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AMMWWMMM^NWU Montag, SS. J«K. IiMmt ^000 »U«cki »kiikiln. Rr. i«A Fünfte^Jahrgang 1L0N. lä«Q :i§S8 s»e. K atna uton exta U8l I». er. NS MM» I«I »e°. voll l»ä- Ull« U>I. »er. Verantwortlicher Redakteur in«, ll'adoiä. Für dir Inserate veiantwoit! ch: Walter Nr,«,. Beide in Ane i. Lrzgeb. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntagsblatt. Sprechstunde der RedaVor mit Ausnahme der Sonntage nachmittags von » Uhr. — Telegramm-Adreffe: Tageblatt Au». — Fernsprecher Für unverlangt eingesandtr Manuskript« kann Gewähr nicht geleistet werden. Druck und Verlag: ««er vrn»- verleg^estl»»»« m. b. ff. in Aue i. Lrzgeb. Bezugspreis: Durch unser« Boten frei in» Kauz monatlich so pfg. 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Hosrat Prof. Dr. Karl Lamprecht gewählt. * Die Hauptversammlung derDeutschenTurnerschaftbe- schloß, das näch ste Deutsche Turnfest im Jahre 1913 in Leipzig abzuhalten. Auf der Höhe von Tschindv in K o r e a ist der D a m p fer Tetsu r e i m a r u m it 24L P a s s a g ie r e n u n t er- ' gegangen. 40 Personen sind gerettet worden. (S. N. a. a. Welt.) Ein Unweter hat in der Umgegend von Mailand N großen Schaden angerichtet. 66 Personen M wurden getötet. (S. Tel) In der spanischen Kammer und im Senat sprachen die Präsidenten ihre Mißbilligung über das gegen den früheren Ministerpräsidenten Maura verübte Attentat aus. IE- Mutmaßliche Witter««« am 2«. Juli: Westwind, Br- e»ött«xg»z«nahme, kühl, zeitweise Niederschlag. -Wr: Wetterieuchteu m der Türkei Intrigen und Verschwörungen waren im osmanischen Reiche von jeher an der Tagesordnung. Die neuerliche.» Meldun gen über die En'.dcckumng eines Komplottes gegen das jungtürkische Regime werden daher auch vielleicht von mancher Seite überschätzt. Immerhin ist bemerkenswert, daß die jetzigen Machthaber in Konstantinopel am eigenen Leide er fahren, worunter sie unter Sultan Abdul Hamid so sehr zu leiden hatten. Wie man weiß, machte er mit den jungtürkischen Füh- Der Herr Major. Humoreske aus der guten alten Zeit von Hermann Wolfgang Zahn. Nachdruck verdorre Der Bäckermeister Florian Baierle war durch den grausamen Unverstand des verewigten alten Baierle schon vor frühester Ju gend an den Teigtrog gekettet. Florian Baierle, dessen höchster Wunsch gewesen, Barbier zu werden! Damals sah er sich schon im Geiste in einem mit Papiergirlanden und chinesischen Schir men Lunt geschmückten Salon der Kunden harren, die zum Fri sieren, Rasieren oder Lockendrennen kamen. Gr dacht« sich schon die zierlichsten Redewendungen aus, mit denen er seinen Kun den antworten wollte, wenn sie ihn fragten: Nun Herr Baierle, M was geht denn Neues vor in der Welt? — O, ihr Jugendträume! Jetzt mußte sein Pathos in den feuchten Mauern einer Backstube verhallen. Verstäirdnislose Lehrbuben glotzten ihn an, wenn er sich mal vergaß und zu ihnen so sprach, wie er gesprochen hätte, «- wenn er Barbier geworden wäre. Seine Freund« meinten aber unter allerhand Anzüglichkeiten schmunzelnd, daß sich niemand so sehr zum Bäckergewerbe eigne, als er. Alle Neckereien prallten an Florian aber ab, denn er wußte nur zu gut, daß st« ihn im stillen alle bewunderten, wenn er seine Ansichten kundgab. Nun muß man allerdings sagen, daß Florian sich im Lauf« der Jahre mehr ubd mehr seinem Beruf anpaßte. Die schönen Locken, die «inst um feine Schläfen rankten, waren gefallen. Drei ausge zogene Haarsträhnen lagen gleich Sardellen über der Kahlheit seine» Schädel». Da» bartlose Gesicht wie sein Bäuchlein hatten jene Rundung angenommen, die einem Bäckermeister wohl an- L. steht, «inen Barbier indes nicht kleiden würde. O Da» Geschäft ging dank dem energischen Eingreifen der Frau Al I ^Bäckermeisterin glänzend und söhnt« Florian etwa» au» mit sei- I »nm« Los, doch z« jener wahren, inneren Glückseligkeit konnte * I ihm sein wohlftand nicht verhelfen. Da kamen di« stürmisch« rern, sobald er hinter eine Verschwörung kam, stets kurzen Pro zeß. Er ließ sie einfach im Bosporus auf Nimmerwiedersehen verschwinden. Als die Jungtürken ans Ruder kamen, atmete ganz Europa auf. Denn man dachte, nun werde endlich im Os- manenreiche Ordnung geschaffen werden. Aber die neuen Herren scheinen doch ihre Kräfte überschätzt zu haben, sie halten es jetzt, wo sie im Sattel sitzen, nicht mehr für nötig, die verhei ßenen Reformen wirklich Lurchzuführen. Jedenfalls be weist die jüngste Eeheimbundaffäre, daß politische Strömungen vorhanden sind, die auf eine Beseitigung des jungtürkischen Regimes abzielen, und daß die innerpolitische Lage nicht frei von Gärungsstoffen ist. Das energische Vorgehen des Kabinetts löst natürlich in den davon betroffenen Kreisen lebhaften Wider spruch aus und rüst Gegenströmungen hervor, die das Jungtürkentum verdächtigten. Eingeweihten war es seit lan gem bekannt, daß das Komitee die parlamentlose Zeit aus nützen würde, um sich die Hauptgegner vom Halse zu schaffen. Mit dieser Aufgabe wurde ein geheimer Exekutivaus- fchuß betraut, der die Führer der drei oppositionellen Gruppen aus dem öfffentltchen Leben entfernen sollte. Es wird auch zu gegeben, daß die Opposition danach trachtete, eines Tages ans Ruder zu kommen. Eine sehr reiche und ehrgeizige äz yptischs Prinzessin spielt in der Verschwörungspartei eine große Rolle und unterstützt die unzufriedenen Kreise pekuniär im rei chen Maße. Alles in allem ist die Verschwörung ein Symptom der Er bitterung des türkischen Volkes über die terroristische Herrschaft der Jungtürken. Jnfogedessen plant auch die Regierung einen Systemwechfel und das jungtürkische Komitee hat bereits ein her vorragendes Mitglied nach Paris geschickt, um den dort weilenden Prinzen SabahEddinzu bitten, ein hohes Amt zu über nehmen. Inzwischen setzt das Komitee den Kampf gegen di« Geg ner fort und setzt alle ihm verdächtig erscheinenden Persönlich keiten fest. Bisher sollen vierzig Mitglieder dos Eeheimkomiters verhaftet sein. Das größte Aufsehen erregte die Gefangennahme des angesehenen Abgeordneten Dr. Risa Nur, der in der Ver schwörung-Partei eine große Rolle spielt. In jungtükkischen Krei sen stellt man die ganze Bewegung des Geheimbundes ahs harm los und ungefährlich da, vermutlich aber nur deshalb, weil man keine Schwäche zeigen will. Der Verhaftete Risa Nur wird als sehr ehrgeizig bezeichnet. Als er vom Komitee seiner vermeint lichen Bedeutung nach nicht genügend gewürdigt und nicht ent sprechend angestellt worden, sei er, so behaupten die Jungtürken, in das feindliche Lager übergegangen. Es wird betont. Laß Risa als Abgeordneter selbst an dem Gesetz mitgöarbeitet habe, das die geheimen Verbindungen unterlagt. Er werde also nur für die Verlesung eines von ihm selbst mitverfaßtsn