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und Anzeiger Mr das Erzgebirge mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntagsblatt. Sprechstunde der RedaktUm mit Ausnahme der Sonntag« nachmittag» von <—s Uhr. — Telegramm-Adreffe: Tageblatt Aue. — Fernsprecher Ist. FSr unverlangt »ingesandt» Manuskript« kann Gewähr nicht geleistet werden. verantwottlicher Redakteur: st,IN rknideKl. Für di« Inserate verantwortlich: lvrlter fik»«». Neide in Ane i. Erzgeb. Druck und Verlag M«r vniSt ».0erl»i» v"«li'»ri' m. b. B in Ane i. Lrzgeb. Annahme von Anzeigen bi» spätestens g'/, Uhr oormittagr. Für Aufnahme von grdsteren Anzeigen an bestimmte» Stellen kann nur dann gebürgt werden, wenn fie am Tag« vorher bei uns eingehen. Jnsertionsprris: Vie fiebengespaltene Aorpuszeile oder deren Raum zo pfg., Reklamen rs Pfg, Bet größeren Aufträgen entsprechender Rabatt. U«zug»h>reis: Durch unser« Boten ftet in» ksau» monatlich so pfg. 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Die Bank von England hat den Diskont abermals, und zwar, von 3 auf 4 Prozent erhöht. Spanien. Einen Namen las man in den letzten Tagen immer und immer wieder in den Meldungen aus Spanien, den Ferrers, des Führers der Revolutionäre von Barcelona. Seit Jahren und Jahrzehnten dauern die trostlosen inneren Zustände in Spa nien an, ohne daß jemals eine Besserung ointräte. Ein Kabi nett löste das andere ab, irgendwelche Aenderungen in den korrupierten Zuständen tritt nicht ein, es bleibt alles beim alten. Unter diesen Umständen darf man sich nicht -wundern, wenn die Unzufriedenheit der Bevölkerung immer mehr wächst und die radikalen Parteien an Anhang gewinnen. Wenn dies bei den Wahlen nicht so sehr in Erscheinung tritt, so liegt Dies lediglich an dem ungeheuren Terrorismus, den die Negierung bei dieser Gelegenheit ausübt, um in der Kammer eine gefügige Mehrheit zu erhalten. Begreiflicherweise wird aber der Erbitterung der Bevölkerung durch derartige Willkür noch weiter Borschub geleistet. Auch der Anhang derRev 0 lu - tionäre wächst dadurch begreiflicherweise und im Sommer d'.escs Jahres war man von einem Aufstand im Süden nicht allzuweit entfernt. In Barcelona kam es, wie erinnerlich, zu schweren Straßenkämpfen. Der Führe: dieser Bewegung soll Ferrer gewesen sein, und wenn er es auch jetzt entschieden bestritt, so steht Loch fest, daß er seit Jahren!:ten Umsturz gepredigt und zu Eewalt-l taten aufgereizt hat. Er wäre nicht der erste, der in der Stunde der Not alles abgeleugnet hat. Wegen seiner Hinrichtung er hebt sich jetzt, hauptsächlich in romanischen Ländern, ein Ent rüstungssturm. Man merkt aber sehr leicht, Latz Mache da hinter st eckt und braucht dieser Bewegung keinerlei Be deutung beizumesjen Es soll unumwunden zugegeben wer den, Latz die spanische Regierung bei der Verurteilung durch das Kriegsgericht nicht ganz korrekt verfahren ist und Latz es rich tiger gewesen wäre, ein ordentliches Gerichtsver fahren gegen Ferrer durchzuführen. Gehen denn aber die Revolutionäre ihrerseits gegen den Staat nicht gewaltsam vor und war es oenn erwiesen, daß Ferrer an der revolutionären Bewegung nicht teil hatte? Diese moralische Entrüstung, diese Abhaltung von Protöstversammlungen durch die berühmte Liga der Menschenrechte ist nichts anderes als eine Farce und kaum ernst zu nehmen. Etwas anderes ist es allerdings, oib die spanische Regierung in ihrem Vorgehen taktisch kluH gehandelt hat, indem sie durch die Art des Gerichtsverfahrens dazu beitrug, Ferrer zu einem Märtyrer zu stempeln. Zweifellos werden ihr daraus im Innern neue Verwicklungen erwachsen und man mutz dem weiteren Gange der Dinge in Spanien mit einiger Besorgnis entaegengehen. Es liegt auf der Hand, daß sich die Mut der Revolutionäre in weiteren Gewalttaten Luft machen wird. Und doch brauchte Spanien gerade jetzt mehr denn je Ruhe für seine weitere Entwicklung, zumal Marokko schwer auf dem gesamten Staatsleben lastet. Der Rifkrieg ist noch lange nicht zu Ende und erfordert weitere Millionen und wahr scheinlich auch blutige Opfer und irgendwelche Vorteile werden Spanien autz diesem Feldzuge nimmermehr erwachsen, da die übrigen Mächte zu scharf aufpaffen und eine Ausdehnung des svaNischen Besitzes in