines Vertrauensbruches schuldig gemacht habe. Unmöglich konnte der Vorstand die Folgen außer acht lassen, die sich aus diesen Feststellungen Mr die Partei und ihr Ansehen im Lande ergeben mußten. Der Vorstand konnte dies um so weniger, als sowohl eine Reihe von Vereinen wie viele angesehene Parteifreunde keinen Zweifel darüber ließen, daß sie leibst a»^scheiden würden, wenn der Vorstand aus den über einstimmenden Schiedssprüchen nicht die Konsequenzen ziehen würde, die nur in dem Ausschluß des Herrn Langhammer aus der Landesorgunisation bestehen konnten. Die in Chemnitz bereits eingetretene Spaltung der Organisation mußte die Ent scheidung des Vorstandes beschleunigen. Weiterhin war für den Beschluß des Vorstandes bestimmend nachherige Ver halten des Herrn Langhammers gegen die an den beiden Unter suchungskommissionen beteiligten, angesehenen Parteimitglie der, die er in beleidigender Meise angriff, sowie die schwere Schädigung des Ansehens der nationalliberalen Fraktion des Landtages und der ganzen Partei durch die von ihm öffentlich erhobene, unwahre Beschuldigung, daß das Vorgehen gegen ihn auf eine politisch« Feindseligkeit und auf einen politischen Gegensatz innerhalb der Partei zurückzusühren sei. Da Herr Langhammer wissen muß, daß während der langen Dauer de- Streites weder Mr den Vorstand noch Mr die Fraktion <K»er irgend eine andere beteiligte Stelle politische Erüiüie in Frage kamen, geschweige denn geltend gemacht wurden, hat Herr Lungbammer eine unwahre Behauptung ausgestellt, die, wie die fortgesetzte Ausnutzung durch die gegnerische Presse beweist, die Parteisache aufs schwerste geschädigt hat und noch lange schädigen wird. Herr Langhammer hat damit bewußt gegen das Parteiinteresse gehandelt. Sein Auftreten, das offenbar durch di- Absicht bestimmt war, die öffentliche Meinung von dem eigentlichen, Mr ihn ungünstigen Sachverhalt durch da» Hereinziehen der Politik abzulenken, ist, auch wenn man seine Gesühnt. Novelle von Ilse Rippert. (Schluß.) Es hatte tagelang geregnet. Die Wege waren durchweicht und schlüpfrig; der Bach brauste, Las Wasser war in Len letz ten Tagen bedenklich gestiegen. In der Dorskneipe saßen nach Feierabend die jungen Burschen zusammen; einsam an einem Ecktisch hockte Eotthold Spangler. Mit glasigen Augen stierte er vor sich hin; die Witzworte, die vom Nebentisch zu ihm herüber gerufen worden, schien er nicht zu hören oder nicht hören zu wol len. Die Tür wurde geöffnet, die beiden Söhne des Obermüllers kamen herein. Der ältere ging, nachdem er einen Schnaps ge nommen, wieder; der jüngere. Franz, blieb. Er trank schnell und hastig, leine Augen wichen nicht von dem einsamen Mann am Ecktisch. Plötzlich schrie er zu ihm hinüber: Einen feinen Schwiegersohn hat sich der Untermüller geholt! So'n Lumpenkevl, so'n Txodel! ' ' ' Die'änderim Büpschen lachten. Einen Augenblick richtete sich die zusainMengesunkene Gestalt Spanglers höher auf, dann fiel er wieder in sich zusammen. Nur seine Augen hatten das Blöde verloren, ein unsicheres böses Feuer flackerte darin. Der Wirt, der die Szene beobachtet hatte, trat zu dem Trunkenen, forderte seine Zeche und redete ihm gutmütig zu, nun heimzugehen. Spangler erhob sich willig. Als er stand, schwankte er so stark, daß der Mrt ihn am Arme hielt. Er raffte sich aber sofort wie der zusammen und schlürfte mit unsicheren Schritten, ohne ein Mort zu sagen, zur Tür hinaus. Die anderen Burschen, die seit Spanglers Fortgang niemanden mehr hatten, an dem sie ihre groben Späße auslassen konnten, zahlten und gingen auch Der Franz machte sich noch am Büfett zu schaffen, trank noch einige Schnäpse und stellte einige Fragen an den Wirt. Ms das Johlen und Lachen der anderen Burschen nur noch ferne durch die Nacht hallte, ging er auch, beinahe hastig. Draußen ließ er sich den regennassen Wind um den unbedeckten Kaps wehen, horchte gssriaitnl in die Mcht hinaus undschlug dann den Weg «in,d«n Spangler gegaNg^si sein mußte. Er schritt so schnell aus, als der schlüpfrige Boden zuließ. DieNacht «Nr stockfisisttr, man hörte nur das eilige Brausen des GebsMtbache» sind da» eintönige Rauschen des Landregens. Plötzlich sah er dicht vor sich den Trunkenen an einem Baum gelehnt stehen, unzusammen- hängende Wort: vor sich hinlallend. Er stand kaum zehn Schritt von der hohen Grasböschung entfernt, die sich jäh zum Flußbett niedcrsenkte. Der junge Obermiillerssohn blieb vor ihm stehen, sah den Bezechten mit haßerfüllten Blicken an und schrie ihm ein brutales, höhnisches Schimpfwort