Gesetzes ver ¬ antwortlich gemacht. Ob sich diese Auffassung bestätigen wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls darf das jungtürkische Komitee den Vogen nicht allzu straff spannen, sonst dürste es mit seiner Herr schaft rapide abwärts gehen. Wenn die Jungtürken tatsäch. l i ch Reformen durchführen wellen, so werden sie überall di« größten Sympathien haben Aber sie müssen unter Berücksichti gung der orientalischen Verhältnisse der Versprechungen auch di« Taten folgen lassen. Ein ErmnuterrmKsschreiben an -en Papst. Aus Salzburg wird geschrieben: Der mit großem Pompe in Szene gesetzte Marianische Kongreß blieb nicht ohne Widerspruch durch die freiheitliche Bevölkerung. Das anti klerikale Kartell veranstaltete daher in Salzburg eine sehr stark besuchte Versammlung, in der unter stürmischem Beifall der Mtramontanismus von allen Seiten in seiner Wirkung beleuchtet wurde. Es sprachen Univ.-Prof. Ludwig Wahrmund aus Inns bruck, di« Landtagsabgeordneten Prof. Dr. Hans Angerer au« Klagenfurt und Robert Preußler aus Salzburg, der evangelische Pfarrer Dr. Othmar Hegemann aus Laibach und der altkatholische Pfarrer Hoßner aus Ried. Den Vorsitz führte Prof. Hans Crammer aus Salzburg. Zum Schluffe wurde folgende Entschließung ver lesen: Die am 19. Juli 1910 in Salzburg aus Anlaß des 5. In ternationalen Mariantschen Kongresses tagende antiklerikale Massenversammlung sendet folgendes ErmunterungSschreibcn zu Hänteu Sr. Hochwohlgeboren Herrn Josef Sar 1 o vulgo Ptus X , Bischof in Rom: MW Hochgeschätzter Herr! Bei den vielen Anfeindungen, die Sie in jüngster Zeit aus den Kreisen der Gegner erfahren haben, wird cs Sie freuen, auch einige aufmunternde Worte von dieser Seite zu hören. Sie haben zu Ehren des hl. Borro mäus wegen der Verderbnis seiner und unserer Zeit Ihrem ge drückten väterlichen Christenhel zen durch einige »»erbe Scherze und unwirsche Scheltworte Luft gemacht. Das ist unfehlbar Ihr Recht. Verblendet und uneinsichtig, wie die irrgläubigen Häretiker find, haben diese laut Protest lrhoben und ihre Regierungen und Fürsten dem hl. Stuhle auf die Beine gehetzt, in der Absicht, Sie, hochgeehrter Herr, einzuschüchtern und vor ähnlichen Ver öffentlichungen Ihrer gewiß vom heiligsten Geiste, wie viele glauben, einge^ebenen Geschichtsauffassung abzuhalten, da» ist wieder für die protestantischen Länder und Reiche gut und recht. Uns stehen solche Mittel nicht zur Verfügung. Wir müssen es anders machen. Wir Freiheitlichen im Herzogtum Salzburg Tage Les Jahres 1748: Revoluttonsgeschrei durchrang die Gas sen, Reden wurden gehalten und die Früh- und Abenschoppen be trächtlich in die Länge gezogen. Da war Florian einer der Haupt sprecher, und die aitderen nickten ihm zu, leerten die Gläser. Die Freischärler erstanden, und auch in dem kleinen Pfälzer Land städtchen wurde ein Freikorps errichtet. Florian wurde zum Platz major ernannt. Endlich konnte er der Welt seine eigentlichen Fähigkeiten enthüllen. Dem Kerker der Backstube entronnen, stand er mir einem Male inmitten öffentlichen Lebens, Florian Baierle, der Major und Platztommandant! An jenem denkwürdigen Tage, der seine Ernennung brachte, hatte er die Seinen um sich versam melt. Da stand er nun in ihrer Mitte, jeder Zoll ein Major. Sein Schwager, der Talmüller, hatte auf dem buntgeblümten Sofa Platz genommen. Und des Müllers Augen hingen