NoMafrika nie zulassen, so daß man sich in Spanien höchstens mit einer Eeldentschüdigung wird begnügen muffen, deren wirklicher Einlauf bei den wunderbaren Finanzen der Sultans mehr als fraglich sein dürste. Die Mißstim mung über die marokkanische Expedition in der Bevölkerung ist sehr beträchtlich und so häuft sich im Vereine mit den jüngsten Vorkommnissen in Barcelona eine Menge Zündstoff zusammen, der über kurz oder lang zu einer Explosion führen muß, die leicht den spanischen Staat bis in die Grundfesten erschüttern kann. » Vie MiMtung ferrer; hat in der ganzen leichtentzündlichen romanischen Welt zu gro ßen Protestkundgebungen geführt. Ueber die blutigen Ausschrei tungen in Paris und Vrüssel hat das Auer Tageblatt be reits in seinem gestrigen Depcschenteil.berichtet Heut« liegen wiederum eine Unmenge telegraphische Nachrichten vor, von denen wir die bemerkenswertesten hier folgen lasten. Italien steht vor einem Generalstreik. Das darf man aus der Haltung der dortigen Bevölkerung schließen. In R 0 m waren während des gestrigen Nachmittags alle Läden geschlossen. Manifestanten durchzogen in Gruppen die Straßen. Die Polizei, die fortwährend bemüht war, sie zu zerstreuen, nahm einige Verhaftungen vor, doch sind ernste Zwischenfälle nicht eingetreten. In Mailand und Florenz nahm der Streik an Ausdehnung zu. In Spezia wurde der Generalstreik proklamiert. In Flo renz konnten die Abendblätter nicht erscheinen. In Mailand und Spezia fanden auch große Protestoersammlungen statt. Die Setzer der Druckereien in Triest stellten gestern vormittag die Arbeit ein. Die meisten Abendblätter konnten nicht erscheinen. Ferner wird aus Rom noch gemeldet: Infolge des Beschlusses der hiesigen Arbeitskammer, der den General st reik prokla miert, sind die Straßenbahnbeamten und die Droschkenkutscher in den Ausstand getreten, ebenso die Arbeiter verschiedener Bran chen. Die meisten Geschäfte sind geschlossen. Die Arbeitskammer fordert zum Boykott der spanischen Schiffe auf. Auch in Frankreich herrscht große Erregung. Namentlich ist dies der Fall in den Provinzen der Süd departements. Der Maire von Tou lon ließ die Flagge des Stadthauses auf Halbmast setzen. Die Bürgerausschüffe von Aix und Marseille hoben zum Zeichen der Trauer ihre Sitzungen auf. In zahlreichen Städten Frankreichs fanden Ver- canäMMbler von Nnei Mbl! Zm u. ükiolm nui- NMrsl Kauer Gievt es geschwänzte Mensche«? (Nachdruck verboten.) Die Völkerkunde früherer Zeiten berichtet uns von gar seit- samrn Dingen. Sie kennt Menschen, die nur einen Schenkel be sitzen, aber Fußsohlen von so großer Fläche, oaß sie ihnen als Sonnenschirm dienen, wenn fie auf dem Rücken liegend, sich gegen die tropische Sonnenglut schützen wollen Die Araber erzählen von Geschöpfen, die wie eine Hälfte eines mitten durchgehauenen Menschen gestaltet find, mit einem Arm, einem Bein und einem Auge. Von den Famesieren wieder, die auf einer Insel des Kas pischen Meeres ihren angeblichen Aufenthalt haben, berichtet eine Abhandlung des zehnten Jahrhunderts, daß ihr Körper marmor hell und ihre Ohren so breit find, daß sie sich htneinwickeln können. Nne sentimentale Erfindung waren die Astvmä oder die Menschen ohne Mund, die an den Quellen des Ganges wandelten und sich, da fie keiner Nahrung bedurften, mit dem Geruch von Blumen, Wurzeln und Früchten begnügten, und wenn sie sich weiter ent fernten, eine» Apfel zu sich stickten, um sich von besten Geruch zu ernähren. Wenn die Wissenschaft diese und andere Erzählungen schon früh in das Gebiet der Märchen verwiesen hat, so ist ihr hingegen das mit der Sage von den geschwänzten Menschen erst in neuerer Zett vollständig gelungen, indem noch tm 18. Jahrhundert ein zelne Reisende das Vorkommen eines solchen tierischen Auswuchses behaupteten. In früheren Jahrhunderten zweifelte man gar nicht daran. So sagt Benvenuto Eellini ganz ernsthaft: er habe einen 'solchen vier Finger breiten Fortsatz bet einer Menschen art gesehen, welche sich Jbcrner nennen. Selbst Linnö hat, ge täuscht durch die fabelhaften Nachrichten der Re sende« und infolge der mangelhaften Kenntnis von den Affen, in der Originalausgabe seine« System« Natura« einen geschwänzten Menschen, homo cau- datu», aufgeführt, und