ins Gesicht. Spangler stieß einen Wutschrei aus und schlug wie blind los. Im nächsten Augenblick rangen die beiden Männer wortlos miteinander, nur ein dumpfes Keuchen verriet ihr« maßlose W!ut. Plötzlich ein gurgelnd.'r Schrei — ein dumpfes Rollen — ein schweres Auf klatschen im wild tobenden Wasser, und wieder Grabesstille. Am anderen Morgen fanden die Müllerknechte der Unter mühle die Leiche Gotthold Spanglers in einer Schaufel des Mühlrades hängen; da hatte ihn die starke Strömung Wer Nacht hingetrieben. Niemand konnte genau sagen, wie der Verun glückte dort hineingeraten rvqr; man nahm allgemein an, dich der Bezechte in der stockfinsteren Nacht vom Wege gekommen und direkt in das Wasser gelaufen war. Ls wkr zwar auffallend, daß mit demselben Tage der Franz aus der Gegend verschwand; Ge rüchte tauchten wohl auch auf, Paß die'Msi an dmn 'Absnd «twas miteinander gehabt hätten; da man aber kein« Beweis« hatte und der Obermüller jeden ju verklagen Lrohte. der gegen seine Sippschaft auch nur ein ehrenrühriges Msort wage, so hütete man sich wohl, und die Vermutung schliefen nach und nach ein. Es hieß ja auch, daß der Franz droben in Norddeutschland ein« Stelle als Obermälzer angenommen hätte. * * * Fünf Jahre mochten seitdem vergangen sein. Es war ein warmer, Heller Frühlingstag. Die Weiber des Dorfes standen schwatzend vor den Türen und warfen besorgt« Blicke auf den hochgeschwollener. Bach und auf die noch mit dicken, losen Schnee massen bedeckten Berge. Die Sonne brannnte ungewöhnlich warm vom Himmel hernieder, leckte mit heißer Zunge immer mehr von den weichen Massen ab und ließ sie als unzählige fein«, dünne Wassttrtnnen dem Gebirgsbach zulaufen. Ein großer .schlanker Mann, mit scharfgeschnittenem Gesicht, das von einem großen dunklen Vollbart umrahmt war, kam die Dorfftraße heraus. Er hatte den Hut tief in die Stirn gedrückt, seine Haltung war wie von Kummer oder schwerer Arbeit leicht nach vorn gebeugt. E» war nun schon den dritten Abend, daß er in der Dämmerung die Dorfftraße entlang ging. An einer höher gelegenen Stelle unten am Bach blieb er stehen, starrte hinab in das Wasser, säh Mit scheuen Blicken auf die Gruppen schwatzender Weiber und ging dann ohne Gruß an ihnen vorbei. Einige behaupteten, ihn in der Dunkelheit in die Obermühle gehen gesehen zu haben; andere sagten gar, es wäre der Franz, der damals so plötzlich verschwun den wäre. Aber diese Vermutungen wurden von einem gelleiwen Schrei unterbrochen, der aus vielen Kinderkehlen ausgestoßen war, die sich jenseits des Baches damit vergnügt hatten, St^ne und Hölzchen in die hochgehenden Fluten zu werfen. Ein kleiner, derber Bengel, der ein besonders schweres Stück Holz herbeigeschleppt hatte und es mit großem Schwung ins Wasser befördern wollte, hatte dabei das Gleichgewicht verloren und war mit dem Holz in den jagenden Fluten verschwunden. Jetzt sahen auch die Weiber, wie von einer Welle gehobelt''ein dicker blonder Kinderkopf auftauchte, aber sofort wieder von Üön Wassern begraben und sortgerissen wurde. Die Frauen kreisch ten und rangen die Hände; keine wagte etwas zur Rettung des Kindes zu tun, nur entsetzte Rufe wie: Großer Gott, das einzige, das die UnterMüllern noch iM Leben hatte — Das überlebt" sie nicht — Erst der Mann — dann'» Kind ^ wurden läut. Der Fremde, der tief in Gedanken versunken den Vorgang kaum be achtet hatte, wurde durch die Rufe der Weiber aufmerksam. Erst der Mann — dann 's Kind — hallte «s in entsetzlicher Deutlich keit zu ihm. Jetzt tauchte auch ganz in seiner Nähe der KinVek- kopf mit geschloffenen Augen nochmals aus dem Wasser auf. Der Mann besann sich keinen Augenblick länger. Er warf den Ueber- zieher ab und sprang in die Fluten. Jetzt tauchte das rote Röck chen wieder auf — mit sicherem Griff packte er zu, hielt das triefende, besinnungslose Kind mit einer Hand fest, während ßr mit der anderen versuchte, sich gegen die reißenden Wasser dem Ufer entgetzenzuarbeiten. Biele dienstwillige Hände streckten sich ihm entgegen; er reichte ihnen das b-sinsiüng-lose, doch UNver- führte Kind und wollte eben selbst di« helfenden Hände ergreifen, als ihm ekn starker Baumast, von den Fluten getrieben, gegen die Schläfen schlug. Er tauMelte, schlug hintenüber und Ml«« eine Beute des reißenden-Wassers. An det Untermühle gekaba es endlich, den Verunglückten mit der klaffenden KopfMunddAn tobenden Wassetn zu entreißen. Es war der Franz vom Dber- müller, der hier dicht am Mühlrad al» Leiche gelandet wurde wie vor Jahren sein Widersacher