voll Bewunde rung an Florian, der in edler Pose vor ihm stand. Die Frau Bäckermeisterin konnte sich «in Lachen nicht verkneifen; den Lehr buben war aller Scherz vergangen, sie schauten in stummem Ernst zu ihrem Meister aus. Babette, begann Florian zu feiner Frau gewendet, Babette, reiche mir die Uniform, ich habe Dienst! — Babette stand, die Hände in die Hüften stemmend, da und schüttelte sich vor Lachen: Florian, du List ein Hanswurst! Freilich haft du Dienst, dort drin nen in der Backstube! Und dazu brauchst du keine Uniform! — Talmüller, hast du die verständnislosen Worte deiner Schwe ster vernommen? So spricht mein Weib, wenn der Ruf dh» Vaterlandes an mich ergeht?! O, ihr Weiber mit euren klein- lichen Sorgen! Hie Backstube! Hie Feld der Ehre! O» Schmach dem Manne, der da zaudern könnte, den rechten Weg zu gehen! — Recht so! meinte der Talmüller: Stolz mußt du sein auf deinen Florian, und nicht schimpfen, liebe Schwester! — Babette wandte sich schmunzelnd zu Florian: Nun denn, in Gotte» Namen! Da du den letzten Maskenball der Bäcker nicht mitmachen konntest, kannst du meinetwegen Heu« in Uniform zum Dienst gehen. — Sprach'» und verschwand, Lin den Waffenrock au» der guten Stube herüLerzuholen. FloriLn hatte schon feinen Rock au-gezogen und harrte in Hemdsärmeln der Gattin. Etwa» völlig «ar er zwar, der funkelnde Waffenrock, und die Rockschösse baumelten ihm bis herab zu den Kniekehlen, doch daran stiess sich niemand. E» war eine Uniform, und das genügte. Der Herr Major ging zum Dienst, begleitet von dem Tal müller, der stolz an seiner Seite schritt. Al» Frau Babette, die die Leiden bi» vor» Haus begleitet hatte, in den Hausflur zurück kehrte, meinte sie, bedenklich den Kopf schüttelnd: Gibt'» denn was Närrischeres, als die Mannsleut! Den Hausschlüssel hatte sie ihm vorjorglicherweise nicht mitgegeben, sie wollte auf seine Rückkunft warten. Aber sie wartete vergebens. Di« Freischärler trugen in jener Nacht ihre Uniformen spazieren, beim Talmüller trank man den ersten Schoppen, dann ging'» zum Kronenwtrt und so weiter. Frau Babette legte sich erzürnt zu Bett und al- st« am frühen Morgen erwachte, stand da» Bett ihr«» Gatten immer noch leer. Doller Unruh« warf sie sich in die Kleider, ihren Flo rian zu suchen. Und sie fand ihn. Mitten im Hof« lag «r und schnarchte, seine Schuhe hatte er ausgezogen, und, wie sich'» ge hörte, an da» Fußende seine? primitiven Bette» gestellt. Armer Florian! Von nun an gab es keinen Abenddienft mehr; r» wurde am Vormittag exerziert, der Frühschoppen musste gekürzt werden. Scheu stahl er sich von zu Hause weg, wenn er zum Dienst ging, wie ein Schüler, der hinter der Stadtmauer eine Zigarre rauchen will. Sein Stolz war gebrochen, fein Heldenmul war dahin. Ja, sein Ansehen geriet langsam in» Wanken; sein« Kanw- raden merkten, woher der Wind weht«, und hänselten ihn. AL« gegen Frau Babette war nicht anzukommen, wenn sie tobt» und schrie. Einem Lösen Weib« waren auch schon Grösser«, ab» er, unterlegen. Da kam di« Meldung au» dem Hauptquartier, dass der G«nw ral zur Besichtigung käme. Die Herren Offiziere hätten in Eissen Galahofen zu erscheinen! O, Herr de» Himmel», «Her «in« weiss» Kose nehmen! stöhnte Florian, denn er wusste nur zu gut, Fr« Babette würde die Mittel zu ihrer Beschaffung nimmermehr bewilligen. Doch der Talmüller wusste Rat. Der Postillion ha».