in seinen Amoenetates findet sich eine Ab- viivung von geschwanzren Menschen, die Martini sogar in seiner Uebersetzung der Buffoiiichen Naturgeschichte ausgenommen hat. Wenn Männer wie Linne sich täuschen ließen, so darf man sich wohl nicht wundern, wenn jene Märchen allgemein Glauben fan den und Lord Monboddo sie mit allen Waffen der Wissen schaft zu verteidigen suchte Mit dem Fortschreiten der Wissenschaft und der geographischen Entdeckungen wich allerdings das Vater land jener merkwürdigen Rasse in immer weitere Fernen zurück. Bald tauchten derartige menschenähnliche Wesen in Amerika, bald in Asien aui, und schließlich wurde ihre Heimat auf den engen Bezirk des Hinterindischen Archipels beschränkt. Barch emitz schreibt 1730: Als ich noch auf Banda war, sah ich eine Sklavin aus Ceram gebürtig, aus dem Geschlecht der Papua, die einen Schwanz wie ein Hirsch hatte. Hesse, der 1660 nach Sunmtra kam, beschreibt eine Frau mit einem kurzen, ziegenschwanzähnlichen Appendix. Während seines Aufenthaltes in Formosa 1650 sah Strauß einen Eingeborenen, den ein fußlanger, mit Haaren besetzter Schwanz schmückte. Des Mordes angeklagt, wurde er lebendig verbrannt. Daß dieser Mensch geschwänzt war, fügt Strauß hinzu, sah ich so deutlich, wle das, daß er einen Kopf hatte. — In Le Gentil (Voyage daus les merS de l'Jnde, 1799) steht: Ein frommer Franziskaner sagte mir ganz bestimmt, man habe ihn versichert, es gäbe auf der Insel Mindero eine Menschenrasse mit kleinen Schwänzen, wie solche die Affen haben. Ich meine, fügt Le Gentil hinzu, diese Erzählung bezieht sich w»hl auf eine Affenart. — Falk uns Rytschkow berichteten, daß ein geschwänzte» Volk, die Kirukli, im Innern Asien» nur im Turkestan gefunden würde, daß aber ihre kaudale Verlängerung nur sehr unbedeutend wäre. In seinem Werke: Die deutsche Expedition an der Loangoküste bemerkt Bastian sehr richtig bei der Aufzählung der von den Negern erwähnten Fabelvölker: Von diesen Fabelwesen waren die beliebtesten (im Munde der Neger), die auch sonst so vielfach auflretendm Schwanz menschen, und auch hier wiederholten sich die festen Versicherungen der Erzähler, daß sie der Augenschein von der Verlängerung der letzten Schwanzwirbel bei gewissen Individuen überzeugt habe. Sogar der europäische Azent einer der Faktoreien behauptete der gleichen und wollte selbst die Untersuchung angestellt haben. Als man jedoch nach dem fraglichen Individuum suchte, war es, wie gewöhnlich in solchen Fällen, nicht zu finden. Die in der Nähe von Mantelja lebenden Schmanzmcnschcn sollen gewohnheitsgemäß ihr Anhängsel in die von Krabben gegrabenen Löcher stccken, um sitzen zu können; andere lassen hierzu durchlöcherte Sitze dienen. — In manchen Fällen ist der Irrtum durch genauere Nachforschung aufgeklärt worden. So deutet beispielsweise Schweinfurt in einfacher Weise die Entstehung der Fabel von den Schwänzen der Ntam-Niam im Innern Afrikas folgendermaßen: Die Krieger jenes Stammes schmücken ihre nackten Hüften mit dem Fell der Zibethkatze oder dem eines langgeschwänzten Affen und lassen nun den Schwanz dieser Tiere von hinten herabhängen. Aus der Ferne gesehen, erscheinen diese Wilden wirklich als geschwänzt, nur find die Schwänze künstlich und nicht natürlich. Jedenfalls ein sonderbarer Modegeschmack I Sehr heiter verlief die Expedition, welche unser Landsmann Carl Bock auf der Insel Borneo organisierte, um das Land der geschwänzten Rasse aufzusuchen. Als er das Sultanat Kutei bereiste und in der Nähe der Tagarung war, erfuhr Bock, daß er sich nur in geringer Entfernung von der Heimat dieses Volkes befände, das im Sultanat Passir am Tcwehflusse leben sollte. Die Eingeborenen waren von der Wahrheit ihrer Erzählung nicht weniger fest überzeugt, als weiland Plinius und PtolcmäuS. Tjiropon, ein alter, treuer Diener des Sultans, versicherte unserm Landsmann in Gegenwart des Sultans, er selbst hätte die Orang buntuk, d. h. das Schwanzoolk,'vor einigen Jahren in Passir g«. sehen. Das schwanzartige Anhängsel dieser Leute sollte nach der ernsthaften Versicherung Tjiropons zwei bis drei Zoll lang sein, und außerdem hätten diese Menschen in ihren Häusern in den Fußboden kleine Löcher, in die sie den Schwanz hineinstecken, um